Verwaltungsrecht

Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis

Aktenzeichen  24 ZB 17.1883

Datum:
30.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6705
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6, § 45 Abs. 2, Abs. 4
AWaffV § 4 Abs. 6

 

Leitsatz

1. Grundsätzlich ist der Umgang mit Waffen und Munition nur bei Personen zuzulassen, die sich den damit zusammenhängenden, von Gefahrens- und Schadensträchtigkeit geprägten Aufgaben verantwortungsbewusst stellen, wobei die Umgangsart, für die die Erlaubnis beantragt wird oder erteilt wurde, von ausschlaggebender Bedeutung ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verknüpfung des Waffengesetzes mit den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 WaffG) verdeutlicht die Zweckbestimmung dieser Rechtsmaterie, die sich nicht nur auf den Schutz fremder Personen erstreckt, sondern auch vor Selbstgefährdung schützen soll. Waffenmissbrauch begehen auch Personen, die in von Emotionen geprägten Situationen zu unbeherrschtem Verhalten und zu affektiven Handlungen neigen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 16.1632 2017-08-08 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis.
Er ist Inhaber einer Waffenbesitzkarte, in die eine Waffe eingetragen ist. Am 28. Juli 2016 hinterließ der Kläger auf dem Anrufbeantworter des privaten Telefonanschlusses eines bayerischen Staatsministers eine Nachricht, die dieser als bedrohlich empfand. Infolgedessen fand beim Kläger am 2. August 2016 eine polizeiliche Gefährderansprache statt. In diesem Zusammenhang begann der Kläger sofort mit einem emotional aufgewühlten Vortrag betreffend die angeblich ungerechtfertigte Behandlung seiner Familie durch verschiedene Behörden und die Politik. Erst nach 15 Minuten gelang es Polizeibeamten mithilfe der anwesenden Eltern des Klägers, diesen auf ein emotional normales Niveau zu bringen. Die Eltern des Klägers gaben gegenüber den Beamten an, dass der bei Ihnen lebende Sohn sehr schnell emotional in die Höhe gehe, manchmal auch gegenüber Familienangehörigen. Deshalb würden sie darauf achten, dass ihr Sohn nach Möglichkeit und insbesondere in emotional aufgewühltem Zustand nicht an die Schlüssel für den im Keller des Wohnanwesens befindlichen Waffentresor gelangen könne.
Mit Schreiben vom 4. August 2016 forderte die Behörde den Kläger auf, ein Eignungsgutachten vorzulegen. Für die Mitteilung, welcher Gutachter mit der Untersuchung beauftragt werde, wurde eine Frist bis zum 22. August 2016 gesetzt. Für die Vorlage des Gutachtens wurde eine Frist bis zum 2. September 2016 gesetzt. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass vom Wegfall der persönlichen Eignung des Klägers ausgegangen werden könne, wenn er das Gutachten schuldhaft nicht fristgerecht vorlege. Unter dem 6. August 2016 teilte der Kläger der Behörde mit, dass er kein Gutachten erstellen lassen werde. Stattdessen versichere er an Eides statt, dass er die Zuverlässigkeit zum Führen einer Waffe besitze. Unter dem 11. August 2016 wurde dem Kläger seitens der Behörde mitgeteilt, dass an der Vorlage eines Gutachtens festgehalten werde. Unter dem 21. August 2016 legte der Kläger einen aus drei Sätzen bestehenden ärztlichen Befundbericht eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 17. August 2016 vor, in dem ausgeführt wurde, dass bei ihm schon seit der Kindheit eine bekannte Form der Aufmerksamkeitsstörung vorliege, die mit emotionaler Hyperaktivität, vermehrter Affektlabilität und gesteigerter Impulsivität einhergehe. Aus ärztlicher Sicht bestünden keinerlei Bedenken für das Besitzen bzw. den Umgang mit Waffen oder Munition seitens des Klägers. Soweit die Behörde diesen Befundbericht für nicht ausreichend halten sollte, beantragte der Kläger eine Fristverlängerung. Unter dem 23. August 2016 teilte die Behörde dem Kläger mit, die Frist zur Benennung des Gutachters werde bis zum 5. September 2016 und die Frist zur Vorlage des Gutachtens werde bis zum 16. September 2016 verlängert.
Nachdem der Kläger in der Folgezeit kein Gutachten vorlegte, erging am 20. September 2016 der streitgegenständliche Bescheid, mit dem u.a. die Waffenbesitzkarte des Klägers vom 25. November 1996 widerrufen wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass vom Wegfall der persönlichen Eignung des Klägers auszugehen sei, nachdem dieser das zu Recht angeforderte Gutachten nicht vorgelegt habe. Der Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt. Nach Bescheidserlass legte der Kläger ein waffenrechtliches Eignungsgutachten desselben Facharztes vom 12. Oktober 2016 vor, das ihm die persönliche Eignung bescheinigt.
Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unterlag der Kläger erst- und zweitinstanzlich. Im Hauptsacheverfahren wurde die Anfechtungsklage mit Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. August 2017 abgewiesen. Die Berufung wurde nicht zugelassen.
Hiergegen wendet sich der Bevollmächtigte des Klägers mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Es bestünden bereits keine ausreichenden Anhaltspunkte für beim Kläger vorliegende Eignungszweifel. Insoweit hätte das Gericht weitere Ermittlungen durchführen müssen. Zwar sei das Gutachten nicht in der gesetzten Frist vorgelegt worden. Gleichwohl sei der Behörde bekannt gewesen, dass sich der Kläger um die Erstellung eines Gutachtens bemüht habe. Insoweit hätte eine weitere Fristverlängerung stattfinden müssen. Mittlerweile liege ein positives Eignungsgutachten vor. Der Schluss aus der Nichtvorlage des Gutachtens auf die fehlende Eignung sei zudem nicht zwingend. Insgesamt bestünden damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
1. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das Darlegungsgebot gestaltet das Zulassungsverfahren dahingehend, dass das gerichtliche Prüfungsprogramm im Zulassungsverfahren jedenfalls im Wesentlichen darauf beschränkt ist zu klären, ob der Rechtsmittelführer seine Darlegungslast erfüllt hat und die dargelegten Gründe eine Zulassung der Berufung tragen (BVerfG, B.v. 23.7.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163). Vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die Darlegung nur in einer Weise gestellt werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt mit zumutbarem Aufwand noch erfüllt werden können (BVerfG, B.v. 8.1.22009 – 2 BvR 758/07 – BVerfGE 125, 104). Dem Darlegungsgebot ist genügt, wenn der dargelegte Zulassungsgrund in der Sache auf einen der gesetzlichen Tatbestände zielt (BVerwG, B.v. 2.10.2003 – 1 B 33/03 – NVwZ-RR 2004, 220). Das Oberverwaltungsgericht muss sich aber nicht aus einem Darlegungsgemenge das heraussuchen, was möglicherweise zur Begründung des Antrags geeignet sein könnte (BVerfG, B.v. 24.8.2010 – 1 BvR 2309/09 – BayVBl. 2011, 338). Unter Anlegung dieser Maßstäbe ist ein Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 VwGO nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
a) Der Kläger macht zunächst ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend. Solche sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden können (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Für die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel genügt keine unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung.
Die Zulassungsbegründung arbeitet keinen einzigen tragenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts explizit heraus. Auch unabhängig hiervon ergeben sich in Ansehung des Vortrags in der Zulassungsbegründung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
aa) Die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarte des Klägers ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gehört auch, dass der Betroffene persönlich geeignet ist (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG). Da der Kläger der ihm im Verfahren obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, ist der Beklagte zu Recht von seiner persönlichen Ungeeignetheit ausgegangen. Diese Annahme findet ihre Grundlage in § 45 Abs. 4 Satz 1 WaffG. Danach kann die Waffenbehörde den Wegfall der Voraussetzungen einer waffenrechtlichen Erlaubnis vermuten, wenn der Betroffene im Fall der Überprüfung des weiteren Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für die entsprechende Erlaubnis, bei deren Wegfall ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf gegeben wäre, seine Mitwirkung verweigert und er hierauf zuvor hingewiesen worden ist (§ 45 Abs. 4 Satz 2 WaffG). Insbesondere darf die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn dieser ein von ihm gefordertes Eignungsgutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beigebracht hat (§ 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV).
Die Annahme der fehlenden persönlichen Eignung nach Maßgabe dieser Vorgaben ist freilich nur dann gerechtfertigt, wenn die Aufforderung zur Vorlage eines fachärztlichen Zeugnisses rechtmäßig, anlassbezogen und verhältnismäßig war und die Nichtvorlage eines entsprechenden Zeugnisses ohne ausreichenden Grund erfolgt ist (OVG Saarland, B.v. 16.3.2016 – 2 B 20/16 – juris).
bb) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Grundsätzlich ist der Umgang mit Waffen und Munition nur bei Personen zuzulassen, die sich den damit zusammenhängenden, von Gefahrens- und Schadensträchtigkeit geprägten Aufgaben verantwortungsbewusst stellen, wobei die Umgangsart, für die die Erlaubnis beantragt wird oder erteilt wurde, von ausschlaggebender Bedeutung ist (Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, Loseblattkommentar, § 6 WaffG, Rn. 4). Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG besitzen insbesondere Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass bei ihnen die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht. Tatsachen im Rechtssinne sind sinnlich wahrnehmbare oder feststellbare Zustände oder Umstände. Eine abstrakte Umschreibung, auf welche Tatsachen es dabei ankommt, ist weder dem Waffengesetz noch den Materialien hierzu zu entnehmen. Das ist auch in allgemeiner Form nicht möglich. Entscheidend sind die Tatbestandsmerkmale der Norm, die auf den konkreten Sachverhalt angewendet werden soll. Die Verknüpfung des Waffengesetzes mit den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 WaffG) verdeutlicht die Zweckbestimmung dieser Rechtsmaterie, die sich nicht nur auf den Schutz fremder Personen erstreckt, sondern auch vor Selbstgefährdung schützen soll (Lehmann, Aktuelles Waffenrecht, Loseblattkommentar, § 6 WaffG, Rn. 35). Waffenmissbrauch begehen auch Personen, die in von Emotionen geprägten Situationen zu unbeherrschtem Verhalten und zu affektiven Handlungen neigen (VGH Mannheim, B.v. 2.4.2013 – 5 K 3327/12 – Waff-RR 13/2009; OVG Berlin-Bbg., B.v. 24.11.2009 – 11 S 12. 09 – Waff-RR 18/2009).
Insoweit hat das Erstgericht Tatsachen angenommen, die entsprechende Eignungszweifel begründeten. Dies ergebe sich insbesondere aus der Gefährderansprache vom 2. August 2016. So habe sich der Kläger allein aufgrund dieser Gefährderansprache in einer ca. 15-minütigen emotionalen Ausnahmesituation befunden, die nur mithilfe der Eltern des Klägers zu beenden gewesen sei. Diese Situation habe der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt, indem er angegeben habe, sich durch die Polizisten ungerechtfertigter Weise gegängelt gefühlt, sich deshalb emotional aufgeregt und geschrien zu haben. Ausweislich des polizeilichen Berichts über die Gefährderansprache hätten die Eltern des Klägers zudem gegenüber den Polizisten angegeben, dass der Kläger im allgemeinen emotional „schnell in die Höhe“ gehe. Daher würden sie darauf achten, dass der bei ihnen lebende Sohn allgemein und insbesondere in emotional aufgewühltem Zustand nicht an die Schlüssel zum Waffenschrank gelangen könne. Des weiteren könne in diesem Zusammenhang auch die vom Kläger auf dem Anrufbeantworter des Staatsministers hinterlassene Nachricht, die möglicherweise für sich alleine noch nicht zu Überprüfung der persönlichen Eignung ausgereicht hätte, nicht unberücksichtigt bleiben, in welcher dieser insbesondere Sätze wie „… man morde für Geringeres“ geäußert habe. Führe man eine Gesamtbetrachtung all dieser Punkte durch, so sei der Beklagte zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass hier jedenfalls aufklärungsbedürftige Bedenken hinsichtlich der charakterlichen Eignung des Klägers vorlägen, aufgrund derer ein negativer Einfluss auf den Umgang mit Waffen möglich erscheine und die Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne. Das durch die Gefährderansprache vom Kläger gewonnene Bild, nämlich dass dieser, jedenfalls in bestimmten Situationen, leicht aufbrausend reagiere, vermöge durchaus Zweifel daran zu wecken, dass er in Konfliktsituationen immer angemessen reagieren werde. Verstärkt würden diese Bedenken zudem durch den vom Kläger vorgelegten Befundbericht vom 17. August 2016, in dem ausgeführt werde, dass beim Kläger eine schon seit der Kindheit bekannte Form der Aufmerksamkeitsstörung vorliege, die unter anderem mit vermehrter Affektlabilität und gesteigerter Impulsivität einhergehe. Insbesondere unter Berücksichtigung des Zwecks des Waffengesetzes, nämlich aufgrund der hohen Gefährlichkeit von Waffen und Munition Gefährdungen durch diese zu minimieren, habe ein ausreichender Anlass bestanden, um vom Kläger eine gutachterliche Abklärung zu verlangen, vor allem da eine hinreichende Affekt- und Impulskontrolle für einen Waffenbesitzer eine unerlässliche Voraussetzung darstelle.
Hiergegen ist aus zulassungsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens in der Zulassungsbegründung sind ausreichend Tatsachen vorhanden, die zwar für sich genommen noch nicht die Feststellung der fehlenden Eignung des Klägers rechtfertigen, aber vor dem Hintergrund der gestellten ärztlichen Diagnose und des Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit der polizeilichen Gefährderansprache ausreichende Anhaltspunkte für Eignungszweifel liefern, die eine Pflicht der Behörde zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts auslösen. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Eltern des Klägers offenbar selbst die Notwendigkeit sehen, dem Kläger den Schlüssel für den Waffentresor im Keller vorzuenthalten, wenn sich dieser in einer emotional aufgewühlten Stimmung befindet.
cc) Auch im Übrigen wird durch das klägerische Vorbringen im Zulassungsverfahren die Rechtmäßigkeit der Beibringungsaufforderung selbst nicht substantiiert infrage gestellt. Der Einwand, der Kläger habe die ihm gesetzte Frist zur Beibringung des Eignungsgutachtens unverschuldet versäumt, vermag nicht durchzugreifen.
Insoweit ist das Erstgericht davon ausgegangen, der Kläger habe die nicht fristgerechte Beibringung des Gutachtens zu vertreten. Nach der ihm auferlegten Vorlage eines Eignungszeugnisses sei es seine Aufgabe gewesen, sich zügig um eine Begutachtung zu bemühen. Soweit eine fristgerechte Vorlage des Zeugnisses nicht möglich gewesen wäre, hätte er dies, möglicherweise unter Vorlage entsprechender Nachweise, gegenüber dem Beklagten geltend machen und um weitere Fristverlängerung ersuchen müssen. Nachdem der Kläger die bereits verlängerte Frist zur Vorlage der Einwilligungserklärung und zur Vorlage des Zeugnisses habe verstreichen lassen, ergäben sich hieraus keine Anhaltspunkte für eine unverschuldete Fristversäumung. Der Einwand, dass der verantwortliche Sachbearbeiter am Landratsamt Kenntnis davon gehabt habe, dass der Kläger sich vor Fristablauf um die Beibringung eines Eignungsgutachtens bemüht habe, greife nicht durch. Der Vortrag, dass der vom Kläger beauftragte Facharzt und die Kriminalpolizeiinspektion Landshut mit dem Sachbearbeiter des Beklagten in Verbindung gestanden und sich erkundigt hätten, welche Anforderungen ein waffenrechtliches Eignungsgutachten erfüllen müsse, lasse sich anhand der Behördenakte, die keinen diesbezüglichen Hinweis/Aktenvermerk enthalte, nicht nachvollziehen. Auch habe der Kläger die ihm übersandte Einwilligungserklärung im Zusammenhang mit der anstehenden Begutachtung nicht an die Behörde zurückgesandt, was ebenfalls deutlich gegen ein erkennbares Bemühen spreche. Letztlich könne dies aber dahinstehen, da selbst bei einer Wahrunterstellung allein die Erkundigung eines Arztes oder Polizeibeamten nach den allgemeinen Anforderungen eines waffenrechtlichen Eignungsgutachtens weder ein erkennbares Bemühen des Klägers darstelle, noch den Schluss darauf zulasse, dass der Kläger das geforderte Gutachten tatsächlich zeitnah beibringen werde. Da es sich bei der Vorlage des Eignungsgutachtens um eine Obliegenheit des Klägers handle, sei es seitens des Beklagten auch nicht erforderlich gewesen, sich nach Fristablauf und vor Bescheidserlass beim Kläger nochmals zu erkundigen, ob eine Gutachtensvorlage erfolgen werde.
Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Zulassungsbegründung, wobei insoweit allerdings im wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen wiederholt wird, ist gegen diese Würdigung des Erstgerichts nichts einzuwenden. Der Kläger hatte nach Verlängerung der Frist zur Vorlage des Gutachtens insgesamt sechs Wochen Zeit, das geforderte Eignungsgutachten vorzulegen. Im Schreiben vom 4. August 2016 wurde ihm auch mitgeteilt, welche Gutachtergruppen hierfür grundsätzlich in Betracht kämen. Im Sinne eines effektiven Vollzugs waffenrechtlicher Vorschriften, die dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und insbesondere der Allgemeinheit vor ungeeigneten Waffenbesitzern dienen, ist die Behörde grundsätzlich gehalten, eine Frist zu setzen, die einerseits ausreichend lange bemessen ist, um dem Betroffenen eine ordnungsgemäße Begutachtung zu ermöglichen, andererseits aber eine angemessen zügige weitere Bearbeitung der Angelegenheit nicht verzögert. Hierfür ist eine Frist von vier Wochen, wie sie in der Beibringungsaufforderung ursprünglich gesetzt wurde, grundsätzlich ausreichend. Nachdem die Frist im hier zu entscheidenden Fall nochmals verlängert wurde, bestehen gegen eine angemessene Fristsetzung keine Bedenken. Im Übrigen entspricht es schon nicht den Tatsachen, dass sich der Kläger für die Behörde erkennbar fortlaufend um die Vorlage des geforderten Gutachtens bemüht hat. Denn innerhalb der ursprünglich für die Beibringung des Gutachtens bis zum 2. September 2016 eingeräumten Frist teilte der Kläger zunächst mit, er werde keinen Psychiater aufsuchen. Sodann legte er statt des geforderten Gutachtens am 22. August 2016 lediglich den Befundbericht eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie vom 17. August 2016 vor und beantragte eine Fristverlängerung für den Fall, dass der Befundbericht nicht genüge. Während der verlängerten Fristen für die Vorlage der Einwilligungserklärung und des Gutachtens bemühte sich der Kläger nach Lage der Akten nicht erkennbar darum, der Beibringungsaufforderung des Landratsamtes nachzukommen. Nach einem Aktenvermerk vom 25. August 2016 teilte er zwar der Behörde telefonisch mit, dass der fragliche Facharzt nicht bereit sei, ein ausführliches Gutachten zu erstellen, was sich im Übrigen letztlich als unzutreffend herausgestellt hat, nachdem der Kläger nach Bescheiderlass ein Gutachten gerade dieses Facharztes vorgelegt hat. Der Inhalt des Aktenvermerks und der sonstigen Behördenakte lässt aber nicht erkennen, dass sich der Kläger innerhalb der verlängerten Frist um eine Begutachtung bemüht hat. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass er der Behörde die Einwilligungserklärung weder innerhalb der Frist noch bis zum Bescheidserlass übermittelt hat. Schließlich wäre es die Obliegenheit des Klägers gewesen, eine weitere Fristverlängerung zu beantragen (BayVGH, B.v. 8.5.2017 – 21 CS 16.2428).
dd) Da die Aufforderung zur Beibringung des Eignungsgutachtens somit insgesamt rechtmäßig war, durfte die Behörde aufgrund der nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens auf die Ungeeignetheit des Klägers schließen (§ 4 Abs. 6 Satz 1 AaffV), nachdem der Kläger in der Beibringungsaufforderung hierauf hingewiesen worden war (§ 4 Abs. 6 Satz 2 AWaffV). Die Bestimmung stellt sicher, dass säumiges Verhalten des Betroffenen bei der Beibringung des Gutachtens zu seinen Lasten geht (Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 4 AWaffV, Rn. 14). Die dortige Formulierung „darf“ bedeutet nicht, dass der Behörde in Bezug auf den Schluss auf die Nichteignung ein Ermessen eingeräumt ist (BayVGH, B.v. 8.5.2017 – 21 CS 16.2428 – juris; VG Osnabrück, U.v. 6.4.2006 – 3 A 173/04 – juris). Vielmehr wird hierdurch klargestellt, dass der Schluss auf die fehlende waffenrechtliche Eignung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Beibringungsaufforderung – wie hier – rechtmäßig war.
Etwas anderes ergibt sich entgegen den Ausführungen in der Zulassungsbegründung auch nicht dadurch, dass der Kläger am 13. Oktober 2016 ein positives waffenrechtliches Eignungsgutachten des fraglichen Facharztes vorgelegt hat. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Widerrufsverfügung ist die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bestehende Sach- und Rechtslage maßgeblich, sodass es im hier zu entscheidenden Fall auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses ankommt. Danach liegende Umstände, etwa die nachträgliche Vorlage eines Sachverständigengutachtens, müssen im Widerrufsverfahren außer Betracht bleiben und können gegebenenfalls nur in einem neuen Verfahren auf Wiedererteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis ins Feld geführt werden (BVerwG, B.v. 21.12.2006 – 6 B 99.06 – juris). In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass das Gutachten vom 12. Oktober 2016 im Hinblick auf seine Plausibilität und Nachvollziehbarkeit Bedenken begegnet. So kommt es zusammenfassend zwar zu dem Ergebnis, dass der Kläger waffenrechtlich uneingeschränkt persönlich geeignet sei. Gleichzeitig wird jedoch klargestellt, dass der Kläger zu Fehlhandlungen wie Hyperimpulsivität und -emotionalität neigt, die einer leichten ADHS-Problematik im Erwachsenenalter geschuldet seien. Die dennoch abgegebene positive Prognose fußt auf einer von der Einschätzung des Senats deutlich abweichenden Wertung der Geschehnisse im Zusammenhang mit der polizeilichen Gefährderansprache sowie der Einschätzung, der Kläger müsse zukünftig lernen, Impulse und Emotionen zu kontrollieren. Gerade letzteres belegt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung offenbar nicht die Gewähr dafür bot, zukünftige Fehlhandlungen zuverlässig zu unterlassen.
b) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Das ist nur dann der Fall, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. An der Klärung der aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfrage muss ein über den Einzelfall hinausgehendes allgemeines Interesse bestehen. An der allgemeinen Bedeutung der Sache fehlt es regelmäßig, wenn lediglich die Anwendung von in sich nicht zweifelhaften Vorschriften auf den konkreten Fall in Rede steht oder wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ausschlaggebend von einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abhängt. Eine grundsätzliche Bedeutung wird dementsprechend nicht dargetan, wenn sich der Rechtsmittelführer darauf beschränkt, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im Einzelfall mit tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen als unrichtig anzugreifen (NK-VwGO/Max-Jürgen Seibert, 5. Aufl. 2018, VwGO § 124 Rn. 127).
In der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird bereits keine solche Rechtsfrage formuliert. Soweit anklingt, die Frage, ob die Behörde bei Vorlage des Gutachtens ohne weitere Ermessenserwägungen auf die Nichteignung des Betroffenen schließen dürfe, sei von grundsätzlicher Bedeutung, kann dem nicht gefolgt werden. Diese Frage ist in der Rechtsprechung geklärt, wie oben bereits ausgeführt wurde.
c) Schließlich liegt auch kein Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Die Zulassungsbegründung führt aus, das Erstgericht hätte die Frage, ob der Kläger die Frist zur Vorlage des Gutachtens unverschuldet versäumt habe, weiter aufklären müssen. Insbesondere hätte eine Zeugeneinvernahme derjenigen Personen stattfinden müssen, die sich für den Kläger gegenüber der Behörde zu den Modalitäten des Gutachtens erkundigt hätten. Insoweit wendet sich der Kläger zum einen gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts und rügt zum anderen einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz. Verstöße gegen allgemeine Grundsätze der Sachverhalts- und Beweiswürdigung betreffen regelmäßig nicht das gerichtliche Verfahren, sondern die Anwendung materiellen Rechts. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe die Frist zur Vorlage des Gutachtens verschuldet versäumt, nichts zu erinnern. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO liegt nur vor, wenn bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder wenn sich die weitere Sachverhaltsermittlung oder Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen bzw. geboten gewesen wäre (BVerwG, B.v. 30.9.1996 – 4 B 175/9 – NVwZ-RR 1997, 214). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt hat. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung des Erstgerichts am 8. August 2017 hat der Bevollmächtigte des Klägers insoweit keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Im Übrigen verdeutlicht die vom Senat geteilte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, dass der Sachverhalt insoweit hinreichend aufgeklärt war.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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