Verwaltungsrecht

Zwangsgeldandrohung für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung des Bauwagens

Aktenzeichen  M 9 K 17.3663

Datum:
31.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17199
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 101 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
BayVwZVG Art. 18 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1, Art. 31 Abs. 2 S. 1, Art. 36 Abs. 5, Abs. 6 S. 2, Art. 37 Abs. 1 S. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 1, S. 3
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BayBO Art. 2 Abs. 1, Art. 76 S. 1

 

Leitsatz

1 Die Verwaltungs-Vollstreckung setzt nur einen wirksamen, keinen rechtmäßigen Grundverwaltungsakt voraus. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Androhung eines Zwangsgeldes ist bereits dann i.S.v. Art. 36 Abs. 6 Satz 2 BayVwZVG erfolglos, wenn das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist. Es ist nicht erforderlich, dass das angedrohten Zwangsgeld zunächst beigetrieben oder zumindest ein Beitreibungsversuch unternommen worden ist. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zahlung eines Zwangsgeldes führt so lange nicht zum „Erfolg“ einer Zwangsgeldandrohung, wie der (Grund-) Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen wird. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Ziff. 1 des Bescheids vom 3. Juli 2017 wird hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 600,- EUR für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung des Bauwagens aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 60%, der Beklagte 40% zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Es konnte auf Basis von § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden, da alle Beteiligten ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Ausmaß Erfolg.
Der Folgebescheid ist insoweit rechtswidrig, als ein Zwangsgeld in Höhe von 600,- EUR für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung des Bauwagens angedroht wurde (1.); im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (2.).
1. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Beseitigung des Bauwagens fehlt es bezüglich der Vorhabengrundstücke an einem Grundverwaltungsakt i. S. v. Art. 18 Abs. 1, Art. 29 Abs. 1 VwZVG und damit an einer allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung. Ein Bauwagen wurde nachweislich nur auf FlNr. 1007, Gemarkung O., aufgestellt. Dieser war Gegenstand eigener Grund- und Folgebescheide. Die Zwangsgeldandrohung – als eigenständiger, anfechtbarer Verwaltungsakt, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 VwZVG – war insoweit antragsgemäß aufzuheben, weil die Beseitigungsanordnung in Ziff. 1 des Bescheids vom 8. August 2012 insoweit nicht Grundlage von Verwaltungszwang sein kann (BeckOK VwVfG, Stand: 43. Ed. 1.4.2019, VwVG § 18 Rn. 6; Engelhardt u. a., VwVG, Stand: 11. Auflage 2017, § 18 Rn. 6).
2. Im Übrigen ist die Zwangsgeldandrohung rechtmäßig.
a) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, Art. 18 f. VwZVG, waren bei Erlass der streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung und, was der Vollständigkeit halber ausgeführt wird, auch während des Laufs der Erfüllungsfrist, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – NVwZ-RR 2002, 608), und durchgehend bis zum Abschluss der Zwangsmaßnahme gegeben. Die bestimmte und vollstreckungsfähige Grundverfügung war (und ist) auf ein Handeln – Beseitigung – gerichtet, Art. 18 Abs. 1 VwZVG; sie wurde mit Entscheidung des BayVGH (B.v. 8.7.2014 – 2 ZB 13.616 -) bestandskräftig, Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG. Der Kläger kam seiner Verpflichtung zuvor auch nicht nach, Art. 19 Abs. 2, Art. 22 Nr. 3, Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG greifen nicht ein.
*Der Einwand einer inkorrekten Störerauswahl als Frage der Rechtmäßigkeit der (bestandskräftigen) Grundverfügung kann mit einem Rechtsbehelf gegen einen Folgebescheid nicht (mehr) vorgebracht werden, Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG; die Vollstreckung setzt nur einen wirksamen, keinen rechtmäßigen Grundverwaltungsakt voraus (allgemein BayVerfGH, E.v. 24.01.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris; speziell zur Störerauswahl BayVGH, B.v. 20.9.2016 – 12 CS 16.1401 – Umdruck; VG München, U.v. 1.8.2018 – M 9 K 18.2949 – juris; VG Würzburg, U.v. 3.1.2008 – W 5 K 07.1313 – juris). Auch könnten die Erwägungen – wie ohnehin nicht geschehen – auch nicht gleichsam durch die Hintertür insofern fruchtbar gemacht werden, als sie es erlaubten, anzuzweifeln, dass der Kläger zu Recht als Pflichtiger i. S. v. Art. 31 Abs. 2 Satz 2, Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG herangezogen wurde – mithin: dass die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen insofern nicht vorlagen -, soweit sie sich, wie vorliegend, nur auf Umstände beziehen, die im Rahmen des Angriffs auf den Grundbescheid hätten vorgebracht werden können, Art. 21 Satz 2 VwZVG. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass Pflichtiger im o. g. Sinn derjenige ist, der durch die Grundverfügung, die durch die Verhängung des Zwangsmittels durchgesetzt werden soll, verpflichtet worden ist (BeckOK VwVfG, Stand: 43. Ed. 1.4.2019, VwVG § 6 Rn. 4).
Unabhängig von alledem ergibt sich die Richtigkeit der Störerauswahl, worauf nur ergänzend hingewiesen wird, völlig unzweifelhaft aus dem gesamten Verwaltungsvorgang (exemplarisch wird auf Bl. 296, 697, 721 d. BA verwiesen).
b) Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, Art. 31, Art. 36 VwZVG, lagen vor. Das Zwangsgeld wurde in bestimmter Höhe angedroht, Art. 36 Abs. 5 VwzVG, die Beträge hielten sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Die Beträge wurden ohnehin nur verdoppelt, die Klägerseite übersieht insofern den Bescheid vom 31. März 2016. Der Zwangsgeldbetrag stellt sich somit selbst nach ihrer Argumentation als angemessen dar, auch im Übrigen ist für eine Unverhältnismäßigkeit nichts ersichtlich. Mit der erneuten Androhung wurde zugewartet, bis feststand, dass die vorausgegangene Androhung erfolglos geblieben war, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. „Erfolglos“ bedeutet dabei nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das zunächst festgesetzte Zwangsgeld beigetrieben oder zumindest ein Beitreibungsversuch unternommen worden ist. Die Behörde muss vielmehr nur abwarten, dass das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (BayVGH, B.v. 7.6.2016 – 12 ZB 16.874 – Umdruck; VG München, U.v. 1.8.2018 – M 9 K 18.2949 – juris; B.v. 30.5.2016 – M 9 S 16.1261 – juris; U.v. 24.2.2016 – M 9 K 15.3083 – juris). Unabhängig davon wurde das Zwangsgeld nach Angabe des Beklagten zwischenzeitlich gezahlt. Dies ändert umgekehrt wiederum nichts an der Erfolglosigkeit im vorgenannten Sinn, da die Zahlung eines Zwangsgeldes so lange nicht zum „Erfolg“ einer Zwangsgeldandrohung führt, wie der (Grund-) Anordnung nicht fristgerecht nachgekommen wird. Die Behörde darf Zwangsmittel in derartigen Fällen so lange und so oft anwenden, bis die Verpflichtung erfüllt wird, vgl. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Bezogen auf den Gebührenstreitwert ergibt sich eine Kostenquotelung von 60/40, da die Klägerseite nur in Höhe von 300,- EUR obsiegt, vgl. Ziff. 1.7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (300/800 ≈ 0,4). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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