Europarecht

Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Frankreich

Aktenzeichen  W 10 S 18.50501

Datum:
15.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 38265
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Nr. 2, § 34a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 75 Abs. 1
Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2
EMRK Art. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Frankreich verfügt über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein funktionsfähiges, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, das im Normalfall gewährleisten kann, dass Asylbewerber nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen müssen (SächsOVG BeckRS 2016, 47435). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer von der Antragsgegnerin angeordneten Dublin – Überstellung nach Frankreich.
1. Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige und dem Volk der Ibo zugehörig. Sie reisten eigenen Angaben zufolge am 28. August 2018 in das Bundesgebiet ein und stellten am 11. September 2018 beim Bundesamt für … (im Folgenden: Bundesamt) Asylanträge.
Nach den Erkenntnissen des Bundesamtes lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) vor. Am 19. September 2018 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Frankreich. Die französischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 22. Oktober 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 2018, den Antragstellern zugestellt am 26. Oktober 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Frankreich an (Ziffer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 9 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Frankreich aufgrund der ausgestellten Visa gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zuständig sei. Sollten die Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten haben, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit der Asylanträge nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach Erkenntnissen des Bundesamts nicht vor. Die Antragstellerin zu 1) habe nicht substantiiert darlegen können, inwiefern ihr durch die Überstellung nach Frankreich eine individuelle, konkrete und erhebliche Gefahr drohe. Sie könne sich auch in Frankreich jederzeit an staatliche Behörden, insbesondere an die Polizei, wenden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Frankreich führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorläge, da die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt seien. Ebenso fehlten Gründe für eine Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 4 EU-Grundrechtecharta vorläge. Weiterhin bestünden in Frankreich keine systemischen Mängel, welche die Sicherheitsvermutung widerlegen würden. Es gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die französischen Strafverfolgungsbehörden nicht schutzwillig oder schutzfähig seien. Die dortigen Aufnahmeeinrichtungen entsprächen internationalen Standards, ein Zugang zum Asylverfahren, zu medizinischer Versorgung sowie juristischer Unterstützung sei gewährleistet. Es stehe einem Asylsuchenden nicht frei, sich das Niederlassungsland während des Asylverfahrens anhand eigener Vorstellungen auszuwählen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheides vom 23. Oktober 2018 Bezug genommen.
2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 31. Oktober 2018 Klage (W 10 K 18.50500) und beantragten zugleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt die Antragstellerin zu 1) aus, sie werde von Mitgliedern des Cultes „Eye Fraternity“, in dem ihr Mann früher Mitglied gewesen sei, bedroht. Die Cult-Mitglieder hätten ihren Mann umbringen wollen, da dieser mit dem Cult nichts mehr zu tun haben wolle. Ihr Mann habe sich versteckt. Die Antragstellerin zu 1) sei von den Cult-Mitgliedern aber daheim gefunden, geschlagen und vergewaltigt worden. Sie und ihre Kinder seien mit dem Tod bedroht worden. Sie sei daraufhin von Nigeria nach Frankreich geflüchtet. Sie könne mit ihren Kindern aber nicht zurück nach Frankreich, da sowohl ihr Mann als auch der Cult wisse, dass sie dort gewesen sei und aufgespürt werden könne. In Deutschland fühle sie sich dagegen sicher.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Akten des Klageverfahrens W 10 K 18.50500 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung nach Frankreich ist zulässig, insbesondere statthaft. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs anordnen. Eine Klage gegen die Abschiebungsanordnung entfaltet von Gesetzes wegen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag wurde auch innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt.
2. Der Antrag ist allerdings unbegründet. Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung auf Grund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragsteller und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragsteller. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller aus. Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit der Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids keine Zweifel. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragsteller an der Aussetzung der Vollziehung.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerin zu 1) in der Antragsbegründung führt zu keiner anderen Bewertung.
a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Absatz 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Asylanträge sind nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG unzulässig, da Frankreich aufgrund der erteilten Visa gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO zuständig ist.
Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO regelt die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats, der dem betreffenden Antragsteller ein Visum erteilt hat, das seit weniger als sechs Monaten abgelaufen ist, solange der betreffende Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat. Bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben war, in dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat. Ausweislich der Behördenakten hatte die französische Botschaft in Nigeria den Antragstellern am 27. Juli 2018 über den Gültigkeitszeitraum vom 27. Juli 2018 bis 10. September 2018 Schengenvisa erteilt. Die erstmalige Asylantragstellung erfolgte am 11. September 2018 in Deutschland. Da die Visa zu diesem Zeitpunkt erst seit einem Tag abgelaufen waren, hat Frankreich zutreffend mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erklärt.
b) Die Überstellung nach Frankreich ist auch nicht rechtlich unmöglich. Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem zu überstellenden Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU – Grundrechtecharta mit sich bringen. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO basiert auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das in Art. 4 der EU – Grundrechtecharta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung ist und aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 der EU – Grundrechtecharta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch in Dublin – Verfahren vollumfänglich beachtet werden muss (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417; U.v. 5.4.2016 – C-404/15, C-659/15 – NJW 2016, 1709 Rn. 85, 86; U.v. 16.2.2017 – C-578/16 – NVwZ 2017, 691 Rn. 59).
Das gemeinsame Europäische Asylsystem fußt auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll von 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 – NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Hierbei handelt es sich zwar um eine widerlegliche Vermutung. Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaats mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris Rn. 41).
Entsprechend vorstehender Ausführungen geht das Gericht nach dem aktuellen Erkenntnisstand und im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht davon aus, dass das Asylverfahren in Frankreich unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 der EU – Grundrechtecharta gewährleisteten Rechte führen. Diesbezüglich gibt es weder Anhaltspunkte noch wurde Abweichendes von den Antragstellern vorgetragen.
Frankreich ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne der Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat sind nicht ersichtlich. Es ist davon auszugehen, dass das Asylrecht in Frankreich internationalen und europäischen Standards entspricht. Das Gericht teilt die Einschätzung zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte, dass Frankreich über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein funktionsfähiges, richtlinienkonformes Asyl – und Aufnahmeverfahren verfügt, das im Normalfall gewährleisten kann, dass Asylbewerber nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen müssen (vgl. VG Augsburg, B.v. 25.6.2018 – Au 6 S 18.50604 – juris Rn. 30; B.v. 15.5.2018 – Au 5 K 17.50557 – juris Rn. 31; VG München, U.v. 24.11.2015 – M 12 K 15.50786 – juris Rn. 36 ff.; B.v. 30.12.2015 – M 12 S 15.50773 – juris Rn. 25 ff.; B.v. 29.7.2016 – M 1 S 16.50357 – juris Rn. 15; VG Saarlouis, B.v. 4.1.2018 – 5 L 2332/17 – juris Rn. 26 ff.; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.12.2014 – 6a L 1815/14.A – juris Rn. 10; VG Bayreuth, U.v. 18. 12. 2014 – B 3 K 14.50103 – juris Rn. 23; SächsOVG, B.v. 10.5.2016 – 5 A 380/15.A – juris Rn. 13). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Annahme systemischer Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend der obigen Ausführungen an hohe Anforderungen geknüpft ist. Weder der UNHCR noch namhafte sachverständige Institutionen oder Nicht-Regierungsorganisationen haben eine Empfehlung dahingehend ausgesprochen, Asylbewerber aufgrund der dort herrschenden Bedingungen nicht nach Frankreich zu überstellen.
Weiterhin liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten.
c) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Fall der Antragsteller inlands- und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Soweit die Antragstellerin zu 1) im Rahmen der Antragsbegründung vorträgt, sie fühle sich in Deutschland am sichersten und wolle daher in keinen anderen Staat, führt das Bundesamt zutreffend aus, dass es Asylsuchenden nicht freistehen kann, das Niederlassungsland während des Asylverfahrens anhand eigener Vorstellungen auszuwählen (vgl. Seite 5 der Bescheidausfertigung).
Auch die Todesdrohungen durch die Gruppierung „Eye Fraternity“ und die Behauptung der Antragsteller, durch diese Gruppe in Frankreich aufgefunden zu werden, begründen kein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dem betroffenen Ausländer muss mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den bezeichneten Rechtsgütern drohen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – NVwZ 2012, 454 Rn. 20). Vorliegend fehlt es an einer konkreten und individuellen Gefahr für die Antragsteller. Die Antragsteller können sich in Bedrohungssituationen an die französischen Sicherheitsbehörden wenden. Es ist mangels abweichender Anhaltspunkte nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller durch die französische Polizei nicht ausreichend Unterstützung und Schutz erhalten würden.
Die Abschiebung der Antragsteller nach Frankreich ist somit sowohl tatsächlich möglich als auch rechtlich zulässig.
3. Da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragsteller an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung. Der Antrag war daher abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

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