Strafrecht

Ablehnung eines Antrags auf Kostenerstattung bei Erledigung der Verfassungsbeschwerde – hier: auf einfachrechtliche Erwägungen gestützte Abänderung der angegriffenen Gerichtsentscheidung – Gegenstandswertfestsetzung auf 4000 Euro

Aktenzeichen  1 BvR 2643/10

Datum:
8.11.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20101108.1bvr264310
Normen:
GG
§ 34a Abs 3 BVerfGG
§ 37 Abs 2 S 2 RVG
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend LG Osnabrück, 13. August 2010, Az: 9 T 533/10, Beschlussvorgehend AG Papenburg, 19. Juli 2010, Az: 2 II 112/09, Beschlussvorgehend AG Papenburg, 21. Januar 2010, Az: 2 II 512/09, Beschluss

Tenor

Der Antrag des Beschwerdeführers auf Anordnung der Erstattung seiner notwendigen Auslagen wird abgelehnt.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 4.000 € (in Worten: viertausend Euro) festgesetzt (§ 37 Abs.
2 Satz 2 RVG).

Gründe

1
Über die Erstattung der Auslagen und den Gegenstandswert hat gemäß § 93d Abs. 2 Satz 1 BVerfGG die Kammer zu entscheiden.

2
1. Für die erstrebte Anordnung der Auslagenerstattung besteht keine rechtliche Grundlage.

3
Gemäß § 34a Abs. 3 BVerfGG ist im Falle der Erledigung der Verfassungsbeschwerde über die Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers
nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden. Dabei ist eine Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände vorzunehmen. Im Hinblick
auf Funktion und Tragweite der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erscheint es grundsätzlich bedenklich, im Falle
der Erledigung einer Verfassungsbeschwerde aufgrund einer überschlägigen Beurteilung der Erfolgsaussichten über die Auslagenerstattung
zu entscheiden und dabei zu verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen aufgrund einer lediglich kursorischen Prüfung Stellung zu
nehmen (vgl. BVerfGE 33, 247 ). Diese Bedenken greifen nur dann nicht ein, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde
unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage – etwa durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
in einem gleich liegenden Fall – bereits geklärt ist (vgl. BVerfGE 85, 109 ). Grundsätzlich spricht einiges dafür,
dem Beschwerdeführer die Erstattung seiner Auslagen zuzubilligen, wenn der verantwortliche Hoheitsträger die mit der Verfassungsbeschwerde
gerügte Belastung beseitigt oder der Verfassungsbeschwerde auf andere Weise abgeholfen hat, und diesem Verhalten entnommen
werden kann, dass der Hoheitsträger selbst davon ausgeht, dass das Anliegen des Beschwerdeführers berechtigt war (vgl. BVerfGE
85, 109 ; 87, 394 ; 91, 146 ). Wenn allerdings der Erfolg oder Misserfolg der erledigten Verfassungsbeschwerde
nicht auf der Hand liegt und auch nicht unterstellt werden kann, hat es in der Regel beim Grundsatz zu verbleiben, dass der
Beschwerdeführer seine eigenen Auslagen selbst zu tragen hat; eine Auslagenerstattung kommt hier nur ausnahmsweise bei Vorliegen
besonderer Umstände in Betracht (vgl. Kunze, in: Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005,
§ 34a Rn. 40 ff., 49).

4
Nach diesen Grundsätzen entspricht es vorliegend nicht der Billigkeit, dem Land Niedersachsen die Erstattung der dem Beschwerdeführer
entstandenen notwendigen Auslagen aufzugeben. Ein Erfolg der Verfassungsbeschwerde kann nicht unterstellt werden. Zwar hat
das zuständige Landgericht die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Vergütungsfestsetzung auf die Gegenvorstellung des
Beschwerdeführers durch Beschluss vom 1. Oktober 2010 antragsgemäß abgeändert. Das Landgericht hat für seine Entscheidung
vom 1. Oktober 2010 jedoch ausschließlich auf einfachrechtliche Gesichtspunkte abgestellt und sich zu verfassungsrechtlichen
Fragen in keiner Weise geäußert. Auch aus dem – teilweise pauschalen – Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich nicht
ohne Weiteres, dass die angegriffenen Entscheidungen verfassungswidrig waren und dass die Verfassungsbeschwerde ohne das erledigende
Ereignis Erfolg gehabt hätte.

5
2. Der Gegenstandswert wird auf 4.000 € festgesetzt. Da vorliegend nicht auf der Hand liegt, dass die für erledigt erklärte
Verfassungsbeschwerde Erfolg gehabt hätte, ist die Festsetzung eines über dem gesetzlichen Mindestwert von 4.000 € liegenden
Gegenstandswerts nicht gerechtfertigt.

6
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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