Aktenzeichen RO 9 K 16.33416
Leitsatz
Die Behandlung sowohl einer PTBS als auch einer schweren depressiven Störung ist in Georgien möglich. Die Behandlung ist jedenfalls bei festgestellter Auto- oder Heteroaggressivität kostenfrei. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klage, über die gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung (für die Beklagte s. Allgemeine Prozesserklärung vom 25.2.2016) entschieden werden konnte, hat keinen Erfolg. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Gründe des in dieser Sache ergangenen Eilbeschlusses vom 10. Januar 2017 Bezug genommen. Das Sachvorbringen aus dem Schriftsatz vom 2. Februar 2017 veranlasst keine anderweitige Bewertung der Sach- und Rechtslage:
1. Offen bleiben kann, ob die vorgelegten Atteste des Bezirksklinkums … vom 10. Januar 2017 den Anforderungen der Rechtsprechung an die Substantiierung eines Sachvortrags für das Vorliegen psychischer Erkrankungen überhaupt genügen. So wird der Behandlungsbedarf für den Kläger zu 1. zwar behauptet, ohne allerdings auch nur ansatzweise zu beschreiben, welche Art von Behandlung (Therapie, Medikamente?) konkret erforderlich sein soll, zumal der Kläger zu 1. ausweislich des ihn betreffenden Attests bislang nicht psychiatrisch vorbehandelt ist. Ebenso wenig erschließt sich die Aussage, dass bei einer Abschiebung die Gefahr einer erheblichen Verschlechterung des psychischen Zustands, unter Umständen mit lebensbedrohlichen Folgen bestehe, da noch kurz zuvor festgestellt wird, es bestehe gerade keine akute Suizidalität. Zudem wird dabei außer Acht gelassen, dass eine Abschiebung mit entsprechenden begleitenden Sicherungsmaßnahmen erfolgen kann. Ebenso apodiktisch wird fehlende Reisefähigkeit attestiert, ohne dies allerdings in irgendeiner Weise nachvollziehbar zu plausibilisieren. Entsprechendes gilt für das die Klägerin zu 2. betreffende Attest. Dieses verliert sich gleichermaßen in Spekulationen über mögliche Krankheitsverläufe, ohne aber überhaupt einen Behandlungsbedarf konkret aufzuzeigen und zu benennen und auch hier nicht zu berücksichtigen, dass entsprechende medizinische Versorgung in Georgien vorhanden ist sowie der Abschiebevorgang ggf. begleitet erfolgen kann.
Denn die geltend gemachten psychischen Erkrankungen sind nach der Erkenntnislage in Georgien behandelbar. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Sigmaringen vom 19. Juli 2012 ist etwa die Behandlung sowohl einer PTBS als auch einer schweren depressiven Störung in Georgien möglich. Darüber hinaus ist auf die IOM-Auskunft vom 22. Mai 2014 hinzuweisen. Dort wird ausgeführt, dass eine psychisch kranke, in einer entsprechenden Einrichtung lebende Person, welche im Zuge der Rückkehr von medizinischem Personal begleitet werden und an einen direkten Ansprechpartner in einer geeigneten Einrichtung für psychisch Kranke überstellt werden muss, stationär im Zentrum für psychische Gesundheit und Vorbeugung gegen Abhängigkeit in Tiflis untergebracht werden kann. Bei entsprechender Voranmeldung könne auch ein Krankentransport organisiert werden.
Wie bereits oben angesprochen, ist ein Behandlungsbedarf zwar behauptet, allerdings nicht konkret aufgezeigt. Gleichwohl ist zu bemerken, dass sich bezüglich notwendiger Medikamente aus dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. November 2016 ergibt, dass Medikamente weitestgehend importiert werden, zumeist aus der Türkei, Russland, aber auch Deutschland. Viele der in Deutschland erhältlichen Medikamente seien daher auch in Georgien verfügbar. In finanzieller Hinsicht ist etwa dem IOM-Länderbericht vom Dezember 2015 (S. 1 f.) zu entnehmen, dass Georgien ein staatlich finanziertes allgemeines Gesundheitssystem bietet, welches u.a. stationäre und ambulante Behandlungen vollständig deckt. Auch nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Sigmaringen vom 19. Juli 2012 wird die Behandlung sowohl einer PTBS als auch einer schweren depressiven Störung jedenfalls bei festgestellter Auto- oder Heteroaggressivität kostenfrei gewährleistet; diese Voraussetzung wäre hier zumindest beim Kläger zu 1. nach dem vorgetragenen Sachverhalt (angebliche Suizidalität, jedenfalls lebensmüde Gedanken) erfüllt.
2. Im Übrigen ist das Bundesamt bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten beschränkt, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig; zu letzterem Bereich gehören auch das hier geltend gemachte inlandsbezogene Vollstreckungshindernis „Reiseunfähigkeit“ (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2015 – 15 ZB 15.30038 – juris unter Verweis auf BVerwG, B.v. 10.10.2012 – 10 B 39/12 – juris Rn. 4; s. auch BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; BayVGH, B.v. 18.8.2010 – 2 ZB 08.30031 – juris unter Verweis auf BVerfG, B.v. 13.11.1998 – 2 BvR 140/97 – juris und BVerwG, U.v. 11.11.1997 – 9 C 13/96 – juris).
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.