Zivil- und Zivilprozessrecht

Schmerzensgeld, Verletzung, Berufung, Ermessen, Schmerzen, Telekommunikation, Hausarzt, Zahlung, Festsetzung, Anspruch, Grenzmauer, Zeuge, Umfang, Auseinandersetzung, angemessenes Schmerzensgeld, Aussage des Zeugen, Ermessen des Gerichts

Aktenzeichen  112 C 1415/20

Datum:
22.4.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42853
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 350,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.08.2020 zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den bei der Kanzlei … angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 81,43 € freizustellen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 56 % und der Beklagte 44 % zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 800,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet und war im Übrigen abzuweisen.
I. Schmerzensgeldanspruch
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB in Höhe von 350 € zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hält es das Gericht für erwiesen, dass der Beklagte dem Kläger über die Mauer fest an die Schulter griff, was bei dem Kläger zu einer Schulterzerrung führte.
Aufgrund der Aussage des Zeugen … steht fest, dass der Beklagte den Kläger am Arm festgehalten hat und es zu einer körperlichen Auseinandersetzung wegen des Eimers auf der Mauer kam. Der … hat ausgesagt, dass der Beklagte mit den Händen über die Mauer gegriffen habe und ihn am Arm festgehalten habe. Sein Vater habe dann in der Folgezeit über Schmerzen in der Schulter geklagt (Bl. 36 Rs.). Das Gericht übersieht nicht, dass es sich bei dem Zeugen um den Sohn des Klägers handelt und dieser ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben könnte. Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen bestehen jedoch nicht. Der Zeuge konnte klar wiedergeben, was er gesehen hat und vermochte auch eine Skizze des Geschehens zu fertigen. Auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände – nämlich, dass unstreitig ist, dass der Beklagte den Kläger wegen eines Eimers auf der Grenzmauer als „Arschloch“ tituliert hat – erscheint es durchaus plausibel, dass die Aussage des Zeuge … zutreffend ist.
Aufgrund der Aussage der Zeugin …, die den Vorfall selbst nicht beobachtet hat, aber unmittelbar danach den Kläger gesehen hat, steht für das Gericht zudem fest, dass der Kläger durch den Vorfall am Arm verletzt war und in der Folge Schmerzmittel gegen die Schmerzen einnehmen musste.
Der Hausarzt … hat den Kläger vom 06.07.-10.07.2021 arbeitsunfähig geschrieben und der Orthopäde … hat bei dem Kläger eine „Schulterzerrung rechts“ diagnostiziert.
Das Gericht hat auch das von der Beklagtenseite im Termin übergebene Lichtbild berücksichtigt. Die von der Beklagtenseite gezogene Schlussfolgerung, es sei dem Beklagten nicht möglich gewesen, über die Mauer zu greifen, vermag das Gericht jedoch nicht nachzuvollziehen. Aus dem Lichtbild, auf dem der Beklagte neben der Grenzmauer steht, ist klar ersichtlich, dass es dem Beklagten aufgrund der Mauerhöhe grundsätzlich möglich war, über die Mauer zu fassen und jemanden, der in der Nähe der Mauer auf der anderen Seite steht, am Arm bzw. an der Schulter zu fassen.
Das Gericht hält einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 350 € im Hinblick auf die Verletzung und deren Dauer für erforderlich, aber auch ausreichend.
Das Schmerzensgeld soll den vom Verletzten erlittenen immateriellen Schaden angemessen ausgleichen. Der Verletzte soll einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten. Das Schmerzensgeld soll ihn in die Lage versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten verschaffen, die die erlittenen Verletzungen jedenfalls teilweise ausgleichen. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld dem Verletzten Genugtuung verschaffen, was ihm der Schädiger insbesondere bei vorsätzlichen Taten angetan hat (Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 80. Auflage, München 2021, § 253 Rz. 4).
Die Verletzung des Klägers ist innerhalb von wenigen Tagen verheilt. Der Beklagte hat den Kläger zwar vorsätzlich angegriffen, jedoch handelte es sich nicht um einen Schlag oder Ähnliches, sondern lediglich um ein festes Anpacken am Arm, was zur Verletzung geführt hat.
Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände war ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 350 € angemessen.
II. Zinsanspruch
Der Zinsanspruch beruht im tenorierten Umfang auf §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB
III. Freistellungsanspruch
Der Freistellungsanspruch berechnet sich nach dem angemessenen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 350 €.
Damit errechnen sich die außergerichtlichen Kosten der Klägerseite wie folgt:
Geschäftsgebühr §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 VV RVG 1,3 fach
58,40 €
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG
11,70 €
16 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG
11,23 €
Summe
81,43 €.
IV. Prozessuale Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
V. Streitwert
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. GKG, §§ 2, 3 ZPO.


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