Aktenzeichen 14 U 3519/18
BGB § 119, § 121, § 273, § 274, § 676, § 814, § 816 Abs. 2
Leitsatz
1. Für das Behaltendürfen einer Leistung ist nicht entscheidend, ob sie aufgrund eines Vertragsverhältnisses erfolgte, sondern ob die konkrete Zuwendung dem Leistungsempfänger nach der ihm zugrunde liegenden Rechtsbeziehung (endgültig) zusteht. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Empfänger der Leistung trägt die Beweislast dafür, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat und sich nicht über das Bestehen der Verpflichtung geirrt hat. Bei größeren arbeitsteiligen Organisationen kommt es insoweit auf die Kenntnis des Organs bzw. des zuständigen Mitarbeiters an, der die Leistung tatsächlich bewirkt bzw. verfügt. (Rn. 104) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 HKO 4268/17 2018-09-13 Urt LGAUGSBURG LG Augsburg
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 13.09.2018, Az. 1 HK O 4268/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Gründe
1. Die Klägerin macht die Rückforderung von Maklerprovisionen geltend, die nach ihrer Behauptung Anfang des Jahres 2014 rechtsgrundlos an die Beklagte ausbezahlt wurden.
Der Senat nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 72.404,54 Euro nebst 9% Zinsen über dem Basiszinssatz gerichteten Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2.8.2018 mit uneidlicher Einvernahme des Zeugen H. in der Hauptsache antragsgemäß zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 5.8.2014 stattgegeben und nur die darüber hinausgehende Zinsforderung abgewiesen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass insoweit ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB begründet sei.
Der Maklervertrag der Beklagten für die von ihr (vorübergehend) als Versicherungsmakler betreuten Unternehmen der P-D Gruppe sei nach einer Verkürzung der Kündigungsfrist auf Veranlassung der Beklagten zum 30.11.2013 beendet gewesen. Aufgrund von entsprechenden technischen Buchungsvorgängen in einer Abteilung der Klagepartei bereits im Jahr 2013 seien der Beklagten durch eine andere Abteilung der Klagepartei am 6.1.2014 noch insgesamt weitere 83.389,22 Euro Folgecourtagen für das Jahr 2014 gutgeschrieben worden, obwohl die Beklagte darauf keinen Anspruch mehr gehabt habe. Aufgrund von nachfolgenden Verrechnungen habe sich der Saldo unbestritten auf den mit der Klage geltend gemachten Betrag reduziert.
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da sie die Zahlungen an die Beklagte geleistet habe.
Für das Jahr 2014 habe es auch keinen Rechtsgrund aus dem zum 30.11.2013 beendeten Verhältnis der Beklagten mit der P-D Gruppe gegeben, der dem Bereicherungsanspruch betreffend die Zahlung vom 6.1.2014 entgegenstehen würde.
Mangels vertraglicher Beziehungen zum Auszahlungszeitpunkt könne auch keine Anweisung der P-D Gruppe angenommen werden.
Wie die Beklagte selbst ausgeführt habe, liege kein Fall des § 814 BGB vor. Aufgrund ihrer Organisationsstruktur habe eine Abteilung der Klägerin in Unkenntnis der Nichtschuld die Zahlung an die Beklagte veranlasst. Die Kenntnis der anderen für die Buchungsvorgänge zuständigen Abteilung könne insoweit der Klägerin nicht zugerechnet werden.
Die Beklagte könne die Rückzahlung auch nicht wegen Verjährung verweigern, da die regelmäßige 3-jährige Verjährungsfrist nach der Auszahlung vom 6.1.2014 durch die Klage vom 21.12.2017 rechtzeitig gehemmt worden sei.
Mit ihrer Berufung rügt die Beklagte zunächst die Verletzung materiellen Rechts.
Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass sich bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt seien, jede schematische Lösung verbiete und stets die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen seien.
Das Erstgericht habe bei seiner Urteilsfindung zu wenig oder gar nicht berücksichtigt, dass im vorliegenden Fall ein Mehrpersonenverhältnis vorliege.
Der Ende des Jahres 2013 stattgefundene Maklerwechsel bei der P-D Gruppe sollte für einen Versicherer keine allzu große Herausforderung darstellen. Ohne ausdrückliche Vereinbarung mit dem Versicherer werde die hier streitgegenständliche Folgecourtage, die regelmäßig dem tatsächlich betreuenden Makler zustehe, zwischen den Maklern grundsätzlich geteilt, wobei der Verteilungsschlüssel nirgends geregelt sei. Die Höhe des Betreuungsentgeltes könne regelmäßig erst am Ende eines Versicherungsjahres bzw. bei mehrjährigen Policen erst am Ende der Laufzeit genau bestimmt werden.
Die Besonderheit in diesem Fall liege darin, dass die Klägerin nach eigenem erstinstanzlichen Vortrag entgegen den Grundzügen ordnungsgemäßer Buchführung und in Kenntnis des im November 2013 vollzogenen Maklerwechsels am 9.12.2013 „Betreuungsprovisionen“ zugunsten der Beklagten in ihre Systeme gebucht habe, die im Kontoauszug Nr. 22 gemäß Anlage B 3 (Auszug aus Anlage K 7) zugunsten der Beklagten ausgewiesen seien, die – unerkennbar für Dritte – durch nichts belegt gewesen seien, um diese 4 Jahre später wieder zurückzufordern.
Die verschiedenen Versicherungsnehmerinnen der P-D Gruppe hätten keine Prämien gezahlt und die entsprechenden Policen würden gar nicht mehr existieren.
Nach § 239 Abs. 2 HGB gelte jedoch der Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit der ordnungsgemäßen Buchführung. „Fiktive“ Buchungen seien auch mit Blick auf § 146 Abs. 1 Satz 1 AO verboten.
Das Erstgericht habe insoweit rechtsirrig einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung bejaht.
Aus der damaligen Sicht der Beklagte habe es sich um eine Leistung, jedoch nicht der Klägerin, sondern eine mittelbare Leistung der Versicherungsnehmerin gehandelt, die die Klägerin als Zahlstelle abgewickelt habe. Die Policen seien nicht nettoisiert gewesen.
Diese Zuwendung sei nicht ohne Rechtsgrund, sondern aufgrund der Courtagevereinbarung gemäß Anlage K 1 erfolgt.
Gemäß Ziffer 4 der Courtage-Zusage sei das ausgewiesene Guthaben im Rahmen des Kontokorrents zwar nicht genau zum vereinbarten zweiwöchentlichen Auszahlungstermin am 23.12.2013 bzw. am 2.1.2014 ausgezahlt worden, sondern erst nach Fälligkeit, dennoch sei Ziffer 4 der Courtagevereinbarung die „causa“ für die Auszahlung gewesen, die auch nachträglich nicht in Wegfall gekommen sei.
„Causa“ sei nicht gewesen, ob das Maklerverhältnis der Beklagten zum Versicherungsnehmer noch bestanden habe, wie das Erstgericht aus nicht nachvollziehbaren Gründen angenommen habe.
Es handele sich bei dem Maklervertrag und der Courtagevereinbarung um unterschiedliche Rechtsbeziehungen.
Die Beklagte habe sich auf eine ordnungsgemäße, vollständige, zeitnahe und korrekte Endabrechnung der Klägerin verlassen dürfen.
Die streitgegenständlichen Buchungen seien auch nie storniert oder berichtigt worden.
Erst mit Schreiben vom 22.5.2014 gemäß Anlage B 1 und somit verspätet i.S. von § 121 BGB habe die Klägerin die Beklagte darüber in Kenntnis gesetzt, dass die „irrtümlich gutgeschriebenen Provisionsausgleiche“ wieder belastet würden.
Es habe auch kein Irrtum der Klägerin i.S. von § 119 BGB vorgelegen.
Im übrigen stünde einem Bereicherungsanspruch der Klägerin § 814 Alt. 1 BGB entgegen.
Der Maklervertrag mit dem Zweitmakler vom 7.11.2013 mitsamt der „Inkassovollmacht“ sei der Klägerin nach eigenem Vortrag seit 11.11.2013 vorgelegen und zuvor seit Monaten von der Klägerin, insbesondere ihrem Abteilungsleiter „Industrie Haftpflicht S.“, der damals Prokurist der Holding und seit 14.7.2016 auch Prokurist der Klägerin gewesen sei, Herrn M. M., „moderiert“ worden.
Dieser habe seinerzeit die Versicherungsnehmerinnen der P-D Gruppe weltweit betreut und sei mit den Buchungsvorgängen im Zusammenhang mit dem Maklerwechsel bestens vertraut.
Die Darstellung des Landgerichts, dass aufgrund ihrer Organisationsstruktur der Klägerin eine Abteilung „in Unkenntnis der Nichtschuld die Zahlung an die Beklagte“ veranlasst habe, sei in mehrfacher Hinsicht nicht korrekt.
Die Klägerin habe der Beklagten aufgrund der Buchung vom 9.12.2013 die Auszahlung der Courtage noch in 2013 geschuldet.
Die für Dritte nicht erkennbaren beleglosen „fiktiven Buchungen“ erfolgten „prima facie“ vorsätzlich in Kenntnis des Maklerwechsels.
Die Klägerin müsse sich das „überlegene“ Wissen des Prokuristen ihrer Holding zurechnen lassen. Es sei auffällig, dass spartenübergreifend die Systeme der Klägerin in Kenntnis eines Maklerwechsels und entgegen ihrer Dienstanweisung nicht gepflegt worden seien, wodurch zugleich die Maklervollmacht des Zweitmaklers, der die Prämien und Courtagen bei der Versicherungsnehmerin habe einziehen dürfen, missachtet worden sei.
Gerade mit Blick auf § 242 BGB und die Auswüchse der Finanzkrise 2008 mit all ihren Spätfolgen solle kein Anreiz für Banken und Versicherungen geschaffen werden, durch die Schaffung von Abteilungen die Kondiktionssperre des § 814 BGB umgehen zu können.
Es sei im Hinblick auf die Weisungsgebundenheit der Mitarbeiter nicht auf das Wissen der vollziehenden Abteilung abzustellen, sondern auf das Wissen der Abteilung, die die Grundlage für die Auszahlung geschaffen habe.
Dabei sei auch zu berücksichtigen, das Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber für von ihnen verursachte Schäden nach den Grundsätzen der gefahrgeneigten Arbeit regelmäßig haften würden, während leitende Angestellte ihre Risiken z.B. im Rahmen einer D& O Versicherung auslagern könnten.
§ 814 BGB sollte nicht sinnentleert werden, insbesondere sollte die Abschaffung von Kontrollmechanismen nicht belohnt werden und große Versicherer nicht gegenüber kleineren Marktteilnehmern, die korrekterweise keine „Luftnummern“ in ihr System buchten, nicht bevorteilt werden.
Die Beklagte sei nach alledem nicht ungerechtfertigt bereichert.
Außerdem sei die Forderung verjährt, da der Anspruch bereits mit seiner Buchung am 9.12.2013 – für die Beklagte sichtbar im Kontoauszug Nr. 22 vom 18.12.2013 entstanden sei. Die Buchung sei nur der „Trigger“ für die spätere Auszahlung gewesen.
Der erstinstanzlich ausgeurteilte Rückforderungsanspruch habe demgegenüber aufgrund der vorbehaltlosen Auszahlung und allenfalls verspäteten Anfechtung mangels Storno- und Berichtigungsbuchung nicht entstehen können.
Aufgrund des Zeitablaufs habe die Klägerin auch etwaige Ansprüche verwirkt.
Die Klägerin sei auch nicht aktivlegitimiert. Sofern die Klägerin „Betreuungsprovision“ (auch für 2014) dem falschen Makler (der Beklagten) gutgeschrieben und ausbezahlt habe, hätte sie an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem neuen Makler gegenüber wirksam geworden sei. Dieser habe die Auszahlung bereits konkludent nach § 185 Abs. 2 Alt. 1 BGB genehmigt und keine Ansprüche gegen die Beklagte aus § 816 Abs. 2 BGB geltend gemacht.
Die Beklagte hätte eine Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 274 BGB in Höhe der geltend gemachten Forderung gehabt. Entsprechend stehe der Klägerin ihr Anspruch nur Zug-um-Zug gegen Erteilung einer ordnungsgemäßen und korrekten Abrechnung der tatsächlichen Betreuungsprovision für die erbrachten Maklerleistungen zu, da diese – wahrheitsgemäßer Vortrag der Klägerin unterstellt – für das Jahr 2013 nicht korrekt und abschließend endabgerechnet worden sei.
Jedenfalls könne sich die Höhe der von der Beklagten im Jahr 2013 verdienten Betreuungsprovisionen nicht – was sich inzident aus dem klägerischen Vortrag ergeben würde – auf nur 18.762,59 Euro belaufen, während für das Jahr 2014 eine Gesamtbetreuungsprovision von über 80.000,00 Euro entstanden sein soll.
Ein Saldoanerkenntnis im Rahmen der Kontokorrentabrede habe es nie gegeben.
Das Landgericht sei aufgrund falscher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin einen Rückerstattungsanspruch in Höhe von 72.404,54 Euro nebst Zinsen habe.
Schon der Tatbestand sei in unzulässiger Weise gekürzt, verdreht bzw. falsch wiedergegeben worden, so sei die Beklagte nie als „Maklerin für die Klägerin und die mit ihr verbundenen Unternehmen der A. Konzern AG tätig“ geworden, sondern habe mit dieser – wie mit allen anderen Versicherungsgesellschaften auch – lediglich eine Courtagevereinbarung gemäß Anlage K 1 geschlossen. Die Beklagte stehe einzig und allein im Lager ihrer Kunden.
Die im Ersturteil nicht erwähnte Courtagevereinbarung, die nie gekündigt worden sei, sei die Rechtsgrundlage, die „causa“ für die Beziehung zwischen den Parteien.
Entgegen Ziffer 3 Satz 2 der Courtagevereinbarung und der bereits genannten gesetzlichen Vorschriften habe die Klägerin eine Buchung ohne entsprechenden Prämieneingang und Beleg als „Betreuungsprovision“ zugunsten der Beklagten gebucht und sei dadurch „vertragsbrüchig“ geworden.
Eine Rückgewährpflicht der Beklagten resultiere nicht daraus, dass den Versicherungsnehmern ihre Prämien ganz oder teilweise erstattet worden seien.
Ziffer 3 Satz 3 der Courtagevereinbarung sei nicht anzuwenden, weil die „Betreuungsprovision“ nicht bevorschusst worden sei, sondern als „bereits verdient“ gebucht worden sei.
Unerwähnt sei im Ersturteil auch, dass die Klägerin freiwillig, ohne Druck und vorbehaltlos an die Beklagte gezahlt habe, nachdem sie bereits Wochen zuvor zugunsten der Beklagten entsprechend Folgecourtagen gebucht habe.
Die Klägerin habe jedoch selbst in ihrer Klageschrift die Folgecourtage auf den „Vermittlungsanteil“ beschränkt, der nach den „Usancen der Versicherungswirtschaft“ zu teilen gewesen wäre. Die Klage sei insoweit unschlüssig gewesen.
Erst mit klägerischem Schriftsatz vom 8.5.2018 sei nur noch von der „Betreuungscourtage“ die Rede gewesen und die Erläuterung „fiktiver Buchungsvorgänge“ erfolgt, die in das Kontokorrent der Beklagten eingestellt worden seien, nämlich sowohl „in Bezug auf die Prämie und andererseits in Bezug auf die Courtage“.
Auch habe die Beklagte die Höhe der Forderung bestritten.
Trotzdem habe das Erstgericht die tabellarische Aufstellung der Klagepartei – die nach Ansicht der Beklagten nicht hätte verwendet werden dürfen – in den unstreitigen Teil des Tatbestandes übernommen.
Unerwähnt gelassen habe das Landgericht, dass es hinsichtlich der Buchung vom 9.12.2013 keine Storno- oder Berichtigungsbuchung gegeben habe bzw. die Beklagtenseite derartiges nicht kommuniziert habe.
Die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei habe den Vortrag des Rechtsgrundes der Courtagezusage gemäß Anlage K 1 nicht widerlegt und rechtsfehlerhaft auf die Rechtsbeziehung zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin abgestellt.
Die von der Klägerin vorgelegte Excel-Tabelle stelle nach eigener Darstellung der Klägerin entsprechend § 676 BGB keine ordnungsgemäße Aufzeichnung dar.
Die Beklagte habe erst nach Zustellung des Urteils Kenntnis davon erlangt, das Herr M. M. und Herr U. W. seit September 2013 Prokuristen der Klägerin und der A. Konzern AG gewesen seien.
Beide würden als Zeugen klarstellen, dass das 4-Augen-Prinzip bei der Klägerin nicht abgeschafft worden sei und dass die Buchungen der Klägerin zugunsten der Beklagten nicht nur im Wissen um den Maklerwechsel geschehen seien und keinesfalls „fiktiv“ gewesen seien.
Die Beklagte beantragt,
Unter Abänderung des am 13.9.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Augsburg – Az. 1 HK O 4268/17 – die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.
Sie weist u.a. darauf hin, dass die von der Beklagten an die P-D-Gruppe vermittelten Versicherungen Bruttoprämien enthielten und unstreitig keine Nettopolicen gewesen seien.
Dementsprechend habe aufgrund den zwischen den Parteien bestehenden Courtagevereinbarungen für Klägerin die Pflicht bestanden, an die Beklagte Courtagen zu bezahlen.
Es sei gerade nicht so gewesen, dass die Beklagte einen Anspruch auf Courtagezahlung des Versicherungsnehmers gehabt habe.
In Ziffer 4 der Courtagevereinbarung sei der Grundsatz geregelt, dass die Courtage das Schicksal der Prämie teile.
Ohne Substanz meine die Beklagte anklingen lassen zu können, dass es sich bei den streitgegenständlichen Buchungen um noch ins Verdienen gebrachte Courtagen für das Jahr 2013 gehandelt habe.
Ihre zum Ausdruck gebrachte Verwunderung, dass die ihr zustehende Betreuungsprovision für das Jahr 2013 sich auf „nur“ 19.000,00 Euro belaufen solle, habe die Beklagte ebenfalls nicht begründet, während die Klägerin substantiiert zu den jeweiligen Buchungsvorgängen und deren Fälligkeit sowie der Umstrukturierung der Versicherungsverträge der P-D Gruppe im Jahr 2014 vorgetragen habe.
Aufgrund der Tätigkeit des Nachfolgemaklers seien die Versicherungsverträge neu gefasst worden. Die neue Maklerin habe die Maklercourtage im Jahr 2014 erhalten, wobei ihr hinsichtlich der Maklerprovision Inkassobefugnis zugunsten der Klägerin erteilt worden sei.
Soweit sich die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung mit den Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung auseinandersetze, diskutiere sie stets den Buchungszeitpunkt, nicht aber den Fälligkeitszeitpunkt.
Unbestritten seien die Prämien, aufgrund derer die Courtage zugunsten der Beklagten am 6.1.2014 ausgezahlt worden sei, nicht bezahlt worden. Der Rückzahlungsanspruch resultiere deshalb aus dem Schicksalsteilungsprinzip, zumal die Beklagte im Zeitpunkt der Wertstellung des streitgegenständlichen Betrags unbestritten nicht mehr Maklerin der P-D Gruppe gewesen sei.
Das von der Beklagten konstruierte Mehrpersonenverhältnis habe nicht vorgelegen, ein Courtageanspruch habe allein zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bestanden.
Die streitgegenständlichen Buchungen seien im automatisierten Verfahren bereits seit
18.12.2013 vorschüssig ausgeführt worden, unabhängig von der Frage, ob die zum 1.1.2014 anstehenden Prämien bereits bezahlt worden seien.
Im Zeitpunkt der Wertstellung des Betrages auf dem Konto der Beklagten habe diese auch gewusst, dass sie nicht mehr für die P-D Gruppe als Maklerin tätig ist und dass ihr diese Beträge nicht zustehen.
Der weitere Vortrag der Berufung gehe angesichts der nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen erstgerichtlichen Feststellungen ins Leere. Mit der Benennung der Zeugen M. und W. erstmals im Berufungsverfahren sei die Beklagten gemäß § 531 Nr. 3 Halbsatz 2 ZPO ausgeschlossen. Im Übrigen seien diese nicht mit den streitgegenständlichen Buchungsvorgängen betraut gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.
2. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs im angefochtenen Urteil ist im Ergebnis zutreffend. Sie beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verspricht keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse und ist auch nicht wegen der Bedeutung der Rechtsverfolgung für den Berufungsführer erforderlich.
Die streitgegenständlichen Buchungen und Zahlungen erfolgten in einem vertraglichen Leistungsverhältnis zwischen den Parteien, ohne dass die Beklagte – was unstreitig sein dürfte – einen Rechtsanspruch darauf gehabt hätte.
Entscheidend ist insoweit nicht, ob die Leistung aufgrund eines Vertragsverhältnisses wie im vorliegenden Fall der möglicherweise bis heute nicht gekündigten Courtagevereinbarung gemäß Anlage K 1 erfolgte, sondern ob die konkrete Zuwendung dem Leistungsempfänger nach der ihr zugrunde liegenden Rechtsbeziehung (endgültig) zusteht (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 78. Aufl, Rn. 21 zu § 812 m.w.N.).
Dem vom Erstgericht ausgeurteilten Rückforderungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB stehen weder § 814 BGB noch die Verjährungseinrede entgegen.
1. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall – auch nach Ansicht der Berufungsführerin – die Courtage-Vereinbarung vom 25.11.2005/6.12.2005, an der mehrere Gesellschaften des A.-Konzerns, darunter auch die Klägerin, beteiligt waren bzw. sind, und in die die Beklagte unstreitig gemäß Anlagen K 2 und 3 im Jahr 2011 anstelle des Einzelkaufmanns und ursprünglichen Vertragspartners V. S. (gemäß Anlage K 2 ab 2008 unter seiner Firma B2B I. B. + R. M. Consult e.K.) eingetreten ist.
In dieser Courtage-Zusage wurde der Vertragspartner der Versicherungen eingangs ausdrücklich als Makler bezeichnet.
Vorgesehen ist in Ziffer 1 dieses Vertrags sowohl der in einer (hier nicht vorliegenden) Courtage-Tabelle geregelte Courtageanspruch des Maklers gegen die Versicherungsgesellschaft für die Vermittlung eines Versicherungsvertrags an oder für eine der Konzerngesellschaften (1. Satz) als auch die im jeweiligen Einzelfall zu vereinbarende Courtage für einen zwar nicht vom Makler vermittelten, aber im Auftrag des Versicherungsnehmers betreuten Versicherungsvertrag (2. Satz).
Insoweit ist es nicht fehlerhaft, dass das Erstgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes ausgeführt hat, dass die Beklagte als Maklerin für die Klägerin und die mit ihr verbundenen Unternehmen der A. Konzern AG tätig war.
Als Voraussetzung für einen Courtage-Anspruch der Beklagtenpartei gegen die Klägerin ist im ersten Fall ausdrücklich genannt, dass (“solange“) der Makler den entsprechende Versicherungsnehmer nach wie vor betreut. Für den zweiten geregelten Courtageanspruch ist entsprechendes aus dem ersten Wort des Satzes „Betreut“ zu entnehmen.
Nach Ziffer 3 Satz 2 der Courtagezusage ist eine bevorschusste Courtage zurückzubezahlen, soweit der Beitrag, für den Courtage bezahlt wurde, nicht oder nur teilweise gezahlt wurde.
Nach Ziffer 4 der Vereinbarung gemäß Anlage K 1 sollten die wechselseitigen Forderungen zwischen einer Versicherungsgesellschaft und der Beklagtenpartei auf einem Verrechnungskonto erfasst werden und ein sich bei den 14-tägigen Saldierungen ergebendes Guthaben an die Beklagtenpartei ausbezahlt werden.
2. Unbestritten hat die Beklagte aufgrund eines Maklerwechsels die Unternehmen der P-D Gruppe nach dem Jahr 2013 nicht mehr betreut.
Daraus folgt aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien, dass der Beklagten aus den für das Jahr 2014 zu entrichtenden Prämien kein Courtageanspruch zustand.
Unstreitig hat die Klagepartei nach Umstrukturierungen der Verträge der P-D Gruppe im Jahr 2014 Courtagen an den Nachfolgemakler bezahlt.
3. Gemäß Ziffer 3. der Vereinbarung gemäß Anlage K 1 richtet sich die Fälligkeit der Courtage nach der Prämienzahlung durch den Versicherungsnehmer, wobei es sich nach dem unbestrittenen Klagevortrag bei den zugrunde liegenden Versicherungsverträgen der P-D Gruppe jeweils um Bruttopolicen handelt, bei denen die von der Klagepartei – und nicht vom Versicherungsnehmer – zugesagten Courtagen in die Prämien eingepreist waren.
Klagegegenständlich sind nach dem Vortrag der Klagepartei in ihrer tabellarischen Darstellung ausschließlich Versicherungsprämien, die zum 1.1.2014 fällig waren.
Wie auf S. 11 der Klage erläutert wurde, wurden die daraus resultierenden Courtagen der Beklagten (Spalte Haben) überwiegend entsprechend der letzten Spalte in der Tabelle der Klageschrift und (Anlagen K 7) in den Kontoauszügen Nr. 22 vom 18.12.2013, Nr. 23 vom 30.12.2013 dargestellt bzw. gutgeschrieben und gemäß den Kontoauszügen Nr. 3 vom 31.1.2014, Nr. 4 vom 19.2.2014, Nr. 6 vom 16.4.2014, Nr. 8 vom 28.5.2014, Nr. 10 vom 17.7.2014 wieder belastet (Spalte Soll), wobei sich die Summe der dargestellten streitgegenständlichen Gutschriften und korrespondierenden Rückbelastungen auf insgesamt 83.389,22 Euro beläuft, die Klageforderung aufgrund von weiteren Gutschriften bis November 2017 jedoch nur in Höhe des sich aus dem Saldo des Kontoauszugs Nr. 6 vom 28.11.2017 ergebenden Betrags erhoben.
Aus dem Auszug Nr. 22 des Verdienstkontos für die Beklagte vom 18.12.2013 gemäß Anlagen K 7 und B 1 (Berufungsverfahren) ergibt sich ein Anfangssaldo von 0,00 Euro und aufgrund einer Stornierung (Einzelnachweise zum Kontoauszug) ein neuer Negativsaldo von 88,59 Euro, während die außerdem beigefügten, am 18.12.2013 erstellten Umsätze mit Umsatzsummen in Höhe von insgesamt 83.352,32 Euro ausweislich der Überschrift dem Kontoauszug Nr. 1/2014 und dem Geschäftsjahr 2014 zugeordnet sind und bei dem ausgewiesenen neuen Saldo zum 18.12.2013 gerade nicht berücksichtigt sind.
Insoweit bestätigt die Darstellung in dem Kontoauszug die Aussage des Zeugen H. im erstinstanzlichen Termin vom 2.8.2018 (Protokoll Bl. 85/92 d.A.), dass es sich um eine vorgezogene automatische Buchung bzw. Bearbeitung aufgrund der vorgezogenen Erstellung der Prämienrechnungen für den Versicherungsnehmer am 9.12.2013 handelte.
Der Auszug des Verdienstkontos Nr. 23 vom 30.12.2013 beginnt mit einem Saldovortrag von – 88.59 Euro und weist nach Gutschriften in Höhe von 2.891,59 Euro und einer maschinellen Überweisung bzw. Auszahlung an die Beklagtenpartei in Höhe von 2.799,66 Euro einen neuen Saldo in Höhe von 3,34 Euro aus.
Erst in dem Kontoauszug Nr. 1 vom 6.1.2014 sind die am 18.12.2013 erfassten Umsätze in Höhe von insgesamt 83.352,32 Euro als Gutschrift erfasst und zusammen mit dem vorbestehenden Guthaben in Höhe von insgesamt 83.355,66 Euro zur Auszahlung durch maschinelle Überweisung gelangt.
Beginnend mit dem Kontoauszug Nr. 3 aus dem Jahr 2014 wurden insbesondere die im Kontoauszug vom 18.12.2013 erfassten bzw. im Kontoauszug vom 30.12.2013 gutgeschriebenen Courtagen sowie nachfolgend weitere kleinere Buchungen dem Verdienstkonto der Beklagtenpartei wieder belastet.
Rückforderungsansprüche entsprechend dem jeweils aktuellen Saldo wurden von Seiten der Klagepartei mit Schreiben vom 22.5.2014 gemäß Anlage B 1 und vom 21.7.2014 gemäß Anlage K 8 sowie mit Schreiben vom 8.12.2016 (aus Anlage K 9) gegen die Beklagtenpartei geltend gemacht.
Die Beklagtenpartei hat zwar erstinstanzlich die Darstellung der Klageforderung in Form einer Excel-Tabelle und Vorlage sämtlicher Auszüge des Verdienstkontos der Beklagtenpartei zwischen dem 18.12.2013 und dem 28.11.2017 inhaltlich in Frage gestellt, aber nicht ausreichend substantiiert bestritten.
Soweit die Beklagte erklärt hat, dass sie sich aufgrund des Datenschutzes und ihrer Verschwiegenheitspflicht den Versicherungsnehmern gegenüber nicht bzw. nicht adäquat verteidigen könne, ist dies nicht nachvollziehbar, nachdem sich die das 14 U 3519/18 – Seite 11 – Versicherungsverhältnis identifizierenden Daten und Versicherungsprämien bereits aus den von der Klagepartei vorgelegten Kontoauszügen ergeben und die Beklagte bereits dadurch in der Lage gewesen sein müsste, sich im Einzelnen zu erklären.
4. Der Rückforderungsanspruch der Klagepartei ist nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen.
Die Beklagte trifft als Empfänger der Leistung die Beweislast dafür, dass der Leistende die Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat und sich nicht über das Bestehen der Verpflichtung geirrt hat. Bei größeren arbeitsteiligen Organisationen kommt es insoweit nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Kenntnis des Organs bzw. des zuständigen Mitarbeiters an, der die Leistung tatsächlich bewirkt bzw. verfügt (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 78. Aufl., Rn. 7, 10 zu § 814 m.w.N.).
Insoweit ist das Erstgericht aufgrund der Aussage des Zeugen H. zum Ergebnis gelangt, dass der Maklerwechsel in einer bestimmten Abteilung der Klagepartei bearbeitet wird, was bis zur Erstellung der Prämienrechnungen am 9.12.2013 mit der Folge der automatischen Courtagebuchungen noch nicht erfolgt gewesen sei.
Der Zeuge erklärte außerdem – nach unangegriffener Beweiswürdigung des Erstgerichts glaubhaft -, dass es aufgrund der Vielzahl der involvierten Makler mehrere Sachbearbeiter gebe, die einerseits für die Übertragung des Maklermandats, andererseits für die übrige Bearbeitung der Maklerangelegenheiten zuständig seien.
Aufgrund von Überschneidungen sei es zur Überweisung des Geldes gekommen.
Eine Veranlassung der Zahlung an die Beklagtenpartei durch den zuständigen Mitarbeiter in Kenntnis der Nichtschuld ist unter diesen Umständen nicht bewiesen.
Soweit die Beklagte erstmals im Berufungsverfahren die Zeugen M. und W. zum Beweis dafür angeboten hat, dass die Buchungen der Klägerin zugunsten der Beklagten im Wissen um den Maklerwechsel geschehen seien, fehlt es zum einen am Vortrag ausreichend konkreter und aussagekräftiger Beweistatsachen. Zum anderen liegt keine ausreichende Entschuldigung i.s. von § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO vor.
Schließlich ist die Anwendung von § 814 BGB ausgeschlossen, wenn der Schuldner – wie im vorliegenden Fall – erkennbar versehentlich leistet (vgl. Sprau, a.a.O., Rn. 5 a.E. zu § 814 m.w.N.).
Die Klageforderung ist nicht verjährt, da zum einen der Großteil der streitgegenständlichen Forderung erst im Jahr 2014 gutgebucht wurde und das Erstgericht hinsichtlich der Anspruchsentstehung zutreffend auf das Auszahlungsdatum abgestellt hat.
Auch eine Verwirkung kommt im Hinblick auf die Belastungsbuchungen und den oben genannten nachfolgenden Schriftverkehr mangels Schaffung bzw. Aufrechterhaltung eines Vertrauenstatbestandes nicht in Betracht (vgl. Grüneberg in Palandt, a.a.O., Rn. 95 zu § 242 m.w.N.).
5. Ein soweit ersichtlich erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf eine „ordnungsgemäße“ Endabrechnung für 2013 ist nicht ersichtlich.
Die Parteien haben ein Verrechnungsverhältnis mit 14-tägiger Saldierung und Auszahlung bei einem Guthaben der Beklagten vereinbart.
Eine Rechtsgrundlage für die von der Beklagten gewünschte Jahresabrechnung ist nicht erkennbar.
Der Berufungsführer kann sich zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zustellung äußern.
Dabei sollte aus Kostengründen (Ermäßigung der Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0) auch eine Rücknahme der Berufung geprüft werden.