Aktenzeichen Au 4 K 19.30780
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 13. Juni 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und auf Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG nicht zu (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
1. Das Gericht ist der Überzeugung, dass das Vorbringen der Klägerseite vor dem Bundesamt – hierauf hat sich die Klägerin im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich berufen – sowie die allgemeine, insbesondere die Sicherheits- und die Menschenrechtslage sowie die humanitäre Situation in Sierra Leone und auch die Folgen für die Klägerin bei einer Rückkehr in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend gewürdigt worden sind. Das Gericht folgt gem. § 77 Abs. 2 AsylG in vollem Umfang der Begründung dieses Bescheids, d.h. hinsichtlich sämtlicher geltend gemachter Schutzansprüche (Flüchtlingseigenschaft, subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbote), und nimmt hierauf Bezug.
2. Insbesondere teilt das Gericht die Beurteilung im streitgegenständlichen Bescheid, dass das Vorbringen der Klägerin nicht den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung einer Verfolgungsfurcht genügt. Das Gericht macht sich daher namentlich die entsprechenden ausführlichen und überzeugenden Ausführungen im Bescheid (S. 4 bis 6) zu Eigen, mit der Maßgabe, dass die Jahresangaben betreffend die Ausreise der Klägerin auf S. 5 unten 2010 bis 2012 lauten müssten. Ein schlüssiges Vorbringen der Klägerin ergibt sich aber – abgesehen davon, dass dies nur einer von zahlreichen Umständen ist, aus denen das Bundesamt zu Recht die Unschlüssigkeit des Klägervortrags hergeleitet hat – auch dann nicht, weil die Klägerin nach dem Akteninhalt im Jahre 2017 die Bundesrepublik einreiste (vgl. Bescheid, S. 2 sowie Angaben der Klägerin bei der Regierung von * am 11.7.2017, Bl. 84 Bundesamtsakte), jedoch von Sierra Leone direkt nach Italien geflogen und sich dort nur einen Tag aufgehalten haben will (Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 6).
Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG hat die Klägerin also schon mangels schlüssigen Vortrags nicht. Soweit sie aus ihrem Vorbringen subsidiären Schutz gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG (Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) abzuleiten sucht, gilt nichts anderes.
Das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist nicht geeignet, ihren Vortrag schlüssig erscheinen zu lassen. Vielmehr haben sich dort weitere, teilweise gravierende, Widersprüche und Unschlüssigkeiten ergeben. So hat die Klägerin zunächst angegeben, * (der sich um sie gekümmert und letztlich auch ihre Ausreise aus Sierra Leone organisiert habe) habe sie an verschiedene Plätze in Sierra Leone gebracht; vorher habe sie Sierra Leone nicht verlassen. Später hat die Klägerin hingegen angegeben, * habe sie teilweise kurzfristig ins Ausland (z.B. Elfenbeinküste; Gambia) gebracht; sie habe sich über sieben Jahre lang hauptsächlich bei einer Frau aufgehalten. In diesem Zusammenhang ist zu Lasten der Klägerin zu werten, dass sie von dieser Frau – und auch von deren Namen – beim Bundesamt nichts berichtet hat; vielmehr ist dort allein * genannt, der ihr geholfen habe. Auch davon, dass sie sich über einen Zeitraum von sieben Jahren in Sierra Leone (ggfs. auch in anderen Ländern) vor ihrem Mann versteckt habe halten müssen, hat die Klägerin beim Bundesamt nichts angegeben. Vielmehr hat das Bundesamt zu Recht u.a. aus den von der Klägerin geschilderten zeitlichen Abläufen gefolgert, dass sich das von ihr Vorgebrachte so nicht zugetragen haben kann; ihr dortiges Vorbringen lässt sich so verstehen, dass sie sehr zeitnah dazu, dass sie Probleme bekommen habe, * aufgesucht habe, der ihr unmittelbar zur Ausreise verholfen habe (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 2 f.). Von einem Versteckt-Halten über sieben Jahre findet sich dort auch nicht ansatzweise etwas. Einen Aufenthalt über mehrere Jahre hat die Klägerin für den Ort * angegeben; allerdings geschah dies nicht, um sich vor ihrem Mann zu verstecken, sondern gerade auf Geheiß ihres Mannes (Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 5). Wichtige Zeitpunkte, etwa den, zu dem sie ihr Kind verloren und auch den geheimen Raum ihres Mannes gesehen habe, hat die Klägerin beim Bundesamt nicht angeben können (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 5), während ihr dies in der mündlichen Verhandlung unmittelbar möglich war. Auch lässt sich dem Vorbringen der Klägerin vor dem Bundesamt entnehmen, dass sie mit einem Mann namens * über mehrere Jahre zusammen gewohnt habe (Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 4 unten); nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung will sie sich bei diesem jedoch nur kurz aufgehalten haben. Ohnehin ist es in hohem Maße unglaubhaft, dass die Klägerin, die von ihrem Mann bedroht worden sein soll, ausgerechnet zu einem Mitarbeiter ihres Mannes gebracht worden oder gegangen sein soll. Im Übrigen sind die Angaben der Klägerin auch insoweit widersprüchlich, denn sie hat bei einer anderen Anhörung im Laufe des Asylverfahrens angegeben, fünf Jahre vor ihrer Ausreise alleine gewohnt zu haben (Befragung durch die Regierung von * vom 11.7.2017, Bl. 82 Bundesamtsakte).
Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Gefahr einer weiteren Beschneidung nimmt das Gericht erneut auf die entsprechende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (S. 6) Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Konkrete Angaben der Klägerin, weshalb ihr ein weiteres Mal eine Beschneidung drohen würde, liegen auch unter Berücksichtigung ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht vor. Zu Recht verweist der Bescheid insoweit auch abermals darauf, dass die Angaben der Klägerin nicht den Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag erfüllen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrer Tochter und deren Vater nach Sierra Leone zurückkehren würde. Woher ihr in dieser familiären Situation absehbar die Gefahr einer weiteren Beschneidung drohen sollte, ist nicht erkennbar. 3. Ansprüche auf Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG bestehen zu Gunsten der Klägerin ebenfalls nicht. Nochmals wird gem. § 77 Abs. 2 AsylG auf die entsprechenden, ausführlichen und überzeugenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 8 bis 10) Bezug genommen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin auch für ihre Tochter den Lebensunterhalt aufbringen müsste. Da eine zwar notwendig hypothetische, aber doch realitätsnahe Rückkehrsituation zugrunde zu legen ist (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45/18 – juris Rn. 16 m.w.N.), ist, wie erwähnt, davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrer Tochter und deren Vater, der ebenfalls aus Sierra Leone stammt und mit dem sie auch in Deutschland zusammen lebt, zurückkehren würde. Dass die Klägerin nicht jedenfalls gemeinsam mit dem Vater ihrer Tochter den Unterhalt ihrer dreiköpfigen Familie aufbringen könnte, ist nicht erkennbar. Nach ihren Angaben vor dem Bundesamt (Anhörungsniederschrift, S. 6 f.) hat die Klägerin in Sierra Leone auch bereits einfache Verkaufstätigkeiten durchgeführt. Zu Recht wird in dem streitgegenständlichen Bescheid (S. 9) zudem darauf abgestellt, dass angesichts der Einordnung des sonstigen Vorbringens der Klägerin nicht glaubhaft sei, dass sie nicht wisse, wo ihre Familie lebe bzw. dass sie zu anderen Mitgliedern auch der erweiterten Verwandtschaft keinen Kontakt habe (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 6).
4. Bezüglich der Entscheidungen unter Nr. 5 und Nr. 6 des angefochtenen Bescheides bestehen keine Bedenken.
5. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.