Aktenzeichen 1 T 1379/20
Leitsatz
Wer als Nichtmieter ein eigenes Namensschild an den Mieträumen anbringt, dokumentiert damit grundsätzlich auch (Mit-)besitz an dem Mietobjekt. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 C 747/20 2020-11-18 Bes AGANSBACH AG Ansbach
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ansbach vom 18.11.2020, Az. 1 C 747/20, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Der Beklagte zu 1) mietete mit Mietvertrag vom 22.02/28.02.2020 von der Klägerin, einer Baugenossenschaft, eine Wohnung in der …, …. Da der Beklagte zu 1) jedoch mit seinen Mietzahlungen in Verzug geriet, kündigte die Klägerin ihm nach mehrerer erfolgloser Mahnungen am 28.05.2020 fristlos hilfsweise ordentlich. Die Klägerin räumte dem Beklagten zu 1) die Möglichkeit ein, die Wohnung bis 15.06.2020 zu räumen.
Anlässlich der Zustellung der Kündigung vom 28.05.2020 musste der Prozessbevollmächtigte der Klägerin feststellen, dass offensichtlich unbekannte Dritte Mitbesitz an der streitgegenständlichen Wohnung hatten. Am Briefkasten der streitgegenständlichen Anschrift befand sich der Name „…“. Recherchen der Klägerin und Ihres Prozessbevollmächtigten ergaben schließlich, dass es sich hierbei um die Beklagten zu 2) und 3) handeln müsse. Ein Mietvertrag mit den Beklagten zu 2) und 3) wurde unstreitig nicht geschlossen. Mit Schreiben vom 15.06.2020 wurden auch die Beklagten zu 2) und 3) aufgefordert, die streitgegenständliche Wohnung zu räumen und bis spätestens 30.06.2020 an die Klägerin herauszugeben. Das Schreiben wurde den Beklagten zu 2) und 3) am selben Tag unter der streitgegenständlichen Anschrift durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugestellt. Da die Beklagten die Wohnung der Klägerin nicht innerhalb der gesetzten Frist herausgegeben hatten, hat diese durch Ihren Prozessbevollmächtigten am 29.06.2020 Klage auf Räumung u.a. erhoben. Die Klage wurde dem Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 3) unter der streitgegenständlichen Anschrift …, … am 21.07.2020 zugestellt. Eine Zustellung an die Beklagte zu 2) blieb erfolglos. Wie sich später herausstellte, handelte es sich bei der Beklagten zu 2) um die damalige Verlobte des Beklagten zu 3), die zum Zeitpunkt der Klagezustellung noch ihren Mädchennamen „…“ trug. Dieser Name stand unstreitig nicht auf dem Briefkasten.
Nachdem die Beklagten zu 1) und 3) ihre Verteidigungsbereitschaft nicht rechtzeitig angezeigt hatten, erging am 05.08.2020 antragsgemäß ein Teil-Versäumnisurteil, das diesen am 12.08.2020 zugestellt wurde. Mit Schriftsätzen vom 20.08.2020 zeigten schließlich die Beklagten zu 2) und 3) über ihren gemeinsamen Prozessbevollmächtigten ihre Verteidigungsbereitschaft an. Der Beklagte zu 3) legt ferner Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil ein. Im weiteren Schriftverkehr ließ er erklären, dass er zwar zeitweise bis März 2020 in der streitgegenständlichen Wohnung mitgewohnt habe, er aber zum Zeitpunkt der Kündigung Ende Mai 2020 bereits ausgezogen gewesen sei. Zum Beweis hierfür legt er eine Meldebescheinigung des Einwohnermeldeamts … vom 26.05.2020 vor. Weiter ließ er ausführen, dass die Beklagte zu 2) ihn in der streitgegenständlichen Wohnung manchmal besucht habe. Gewohnt habe sie dort jedoch nie. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten mittlerweile geheiratet und seien in eine gemeinsame Wohnung in … gezogen.
Mit Beschluss vom 18.11.2020 – berichtigt durch Beschluss vom 02.12.2020 – hat das Amtsgericht Ansbach den Beklagten zu 1) und 3) samtverbindlich die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Beschluss vom 18.11.2020 wurde dem Beklagten zu 3) am 24.11.2020 zugestellt. Gegen diesen Beschluss legte der Beklagte zu 3) mit Schreiben vom 01.12.2020, eingegangen per Telefax bei Gericht am selben Tag, sofortige Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 02.12.2020 half das Amtsgericht Ansbach der sofortigen Beschwerde des Beklagten zu 3) nicht ab und legte sie zur Entscheidung dem Landgericht Ansbach vor.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Ansbach dem Beklagten zu 3) neben dem Beklagten zu 1) die Kosten als Gesamtschuldner aufzuerlegen, ist nicht zu beanstanden. Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass der Beklagte zu 3) durch sein Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Denn der Beklagte zu 3) war zumindest Mitbesitzer der an die Beklagte zu 1) vermieteten Räumlichkeiten und damit ebenfalls passivlegitimiert (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 10. Aufl., § 546 Rn. 98).
Auch das Beschwerdegericht schenkt den Ausführungen der Klägerin Glauben, dass am Briefkasten der streitgegenständlichen Wohnung der Name des Beklagten zu 3) jedenfalls bis zum 12.08.2020 angebracht war. Hierfür spricht die erfolgreiche Zustellung der Klage und des Teil-Versäumnisurteils an den Beklagten zu 3). Auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Beschlusses vom 18.11.2020 wird Bezug genommen.
Damit hat der Beklagte zu 3) nach außen dokumentiert, dass er neben dem Beklagten zu 1) als eigenständiger Mitbesitzer der Räumlichkeiten anzusehen ist. Hieran muss er sich mit Rücksicht auf das allgemeine Verkehrsschutzbedürfnis festhalten lassen. Entgegen der Beschwerde versteht der Verkehr die Anbringung eines Namens auf einem zu einer Wohnung oder Geschäftsraum gehörenden Briefkasten nicht nur dahin, dass in den Briefkasten eingeworfene Post den Namensträger erreicht, sondern dahin, dass der Namensträger auch den (Mit-)besitz an der zu dem Briefkasten gehörenden Wohnung oder Geschäftsraum innehat. An diese Verkehrsanschauung knüpft z. B. die Möglichkeit der Ersatzzustellung nach § 180 ZPO an, wonach ein zuzustellendes Schriftstück in einen zu einer Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten eingelegt werden kann. Diese Form der Zustellung setzt voraus, dass die Wohnung oder der Geschäftsraum von dem Zustellungsempfänger nicht aufgegeben worden ist. Das muss jedoch nach außen erkennbar sein (BGH, Beschluss v. 22.10.2009, Aktz. IX ZB 248/08, Rn. 18 und 21, zitiert nach juris). Ansonsten ist von dem Fortbestehen der Nutzung auszugehen. Entsprechendes gilt vorliegend für den Mitbesitz des Beklagten zu 3). Wer als Nichtmieter ein eigenes Namensschild an den Mieträumen anbringt, dokumentiert damit grundsätzlich auch (Mit-)besitz an dem Mietobjekt (siehe Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 05. September 2011 – 8 W 55/11 -, Rn 4 und 5 zitiert nach juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.