Zivil- und Zivilprozessrecht

Ersatzvornahmekosten für teilweisen Austausch eines Parkplatzpflasters

Aktenzeichen  4 O 254/16

Datum:
18.11.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131152
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Passau
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 404
BGB § 637, § 633

 

Leitsatz

1. Differenzen zwischen den Ausführungen des gerichtlich bestellten Gutachters und denen des  Parteigutachters der Kläger sind kein Grund für die Einholung eines neuen Gutachtens. Maßgeblich ist, ob der bestellte Sachverständige die streitigen Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar beantwortet hat und das Gericht das Gutachten und die mündliche Erläuterung für genügend erachtet. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist die Baubeschreibung hinsichtlich der Bauklasse des Pflasters eines Kundenparkplatzes eines Einkaufsmarktes zu vage, ist auf die für den Vertrag vorausgesetzte Verwendung abzustellen. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird festgesetzt auf 55.976,18 Euro.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten aus §§ 637 I, 633 I, II BGB bestehen nicht.
a) Die Kläger können bereits nicht nachweisen, dass die Pflasterfläche mangelhaft erstellt worden ist. Beweisbelastet für die Mangelbehaftung sind die Kläger. Zwar waren bei der Abnahme am 27.04.2011 Rechte vorbehalten worden wegen der Nachsandung (§ 640 II). Es ist aber davon auszugehen, dass eine Nachsandung erfolgt ist. Hiervon geht das Gericht aufgrund der schriftlichen Bestätigung des Mieters (Anlage B 4) aus. Zwar führen die Kläger an, sie selbst hätten die Nachbesserung nicht bestätigt. Sie bestritten die Authentizität des Vermerks des Mieters. Im Übrigen sei ihnen dieser Vermerk auch nicht zuzurechnen. Diesem kann jedoch nicht gefolgt werden. Bereits bei der Abnahme am 27.04.2011 waren ausweislich des handschriftlichen Protokolls, Anlage B 2, die Kläger selbst nicht involviert, sondern vielmehr ein Herr …(Generalunternehmer), Herr^ …J(Generalunternehmer), Herr^ …f (Bauherr), Herr (Fa. ^|), Herr^ …f (Fa. ^^). Diese Abnahmesituation wollen die Kläger für sich gelten lassen. Insofern sind sie aber auch darauf zu verweisen, dass die am 06.07.2011 erfolgte „Nachabnahme“ durch den Bauherrn und einen Beauftragten des Mieters erfolgte. Insofern liegt die Beweislast, dass die Pflasterflächen mangelhaft erstellt worden sind, bei den Klägern. Den dementsprechenden Beweis haben sie nicht führen können.
b) Hinsichtlich der fachlichen Ausführungen zur Herstellung und zum Zustand des Pflasters schließt sich das Gericht vollumfänglich den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren 1 OH 101/13 und dessen mündlichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2016 (Bl. 80/91 d.A.) an. Veranlassung für einen Gutachterwechsel hat das Gericht nicht gesehen. Die Auswahl des gerichtlichen Sachverständigen obliegt grundsätzlich dem Prozessgericht (§ 404 I ZPO). Der Sachverständige ist Straßenbaumeister und von der Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für den Straßenbau mit dem Fachgebiet Pflasterbau. Dieses Fachgebiet entspricht in concreto der zu beurteilenden Beweisproblematik. Veranlassung dazu, einen neuen Sachverständigen zu bestellen, gab es nicht. Insbesondere hat es auch nach der mündlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2016 das Gutachten, die im selbständigen Beweisverfahren erstellten Gutachten, als auch die mündliche Erörterung des Gutachters nicht für ungenügend erachtet. Vielmehr hat der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar die streitigen Beweisfragen beantwortet. Die Differenzen zu den Ausführungen des Parteigutachters der Kläger, Herrn haben für das Gericht keine Veranlassung gegeben, ein neues Gutachten einzuholen.
Im Einzelnen:
Für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, ist zunächst davon auszugehen, welche Beschaffenheit des Pflasters zwischen den Beteiligten vereinbart war. Laut Kaufvertrag mit Auflassung vom 28.08.2010 (Anlage K 1), dort § 3, war der Verkäufer verpflichtet, den Einkaufsmarkt nach Maßgabe der Baubeschreibung und der Baupläne herzustellen. Die Baubeschreibung an sich, vorgelegt auszugsweise als Anlage B 11, ist nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu vage. Eine konkrete Bauklasse ist nicht vorgegeben.
Abzustellen ist daher auf die für den Vertrag vorausgesetzte Verwendung. Dabei ist zu unterscheiden, dass die gepflasterten Flächen zum Teil Kundenparkplätze, zum Teil aber auch die Anlieferzone für 36 Tonner Lkw umfassten.
aa) Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist eine Ausführung in der Bauklasse IV gerechtfertigt. Dies wird gestützt etwa durch eine Baubeschreibung der Firma > …B” (Anlage B 13), die eine Herstellung in Bauklasse III in nur in begründeten Ausnahmefällen vorsieht. Die Herstellung mit Pflastersteinen der Dicke von 8 cm entspricht der Bauklasse IV.
bb) Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat insbesondere dargestellt, dass zwar die zuletzt vorhandene Kiestragschicht für den streitgegenständlichen Pflasterbelag nicht geeignet war, dies lässt jedoch nach den Ausführungen des Sachverständigen keinen Rückschluss auf die ursprüngliche Art der Erstellung zu. Die Schürfungen für die Kiestragschicht sind an Stellen gemacht worden, an denen Schäden bereits eingetreten sind. Hier wurde festgestellt, dass der erforderliche Feinanteil zu hoch war. Insgesamt konnte durch den Sachverständigen aber nicht geklärt werden, ob der zu hohe Feinanteil letztlich darauf zurückzuführen war, dass er von Anfang an zu hoch war oder dass er nachträglich bei Entstehung des Schadens eingetreten ist und, wie der Sachverständige ausgeführt hat, hierbei die nicht nachgefüllten Fugen eine Mitverursachungsgrundlage gesetzt haben. Der Sachverständige hat hierzu insbesondere auch ausgeführt, dass, wenn Fugen nicht nachgesandet werden, gleichwohl aber höherklassig in Bauklasse III gearbeitet wird, es zum gleichen Schadensbild kommen kann, dieses lediglich zeitlich nach hinten verlagert ist. Der Sachverständige hat weiter ausgeführt, dass Kies als Tragschicht grundsätzlich zulässig ist und die Wasserdurchlässigkeit gegeben ist. Es ist nicht notwendig, mit einer Schottertragschicht zu arbeiten.
Nachträglich weist der Sachverständige darauf hin, dass Fugen insbesondere in den ersten Monaten bis zu 1 1/2 Jahren äußerst sensibel reagieren und insbesondere ein Nachsandung erforderlich ist. Bei vollständig gefüllten Fugen kann es bei Belastung zu einer Aufkantung kommen. Der Stein wird geliftet, mit der Folge, dass Fugenmaterial nach unten abdriften kann, unter den Stein gerät und sich dort verdichtet. Bereits ein Füllungsverlust von bis zu 10 mm reiche aus, um eine Bewegung der Steine mit der Gefahr weiterer Schäden zu ermöglichen.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen konnte im Nachhinein nicht mehr festgestellt werden, wie der ursprüngliche Zustand war, weil kaum eine Fuge mit dem ursprünglichen Fugensand in der ursprünglichen Form noch vorhanden war. Die Nebenflächen, die nicht beschädigt waren, wiesen vollständig verfüllte Fugen auf.
Weiter führt der Sachverständige aus, dass der Lastplattendruckversuch keine Setzungen gezeigt hätten. Über den Sollwerten liegender Wert sei nur dort festgestellt worden, wo das Pflaster bereits beschädigt war und wo, wie bereits dargestellt, eine klare Zuweisung von Verursachungsbeiträgen nicht getroffen werden kann.
cc) Gleichwohl hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Höchstdicke der Bettung an einer Stelle überschritten war. Auch hier hat man aber aus dem Schadensbild selbst keinen Rückschluss dahingehend ziehen können, ob das Schadensbild aufgrund einer Setzung oder eben durch den Lkw-Verkehr entstanden ist. Lediglich die Setzung ist aber Ausfluss der Gefahr einer zu dichten Bettung.
Eine Nachsandung nach 2011 ist unstreitig nicht erfolgt. Die Kläger selbst sind der Auffassung, eine solche sei nicht notwendig. Insgesamt können sie aber nicht nachweisen, dass der eingetretene Schaden nicht auf der fehlenden Nachsandung beruht.
2. Einen Mangel an sich können die Kläger daher nicht nachweisen. Insofern bestehen auch keine Ansprüche. Auf die Höhe der Ersatzvornahmekosten kommt es damit nicht mehr an. Ausführungen zur gesamtschuldnerischen Haftung bedarf es ebenfalls nicht.
Mangels Mangel besteht auch kein Anspruch auf den Ausgleich außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren.
II.
Kosten: § 91 ZPO.
III.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1 ZPO.
IV.
Streitwert: § 3 ZPO.


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