Aktenzeichen 7 CE 16.10084 u. a.
VwGO VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 6
Leitsatz
Einer Universität steht es frei, in der Kapazitätsberechnung für von ihr angebotene Seminare von einer Teilnehmerzahl von 20 Studierenden auszugehen, solange sie bei ihrer Berechnung des Ausbildungsaufwands für den einzelnen Studierenden den festgesetzten Curricularnormwert nicht überschreitet (vgl. auch VGH München BeckRS 2016, 42603). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 2 E 15.10359 u. a. 2016-03-09 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I.
Die Beschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III.
Die Antragstellerinnen und Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihrer Beschwerdeverfahren.
IV.
Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerinnen und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) im 1. Fachsemester, hilfsweise beschränkt auf den vorklinischen Ausbildungsabschnitt, an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016. Sie machen geltend, die FAU habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat die Anträge mit Beschlüssen vom 9. März 2016 abgelehnt.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie machen geltend, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem vom Antragsgegner angegebenen Dienstleistungsbedarf für nicht zugeordnete Studiengänge und dessen Berechnung nicht befasst; es habe insoweit lediglich auf eine vom Gericht eingeholte und nach Auffassung der Antragsteller unzureichende „Auskunft der Hochschule“ vertraut. Außerdem sei die Gruppengröße von 20 in den Seminaren gemäß § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO zu hinterfragen, da es diesbezüglich an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers fehle.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.Die Beschwerden haben keinen Erfolg.
1. Die Beschwerdevorbringen, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründen den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend ist zu bemerken:
a) Der Einwand der Antragsteller, das Verwaltungsgericht habe sich mit dem Dienstleistungsbedarf für die nicht zugeordneten Studiengänge nicht befasst und insbesondere dessen Berechnung nicht ausreichend überprüft, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr auf Seite 6 der streitgegenständlichen Beschlüsse folgendes ausgeführt:
„Hiervon (von dem unbereinigten Lehrangebot, Anm.) ist der Dienstleistungsbedarf in den Fächern Pharmazie, Medical Process Management (MSc), Psychologie (BSc), Zahnmedizin, Medizin 2. Studienabschnitt, Medizintechnik (BSc), Advanced Optical Technologies, Life Science Engineering (MSc), Psychologie (MSc) sowie Medizintechnik (MSc) mit insgesamt 62,53 SWS abzuziehen. Die betroffenen Lehrveranstaltungen beruhen nach Auskunft der Hochschule ohne Ausnahme auf Studien- und Prüfungsordnungen für die einzelnen Fächer. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass in den betreffenden Studiengängen medizinische Lehrveranstaltungen für ein sachgerechtes Lehrangebot erforderlich sind, so dass der Dienstleistungsexport eine ausreichende sachliche Berechtigung findet. Fachliche Zusammenhänge mit der Humanmedizin sind insbesondere im Hinblick auf die Studiengänge Medical Process Management, Medizintechnik, Advanced Optical Technologies sowie den Studiengang Life Science Engineering offensichtlich.
Den Dienstleistungsexport für das Fach Pharmazie hat die Hochschule auf gerichtliche Anfrage gegenüber dem in den Kapazitätsunterlagen ursprünglich enthaltenen Ansatz korrigiert und um 5,83 SWS reduziert. Das Praktikum „Biochemische Untersuchungsmethoden einschließlich Klinischer Chemie“ wird von Lehrkräften durchgeführt, die nicht zur Lehreinheit Vorklinische Medizin gehören. Zudem wird die Vorlesung „Grundlagen der Physiologie für Pharmazeuten“ im streitgegenständlichen Studienjahr nur im Umfang von 3 statt 4 SWS angeboten.“
Die – glaubhaften – Angaben der Hochschule haben zu der gerichtlichen Entscheidung und dazu geführt, dass die FAU, wie der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren mitgeteilt und im Einzelnen begründet hat, sowohl die Kapazitätsberechnung als auch die maßgeblichen Zulassungszahlen korrigiert und aktualisiert hat: Die Zulassungszahl im gesamten vorklinischen Abschnitt (vier Fachsemester) wurde anstatt auf 662 nun auf 676 Studierende festgesetzt. Da diesen 676 Studienplätzen aber aufgrund einer – rechtlich nicht zu beanstandenden (vgl. z. B. BayVGH vom 4.4.2013 – 7 CE 13.10002 – juris Rn. 9 f.) – vorherigen Überbuchung 678 kapazitätsrelevante Studierende (insgesamt 683 abzüglich 5 mehrfach Beurlaubter) gegenüberstehen, bleibt die Kapazität des Studiengangs vollständig ausgeschöpft.
b) Der weitere Einwand der Antragsteller, es fehle dem Bundesgesetzgeber für die Regelung in § 2 Abs. 4 Satz 5 ÄAppO, wonach die Zahl der jeweils an einem Seminar teilnehmenden Studierenden 20 nicht überschreiten darf, an der Gesetzgebungskompetenz, ist für die gerichtliche Entscheidung unerheblich. Auch ohne eine solche Regelung stünde es der Universität frei, in der Kapazitätsberechnung für von ihr angebotene Seminare von einer Teilnehmerzahl von 20 Studierenden auszugehen, so lange sie bei ihrer Berechnung des Ausbildungsaufwands für den einzelnen Studierenden den festgesetzten Curricularnormwert nicht überschreitet. Dass dies der Fall sei, behaupten die Antragsteller indes nicht. An dieser bereits mehrfach judizierten Auffassung (BayVGH vom 7.8.2015 – 7 CE 15.10137 u. a. -; BayVGH, B. v. 1.2.2016 – 7 ZB 15.10191 – jeweils juris) hält der Senat auch angesichts der in den Beschwerdevorbringen „vorsorglich wiederholten Argumentation aus dem Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen den Beschluss des OVG Magdeburg vom 29.4.2015“ fest.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).