Aktenzeichen AN 6 K 16.01650
Leitsatz
Auch bei Herkunftsländern mit einer hohen Schutzquote ist die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedenfalls dann ein gewichtiges und zureichendes Indiz für das Fehlen einer günstigen Bleibeperspektive, wenn eine offensichtliche materielle Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung nicht feststellbar ist.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Gründe
Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten in der Ladung zur mündlichen Verhandlung auf diese Folge hingewiesen wurden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zulässig, führt jedoch nicht zum Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2016 erweist sich im gerichtlichen Verfahren als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
Der Kläger besitzt weder eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG noch ist er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Er kann daher als Ausländer, der einen Teilnahmeanspruch nicht besitzt, gemäß § 44 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 Nr. 1 AufenthG allenfalls im Rahmen verfügbarer Kursplätze zum Integrationskurs zugelassen werden, wenn er eine Aufenthaltsgestattung besitzt und ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Ein zu erwartender rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt wird von der Beklagten für Asylbewerber aus einem Herkunftsland mit hoher Schutzquote angenommen. Dies ist auch an sich nicht zu beanstanden. Im Fall des Klägers kann jedoch trotz seiner Herkunft aus dem Irak als vom Bundesamt eingestuftes Land mit hoher Schutzquote eine gute Bleibeperspektive jedenfalls deshalb nicht angenommen werden, da der Asylantrag im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts unstreitig mit dem von der Beklagten im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2015 abgelehnt ist. Mit diesem Bescheid wurde neben der Asylanerkennung auch die Flüchtlingseigenschaft verneint und subsidiärer Schutz nicht zuerkannt. Schließlich wurde festgestellt, dass auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, andernfalls werde er in den Irak abgeschoben. Nach summarischer Überprüfung der Begründung des Bescheides kann eine offensichtliche materielle Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung nicht eingewandt werden und ist nach der Überzeugung des Gerichts auch nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger im Verfahren vorbringen lässt, das Asylklageverfahren sei noch nicht abgeschlossen und der Ausgang des Verfahrens lasse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Gewährung von Asyl erwarten, führt dies zu keiner anderen Entscheidung. Da eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der vom Bundesamt getroffenen Entscheidung im Asylverfahren gerade nicht angenommen werden kann, im Verfahren zu § 44 Abs. 4 AufenthG nach der erkennbaren Intention des Gesetzgebers nicht die vom Asylantrag erfassten Rechtspositionen im Einzelfall – quasi in einem parallelen Asylverfahren – durchzuprüfen sind und das zur Entscheidung über das Asylverfahren berufene Verwaltungsgericht auf die Klage des Klägers hin noch keine Entscheidung getroffen hat, kann hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht von einer guten Bleibeperspektive ausgegangen werden. Vielmehr stellt die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 6. Oktober 2015, die nach einer Bewertung der bei der Anhörung vom Kläger vorgetragenen Asylgründe erfolgt ist, ein gewichtiges und zureichendes Indiz für das Fehlen einer günstigen Bleibeperspektive des Klägers dar.
Die Klage war daher abzuweisen, die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtssache mangels vorliegender obergerichtlicher Rechtsprechung zu der schwierigen Auslegungsfrage im Rahmen des neu geschaffenen § 44 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 Nr. 1 AufenthG grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).