Zivil- und Zivilprozessrecht

Erhöhter Steuersatz für Kampfhund

Aktenzeichen  B 4 K 18.1164

Datum:
16.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7222
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75
BayKAG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 105 Abs. 2a
BayLStVG Art. 37 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
II.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 6. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die Klage ist zunächst zulässig. Die Beurteilung der Klage als zulässige Untätigkeitsklage steht im Ergebnis mit § 75 VwGO in Einklang. Die Frist, vor deren Ablauf nach § 75 Satz 2 VwGO nicht zulässigerweise Untätigkeitsklage erhoben werden kann, ist jedenfalls im Entscheidungszeitpunkt verstrichen. Ein zureichender Grund dafür, dass bislang nicht über den Widerspruch der Klägerin entschieden worden ist, ist für das Gericht nicht ersichtlich.
2. Rechtsgrundlage für die Steuererhebung durch die Beklagte ist Art. 3 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. der Hundesteuersatzung der Beklagten. Die Satzung der Beklagten ist materiell rechtmäßig (a) und wurde von der Beklagten im Einzelfall auch rechtmäßig angewandt (b).
a) Die Hundesteuersatzung der Beklagten beruht auf der Ermächtigungsgrundlage des Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KAG. Die Grenzen der hiernach zulässigen Aufwandsteuer werden durch die Hundesteuersatzung der Beklagten nicht überschritten.
aa) Zunächst ist die Staffelung des Steuerbetrages für Kampfhunde im Vergleich zu anderen Hunden rechtmäßig. Daneben kommt dem Kampfhundesteuersatz auch keine „erdrosselnde Wirkung“ zu.
Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine klassische gemeindliche Aufwandsteuer, die an die im Halten eines Hundes typischerweise zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungs- und Konsumfähigkeit anknüpft. Definitionsgemäß verfolgt die Steuer den Zweck der Einnahmenerzielung (vgl. § 3 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 b KAG). Als Nebenzweck verfolgt sie jedoch das lenkende Ziel, die mit der Hundehaltung verbundenen Beeinträchtigungen der Allgemeinheit einzudämmen. Zulässiger Lenkungszweck ist auch die Eindämmung der Haltung bestimmter Hunderassen aufgrund ihres abstrakten Gefährdungspotentials. Daher verfolgt insbesondere die höhere Besteuerung von Kampfhunden zulässigerweise den Lenkungszweck, die als gefährlich vermutete Hundepopulation zu minimieren (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 8; U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – juris Rn. 17; U.v. 26.9.2012 – 4 B 12.1389 – juris; VG München, U.v. 7.12.2017 – M 10 K 16.2735 – juris Rn. 21).
Der kommunale Satzungsgeber hat bei der Auswahl der als abstrakt gefährlich eingeschätzten Hunde einen beträchtlichen Einschätzungs- und Prognosespielraum und verfügt hinsichtlich Typisierungen und Pauschalierungen über weitgehende Gestaltungsfreiheit (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2000 – 11 C 8.99 – juris). Die Beklagte hat in § 5a der Hundesteuersatzung eine dynamische Verweisung auf die Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.7.1992 gewählt. Dies ist rechtlich zulässig, jedenfalls so lange, wie es keine tatsächlichen Anhaltspunkte gibt, dass die zugrunde liegenden Erkenntnisse offensichtlich überholt sind (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.2005 – 10 B 34.05 – juris). Die Einordnung des Rottweilers als abstrakt gefährlichen Hund ist dabei nicht zu beanstanden. Entgegenstehende neuere Erkenntnisse wurden von der Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Dass Rottweiler auch als Diensthunde bei der Polizei bzw. der Bundeswehr ausgebildet werden, reicht zur Widerlegung der abstrakten Gefährlichkeit der Rasse jedenfalls nicht aus.
Überdies entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass eine Gemeinde den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festsetzen darf, wenn der Halter des betreffenden Hundes über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29). Der positive Wesenstest lässt zwar die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht entfallen (Art. 37 Abs. 1 LStVG), ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist; dies genügt – auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts – als rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2017 – 4 CS 17.1894 – juris; B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29).
Auch hinsichtlich der Höhe des Kampfhundesteuersatzes bestehen keine Bedenken. Der Satzungsgeber hat auch hier einen relativ großen Spielraum, der überschritten wird, wenn die Steuer „erdrosselnde Wirkung“ hat. Erdrosselnd wirkt eine Steuer dann, wenn sie so ausgestaltet ist, dass sie die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich macht, also im Ergebnis einem Verbot der Kampfhundehaltung gleichkäme (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 39 m.w.N.). Wann eine erdrosselnde Wirkung vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die Kosten der Haltung eines „normalen“ Hundes, die durchschnittliche Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet sowie der Vergleich des Steuersatzes für Kampfhunde gegenüber demjenigen für andere Hunde heranzuziehen (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – juris).
Im vorliegenden Fall liegt die Höhe der Steuer für einen Kampfhund beim 15-fachen Wert der Steuer für einen anderen Hund. Dies ist unproblematisch zulässig (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 9; B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 27ff.). Auch im Vergleich mit den allgemeinen Hundehaltungskosten – zu deren Bestimmung die Rechtsprechung weiterhin die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. O. und Dr. Z. aus dem Jahr 2006 heranzieht – ist der Kampfhundesteuersatz nicht zu beanstanden. Demnach beträgt der durchschnittliche Jahresaufwand für die Hundehaltung 900 – 1.000 Euro, der sich seither zudem tendenziell erhöht haben dürfte (vgl. BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 4 ZB 18.399 – juris Rn. 9). Der absolute Jahressteuersatz für Kampfhunde in Höhe von 600 Euro, der deutlich unter dem jährlichen Aufwand für die Hundehaltung liegt, ist daher rechtmäßig. Auch ist nicht ersichtlich, dass das durchschnittliche Einkommen im Gemeindegebiet der Beklagten auffällig niedrig ist. Nach der kommunalen Statistik für die Beklagte aus dem Jahr 2018 (https://www…de/…pdf., zuletzt abgerufen am 16.1.2020) waren 2017 von 17.283 Einwohnern der Beklagten 10.348 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und 405 arbeitslos. Der Gesamtbetrag der Einkünfte je Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen betrug im Jahr 2014 durchschnittlich knapp 35.000 Euro. Eine besonders schlechte wirtschaftliche Situation lässt sich diesen Zahlen nicht entnehmen.
Daher hat die Hundesteuer für Kampfhunde in Höhe von 600 Euro pro Jahr und somit von 50 Euro pro Monat objektiv betrachtet keine erdrosselnde Wirkung.
bb) Des Weiteren handelt es sich bei der Hundesteuer um eine Jahresaufwandsteuer, die jeweils für ein Kalenderjahr erhoben wird. Auch dann, wenn der Steuertatbestand erst während des Jahres eintritt oder während des Jahres wegfällt, ist die volle Hundesteuer zu entrichten (Kommentar zum Bayerischen Kommunalabgabengesetz/Seemüller, Art. 3 KAG, Ziffer 5.5, Stand: November 2019).
b) Schließlich wurde die Satzung von der Beklagten im vorliegenden Fall auch korrekt angewandt. Nach § 1 i.V.m. § 5a unterliegt das Halten eines über vier Monate alten Kampfhundes im Stadtgebiet der gemeindlichen Jahresaufwandsteuer nach Maßgabe der Satzung. Gemäß § 9 entsteht die Steuerpflicht mit Beginn des Jahres oder während des Jahres an dem Tag, an dem der Steuertatbestand verwirklicht wird. Nach § 4 Abs. 1 entfällt die Steuerpflicht, wenn ihre Voraussetzungen nur in weniger als drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten erfüllt werden. § 5 Abs. 2 beziffert die Steuer für einen Kampfhund auf 600 Euro.
Der Hund der Klägerin wurde am 8. März 2018 geboren, sodass er während des Jahres 2018 (8. Juli 2018) ein Alter von vier Monaten erreichte. Nachdem die Hundehaltung der Klägerin am 1. Juni 2018 begann und über das restliche Jahr fortbestand, entstand die Steuerpflicht gemäß § 9 der Satzung. Da der Hund auch in mehr als drei aufeinanderfolgenden Monaten gehalten wurde, ist ein Wegfall der Steuerpflicht nach § 4 Abs. 1 Hundesteuersatzung nicht einschlägig. Als Rottweiler gehört der Hund der Klägerin zu den Kampfhunden i.S.d. § 5a Hundesteuersatzung i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.7.1992. Demnach lagen die Voraussetzungen zur Erhebung der Jahressteuer für einen Kampfhund nach § 5 Abs. 2 Hundesteuersatzung in Höhe von 600 Euro für das Jahr 2018 vor.
Somit war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.


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