Verwaltungsrecht

Widerruf der Waffenbesitzkarte und Einziehung des Jagdscheins eines “Reichsbürgers”

Aktenzeichen  M 7 S 17.1813

Datum:
25.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2
BJagdG BJagdG § 18 Abs. 1, § 17
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Wird nach außen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneint und damit sogleich die darin bestehende Rechtsordnung offensiv abgelehnt, erscheint nicht hinreichend gesichert, dass ein waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber die maßgeblichen Regelungen des Polizei- und Waffenrechts für sich als bindend ansieht und sein Verhalten danach ausrichtet. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.875,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Ungültigerklärung und Einziehung ihres Jagdscheins sowie den Widerruf ihrer Waffenbesitzkarte und des sog. Kleinen Waffenscheins.
Der Antragstellerin ist am 20. Oktober 2009 ein Jagdschein (Nr. …) von der Antragsgegnerin ausgestellt worden. Am 22. Januar 2009 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Waffenbesitzkarte (Nr. …) erteilt sowie am 16. März 2016 den Kleinen Waffenschein (Nr. …). Die Antragstellerin ist im Besitz von sechs Waffen.
Am 8. Juni 2015 richtete die Antragstellerin ein Schreiben an das Bürgerbüro F … der Antragsgegnerin folgenden Wortlauts, dem sie ihren Personalausweis beigefügte:
„München, am achten Tag des sechsten Monats des Jahres zweitausendfünfzehn
Kündigung des Personalausweisvertrages
Nr. …
Sehr geehrter Herr W …,
hiermit weise ich, …, … aus der Familie …, verheiratete …, Sie sehr höflich an, im Personalausweis der Person …  mit Personalausweisnummer …, ausgestellt am … 2007, zu vernichten.
Als nachgewiesene deutsche Staatsangehörige nach RuStAG, § 4 Abs. 1, ESTA-Registernr. … wird die uneingeschränkte Kündigung aller Knebel- und invisiblen Verträge, die mit dem Personalausweis der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, und/oder durch diesen begründet waren, ex tunc erklärt und nunc pro tunc, ausgesprochen.
1. Eine dementsprechende Kündigungsbestätigung ist binnen 72 Stunden an die oben genannte Postanschrift zusenden. Sollte innerhalb der genannten Frist, zuzüglich 2 Tage Postlaufzeit, keine Kündigungsbestätigung hier eingegangen sein, gilt die Kündigung als vollzogen.
2. Senden Sie bitte die vollständige Auskunft nach Ihrem Meldegesetz über alle gespeicherten Daten der Person …  ebenfalls an oben genannte Postanschrift zu.
Ihrer Rückantwort gerne entgegensehend, verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen

Treugeberin der juristischen Person/Sache …
Without projudice UCC 1-331
Cc: Regierung von … z.H. Regierungspräsident …, M. Straße 39, 8. M.“.
Mit Schreiben vom 19. Juni 2015 wendete sich Antragstellerin erneut an die Antragsgegnerin:
„München, am neunzehnten Tag des sechsten Monats des Jahres zweitausendfünfzehn
Rechtmäßige Kündigung des Personalausweisvertrages
Nr. … – Ihr Schreiben vom 17.06.2015
Sehr geehrte Frau B … S …,
ihr freundliches Angebot, die Person … … … … … wieder in ein Vertragsverhältnis zu ziehen, wird zurückgewiesen, es besteht kein Vertragsbedarf.
1. Sollten Sie rechtlich verbindliche §§ nachweisen können, dass in der BRiD Menschen zur Identifikation einen Personalausweis benötigen, reichen Sie diese gerne nach.
2. Außerdem hat die für die Person … zuständige Behörde, das Bürgerbüro F …, bei dem seinerzeit der Personalausweis beantragt, bezahlt und abgeholt wurde, die Vertragskündigung durch Nichtantwort innerhalb der gestellten Frist bestätigt.
Die Treugeberin der juristischen Person … befindet sich ab morgen für ca. drei Monate in Urlaub, deshalb ist von Schreiben in dieser Zeit abzusehen.
Mit freundlichen Grüßen
BY: …
Treugeberin der juristischen Person/Sache …
Without projudice UCC 1-331“.
Das Kriminalfachdezernat 4 München, Kommissariat 44 des Polizeipräsidiums München informierte die Antragsgegnerin am 29. Dezember 2016 unter dem Aktenzeichen BY … darüber, dass die Antragstellerin aus polizeilicher Sicht aufgrund des vorliegenden Schriftverkehrs und dem Bestreben, sich von der Bundesrepublik Deutschland loszusagen und sich damit außerhalb der geltenden Rechtsordnung zu stellen, als Angehörige der Reichsbürgerbewegung einzuordnen sei.
Die Antragsgegnerin hörte daraufhin die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Februar 2017 zum beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarte und des Kleinen Waffenscheins sowie zur Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins an.
Daraufhin bestellte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 21. Februar 2017. Er führte unter anderem aus, dass es vom Sachverhalt her nicht berechtigt sei, die Antragstellerin in die Nähe der Reichsbürgerbewegung zu rücken. Vielmehr werde ein Ermittlungsdefizit gerügt. Die Antragstellerin sei seit Abfassung des fast zwei Jahre zurückliegenden Schreibens in keiner Weise beanstandungswert in Erscheinung getreten. Vielmehr habe sie sich freiwillig für einen Wiederholungstermin für eine Waffenschrankkontrolle gemeldet, als sie einmal nicht angetroffen worden sei.
Das Polizeipräsidium München teilte zur Stellungnahme des Bevollmächtigten mit, dass an der Einstufung, die Antragstellerin sei der Reichsbürgerbewegung zuzurechnen, festgehalten werde.
Daraufhin erklärte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. März 2017 den Jagdschein Nummer … für ungültig und zog diesen ein (Nr. 1). Die Waffenbesitzkarte Nummer … und der Kleine Waffenschein Nr. … wurden mit Zustellung dieses Bescheides widerrufen (Nr. 2). Der Antragstellerin wurde aufgegeben, die in ihrem Besitz befindlichen Waffen und Munition innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung dieses Bescheids an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und der Antragsgegnerin einen Nachweis zu erbringen (Nr. 3). Die sechs im Besitz der Antragstellerin befindlichen Waffen wurden näher bezeichnet. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist würden die Waffen und Munition sichergestellt und verwertet. Der Jagdschein, die Waffenbesitzkarte und der Kleine Waffenschein seien innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids bei der Antragsgegnerin abzugeben (Nr. 4). Für die Nrn. 1, 3 und 4 des Bescheids wurde sofortige Vollziehung angeordnet. Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe des Jagdscheins, der Waffenbesitzkarte und des Kleinen Waffenscheins wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € je Erlaubnisdokument angedroht (Nr. 6). Die Kosten für diesen Bescheid habe die Betroffene zu tragen (Nr. 7). Es wurde eine Gebühr von 150 € festgesetzt und Auslagen 2,90 €. Zur Begründung wurde bezugnehmend auf die beiden Schreiben der Antragstellerin vom 8. Juni 2015 sowie 19. Juni 2015 ausgeführt, dass die sich daraus ergebende Zugehörigkeit der Antragstellerin zur Reichsbürgerbewegung die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c Waffengesetz – WaffG – begründe. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Bescheidsbegründung Bezug genommen.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erhob daraufhin mit Schreiben vom 31. März 2017 Klage zum Verwaltungsgericht München (M 7 K 17.1378) und beantragte zudem mit Schreiben vom 25. April 2017 nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage unter Abänderung von Ziffer 5 der angefochtenen Entscheidung wiederherzustellen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass kein konkreter Anlass für die durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung getroffene Eilmaßnahme bestehe. Die Antragstellerin sei noch niemals strafrechtlich, waffenrechtlich oder sonst unerlaubt in Erscheinung getreten, sei zehn Jahre Sozialrichterin gewesen und stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes. Die Behörde habe sich ausschließlich auf gedankenlos verwendete Äußerungen der Antragstellerin gestützt und hieraus weitreichende unzulässige Schlussfolgerungen gezogen. Sie habe nicht alle Erkenntnisquellen ausgeschöpft, sondern ins Blaue hinein gehandelt und sogar den Ausnahmefall des Sofortvollzuges ohne ausreichende Grundlagen angeordnet. Dass die Antragstellerin unglückliche Formulierungen verwendet habe, sei zwar nicht besonders vernünftig, es handle sich hier aber um keine Fälle des vorwerfbaren Handelns. Zudem wurde auf die Klagebegründung vom 25. April 2017 Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin legte mit Schreiben vom 10. Mai 2017 die Behördenakten vor und nahm zum Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Stellung. Es wurde beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der entsprechend dahingehend auszulegende Antrag, nach § 80 Abs. 5 VwGO die hinsichtlich Nr. 2 des Bescheids von Gesetzes wegen nach § 45 Abs. 5 WaffG bzw. aufgrund der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Nr. 5 des Bescheids entfallende aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, ist zulässig, aber unbegründet. Nach einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vieles für die Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin.
Entfaltet ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessensabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides einerseits und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs andererseits sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz. Ergibt die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (nur) gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolgreich sein wird, besteht kein öffentliches Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes.
Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für das Gericht bei dieser summarischen Prüfung ist dabei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung.
Die Antragsgegnerin stützt die Ungültigerklärung und den Einzug des Jagdscheins sowie den Widerruf der Waffenbesitzkarte und des Kleinen Waffenscheins auf eine fehlende waffen- bzw. jagdrechtliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin. Für eine solche Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins nach § 17 Abs. 1 Satz 2, § 18 JagdG i.V.m. § 5 WaffG bzw. den Widerruf einer Waffenbesitzkarte und des Kleinen Waffenscheins nach § 45 Abs. 2 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG wegen fehlender Zuverlässigkeit kommt es dabei nicht auf eine allgemeine Zuverlässigkeit in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften der Rechtsordnung an, sondern auf eine Zuverlässigkeit im waffen- und jagdrechtlichen Sinne. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und c WaffG, auf die sich auch die Antragsgegnerin in ihrer Begründung des Widerrufs stützt, besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden bzw. Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.
Die anzustellende Prognose diesbezüglich verlangt nicht den Nachweis, die Antragstellerin werde dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tun. Es genügt insoweit vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. Die Besorgnis einer missbräuchlichen Waffenverwendung, -aufbewahrung oder -weitergabe muss jedoch auf der Grundlage entsprechender Anknüpfungstatsachen erwiesen sein (vgl. u.a. OVG Saarland, B.v. 14.10.2015 – 1 B 155/15 – juris; VG München, B.v. 14.12.2015 – M 7 E 15.5544 – juris; VG Freiburg B.v. 10.11.2016 – 4 K 3983/16 – juris Rn. 5). Bloße Vermutungen reichen dabei nicht aus.
Die Antragsgegnerin leitet ihre Unzuverlässigkeitsbeurteilung der Antragstellerin aus deren Schreiben an das Bürgerbüro vom 8. Juni und 19. Juni 2015 ab. Bei den Schreiben handelt es sich um eine Tatsache und mit dem Versenden und Agieren ein Verhalten der Antragstellerin, an das im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung angeknüpft werden kann.
Zur waffenrechtlichen (Un-)Zuverlässigkeit von sog. „Reichsbürgern“, die ihrer Grundideologie nach der Bundesrepublik Deutschland die Existenz absprechen, daher den Behörden ihre Legitimation absprechen und das Grundgesetz sowie die darauf fußende Rechtsordnung ablehnen, gibt es bislang noch keine Urteile bayerischer Verwaltungsgerichte.
Wie bereits in mehreren Entscheidungen im einstweiligen Rechtschutz ausgeführt (vgl. u.a. B.v. 23. Mai 2017 – M 7 S. 17.408), erscheint dem Gericht zwar fraglich, ob Sympathiebekundungen in Bezug auf die Reichsbürgerbewegung alleine bereits die Prognose einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen können, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten, die hinsichtlich der Rechtstreue Zweifel aufkommen lassen (vgl. insoweit auch VG Gera, U.v. 16.9.2015 – 2 K 525/14 – juris Leitsatz). Das Äußern abstruser politischer Auffassungen bzw. Sympathiebekundungen für solche Auffassungen rechtfertigt für sich genommen wohl noch nicht den Schluss, dass ein Ignorieren der waffenrechtlichen Vorschriften oder eine eigenwillige Auslegung zu befürchten und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu bejahen wäre (vgl. VG Gera, a.a.O., Rn 21).
Wird hingegen nach außen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneint und damit sogleich die darin bestehende Rechtsordnung offensiv abgelehnt, z.B. wenn Behörden, der Polizei oder selbst dem Gericht die Befugnis abgesprochen wird, aufgrund der nach dem 8. Mai 1945 erlassenen Gesetze tätig zu werden, erscheint nicht hinreichend gesichert, dass ein waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber die maßgeblichen Regelungen des Polizei- und Waffenrechts für sich als bindend ansieht und sein Verhalten danach ausrichtet (vgl. hierzu VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K 305/16 – juris Rn. 19). Wer erklärtermaßen bundes- oder landesgesetzliche Vorschriften, und damit auch die des Waffenrechts, nicht als für sich verbindlich anerkennt und sich deshalb auch nicht verpflichtet sieht, die darin enthaltenen, dem Schutz der allgemeindienenden Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gibt sehr wohl Anlass zu der Befürchtung, dass er die Regelungen des Waffengesetzes, die heute anders als noch in preußischer Zeit ausgestaltet sind, nicht strikt befolgen wird (VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16 – juris Rn 40). Konkreter Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften bedarf es dann nicht (VG Cottbus, a.a.O., Rn. 19 a.E.).
Die Antragstellerin hat mit für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typischen Formulierungen und Formalien gegenüber dem Bürgerbüro der Antragsgegnerin in zwei Schreiben zusammen mit der Rückgabe des Personalausweises sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie sich von der Bundesrepublik Deutschland distanziert und sich mit ihr nicht mehr verbunden sieht. Weiter fordert sie vielmehr die Benennung „rechtlich verbindlicher §§“ für die allgemein bekannte, in § 1 Personalausweisgesetz (PAuswG) normierte Ausweispflicht. Die Rücksendung des Personalausweises und Kündigung der „Vertragsbeziehungen“ mit der Bundesrepublik Deutschland, die sich aus dem Personalausweis ergäbe, werfen verbunden mit den von die Antragstellerin gewählten Formulierungen und Formalien hinreichende Bedenken auf, dass die Antragstellerin sich aufgrund ihrer „Kündigung“ nicht mehr an die geltende Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland gebunden sieht. Die Schreiben und das damit verbundene Verhalten nach außen, können somit entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragstellerin durchaus als ein „vorwerfbares Handeln“ und somit als Erkenntnisquelle herangezogen werden, die geeignet ist, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit zu verneinen. Nach der summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des Handelns der Antragsgegnerin keine für eine Anordnung oder Wiederherstellung im Eilverfahren erheblichen Zweifel.
Auch bei einer reinen Interessenabwägung überwiegt vorliegend das Interesse an sofort vollziehbaren waffenrechtlichen Konsequenzen. Im Waffenrecht fällt dabei grundsätzlich zugunsten des öffentlichen Interesses die vom Waffenbesitz ausgehende erhöhte Gefahr für die Allgemeinheit ins Gewicht, die u.a. in der Regelung des § 45 Abs. 5 WaffG ihren Niederschlag gefunden hat (VG München, a.a.O., mit Verweis auf SächsOVG, B.v. 2.5.2011 – 3 B 128/10 – juris Rn. 10). Es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeglicher Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BayVGH, vgl. B.v. 15.8.2008, 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 mit Verweis auf BVerfG, U.v. 26.3.1996, 1 C-12/95 – juris Rn. 25). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt das öffentliche Interesse, die Gefahr eines vorschriftswidrigen Umgangs mit Schusswaffen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnis bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben. Es ist vorliegend auch bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls – soweit sie bekannt sind – zudem nicht erkennbar, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das waffenrechtlich bereits angenommene sofortige Vollzugsinteresse überwiegen würde.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 Satz 1, 20.3 und 50.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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