Aktenzeichen W 5 K 16.133
AWaffV AWaffV § 4 Abs. 1
Leitsatz
Liegen konkrete Anhaltspunkte für eine hinreichende Gewichtigkeit normabweichenden Verhaltens des Inhabers von Waffenbesitzkarten vor, ist die Annahme des Vorliegens einer psychischen Erkrankung iSd § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG oder in der Person liegender Umstände iSd § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG, die die persönliche Eignung ausschließen, gerechtfertigt. (redaktioneller Leitsatz)
Ein fachpsychologisches Gutachten ist verwertbar, wenn es schlüssig und nachvollziehbar ist, die wesentlichen Befunde wiedergibt sowie die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen darstellt. (redaktioneller Leitsatz)
Nach der waffengesetzlichen Konzeption ist es Sache des Waffenbesitzkarteninhabers, Bedenken gegen seine Eignung auszuräumen. Gelingt ihm dies nicht, so erfüllt er die Voraussetzungen für waffenrechtliche Erlaubnisse nicht (§§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 6 Abs. 1 WaffG) und er ist so lange als ungeeignet im Umgang mit Waffen und Munition anzusehen, bis er die Zweifel und Bedenken an seiner Eignung mittels eines positiven Gutachtens ausräumen kann. Der Betroffene hat somit eine Vorlagepflicht, die sich jedoch nicht darauf beschränkt (irgend-)ein Gutachten vorzulegen, sondern er muss ein Gutachten vorlegen, das die Eignungsbedenken der Behörde zerstreut, ansonsten der Kläger für waffenrechtliche Erlaubnisse ungeeignet ist bzw. diese zu widerrufen sind. Verbleibende Zweifel an der persönlichen Eignung gehen deshalb zulasten des Betroffenen. (redaktioneller Leitsatz)
Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 WaffG kann auch körperliche Behinderungen, die einen unsachgemäßen Umgang durch im Übrigen zuverlässige Personen befürchten lassen, umfassen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu voll-streckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
1.
Die erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 12. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger fehlt die persönliche Eignung im Umgang mit Waffen und Munition. Die Waffenbesitzkarten des Klägers wurden deshalb zu Recht widerrufen und der Kläger zu deren Rückgabe sowie der Unbrauchbarmachung bzw. Abgabe an einen Berechtigten von Waffen und Munition aufgefordert (§ 45 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 46 Abs. 1, 2 des Waffengesetzes – WaffG -). Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarten war vorliegend § 45 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 3 WaffG. Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz – vorliegend die Waffenbesitzkarten (§ 10 WaffG) – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Voraussetzung für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist unter anderem, dass der Antragsteller die erforderliche persönliche Eignung besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Nach § 6 Abs. 1 WaffG besitzen die erforderliche persönliche Eignung Personen nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie 1. geschäftsunfähig sind, 2. abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind oder 3. aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen und Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen können oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach Abs. 1 begründen, so hat die zuständige Behörde dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige und körperliche Eignung aufzugeben (§ 6 Abs. 2 WaffG). Näheres hierzu ist in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (vom 27.10.2003, BGBl I 2003, 2123 – AWaffV -) geregelt (§ 6 Abs. 4 WaffG).
Nach § 4 Abs. 1 AWaffV hat derjenige, dem die Behörde die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachten aufgegeben hat, weil durch Tatsachen begründete Bedenken gegen seine persönliche Eignung im Umgang mit Waffen bestehen, auf eigene Kosten einen sachkundigen Gutachter mit der Begutachtung zu beauftragen. Die Begutachtung soll von ärztlichen Gutachtern bestimmter Fachrichtungen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 – 4 AWaffV) oder von Fachpsychologen der Fachrichtung Rechtspsychologie, Verkehrspsychologie oder klinische Psychologie (§ 4 Abs. 2 Nr. 5 AWaffV) durchgeführt werden. Das Vorliegen der Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet beurteilt sich nach berufsständischen Regeln. Nach § 4 Abs. 3 AWaffV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich seiner persönlichen Eignung mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat. Der Betroffene hat die Behörde darüber zu unterrichten, wen er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Behörde übersendet zur Durchführung der Untersuchung auf Verlangen des Gutachters bei Vorliegen der Einwilligung des Betroffenen die zur Begutachtung erforderlichen ihr vorliegenden Unterlagen. Nach § 4 Abs. 4 AWaffV darf zwischen dem Gutachter und dem Betroffenen in den letzten 5 Jahren kein Behandlungsverhältnis bestanden haben. Der Gutachter hat dies im Gutachten zu versichern. Die Sätze 1 und 2 schließen eine Konsultation des in den genannten Zeiträumen behandelnden Haus- oder Facharztes durch den Gutachter nicht aus. Nach § 4 Abs. 5 AWaffV hat sich der Gutachter über den Betroffenen einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Das Gutachten muss darüber Auskunft geben, ob der Betroffene persönlich ungeeignet ist, mit Waffen oder Munition umzugehen; die bei der Erstellung des Gutachtens angewandte Methode muss angegeben werden. Nach § 4 Abs. 6 AWaffV muss der Betroffene bei der Anordnung nach Abs. 1 Nr. 1 (Vorlage eines Gutachtens) darauf hingewiesen werden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen kann, wenn er sich weigert sich untersuchen zu lassen oder das geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht beibringt.
2.1
Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anforderung eines Gutachtens erfüllt.
Der Vorfall vom 28. September 2015 (Ausschütten einer stinkenden Flüssigkeit auf einer Terrasse sowie die Angaben der Hausärztin/Nachbarin Frau Dr. … gegenüber der PI M., der Kläger leide vermutlich unter Wahnwahrnehmungen) sind Tatsachen, die Bedenken gegen die persönliche Eignung des Klägers zu begründen vermögen. Die Äußerung der Hausärztin des Klägers und der in der Mitteilung der PI M. vom 29. September 2015 geschilderte Vorfall vom 28. September 2015 zeigten eine hinreichende Gewichtigkeit normabweichenden Verhaltens des Klägers auf und waren somit geeignet, die Annahme des Vorliegen einer psychischen Erkrankung i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG oder in der Person liegender Umstände i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 3 WaffG, die die persönliche Eignung ausschließen, zu rechtfertigen. Entsprechend § 6 Abs. 2 WaffG hat das Landratsamt die Vorlage eines Gutachtens über die geistige und körperliche Eignung aufzugeben. Der Kläger wurde im Schreiben vom 29. September 2015 auch auf die Gründe, die Anlass zur Begutachtung gaben, hingewiesen sowie darauf, dass auf seine Nichteignung im Falle der Nichtvorlage oder verspäteten Vorlage geschlossen werden könne. Der Kläger hat sich mit einer Begutachtung durch die TÜV Süd Life Service GmbH einverstanden erklärt, dieser den Auftrag erteilt und das Landratsamt hat mit Schreiben vom 12. Oktober 2015 die erforderlichen Unterlagen (Mitteilung der PI M. vom 29.9.2015) übersandt.
2.2
Das fachpsychologische Gutachten der TÜV Süd Life Service GmbH vom 14. Dezember 2015 ist auch verwertbar.
2.2.1
Der bei der TÜV Süd Life Service GmbH, Service-Center Würzburg, eingesetzte psychologische Fachgutachter Waffenrecht … war für die Erstellung des Gutachtens fachlich geeignet. Der Gutachter ist im Hauptberuf Professor für Psychologie und Leiter der Fachgruppe Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Polizei des Landes Sachsen-Anhalt (siehe dessen Schreiben vom 30.5.2016). In der mündlichen Verhandlung gab der Gutachter auf Fragen des Gerichts ergänzend an, dass er bereits seit dem Jahr 2003 zunächst als verkehrsrechtlicher Gutachter für den TÜV Süd tätig gewesen ist, seit dem Jahr 2006 eine waffenrechtliche Zusatzausbildung bei dem Berufsverband der deutschen Psychologen absolviert hat und seit dieser Zeit als waffenrechtlicher Gutachter tätig ist. Auch hat er eine 6-jährige Tätigkeit im Bereich klinischer Psychologie an der Universität Würzburg (fachpsychiatrische Klinik) absolviert.
2.2.2
Im Fachpsychologischen Gutachten vom 14. Dezember 2015 hält der Gutachter die o.g. formalen Anforderungen ein. Der richtige Sachverhalt und die einschlägige fachliche Materie (Waffenrecht) werden zugrunde gelegt. Der Gutachter hat sich in einem Untersuchungstermin am 7. Dezember 2015 einen persönlichen Eindruck vom Kläger verschafft. Der Gutachter versichert, den Kläger bisher nicht behandelt zu haben. Die eingesetzte fachliche Methode (fachpsychologische Untersuchung mit Leistungstestung, Persönlichkeitsfragebogen und psychologischem Untersuchungsgespräch) wird benannt. Das Gutachten kommt zu einem eindeutigen Ergebnis („derzeit nicht geeignet“).
2.2.3
Das Gutachten ist unter Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Erläuterungen des Gutachters auch inhaltlich verwertbar, insbesondere schlüssig und nachvollziehbar. Die wesentlichen Befunde werden wiedergegeben und die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen dargestellt. Die Einwände des Klägers greifen nicht durch. Der Umstand, dass der Gutachter dem Kläger letztlich keine psychische Erkrankung i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sondern eine „psychische Auffälligkeit“ mit Auswirkungen auf die persönliche Eignung zum Umgang mit Waffen i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 3, Alt. 1 WaffG bescheinigt hat, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Im Einzelnen:
Im Fachpsychologischen Gutachten vom 14. Dezember 2015 stellt der Gutachter Auffälligkeiten des Klägers bei der Leistungstestung fest („Belastbarkeit und Reaktionsvermögen unterdurchschnittlich“); der Persönlichkeitstest ergibt Auffälligkeiten im Bereich „Dissimulation“ und „Abenteuerlust“. Der Gutachter schließt daraus, dass der Kläger sich bei Beantwortung der Fragen in sozial erwünschter Weise darzustellen versucht hat und die tatsächliche Persönlichkeitsstruktur des Untersuchten nicht wiedergespiegelt wird, dies als ein Hinweis auf einen (unbewussten) Abwehrmechanismus zu verstehen ist, der dazu dient, das eigene Selbstbild aufrechtzuerhalten und der Kläger Widersprüche zu seinem Selbstbild unkritisch ausblendet. Insgesamt wird dem Kläger ein Mangel an selbstkritischer Reflexion bescheinigt („hört nachts auffällige Geräusche, obwohl er sein Hörgerät nicht trägt“). Schließlich bewertet der Gutachter als äußerst bedenklich, dass der Kläger meint, selbst aktiv werden zu müssen, um vermeintliche Täter zu stellen und sich darin ein subjektives Bedürfnis nach individueller Wehrhaftigkeit verdeutlicht. Der Gutachter kommt deshalb insgesamt zu dem Ergebnis, dass aus fachpsychologischer Perspektive die Eignungsbedenken der Behörde nicht ausgeräumt werden, sondern vielmehr Anhaltspunkte bestehen, die diese Bedenken untermauern und der Kläger deshalb derzeit nicht geeignet ist, mit Waffen oder Munition umzugehen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter sein Gutachten auf Fragen des Gerichts erläutert. Auf Frage, weshalb der Gutachter den Kläger als ungeeignet im Umgang mit Waffen ansehe, führte dieser aus, dass der Kläger anlässlich der Untersuchung im Persönlichkeitsfragebogen mit einem Dissimulationswert von 100% eine psychische Auffälligkeit gezeigt habe, die nach seiner Erfahrung die persönliche Eignung im Umgang mit Waffen ausschließe. Der erzielte Wert zeige eine subjektive Fehlwahrnehmung der eigenen Person im Sinne einer Selbstidealisierung. In diesem Fall sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine zuverlässige Selbsteinschätzung im Umgang mit Waffen vorweisen könne, weshalb er im Umgang mit Waffen als ungeeignet anzusehen sei. Insofern spiele es auch keine Rolle, ob der Kläger in der Vergangenheit aus waffenrechtlicher Sicht unauffällig gewesen sei oder beim „Auflauern“ vermeintlicher Störer eine Waffe gebraucht habe. Entscheidend sei für ihn der Widerspruch zwischen dem, wie sich der Kläger dargestellt habe und dem, was anlässlich der Testung herausgefunden worden sei, gewesen. Der im gerichtlichen Verfahren geäußerte Einwand des Klägers, er habe die Vermutung bzw. Überzeugung gehabt, seine Lebensgefährtin habe eine Affäre gehabt und er habe dies aus Scham nicht mitgeteilt, bestätige nur den Befund, dass der Kläger seine Motive nicht offen dargelegt habe oder dazu nicht in der Lage gewesen sei. Dies bestätige auch den Dissimulationswert. Aus seiner Sicht habe auch der Krankenhausaufenthalt des Klägers im Frühjahr 2015 keine Auswirkungen auf das Untersuchungsergebnis gehabt. Dies sei im Übrigen auch nicht mitgeteilt worden. Keine Auswirkungen auf den Umgang mit Waffen habe für ihn das unterdurchschnittliche Abschneiden des Klägers bei der Leistungswertung gehabt, welches aus seiner Sicht darauf zurückzuführen gewesen sei, dass der Kläger Schwierigkeiten gehabt habe, Töne zu unterscheiden. Schlussfolgerungen hätten sich jedoch im Zusammenhang mit dem Umstand ergeben, dass der Kläger meinte, Geräusche zu hören.
Das Gutachten ist unter Berücksichtigung der Erläuterungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und schlüssig. Zwar hat der Gutachter keine psychische Erkrankung, z. B. organische Psychosen, chronische hirnorganische Psychosyndrome, affektive Psychosen und andere Erkrankungen nach der Internationalen Klassifikation für Erkrankungen (ICD) wie sie z. B. in Nr. 7 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung – FeV – genannt sind (mit Abstufungen und Auswirkungen nach jeweiliger Schwere auf die Fahreignung; die Anlage 4 zur FeV kann nach der Kommentierung von Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl., § 4 AWaffV Rn. 6, auch im Waffenrecht zur Orientierung herangezogen werden), mit hinreichender Schwere festgestellt, die die persönliche Eignung des Klägers im Umgang mit Waffen ausschließt. Insofern wendet der Kläger zu Recht ein, im Gutachten sei diesbezüglich kein eindeutiges Ergebnis dargestellt worden. Der Gutachter hat jedoch nachvollziehbar eine „psychische Auffälligkeit“ dargestellt, die nach seiner Erfahrung die persönliche Eignung im Umgang mit Waffen i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1, Nr. 3 Alt. 1 WaffG ausschließt. Der Gutachter hat auf Fragen des Gerichts erläutert, dass es ihm vorliegend nicht um die Diagnose einer psychischen Erkrankung gegangen sei, sondern um die Frage, ob der Kläger persönlich geeignet gewesen sei im Umgang mit Waffen. Diese persönliche Eignung könne auch bei einer psychischen Auffälligkeit fehlen. Er habe im Fall des Klägers keine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung gesehen, jedoch eine psychische Auffälligkeit, die nach seiner Erfahrung die persönliche Eignung im Umgang mit Waffen ausschließt. Er sei deshalb zur Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 1, Nr. 3 Alt. 1 WaffG gekommen. Auf Frage, ob sich der Kläger wegen dieser psychischen Auffälligkeit ärztlich behandeln lassen könne, erklärte der Gutachter, es bestünden aus seiner Sicht keine Bedenken, ob dies allerdings von Seiten der Krankenkassen übernommen werde, sei jedoch eine ganz andere Frage.
Der Gutachter kommt damit zu einem eindeutigen nachvollziehbaren Ergebnis hinsichtlich der persönlichen Eignung bzw. Nichteignung des Klägers im Umgang mit Waffen und Munition. Das Landratsamt ist in seinem streitgegenständlichen Bescheid dem Gutachten gefolgt. Dahinstehen kann, ob sich der Gutachtensauftrag letztlich nur auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG bezogen hatte (hierfür spricht die an den Kläger gerichtete Gutachtensaufforderung des Landratsamts vom 29.9.2015 sowie das Anschreiben an die TÜV Süd Life Service GmbH vom 12.10.2015) und der Gutachter insofern möglicherweise die Fragestellung in eventuell unzulässiger Weise erweitert hat oder ob der Gesamtkatalog möglicher Ungeeignetheitsgründe gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 – 3 WaffG Gegenstand der Beurteilung sein sollte. Selbst wenn von Ersterem auszugehen wäre, könnte dies vorliegend jedoch der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da auch im Falle der Unverwertbarkeit des Gutachtens die Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers letztlich verbleiben würden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WaffG besitzen die erforderliche persönliche Eignung Personen bereits dann nicht, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass die nachfolgend genannten Ungeeignetheitsgründe vorliegen. Sind Tatsachen bekannt, die „Bedenken gegen die persönliche Eignung nach Abs. 1 begründen“, so hat die zuständige Behörde dem Betroffenen die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses bzw. Gutachtens über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben (§ 6 Abs. 2 WaffG). Nach der gesetzlichen Konzeption ist es somit Sache des Klägers, Bedenken gegen seine Eignung auszuräumen. Gelingt ihm dies nicht, so erfüllt er die Voraussetzungen für waffenrechtliche Erlaubnisse nicht (§ 4 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 WaffG) und er ist so lange als ungeeignet im Umgang mit Waffen und Munition anzusehen, bis er die Zweifel und Bedenken an seiner Eignung mittels eines positiven Gutachtens ausräumen kann. Der Betroffene hat somit eine Vorlagepflicht, die sich jedoch nicht darauf beschränkt (irgend-)ein Gutachten vorzulegen, sondern er muss ein Gutachten vorlegen, das die Eignungsbedenken der Behörde zerstreut, ansonsten der Kläger für waffenrechtliche Erlaubnisse ungeeignet ist bzw. diese zu widerrufen sind. Verbleibende Zweifel an der persönlichen Eignung gehen deshalb zulasten des Betroffenen (Apel/Bushart, Bd. 2, Waffenrecht, 3. A., § 6 Rn. 9; Bd. 3, AWaffV, § 4 Rn. 5, 16). Insoweit ergab sich auch keine weitergehende Ermittlungspflicht der Behörde bzw. des Gerichts, da sich Umfang und Inhalt der Ermittlungspflicht u. a. aus den Anspruchsvoraussetzungen des materiellen Rechts ergeben (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl., § 86 Rn. 4 und 9).
Nach dem Fachpsychologischen Gutachten vom 14. Dezember 2015 und den erläuternden Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung ist der Kläger infolge der anlässlich der Begutachtung gezeigten psychischen Auffälligkeit (Dissimulationswert 100%) persönlich ungeeignet mit Waffen und Munition vorsichtig oder sachgemäß umzugehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 WaffG). Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 WaffG kann auch körperliche Behinderungen, die einen unsachgemäßen Umgang durch im Übrigen zuverlässige Personen befürchten lassen, umfassen. Wie sich aus der Gesetzesbegründung zu § 6 WaffG ergibt, soll die Vorschrift alle in der Person liegenden Gesundheitsstörungen erfassen, die negativen Einfluss auf den Umgang mit Waffen haben können (BT-Drucks. 14/7759, Seite 56). Das mit privatem Waffenbesitz verbundene Risiko soll so gering wie möglich gehalten werden, ein Restrisiko soll nicht hingenommen werden müssen. Es müssen deshalb auch keine überhöhten Anforderungen an Art und Intensität der psychischen Auffälligkeit des Klägers und die mit ihr verbundenen Auswirkungen auf den Umgang mit Waffen gestellt werden. Die Richtigkeit des Gutachtens bestätigt im Nachhinein auch der Umstand, dass – wie von den Beklagtenvertretern in der mündlichen Verhandlung dargestellt – dem Kläger zwischenzeitlich nochmals die Möglichkeit eingeräumt wurde sich untersuchen zu lassen. Ein Auftrag wurde dem TÜV Thüringen erteilt, der jedoch mit Schreiben vom 18. Mai 2016 die vom Landratsamt übersandten Unterlagen kommentarlos zurückgesandt hat. Der Kläger hat die Sachbearbeiterin Ende Mai 2016 angerufen und mitgeteilt, dass das Gutachten wieder negativ war, ohne dass dem dortigen Gutachter das negative Gutachten der TÜV Süd Life Service GmbH vom 14. Dezember 2015 bekannt gewesen wäre.
3.
Auch die sonstigen Regelungen des streitgegenständlichen Bescheides sind nicht zu beanstanden. Nach § 46 Abs. 1 WaffG hat im Falle des Widerrufs von waffenrechtlichen Erlaubnissen deren Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Hat jemand aufgrund einer Erlaubnis, die widerrufen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt (§ 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG). Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen. Von dieser Regelung hat das Landratsamt in Nr. 2 und 3 des Bescheides zutreffend Gebrauch gemacht und in Nr. 4 für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung jeweils ein Zwangsgeld angedroht (Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellung und Vollstreckungsgesetzes – VwZVG -). Auch gegen die Kostenentscheidung (Nr. 6 und 7) des streitgegenständlichen Bescheides wurden seitens des Klägers keine Bedenken erhoben und solche sind auch nicht ersichtlich.
Die Klage konnte deshalb insgesamt keinen Erfolg haben.
4.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bun- desverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bun- des oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel gel- tend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 25.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013) Nr. 50.2. Nach der Rechtsprechung des BayVGH (B. v. 9.7.2013 – 21 CS 13.1363 – juris) ist für die Waffenbesitzkarten des Klägers einschließlich einer eingetragenen Waffe insgesamt ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzusetzen, zuzüglich eines Streitwerts von 750,00 EUR für jede weitere eingetragene Waffe. Dies ergab zusammen den oben festgesetzten Streitwert.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,
Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.