Bankrecht

Inanspruchnahme eines (ausgeschiedenen) Kommanditisten eines Filmfonds auf Erbringung seiner restlichen Einlage

Aktenzeichen  7 U 651/19

Datum:
31.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 18732
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2, § 167 Abs. 3
ZPO § 256 Abs. 2, § 356, § 431
BGB § 319 Abs. 1 S. 2, § 738 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag “der Rest der ausstehenden Pflichteinlage kann nur zinslos durch die Geschäftsführung eingefordert werden, wenn ein entsprechender Gesellschafterbeschluss gefasst wird.” wird § 167 Abs. 3 HGB dahingehend abbedungen, dass der von den Gesellschaftern noch nicht geleistete Teil ihrer Pflichteinlage nur soweit „rückständig“ iSd § 167 Abs. 3 HGB sein soll, als durch Gesellschafterbeschluss von den Gesellschaftern die Zahlung des noch ausstehenden Teils ihrer Pflichteinlage verlangt, diese also fällig gestellt wurde. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. In diesem Fall setzt auch die Geltendmachung der Zahlung der restlichen Einlage gegenüber einem ausgeschiedenen Kommanditisten einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss voraus. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Hängt ein klageweise geltend gemachter Anspruch auf Zahlung der restlichen Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag von der Beibringung eines (noch nicht beauftragten) Schiedsgutachtens ab, liegt es im Ermessen des Gerichts, dem Kläger entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens zu setzen oder die Klage sofort als zur Zeit unbegründet abzuweisen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

40 O 19818/17 2019-01-02 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 02.01.2019, Az. 40 O 19818/17, in Ziffer 1. dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass die gegenüber der Beklagtenpartei geltend gemachte Forderung der Klägerin in Höhe von 5.850,00 Euro (4,5% der Pflichteinlage der Beklagtenpartei) im Rahmen der Berechnung des Abfindungsguthabens der Beklagtenpartei als unselbständiger Rechnungsposten zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen ist.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und bleibt die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zwei Drittel, der Beklagte ein Drittel.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts München I, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, erweist sich in der Sache jedoch lediglich hinsichtlich des Hilfsantrags als begründet.
1. Zu Recht hat das Landgericht den Hauptantrag der Klägerin als derzeit unbegründet abgewiesen, da es entscheidungserheblich auf die Höhe des Abfindungsguthabens ankommt und deshalb vor Erhebung der Klage nach § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV von der Klägerin ein Schiedsgutachten zu erholen gewesen wäre.
a. Da die Verluste der Gesellschaft entsprechend dem Verlustanteil des Gesellschafters abzuschreiben sind, kann sein Kapitalkonto grundsätzlich negativ werden. Dies bedeutet für den Kommanditisten nach § 167 Abs. 3 HGB jedoch nur, dass er in Ermangelung besonderer Abreden oder Beschlüsse der Gesellschafter grundsätzlich nicht nachschusspflichtig ist und auch die §§ 735, 739 BGB nicht gelten, sodass er gegenüber den Mitgesellschaftern nicht ausgleichspflichtig werden kann. Er verliert allenfalls seinen (bislang) positiven Kapitalanteil und hat bei Verlusten der Gesellschaft, die den Kapitalanteil übersteigen, maximal die rückständige Pflichteinlage sowie die rückzahlbaren Entnahmen zu leisten. Die Haftsumme spielt keine Rolle.
Da im streitgegenständlichen Fall unstreitig keine rückzahlbaren Entnahmen vorgenommen wurden, muss der Beklagte maximal eine etwaige noch rückständige Pflichteinlage leisten (vgl. Kindler in Koller/Kindler/Roth/Drüen, HGB, 9. Auflage 2019, Rdnr. 4 zu § 167 HGB).
aa. Der Senat hat bezüglich des hier streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrages bereits mit Urteil vom 12.10.2016 (Az. 7 U 2180/16 – veröffentlicht in ZIP 2017, 679 – 681) entschieden, dass nach § 4 Nr. 3 GV a.F. die Pflichteinlage 100% des Zeichnungsbetrages (und damit im streitgegenständlichen Fall 130.000,00 Euro) betrug. Die in § 4 Nr. 3 Abs. 1 S. 2 – 4 GV a.F. getroffene Regelung war nur eine Fälligkeitsregelung, mit der 50% der Pflichteinlage zunächst gestundet und damit nicht zur Zahlung durch die Kommanditistin an die Gesellschaft fällig wurden. Denn dort war eine dahingehende Teilung des Pflichteinlagebetrages vorgesehen, dass 50% „der Pflichteinlage“ zuzüglich eines Agios als Bareinlage zu zahlen waren, wobei die diesbezügliche Fälligkeit sich aus der Beitrittserklärung und § 4 Nr. 5 Abs. 1 S. 1 GV ergab. Die in § 4 Nr. 3 Abs. 1 S. 3 ausdrücklich genannten weiteren „50% der Pflichteinlage“ sollten demnach nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erst später „fällig“ und durch Verrechnung mit erwirtschafteten und zur Ausschüttung anstehenden Gewinnen durch den Gesellschafter geleistet werden (Senatsurteil, Rdnr. 29).
Der Senat hat in seinem Urteil vom 12.10.2016 des Weiteren entschieden, dass mit der Neufassung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 S. 3 1. HS. GV durch den Gesellschafterbeschluss vom 24.07.2012 weitere 6% des jeweiligen Zeichnungsbetrages zur Zahlung durch die Kommanditisten als Teil der Pflichteinlage fällig gestellt wurden, die bisherige diesbezügliche Stundung also beendet wurde (Senatsurteil aaO).
Da der Senat keine Veranlassung sieht, im streitgegenständlichen Fall von dieser Auslegung abzurücken, besteht mangels Zahlung der Beklagten auf das Einziehungsschreiben der Klägerin vom 27.01.2014 laut Anl. K 2 noch eine offene Einlageverpflichtung des Beklagten in Höhe von 5.850,00 Euro (4,5% aus der Zeichnungssumme von 130.000,00 Euro) und stellt diese auch eine „rückständige Einlage“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB dar. Auf die Frage, ob nur eine fällige Einlagenforderung eine „rückständige Einlage“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB begründen könne, kommt es daher insoweit nicht an (vgl. dazu BGH, Urteil vom 30.01.2018 – II ZR 108/16, Rdnr. 36).
Der Beklagte kann dem auch nicht entgegenhalten, der den Gesellschaftsvertrag abändernde Beschluss der Gesellschafter vom 24.07.2012 sei unwirksam, da nach § 6 Nr. 7 S. 1 GV Beschlussmängel innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat hätten geltend gemacht werden müssen und dies nicht erfolgte.
Auch liegen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 GV n.F. für die Einforderungen der weiteren 4,5% der Pflichteinlage vor. Denn danach ist nur vorausgesetzt, dass „sie (i.e. die weiteren 4,5% der Pflichteinlage) durch die Geschäftsführung der Gesellschaft zum Zwecke der Durchsetzung der steuerlichen Interessen sowie zur Bestandswahrung der Gesellschaft schriftlich eingefordert werden“. Diese Anforderung durch die Geschäftsführung liegt in Form des Schreibens der Gesellschaft vom 27.01.2014 laut Anl. K 2 vor. Die Zahlungsaufforderung erfolgte ausweislich des Schreibens auch zum Zwecke der Aufbringung der zu erwartenden Kosten der seinerzeit in Aussicht genommenen finanzgerichtlichen Verfahren (vgl. S. 2 des Schreibens laut Anl. K 2). Wie sich aus der subjektiven Formulierung des § 4 Nr. 3 Abs. 1 S. 3 GV n.F. (“zum Zwecke“) ergibt, ist für die Einforderung gerade nicht erforderlich, dass die eingeforderten Beträge auch objektiv zur Durchführung des zu erwartenden finanzgerichtlichen Verfahrens erforderlich sind. Denn die grundsätzliche Notwendigkeit der Leistung weiterer 4,5% der Pflichteinlage durch die Kommanditisten hat bereits die Gesellschafterversammlung im Beschluss vom 25.07.2012 bindend festgestellt.
Unerheblich ist auch, ob von der Gesellschaft bereits ausreichend ausschüttungsfähige Gewinne erwirtschaftet wurden, um die ausstehende Einlage zu tilgen. Denn nach der Änderung von § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 GV durch den Beschluss der Gesellschafter vom 25.07.2012 kommt es darauf nicht mehr an. Vielmehr sollten die Kommanditisten in jedem Fall weitere 4,5% der Pflichteinlage leisten.
bb. Der Senat musste sich in seinem Urteil vom 12.10.2016 nicht dazu verhalten, welche Regelung die Gesellschafter mit ihrem Beschluss vom 24.07.2012 bezüglich der restlichen 45,5% der Zeichnungssumme getroffen haben. Diese Frage ist im streitgegenständlichen Fall nunmehr aber zu klären und dahingehend zu entscheiden, dass die Gesellschafter durch § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS. GV n.F. § 167 Abs. 3 HGB dahingehend abbedungen haben, dass der von den Gesellschaftern noch nicht geleistete Teil ihrer Pflichteinlage nur soweit „rückständig“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB sein soll, als durch Gesellschafterbeschluss von den Gesellschaftern die Zahlung des noch ausstehenden Teils ihrer Pflichteinlage verlangt, diese also fällig gestellt wurde.
Da der Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft wie der Klägerin objektiv auszulegen ist (vgl. bspw. BGH, Urteil vom 09.06.2015 – II ZR 420/13, Rdnr. 25), ist § 4 Nr. 3 Abs. 1 S. 3 2. HS GV n.F. ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsgesellschafters einheitlich so auszulegen, wie sein Wortlaut von verständigen und redlichen Gesellschaftern unter Abwägung der Interessen der Gesellschafter verstanden wird (vgl. dazu Grüneberg in Palandt, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 16 zu § 305 c BGB).
Ausgangspunkt der Auslegung hat damit der Wortlaut des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS. GV n.F. zu sein. Dieser deutet darauf hin, dass die restlichen 45,5% der Zeichnungssumme weiterhin Teil der Pflichteinlage sein sollen mit der Folge, dass auch sie nur gestundet wären, da ausdrücklich vom „Rest der ausstehenden Pflichteinlage“ die Rede ist. Von einer Kapitalherabsetzung ist in der Neufassung des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS GV dagegen nicht die Rede. Eine solche wäre bei der im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigenden Interessenlage der Gesellschafter auch nicht interessengerecht, da Anlass der Neufassung des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 GV gerade ein weiterer Liquiditätsbedarf der Gesellschaft zur Finanzierung finanzgerichtlicher Prozesse war, die Gesellschaft also aus den vorhandenen Mitteln die voraussichtlichen Prozesskosten nicht aufbringen konnte. In einer solchermaßen angespannten finanziellen Situation kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Gesellschafter eine Kapitalherabsetzung um 45,5% beschließen und der Gesellschaft damit die Möglichkeit zukünftiger Eigenkapitalbeschaffung nehmen.
Damit würde der Beklagte nach der Rechtsprechung des BGH zum Begriff der „rückständigen Einlage“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB, wonach eine noch offene Einlageverpflichtung (wie hier die restlichen 45,5% der Zeichnungssumme) unabhängig von ihrer Fälligkeit eine „rückständige Einlage“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB darstellt (BGH, Urteil vom 30.01.2018 – II ZR 108/16, Rdnr. 36), grundsätzlich bis zur vollen Höhe seiner Pflichteinlage am Verlust der Gesellschaft teilnehmen.
Dieses Ergebnis wäre jedoch nicht interessengerecht und widerspräche dem sich unmittelbar aus der Regelung ergebenden Zweck des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS. GV n.F. Dieser soll nämlich sicherstellen, dass über eine weitere Inanspruchnahme der Kommanditisten nicht – wie im Fall der in Hs. 1 bezeichneten 4,5% – die Geschäftsführung der Gesellschaft entscheiden kann, sondern es dazu immer eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedarf. Da dem Wortlaut des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS. GV n.F. keine Differenzierung zwischen nach dem Beschluss vom 25.07.2012 ausgeschiedenen Gesellschaftern wie dem Beklagten einerseits und weiterhin in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftern andererseits zu entnehmen ist, erstreckt sich der durch die Vorschrift bezweckte Schutz auch auf beide Gruppen gleichermaßen. Beide Gruppen sollen also nur dann weiter in Anspruch genommen werden können, wenn die Gesellschafter dies durch einen weiteren Beschluss für notwendig erachtet haben. Dieses sich schon aus dem Wortlaut des § 4 Nr. 3 Abs. 2 S. 2 2. HS. GV ergebende mit dem Beschluss vom 25.07.2012 verfolgte Ziel der Gesellschafter konnten diese hinsichtlich der Gruppe der nach dem 25.07.2012 ausscheidenden Gesellschafter nur durch eine teilweise Abbedingung des – wie sich aus 163 HGB ergibt – dispositiven § 167 Abs. 3 HGB dahingehend erreichen, dass der von den Gesellschaftern noch nicht geleistete Teil ihrer Pflichteinlage nur soweit „rückständig“ iSd. § 167 Abs. 3 HGB sein soll, als durch einen weiteren Gesellschafterbeschluss von den Gesellschaftern die Zahlung des noch ausstehenden Teils ihrer Pflichteinlage verlangt wird. Denn nur so wird verhindert, dass ein ausscheidender Gesellschafter ohne weiteren Gesellschafterbeschluss trotz vollständiger Einzahlung des bislang fällig gestellten Teils der Pflichteinlage noch darüber hinaus am Verlust der Gesellschaft teilnimmt. Ohne diese partielle Abbedingung des § 167 Abs. 3 HGB würde einem ausscheidenden Gesellschafter der Schutz des Erfordernisses eines Gesellschafterbeschlusses für jede weitere Inanspruchnahme entzogen. Denn beim Ausscheiden eines Gesellschafters würde sich in diesem Fall bei Vorliegen eines negativen Kapitalkontos – auf welcher Berechnungsgrundlage auch immer – allein dadurch eine weitere Inanspruchnahme des ausscheidenden Gesellschafters ergeben, ohne dass hierüber zuvor ein Gesellschafterbeschluss herbeigeführt worden wäre.
Soweit die Klägerseite von einer Einlageforderung in Höhe von noch 45,5% der Zeichnungssumme ausgeht, ist ihr deshalb entgegen zu halten, dass in dieser Höhe eine rückständige Einlage nicht besteht, da es an einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss, der jedoch aufgrund gesellschaftsvertraglicher Regelung erforderlich wäre, fehlt. Festzuhalten ist aber auch, dass nach Ausscheiden des Beklagten eine Einlageforderung in o.g. Höhe auch nicht aufgrund eines künftigen Gesellschafterbeschlusses mehr gegenüber dem Beklagten geltend gemacht werden kann, da diesem eine Mitwirkung bei der Beschlussfassung nach Ausscheiden verwehrt ist.
Da der Beklagte bislang von der Zeichnungssumme von 130.000,00 Euro unstreitig nur 50% und damit 65.000,00 Euro an die Klägerin bezahlt hat und er auf die Nachforderung einer Einlage in Höhe von 4,5% durch die Geschäftsführung nicht geleistet hat, besteht jedoch noch eine rückständige Einlage iSd. § 167 Abs. 3 HGB in Höhe von 5.850,00 Euro. Das Bestehen einer rückständigen Einlage in Höhe von 5.850,00 führt bei einem mittlerweile ausgeschiedenen Kommanditisten aber nicht notwendigerweise zu einem Zahlungsanspruch der Gesellschaft gegen den Kommanditisten in dieser Höhe. Vielmehr bewirkt dies nach § 167 Abs. 3 HGB nur, dass der Kommanditist nur bis maximal zu diesem Betrag an einem Verlust der Klägerin teilnimmt und deshalb ein etwaiges negatives Abfindungsguthaben des Beklagten von der Beklagten auch nur bis zu diesem Höchstbetrag ausgeglichen werden muss. Ein möglicherweise 5.850,00 Euro übersteigendes negatives Abfindungsguthaben muss der Beklagte nicht ausgleichen.
b. Da es demnach auf die Höhe des negativen Abfindungsguthabens im konkreten Einzelfall ankommt, wäre nach § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV ein Schiedsgutachten zu erholen gewesen.
Ausweislich der Berufungserwiderung des Beklagten liegt diesbezüglich kein Streit über den Anspruch dem Grunde nach vor. Die Beklagtenseite hat die gesellschaftlichen Regelungen als rechtsverbindlich anerkannt. Sie geht allerdings davon aus, dass bislang aufgrund der unterlassenen wirtschaftlichen Bewertung der immateriellen Filmrechte ein positives Auseinandersetzungsguthaben zu ihren Gunsten vorliege. Ihr Einwand gegen das von der Klägerseite ermittelte (negative) Abfindungsguthaben, richtet sich gegen die Höhe der Auseinandersetzungsforderung.
Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob – wie sie meint – von der Schiedsklausel nur dann Gebrauch zu machen sei, wenn es Streit allein über die Abfindungshöhe gibt, ist daher nicht näher einzugehen, weil ausweislich des Beklagtenvortrags gerade diese im Streit steht und es nicht um den Anspruch dem Grunde nach geht.
Das Sichberufen des Beklagten auf die Schiedsklausel in § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht nach § 242 BGB treuwidrig. Da in § 23 Nr. 6 Abs. 1 GV nicht geregelt ist, wer die Benennung eines Schiedsgutachters durch die Wirtschaftsprüferkammer München zu veranlassen hat, ist auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen. Gemäß §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 S. 1 BGB trifft gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter die Pflicht zur Erstellung der Abfindungsbilanz die Gesellschaft (allg. Meinung vgl. statt aller Reuter in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2003, Rdnr. 16 zu § 738 BGB, Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage, München 2017, Rdnr. 27 zu 3 738 BGB). Aus dieser Pflicht der Gesellschaft zur Bilanzerstellung folgt denklogisch auch die Pflicht die zur Bilanzerstellung notwendigen vorbereitenden Schritte einzuleiten. Zu diesen Vorbereitungsmaßnahmen gehört aufgrund der Schiedsklausel des § 23 Nr. 6 Abs. 1 S. 2 GV auch, durch die Wirtschaftsprüferkammer M. die Benennung eines Schiedsgutachters in die Wege zu leiten. Aus der Nichterfüllung einer eigenen vertraglichen Pflicht der Gesellschaft kann diese nicht die Treuwidrigkeit des Zuwartens des Beklagten mit der Berufung auf die Schiedsklausel begründen. Der Beklagte hätte möglicherweise selbst die zur Erstellung des Schiedsgutachtens notwendigen Schritte gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer M. einleiten können, musste es aber nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Brandenburg (Urteil vom 28.11.2013 – 12 U 42/13, Rdnr. 25). Denn dort ging es nicht um die Erstellung einer Abfindungsbilanz nach §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 S. 1 BGB, für die – wie oben dargelegt – gesetzlich geregelt ist, wer sie zu erstellen hat, sondern um ein Schiedsgutachten bei Streitigkeiten über die Bauausführung, für das dies nicht der Fall ist.
Entgegen der Auffassung der Klägerin hätte das Landgericht auch nicht und muss auch das Berufungsgericht nicht analog § 319 Abs. 1 S. 2 BGB die Leistungsbestimmung durch Erholung eines Sachverständigengutachtens vornehmen. § 319 Abs. 1 S. 2 BGB setzt voraus, dass sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen Dritten als nicht durchführbar erweist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine derartige Undurchführbarkeit grundsätzlich schon dann gegeben, wenn die hierzu verpflichtete Partei den Schiedsgutachter nicht innerhalb angemessener Zeit benennt, ohne dass es dabei auf ihr Verschulden ankommt (BGH, Urteil vom 04.07.2013 – III ZR 52/12, Rdnr. 31, Urteil vom 07.06.2011 – II ZR 186/08, Rdnr. 15, Urteil vom 06.11.1997 III ZR 177/96, Rdnr. 23). Diese Rechtsprechung erging allerdings grundsätzlich zu Fällen, in denen die jeweilige Schuldnerin des jeweils streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs die Benennung des Schiedsgutachters verzögerte (BGH, Urteil vom 07.06.2011 – II ZR 186/08) oder sich die beiden Parteien über den Schiedsgutachter nicht einigen konnten (BGH, Urteil vom 04.07.2013 – III ZR 52/12).
Anders verhielt es sich nur in dem Fall, der der Entscheidung des BGH vom 07.04.2000 zu Grunde lag (BGH, Urteil vom 07.04.2000 – V ZR 36/99) und auf den sich die Klägerin zur Begründung ihrer Ansicht in der Berufungsbegründung beruft. Hier war in einem Kaufvertrag vereinbart, dass die „Wertanpassung (eines Grundstücks), die nach dem 31.12.1990 vom Veräußerer zu veranlassen und von einem unabhängigen Sachverständigen vorzunehmen ist, (…) bis spätestens 31.12.1991 abzuschließen“ sei. Der von einer der Veräußerinnen daraufhin beauftragte Sachverständige erstellte unter dem 16.12.1991 ein Gutachten zum Wert des Grundstücks zum 31.12.1991, dem von dieser Veräußerin einseitig bestimmten und dem Sachverständigen vorgegebenen Stichtag. Tatsächlich hätte aber nach dem Vertrag nicht die Veräußerin den Stichtag einseitig bestimmen dürfen. Vielmehr hätte der Sachverständige diesen ermitteln müssen. Der BGH entschied, dass die Klägerin, die aus abgetretenem Recht der Veräußerin klagte, sich dennoch auf § 319 Abs. 1 S. 2 BGB berufen könne, da eine Leistungsbestimmung unter Zugrundelegung des korrekten Stichtages durch den Schiedsgutachter aufgrund der mittlerweile abgelaufenen Frist bis zum 31.12.1991 nicht mehr durchführbar sei. Da es dabei nicht darauf ankomme, dass die Veräußerin dem Sachverständigen die falschen Vorgaben gemacht habe, könne sich auch die Klägerin auf § 319 Abs. 1 S. 2 BGB berufen und unmittelbar auf Zahlung klagen.
Der der BGH-Entscheidung zu Grunde liegende Fall unterscheidet sich von dem streitgegenständlichen Fall deshalb dadurch, dass im BGH-Fall aufgrund der zwischenzeitlich abgelaufenen Frist zur Erstellung des Schiedsgutachtens ein Schiedsgutachten nach dem Vertrag überhaupt nicht mehr hätte erstellt werden können, sodass – wäre der Klägerin nicht gestattet worden, sich auf § 319 Abs. 1 S. 1 BGB berufend unmittelbar auf Zahlung zu klagen – ein endgültiger Verlust des klägerischen Rechts eingetreten wäre. Dies ist in der streitgegenständlichen Sache aber gerade nicht der Fall, sodass es auch bei einer Abweisung der Klage als derzeit unbegründet der Klägerin unbenommen bleibt, das vereinbarte Schiedsgutachten zu erholen.
Eine unmittelbare Klagemöglichkeit der Klägerin wäre im vorliegenden Fall aber treuwidrig, da es gerade die Klägerin war, die keinerlei Schritte unternommen hat, um die Erholung des vertraglich vorgesehenen Schiedsgutachtens in die Wege zu leiten (vgl. zum Einwand der Treuwidrigkeit bei der Verzögerung von Schiedsgutachten BGH, Urteil vom 26.10.1989 – VII ZR 75/89, Rdnr. 30). Die Klägerin könnte dadurch durch bloßes Nichthandeln die vertragliche Schiedsklausel umgehen, obwohl ihr die Erholung des Schiedsgutachtens im Gegensatz zu dem der BGH-Entscheidung vom 07.04.2000 zu Grunde liegenden Sachverhalt immer noch ohne weiteres möglich ist.
Das Landgericht war auch nicht gehalten, der Klägerin entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens zu setzen. Ob das Gericht die Klage sofort als zur Zeit unbegründet abweist oder aber zunächst der Klägerin eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens setzt, liegt im Ermessen des Gerichts (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.1988 – VIII ZR 105/87, Rdnr. 33). Für die Setzung einer Frist spricht, dass dadurch möglicherweise eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden kann. Diese mögliche Verfahrensbeschleunigung wird jedoch dadurch stark relativiert, dass gegen das Schiedsgutachten noch der Einwand der offenbaren Unrichtigkeit (§ 319 Abs. 1 S. 1 BGB) zulässig wäre, sodass gegebenenfalls im Anschluss an das Schiedsgutachten noch ein Gerichtsgutachten erholt werden müsste. Für eine sofortige Abweisung der Klage als derzeit unbegründet spricht dagegen, dass ein außerhalb des Gerichtsverfahrens erholtes Schiedsgutachten, das möglicherweise zu einem klaren Ergebnis kommt und nicht durch die Drohung der Kosten dieses Verfahrens belastet ist, möglicherweise eine größere Akzeptanz seitens der Parteien erreicht. Denn immerhin muss dann die Partei, der das Ergebnis des Schiedsgutachtens nicht konveniert, neu klagen. Vor diesem Hintergrund ist eine Ermessensausübung dahingehend, die Klage sofort abzuweisen, nicht ermessensfehlerhaft.
2. Der weitere, schon in erster Instanz gestellte Hilfsantrag der Klägerin auf Feststellung, dass bei der Erstellung der Abfindungsbilanz ein Betrag von 5.850,00 Euro (vgl. SS vom 23.10.2018 und Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.10.2018) als unselbständiger Rechnungsposten zu Gunsten der Klägerin einzustellen ist, ist zulässig und begründet.
a. Der Antrag ist zulässig, da es sich um eine Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO handelt. Denn die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die rückständige Einlage von 5.850,00 Euro in die Abfindungsbilanz einzustellen ist, ist für die Hauptsache, das heißt die Frage, ob ein von dem Beklagten auszugleichendes negatives Abfindungsguthaben von 19.441,00 Euro besteht, zumindest in Höhe des Betrages von 5.580,00 Euro vorgreiflich. Damit ist ein weiteres Feststellungsinteresse nicht mehr notwendig (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 32. Auflage, Köln 2018, Rdnr. 25 zu § 256 ZPO).
b. Der Antrag ist – wie bereits oben unter 1. dargelegt – auch begründet.
Nach alledem ist nur der Hilfsantrag der Klägerin zulässig und begründet und war das landgerichtliche Urteil entsprechend abzuändern.
Im Übrigen war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und bleibt die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Eine Abweisung der Klage nicht nur als derzeit unbegründet war im Hinblick auf § 528 S. 2 ZPO nicht möglich.
Der Ausspruch zu den Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Parteien.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Denn die hier streitgegenständliche Beschlusslage besteht gleichgelagert in einer Vielzahl von Beteiligungen an mehreren Fonds, wobei derzeit bundesweit ca. 150 Klagen rechtshängig sind.

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