Zivil- und Zivilprozessrecht

Maßgeblicher Zeitpunkt für ein sofortiges Anerkenntnis bei der Stufenklage

Aktenzeichen  13 O 264/18

Datum:
18.11.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42242
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Schweinfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 286 Abs. 4, § 291, § 2303, § 2314
ZPO § 93

 

Leitsatz

1. Bei einer Stufenklage ist das Vorliegen eines sofortigen Anerkenntnisses für jede Stufe gesondert zu prüfen (anders nachfolgend OLG Bamberg BeckRS 2020, 8057) (Rn. 16). (redaktioneller Leitsatz)
2. Für einen Anspruch aus § 291 BGB auf Rechtshängigkeitszinsen ist es unerheblich, dass die in Form der Stufenklage erhobene Leistungsklage zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht bezifferbar war (Rn. 11). (redaktioneller Leitsatz)
3. Mangels Verschuldens (§ 286 Abs. 4 BGB) liegt kein Verzug mit der Erfüllung des Auskunftsanspruchs vor, wenn der Schuldner gesundheitlich weder in der Lage war, die benötigten Unterlagen herauszusuchen noch eine Vollmacht zu erteilen (Rn. 12). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 44.380,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.02.2019 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 80% und der Beklagte 20% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf 44.380,40 € festgesetzt.

Gründe

1. Der anerkannte Anspruch auf Zahlung von 44.380,40 € steht dem Kläger nach § 2303 BGB zu.
II.
1. Der Kläger begehrt weiter Zinsen in Höhe von 5% -Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für den beklagtenseits anerkannten Hauptsacheanspruch von 44.380,40 €. Nur so kann der Antrag vom 22.10.2019, der klarstellend auf den Hinweis des Gerichts vom 10.09.2019, dort Ziffer 5 des Beschlusses, erfolgte, verstanden werden.
Diesbezüglich hat die Klage Erfolg. Nach § 291 BGB ist ein Anspruch unabhängig vom Vorliegen des Verzugs ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Dass die in Form der Stufenklage erhobene Leistungsklage zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht bezifferbar war, schadet nicht (BGH, Urteil vom 06-05-1981 – IVa ZR 170/80).
2. Weiterhin begehrt der Kläger Zinsen in Höhe von 2.154,48 € für die Zeit vom 01.05.2018 bis einschließlich 04.07.2019 in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz. Soweit Zinsen ab dem 22.02.2019 (Rechtshängigkeit) verlangt werden, stehen ihm diese als Prozesszinsen zu, vgl. 1.
Soweit der Kläger Verzugszinsen für die Zeit ab 01.05.2018 begehrt, war die Klage abzuweisen. Es greift § 286 Abs. 4 BGB. Die Leistung ist infolge eines Umstands unterblieben, den der Beklagte nicht zu vertreten hat. Der Beklagte wurde am 30.08.2018 unter Betreuung gestellt. Bereits am 25.06.2018 teilte die Beklagtenvertreterin mit, dass der Beklagte nicht in der Lage ist, die benötigten Unterlagen herauszusuchen. Die Beklagtenvertreterin verzichtete auch darauf, den Beklagten zur Erteilung einer Vollmacht zu drängen, nachdem diesem nach ihrer Einschätzung die Einsichtsfähigkeit fehlte, was für ein Schriftstück er unterzeichnete. Dies wurde klägerseits nicht bestritten. Das Gericht ist deswegen davon überzeugt, dass der Beklagte schon zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Klage die verzögerte Auskunftserteilung nicht zu verschulden hatte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 93 ZPO und § 91 a ZPO.
1. Hinsichtlich der ersten Stufe der Stufenklage (Antrag auf Auskunft) war die Kostentragung nach übereinstimmender Erledigterklärung beider Parteien gem. § 91 a ZPO nach billigem Ermessen festzusetzen. Maßgebend für die Ermessensentscheidung sind die Erfolgsaussichten, die wiederum nach summarischer Prüfung zum Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits festzustellen sind. Hiernach wäre der Beklagte unterlegen. Der Kläger hatte einen Anspruch gegen den Beklagten auf Auskunftserteilung nach §§ 2314, 2303 BGB.
2. Bezüglich der Leistungsklage (dritte Stufe der Stufenklage) hat der Kläger die Kosten nach § 93 ZPO zu tragen. Das Vorliegen eines sofortigen Anerkenntnisses ist für jede Stufe gesondert zu prüfen (OLG Hamm, Beschluss vom 18.02.1997, 7 WF 72/97). Vorliegend ist von einem sofortigen Anerkenntnis auszugehen. Der Kläger hat nicht vorgetragen, den Beklagten vor Erheben der dritten Stufe aufgefordert zu haben, den Pflichtteilsbetrag von 44.380,40 € zu zahlen. Mithin hat der Beklagte keine Veranlassung zum Erheben der dritten Stufe gegeben.
3. Im Rahmen einer einheitlichen Kostenquote war für die erste Stufe ein Bruchteil des Betrags der Leistungsstufe anzusetzen, dem die klägerseits angesetzten 10.000 € mit einem guten 1/5 des Betrags der Leistungsstufe gerecht werden. Der Gegenstandswert eines klageweise geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist nach dem wirtschaftlichen Interesse zu bemessen, den der Kläger an der Erteilung der Auskunft hat. Soweit die Auskunft die Geltendmachung des Leistungsanspruchs erst vorbereiten und erleichtern soll, ist dieses Interesse in der Regel nur mit einem Bruchteil (BGH (IV. Zivilsenat), Beschluss vom 14.10.2015, IV ZB 21/15), üblicherweise 1/10 bis 14, des Leistungsanspruchs zu bemessen, der durch den Auskunftsanspruch vorbereitet werden soll, wobei die Höhe des jeweils nach freiem Ermessen zu schätzenden Bruchteils umso höher anzusetzen ist, je geringer die Kenntnisse des Klägers und sein Wissen über die zur Begründung des Leistungsanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (BeckOK ZPO/Wendtland, 33. Ed. 1.7.2019, ZPO § 3 Rn. 15).
Die dritte Stufe war mit 44.380,40 € zu bemessen. In dieser hat der Kläger die Kosten zu tragen, § 93 ZPO.
Mithin unterliegt der Kläger mit einer Quote von 44.380,40 € zu 54.380,40 €. Die Kosten waren mit 80% zu 20% zu quoteln.
IV.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit war für den Kläger nach § 709 S. 1, 2 ZPO, und für den Beklagten nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO festzusetzen.
V.
Der Streitwert war nach § 44 GKG festzusetzen.


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