Verwaltungsrecht

Widerruf Waffenbesitzkarte und Ungültigkeitserklärung Jagdschein – Reichsbürgerbewegung

Aktenzeichen  24 ZB 20.1386

Datum:
20.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42574
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 18 S. 1

 

Leitsatz

1. Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit. (Rn. 15) (Rn. 33) (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein die Tatsache der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises (sog. „gelber Schein“ zur Bestätigung der Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz) rechtfertigt keine Schlussfolgerungen waffenrechtlicher Art. (Rn. 33) (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 18.2384 2020-03-04 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 13.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Ungültigkeitserklärung und Einziehung seines Jagdscheines, dessen Verlängerung er zugleich begehrt.
Begründet wurde der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 20. April 2018 damit, dass der Kläger im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden sei. Aufgrund der Ermittlungsberichte des P. vom 24. März 2017 und 11. April 2018 sei von einer Zugehörigkeit des Klägers zur Ideologie der sog. Reichsbürgerbewegung bzw. Staatsleugnung oder Selbstverwaltung nach derzeitiger Aktenlage auszugehen. Die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das RuStAG in seiner Fassung von 1913 mit behaupteter Staatsangehörigkeit „Königreich Bayern“ und die Beantragung von „EStA-Registerauszügen“ mit dem Ziel einer Auskunft „erworben am (durch Geburt) /erworben durch (Abstammung RuStAG)“ seien typische Verhaltensweisen sog. Reichsbürger. Eine glaubhafte nachdrückliche Bekundung für die Distanzierung von dieser Ideologie sei seitens des Klägers nicht erfolgt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen.
Das Verwaltungsgericht hat seine entsprechende Klage mit Urteil vom 4. März 2020 abgewiesen. Der Bescheid erweise sich als rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Im konkreten Fall rechtfertigten Tatsachen die Prognose, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschriebenes Verhalten zeigen werde und somit nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfüge. Er habe durch sein Verhalten Tatsachen geschaffen, die die Annahme rechtfertigten, dass er der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sei bzw. sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen mache.
Reichsbürger und Selbstverwalter würden die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat bestreiten und diese z.T. als „Firma BRD“ bezeichnen. Sie seien der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ könnten. Ausgehend von der falschen Annahme, ohne Staatsangehörigkeitsausweis staatenlos zu sein, beantragten sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis (sog. „gelber Schein“) zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 179 ff.). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhoffe sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029 – juris Rn. 16). Der „gelbe Schein“ werde zudem als Nachweis der Rechtsstellung als Staatsangehöriger des vorgeblich fortbestehenden „Deutschen Reichs“ angesehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). In diesem Kontext sei auch die in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit getätigte Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit des Klägers „Königreich Bayern seit Geburt erworben durch Abst. gem. RuStAG Stand 1913, §§ 1, 3 Nr. 1, 4 (1)“ zu sehen. Dies lege ebenfalls grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Kläger nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansehe (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310 – juris Rn. 19). Denn aus Sicht der „Reichsbürger“ bestimme sich ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben gewesen sei, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestanden habe (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180).
Durch Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913, mit der Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit „Königreich Bayern“ und dem Einfordern spezifischer Eintragungen im EStA-Register, habe der Kläger somit nicht nur eine für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Verhaltens- und Ausdrucksweise gezeigt, sondern hierdurch zugleich nach außen gegenüber einer Behörde den Eindruck erweckt, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises gehe, sondern darum, einen Nachweis dafür zu erhalten, dass er die Staatsangehörigkeit des Königreiches Bayern durch Abstammung erworben habe. Auch der im Formular auffallende, bewusste Verzicht auf Postleitzahlen sei eine typische, gerichtsbekannte Verhaltensweise von Reichsbürgern. Ebenso sei die Einlassung des Klägers im Rahmen seiner E-Mail vom 6. März 2016, warum sein Antrag durch die Ausländerbehörde bearbeitet werde, ein gerichtsbekanntes Argumentationsmuster der Reichsbürgerszene. Die weiteren, vom Kläger in seinen E-Mails formulierten Fragen und Vermutungen, etwa, dass sein Antrag bewusst verzögert werde, würden diesen Eindruck unterstreichen. Denn auch insoweit werde von szenetypischen Internetauftritten – u.a. dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung erwähnten „B.“ – verschwörungstheoretisch behauptet, dass die zuständigen Behörden für Personen, welche einen „Antrag nach RuStAG 1913“ stellen wollten, das Antragsverfahren ablehnen oder verzögern würden, um so den Zugang zur angeblichen Rechtsstellung als „Bürger mit vollen Rechten“ zu erschweren.
Die Einlassungen des Klägers sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung hätten demgegenüber an der Einschätzung der Gerichts nichts ändern können. Der Kläger habe nicht plausibel und nachvollziehbar erklären können, wieso er trotz der eben erläuterten, von ihm geschaffenen und vielfach nach außen getragenen Tatsachen kein Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ sein solle. Eben so wenig sei eine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ festzustellen, zumal er nach wie vor bestreite, jemals der Ideologie nahegestanden zu haben.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens macht er insbesondere geltend, an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestünden ernstliche Zweifel. Außerdem weise die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Schließlich werde auch der Zulassungsgrund der Divergenz geltend gemacht. Es liege auch ein Verfahrensmangel vor.
Der Beklagte – Landesanwaltschaft Bayern – ist dem Antrag entgegengetreten und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Akten des Beklagten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind und dadurch Anlass besteht, an der (Ergebnis-)Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zu zweifeln. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124 Rn. 15 m.w.N.).
Gemessen an diesen Maßgaben, bestehen für das erkennende Gericht keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Der Bescheid des Beklagten vom 20. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO darauf Bezug. Lediglich ergänzend ist im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen zu bemerken:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats besitzen Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, nicht die erforderliche Zuverlässigkeit (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 12.10.2021 – 24 ZB 21.2014 – juris Rn. 8 ff.).
Die Zulassungsbegründung führt aus, der Kläger sei nicht der Reichsbürgerbewegung zugehörig. Das Gericht habe für den Kläger sprechende Umstände nicht berücksichtigt. Der Kläger erkenne die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland als für sich verbindlich an und beachte die Gesetze. Er habe bis zur mündlichen Verhandlung nicht gewusst, dass Reichsbürger auf die Angabe der Postleitzahlen verzichteten. Die Angabe sei nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung auch nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe sich auch sowohl außergerichtlich als auch im gerichtlichen Verfahren, namentlich durch Vorlage einer eidesstattlichen Erklärung glaubhaft distanziert und die Rechtsordnung der Bundesrepublik als verbindlich akzeptiert. Diese Versicherung habe das Gericht berücksichtigen müssen. Diese sei entgegen der Auffassung der ersten Instanz auch glaubhaft. Der Kläger könne nicht einräumen, dass er seine innere Einstellung verändert habe, denn er sei nie Sympathisant der Reichsbürgerideologie gewesen. Das Gericht hätte berücksichtigen müssen, dass das vorgeworfene Verhalten einzig im Zusammenhang mit der Stellung des Antrages auf Feststellung der Staatsbürgerschaft stehe. Sofern es ausführe, Reichsbürger bestritten die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und bezeichneten diese als „Firma BRD“, verkenne es, dass keine der Ausführungen vom Kläger vorgenommen worden seien. Den Begriff „RuStAG“ habe er verwendet, da es in einem Merkblatt des L. R. so angegeben gewesen sei. Eine Mitarbeiterin des Landratsamtes habe den Kläger auch darauf hingewiesen. Hätte das Gericht die für den Kläger sprechenden Umstände berücksichtigt, wäre das Urteil anders ausgefallen. Selbst wenn der Kläger mit der Ideologie der Reichsbürgerbewegung sympathisiert habe, so bedeute dies nicht, dass er die Gesetze nicht beachte und deshalb waffenrechtlich unzuverlässig sei.
Damit wird die Tatsachenfeststellung des Erstgerichts, der Kläger habe sich reichsbürgertypisches Gedankengut zu eigen gemacht, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt. Vielmehr wird die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts angegriffen, was auch im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO grundsätzlich möglich ist (Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 124, Rn. 80).
Das Gericht entscheidet gem. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Tatsachen- und Beweiswürdigung, der einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt nur vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (stRspr z.B. BayVGH, B.v. 14.12.2018 – 21 ZB 16.1678 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Derartige Fehler zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf; sie sind auch nicht ersichtlich. Der Kläger beschränkt sich vielmehr darauf, unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags darauf hinzuweisen, seiner Ansicht nach sei das Verwaltungsgericht zum falschen Ergebnis gekommen.
Entgegen der Darstellung des Klägers hat das Verwaltungsgericht die Einlassungen des Klägers in allen Einzelheiten gewürdigt (UA S. 14 ff.). Dass es aus seinem Vortrag nicht die gewünschten rechtlichen Schlüsse gezogen hat und vor allem nicht zu dem vom Kläger erstrebten Ergebnis gelangt ist, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Zutreffend, mit ausführlicher Begründung und in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. UA S. 12 ff.) ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, namentlich die Angaben des Klägers im Antragsverfahren auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (u.a. die Angabe „Königreich Bayern“ als Staatsangehörigkeit und Bezugnahme auf das RuStAG von 1913) zeigten ein für sogenannte Reichsbürger typisches Verhalten und sprächen dafür, dass sich der Kläger deren Ideologie zu eigen gemacht habe. Das rechtfertige die Annahme bzw. Prognose, dass der Kläger nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit verfüge. Diese Einschätzung habe der Kläger durch seine Erklärungen nicht entkräften können.
Dagegen ist aus zulassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Soweit der Kläger darauf hinweist, er sei ansonsten in keiner Weise, insbesondere strafrechtlich auffällig geworden, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil dargelegt, aus welchen Gründen es den Kläger als eine Person ansieht, die der sogenannten Reichsbürgerbewegung zuzuordnen ist.
2. Die Berufung ist auch nicht aufgrund der vom Kläger behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Der Kläger hält folgende Fragen für klärungsbedürftig:
1. „Rechtfertigt die Stellung eines (legalen) Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beim Bundesverwaltungsamt mit der Angabe „Geburtsstaat „Bayern (Deutschland als Ganzes)“ den Verdacht der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung?“
2. „Rechtfertigt allein die Stellung eines (legalen) Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beim Bundesverwaltungsamt mit der Angabe „Geburtsstaat „Bayern (Deutschland als Ganzes)“ den Verdacht der Nichteinhaltung waffenrechtlicher Vorgaben?
3. „Rechtfertigt die Stellung eines (legalen) Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beim Bundesverwaltungsamt mit der Angabe Geburtsstaat „Bayern (Deutschland als Ganzes)“ eine Prognoseentscheidung dergestalt, dass Zweifel an der Rechtstreue des Klägers bestehen?“
4. „Rechtfertigt die Stellung eines (legalen) Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beim Bundesverwaltungsamt mit der Angabe Geburtsstaat „Bayern (Deutschland als Ganzes)“ die Annahme, der Kläger würde die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland (offensiv) ablehnen und die Legitimität der Institutionen der Bundesrepublik Deutschland negieren?“
Abgesehen davon, dass der Kläger bei der Stellung seines Antrages auf Feststellung der Staatsangehörigkeit nicht die Angabe „Geburtsstaat Bayern (Deutschland als Ganzes)“ gemacht und keinen Antrag beim Bundesverwaltungsamt gestellt hat, sind diese Fragen einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Sie betreffen jeweils eine im Wege der Beweiswürdigung zu gewinnende Schlussfolgerung des Tatsachengerichts und können nicht unabhängig von den jeweiligen Begleitumständen der behaupteten Antragstellung beurteilt werden.
Im Übrigen hat das Erstgericht seine Schlussfolgerung, der Kläger habe sich reichsbürgertypisches Gedankengut zu eigen gemacht, im Wege einer Gesamtwürdigung der insoweit aussagekräftigen Indizien getroffen, ohne einer der in den Fragen formulierten Voraussetzungen jeweils für sich genommen allein entscheidende Beweiskraft zuzuerkennen.
Ferner werfe nach Auffassung des Klägers der Rechtsstreit die Frage auf,
„ob Reichsbürger als Gruppe angesehen werden können, deren Merkmale auf die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der zugehörigen Personen schließen lassen.“
Um diese Frage zu beantworten, ist keine Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich. Denn in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist bereits geklärt, dass Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind, oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, nicht die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit besitzen (BayVGH, B.v. 4.10.2018 – 21 CS 18.264 – juris Rn. 13; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339 – juris Rn 15 ff. jeweils m.w.N.). Es ist auch geklärt, dass allein die Tatsache der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises keine Schlussfolgerungen waffenrechtlicher Art rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v.14.1.2019 – 21 CS 18.701 – juris Rn. 20).
Es stelle sich nach Auffassung des Klägers auch die Frage,
„ob gezeigte Verhaltensweisen, die auch für Reichbürger typisch sind, dazu führen, dass diese Person auch ein legales Verhalten rechtfertigen muss, um als waffenrechtlich zuverlässig zu gelten.“
Es stelle sich sodann die Frage,
„ob die Stellung eines Antrags auf Feststellung der Staatsbürgerschaft mit den entsprechenden verfahrensrechtlichen Angaben ohne Hinzutreten weiterer reichsbürgertypischer Verhaltensweisen, namentlich das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland bzw. das Negieren deren Rechtsordnung geeignet ist, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit infrage zu ziehen.“
Letztlich stelle sich auch die Frage,
„ob es eine für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit hinreichende Tatsachengrundlage darstellt, wenn lediglich ein Antrag auf Feststellung der Staatsbürgerschaft gestellt wurde oder ob dies lediglich eine solche ist, die die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nicht rechtfertigt, mithin eine bloße Vermutung.“
Unabhängig davon, dass geklärt ist, dass allein die Tatsache der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises keine Schlussfolgerungen waffenrechtlicher Art rechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v.14.1.2019 – 21 CS 18.701 – juris Rn. 20), sind diese Fragen einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Sie betreffen jeweils eine im Wege der Beweiswürdigung zu gewinnende Schlussfolgerung des Tatsachengerichts und können nicht unabhängig von den jeweiligen Begleitumständen beurteilt werden.
Im Übrigen hat das Erstgericht seine Schlussfolgerung, der Kläger habe sich reichsbürgertypisches Gedankengut zu eigen gemacht, im Wege einer Gesamtwürdigung der insoweit aussagekräftigen Indizien getroffen, ohne einer der in den Fragen formulierten Voraussetzungen jeweils für sich genommen allein entscheidende Beweiskraft zuzuerkennen.
Letztlich stelle sich nach Auffassung des Klägers auch die Frage,
„ob die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der Reichsbürgerideologie per se auf die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit schließen lässt.“
Um diese Frage zu beantworten, ist keine Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich. Denn in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist bereits geklärt, dass Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind, oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, nicht die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit besitzen (BayVGH, B.v. 4.10.2018 – 21 CS 18.264 – juris Rn. 13; vgl. auch BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339 – juris Rn. 15 ff. jeweils m.w.N.).
3. Die weiterhin im Schriftsatz vom 23. Juni 2020 auf S. 2 aufgeführten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten), Nr. 3 (Divergenz) und Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel) wurden lediglich pauschal aufgezählt und nicht weiter dargelegt.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG, § 47 Abs. 1 u. 3 GKG sowie Nr. 20.3 und Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von 2013, abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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