Baurecht

Einfügen eines Bauvorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung

Aktenzeichen  M 8 K 16.2239

Datum:
23.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 108924
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34

 

Leitsatz

Stoßen zwei einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit im Hinblick auf Art und Maß der baulichen Nutzung sowie überbauten Grundfläche sehr deutlich verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander, so sind diese beidseitig andersartigen Siedlungsstrukturen nicht als miteinander verzahnt anzusehen, so dass zwischen ihnen die Grenze der näheren Umgebung verläuft. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da der Klägerin kein Anspruch auf die Erteilung des beantragten Vorbescheids hinsichtlich der streitgegenständlichen Fragen 2, 3 und 4 zusteht (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
2. Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und sich andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U. v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19 m. w. N.). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ BIelenberg/ Krautzberger, BauGB, 122. EL August 2016, § 34 Rn. 45). Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander stoßen (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2). Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist dabei nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 10.6.1991 – BVerwG 4 B 88.91 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 143). Umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2). Dies gilt insbesondere in entsprechend differenzierten städtebaulichen Strukturen, etwa in Wohngebieten vor allem bei kleinteiliger Bebauung, oder wenn städtebauliche Strukturen stark wechseln (vgl. Söfker, in: Ernst/ Zinkahn/ BIelenberg/ Krautzberger, BauGB, 122. EL August 2016, § 34 Rn. 45).
Die nähere Umgebung ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B. v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U. v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B. v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m. w. N.).
3. Nach diesen Grundsätzen sind die Gebäude …straße 211 (Fl.Nr. …) sowie …str. 1 – 3 (Fl.Nr. …) nicht mehr der prägenden Umgebung des Vorhabengrundstücks …straße 6 – 8, Fl.Nrn. … und … zuzuordnen.
3.1 Zwar ist der Klagepartei zuzugeben, dass allein die Zugehörigkeit des Gebäudes …straße 211 zu dem Gebiet eines – qualifizierten – Bebauungsplans nicht dessen prägende Wirkung auf die benachbarte, nicht zum Plangebiet gehörende Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ausschließt (vgl. BVerwG, B. v. 24.11.2009 – 4 B 1/09 – juris; B. v. 10.7.2000 – 4 B 39/00 – juris; U. v. 31.10.1975 – IV C 16.73 – juris). Das Grundstück Fl.Nr. … mit dem Gebäude …straße 211 grenzt auch unmittelbar an das streitgegenständliche Vorhabengrundstück an. Dies führt vorliegend jedoch nicht dazu, dass das Gebäude …straße 211 zur näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zu rechnen ist.
Die Bebauung an der …straße und hier insbesondere das Gebäude …straße 211 lässt eine Bebauungsstruktur erkennen, die sich deutlich von derjenigen des Bereichs unterscheidet, in den das Vorhabengrundstück eingebettet ist.
Das Gebäude …straße 211 unterscheidet sich sowohl in der Art als auch im Maß der baulichen Nutzung von dem nördlich davon liegenden Gebiet. Es wird nach dem Ergebnis des Augenscheins gewerblich genutzt und weist drei bzw. vier Geschosse auf. Die nördlich gelegene Bebauung entlang der …straße besteht hingegen aus kleinen Wohnhäusern mit in der Regel lediglich zwei Geschossen. Auch im Hinblick auf die bebaute Grundfläche unterscheidet es sich ganz erheblich. Das Gebäude …straße 211 hat eine bebaute Grundfläche von sichtlich über 1000 m², während die Wohnhäuser entlang der …straße typischerweise deutlich weniger als 100 m² bebaute Grundfläche haben.
Damit zeigt das Gebäude …straße 211 das Erscheinungsbild eines Gebäudekomplexes, der sich mit einer Höhenentwicklung von drei bzw. vier Geschossen im Osten merklich von den kleinteiligen zweigeschossigen Wohngebäuden entlang der …straße absetzt und keinerlei Entsprechung in dem nördlich davon befindlichen Bereichen findet, in denen auch das Vorhabengrundstück liegt. Das gilt sowohl hinsichtlich seiner Ausdehnung, seiner Länge und seiner Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Dazu kommt, dass sich die straßenbegleitende Bebauungsstruktur entlang der …straße in diesem Bereich sichtlich von der dahinter anschließenden kleinteiligen Bebauung im nördlichen rückwärtigen Bereich abhebt. Die kleinteilige Bebauung entlang der schmalen, nur 12 m breiten …straße, die lediglich über zwei Fahrspuren und keinerlei Parkstreifen bzw. in Teilbereichen über maximal einen Parkstreifen verfügt, unterscheidet sich klar von den Gebäudekomplexen entlang der dreimal so breiten …straße, die im streitgegenständlichen Bereich 36 m breit ist und über vier Fahrspuren sowie einen Grünstreifen in der Straßenmitte und zusätzlich auch noch über zwei Parkstreifen verfügt. Diese andere Bebauungsstruktur entlang der …straße setzt sich in dem östlich gelegenen Gebäudeblock …straße 215 sowie in dem augenscheinlich ebenfalls überwiegend gewerblich genutzten viergeschossig Gebäudekomplex auf der gegenüberliegenden Straßenseite, …straße 200 (Fl.Nr. …) fort.
3.2 Auch der Gebäudeblock auf den Grundstücken Fl.Nrn. … und … (…straße 1 – 3) gehört nicht zu dem Bebauungszusammenhang im Inneren des Gevierts. Dieser Wohnblock setzt vielmehr die erkennbar größer dimensionierte Bauweise entlang der …straße fort und entspricht in seinen Abmessungen ebenfalls nicht der kleinteiligen Bebauung in nördlicher Richtung, sondern dem benachbarten Anwesen …straße 211. Die bebaute Grundfläche des Gesamtbaukörpers beträgt hier etwa 575 m², während in dem Bereich nördlich davon die Überschreitung der Grenze von 100 m² nur bei Doppelhäusern vorkommt. Dieses Gebäude ist – trotz der Bezeichnung …straße 1 – 3 – tatsächlich mit seiner Vorderseite auf einer Breite von insgesamt rund 46 m zur …straße hin orientiert und wendet der …straße nur im Bereich der Einmündung in die …straße die seitliche Giebelwand mit einer Tiefe von etwa 12,5 m zu. Damit bildet dieser Häuserblock eine Fortsetzung der straßenbegleitenden Riegelbebauung entlang der …straße, die sich von der nördlich gelegenen Bebauung mit kleinen Wohnhäusern erkennbar in ihrem Erscheinungsbild unterscheidet. Damit ist hier ein durchgehender und einheitlicher Strukturschnitt gegeben, da sich die Gebäude entlang der Nordseite der …straße klar von der nördlich davon befindlichen kleinteiligen Bebauung entlang der …straße absetzen und so eine deutliche Grenze zwischen den verschieden strukturierten Bereichen erkennbar ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 – 4 B 7.03 – juris Rn. 2).
Ebenso zählt der in Richtung Osten anschließende Baukörper an der …straße nicht mehr zur prägenden näheren Umgebung des Vorhabens. Der dort befindliche Gebaudekomplex …str. 11 unterscheidet sich in seinen Abmessungen noch deutlicher von der kleinteiligen Bebauung entlang der …straße, da er noch größer ist als das Gebäude …straße 211 und darüber hinaus von dem Bereich, in den das Vorhabengrundstück eingebettet ist, durch eine festgesetzte Grünfläche abgesetzt ist.
Als maßgebliche nähere Umgebung hinsichtlich des streitgegenständlichen Maßes der baulichen Nutzung kommt damit vorliegend der Bereich entlang der Ostseite der …straße in Betracht, der durch eine sehr homogene und gleichartige Bebauungsstruktur geprägt wird. Bei den kleinen Wohngebäuden auf der Ostseite der …straße handelt es sich um einheitliche, zweigeschossige Wohnhäuser mit Flachdach, die jeweils durch eine gleichförmige Garage miteinander verbunden sind. Dadurch entsteht eine einheitliche, homogene Baustruktur, die sich jedenfalls sichtlich von den überwiegend gewerblich genutzten Gebäudekomplexen entlang der …straße sowie von dem Wohnblock …straße 11 abgrenzt. In wieweit die freistehenden Wohnhäuser entlang der Westseite der …straße trotz der äußerst homogen gestalteten Bebauungsstruktur auf der Ostseite der …straße ebenfalls zur maßgeblichen Umgebung gehören, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, da sich das geplante Vorhaben auch unter Heranziehung dieser Gebäude hinsichtlich der streitgegenständlichen Fragen 2 – 4 nicht in die nähere Umgebung einfügt.
4. Nach der danach im vorliegenden Fall prägenden näheren Umgebung hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine positive Beantwortung ihrer Vorbescheidsfragen 2, 3 und 4 (hinsichtlich einer Wandhöhe von 9,50 m).
Es findet sich in der nach den genannten Grundsätzen bestimmten näheren Umgebung kein Objekt, das eine vergleichbare Kubatur aufweist.
4.1 Die Frage 2 kann nicht positiv beantwortet werden, da kein Gebäude in der maßgeblichen näheren Umgebung – zumal bei einer niedrigeren Höhenentwicklung als der abgefragten (vgl. BVerwG, U.v.8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20), die aus der geplanten Gebäudebreite und Gebäudetiefe resultierende Grundfläche aufweist.
Bei den Gebäuden an der Ostseite der …straße handelt es sich bis in einer Entfernung von etwa 200 m nach Norden hin um Einzelgebäude von jeweils etwa 8 m Breite und etwa 10 m Tiefe, mithin mit einer Grundfläche von ca. 80 m², die von leicht zurückversetzten Nebengebäuden (Garagen) miteinander verbunden werden. Die beiden Gebäude …straße 38 und 40 weisen zwar eine geringfügig größere Tiefe auf als die übrigen Wohnhäuser auf der östlichen Straßenseite (vgl. Niederschrift des Augenscheins S. 3). Aber auch diese Tiefe von maximal 12,5 m liegt weit unterhalb der abgefragten Gebäudetiefe von 15,99 m und kann daher nicht als Bezugsfall dienen, zumal die Gesamtgrundfläche der beiden Gebäude mit ca. 179 m² merklich unterhalb der geplanten Grundfläche des streitgegenständlichen Gebäudekomplexes von ca. 300 m² liegt.
Bei den Gebäuden auf der Westseite der …straße bis zum …weg handelt es sich in der Mehrzahl um freistehende Einzelgebäude mit einer Breite und Tiefe von maximal 12 m, so dass auf der westlichen Straßenseite der …straße die maximale Grundflächen bei 149 m² liegt.
Damit existiert in einem Bereich von 200 m Entfernung kein Gebäude entlang der …straße, das in seiner Breiten- und Tiefenentwicklung, sowie der daraus resultierenden Grundfläche vergleichbar wäre.
Hinzu kommt, dass der geplante Gebäudekomplex deutlich tiefer in den rückwärtigen Grundstücksbereich hineinragt, als die übrigen Gebäude entlang der östlichen …straße. Durch die einheitliche Bestandsbebauung an der Ostseite der …straße liegt eine faktische rückwärtige Baugrenze vor, die durch das Vorhabengebäude um knapp 1/3 überschritten wird, da das Vorhabengebäude knapp 6 m tiefer in den rückwärtigen Grundstücksbereich hineinragt (vgl. Grundstücksfläche, die überbaut werden soll i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB).
Dies führt im Ergebnis auch zu einer deutlich stärkeren baulichen Ausnutzung der Vorhabengrundstücke, hinsichtlich des Verhältnisses des Gebäudes zur umliegenden Freifläche. Mit dem geplanten Vorhaben soll eine nach außen deutlich erkennbare höhere Bebauungsdichte realisiert werden als dies auf den Grundstücken in der näheren Umgebung der Fall ist. Dies gilt selbst dann, wenn man die Grundstücke Fl.Nrn. … und … (…str. 1 – 3) berücksichtigen würde, die aufgrund ihrer andersartigen Bebauungsstruktur entlang der …straße nicht mehr zur prägenden Umgebung gehören. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in erster Linie auf solche Maßfaktoren abzustellen, die nach außen hin wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bauweise zusätzlich auch das Verhältnis zur umgebenden Freifläche prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2013 – 4 B 49/12 – und B.v. 3.4.2014 – 4 B 12/14 – juris; BVerwG, U. v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20). Danach gehört im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB zum Tatbestandsmerkmal des „Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung“ bei offener Bebauung auch das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche zu den Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, B.v. 14.3.2013 – 4 B 49/12 – juris; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12/14 – juris Rn. 3 m.w.N.; BVerwG, U. v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20; VG München, in ständiger Rechtsprechung 8. Kammer, U.v. 28.9.2015 – M 8 K 14.3006 – juris Rn. 23; v. 11.4.2016 – M 8 K 15.1603 -; v. 18.4.2016 – M 8 K 15.1531 – alle juris). Ob diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch hier auf die vorliegende Bauweise entlang der östlichen …straße zur Anwendung kommt, kann dahinstehen, da sich das abgefragte Bauvorhaben jedenfalls – wie vorstehend ausgeführt – hinsichtlich seiner Grundfläche und aufgrund der vorhanden faktischen rückwärtigen Baugrenze auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die maßgebliche nähere Umgebung einfügt, so dass schon allein aus diesen Gründen eine positive Beantwortung der streitgegenständlichen Frage 2 nicht in Betracht kommt.
4.2 Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine positive Beantwortung der Frage 3.
Nach der vorgelegten Schnitt- und Ansichtsdarstellung erscheint das Vorhaben mit zwei Vollgeschossen und einem Terrassengeschoss als ein dreigeschossiges Gebäude. Das ist sowohl auf der Schnittdarstellung wie auch auf den Ansichten deutlich zu erkennen. Ein dreigeschossiger Baukörper findet sich in der näheren Umgebung jedoch nicht. Nach dem Ergebnis des Augenscheins wie nach dem amtlichen Lageplan sind die Gebäude in der maßgeblichen näheren Umgebung zweigeschossig. Die Häuser der Baureihe …straße 6 bis 26 verfügen dabei über Flachdächer. Auf der Westseite der …straße finden sich Satteldächer mit ausgebauten Dachgeschossen, so bei den Gebäuden …straße 7, 7a, 9, 9a und …straße 17, 38 und 40. Selbst der an der …straße liegende Wohnblock …straße 1 – 3 ist lediglich zweigeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss unter dem Satteldach. Ein Gebäude mit dreigeschossigem Erscheinungsbild findet sich in der maßgeblichen näheren Umgebung hingegen nicht (vgl. Niederschrift des Augenscheins S. 2 bis 4).
4.3 Auch die Ablehnung der Frage 4 hinsichtlich der Zulässigkeit einer Wandhöhe von 9,50 m im dreigeschossigen Bereich erweist sich daher als rechtmäßig.
Die Wandhöhe von 9,50 m ergibt sich daraus, dass das von der Klägerin geplante Terrassengeschoss tatsächlich über die gesamte Breite des Baukörpers als Vollgeschoss ausgestaltet sein soll. Da sich jedoch wie ausgeführt in der näheren Umgebung kein dreigeschossiger Baukörper findet, ist auch die Wandhöhe von 9,50 m, die sich aus dem dreigeschossigen Erscheinungsbild des Vorhabens ergibt, ohne Vorbild und steht damit in Widerspruch zu dem Gebot des Einfügens nach § 34 BauGB.
Damit fügt sich das von der Klägerin dargestellte Vorhaben hinsichtlich der streitgegenständlichen Fragen 2 – 4 nicht in die nähere Umgebung ein und ist planungsrechtlich nicht zulässig, so dass die Klägerin insoweit keinen Anspruch auf den beantragten Vorbescheid hat.
4.4 Angesichts dessen kann dahin stehen, ob das abgefragte Vorhaben auch gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, an das hier wegen der vorliegenden Bauweise möglicherweise sogar gesteigerte Anforderungen zu stellen sind, im Hinblick auf das unmittelbar angrenzende Gebäude …str. 10, Fl.Nr. … verstößt. Für diese Frage ist es jedenfalls ohne Belang, dass das betroffene Grundstück Fl.Nr. … (…straße 10) im Eigentum derselben Person steht wie die beiden Vorhabengrundstücke, denn das Gebot der Rücksichtnahme ist nicht eigentümer-, sondern grundstücksbezogen.
5. Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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