Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Ausgleichszulage nach Beendigung der zivilrechtlichen Nutzungsberechtigung

Aktenzeichen  13a ZB 15.1753

Datum:
23.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 101019
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EG) Nr. 1698/2005 Art. 36 lit. a ii, Art. 37
BGB § 596 Abs. 1

 

Leitsatz

Voraussetzung für die Gewährung einer Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten ist das Bestehen einer zivilrechtlichen Nutzungsberechtigung (ebenso VGH München BeckRS 2013, 52535). Der Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichszulage entfällt dementsprechend mit dem Wirksamwerden der Kündigung eines Pachtvertrags. Hieran ändert auch die dem Pächter durch § 596 Abs. 1 BGB auferlegte nachvertragliche Pflicht zur weiteren ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nichts. Das Gleiche gilt für den Fall der Vereinbarung einer über das Ende des Pachtvertrags hinaus wirkenden Räumungsfrist. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 7 K 14.1515 2015-06-18 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 832,82 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Juni 2015 (Az. RN 7 K 14.1515) ist abzulehnen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO nicht vorliegen.
An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese lägen vor, wenn das Zulassungsvorbringen einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz oder eine insoweit erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage stellen würde, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergäbe (BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546; B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642).
Der Kläger wendet sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, er habe für bestimmte Flächen keinen Anspruch auf Gewährung einer Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ) nach Art. 36 a) ii) i. V. m. Art. 37 VO (EG) Nr. 1698/2005 für das Jahr 2012. Entgegen dessen Auffassung sei er anspruchsberechtigt gewesen. Zwar sei sein Pachtvertrag mit Kündigung zum 30. September 2011 beendet worden. Die nach der Rechtsprechung des Gerichts für eine Förderung zudem erforderliche zivilrechtliche Nutzungsberechtigung habe aber auch im Jahre 2012 vorgelegen. § 596 Abs. 1 BGB weise für die Zeit zwischen Beendigung des Pachtverhältnisses und tatsächlicher Rückgabe die Bewirtschaftung eindeutig dem Pächter zu. Dieser dürfe also in dieser Zeit die Fläche nicht unbewirtschaftet lassen. Damit unterscheide sich die vorliegende Konstellation eines ausgelaufenen Pachtvertrags von Fällen verbotener Eigenmacht bzw. willkürlicher Bewirtschaftung. Im Übrigen wäre hier ein zivilrechtliches Nutzungsrecht auch aufgrund der Einräumung der Herausgabefrist bis 30. September 2013 durch den im zivilrechtlichen Räumungsverfahren geschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 12. August 2013 gegeben.
Diese Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach ein Nutzungsrecht Voraussetzung für die Gewährung einer Ausgleichszulage (und auch einer Betriebsprämie) ist, entspricht – wie auch vom Kläger gesehen – der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Nach dieser kommt es nicht allein auf die tatsächliche Nutzung der Flächen an, sondern ist zudem eine zivilrechtliche Nutzungsberechtigung erforderlich (BayVGH, U. v. 16.4.2013 – 21 B 12.1307 – juris; B. v. 30.1.2012 – 21 ZB 11.223 – juris; s. auch SächsOVG, U. v. 27.8.2015 – 1 A 506/13 – juris). Diese hatte der Kläger für das Jahr 2012 nach Kündigung seines Pachtvertrages aber nicht mehr. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 596 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Pächter verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht. Die Pflicht zur Rückgabe entsteht jedoch unmittelbar nach Beendigung des Landpachtvertrags (Schuhmacher in Düsing/Martinez, Agrarrecht, 2016, § 596 BGB Rn. 8). Hierauf bezieht sich zunächst die Verpflichtung zur Rückgabe in dem entsprechenden Zustand. Dem Pächter wird allerdings auch für die Zeit zwischen der Beendigung des Pachtvertrages und einer verspäteten Rückgabe als nachvertragliche Pflicht aufgegeben, die Flächen ordnungsgemäß weiter zu bewirtschaften (Schuhmacher, a. a. O., Rn. 6). Damit soll sichergestellt werden, dass die Pachtsache sich nicht deshalb verschlechtert, weil sie nicht rechtzeitig zurückgegeben wird. Ein Nutzungsrecht ist damit nicht verbunden. Ausdrücklich regelt § 597 BGB dann die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Pflicht zur rechtzeitigen Rückgabe.
Ein zivilrechtliches Nutzungsrecht ergibt sich auch nicht aufgrund des vor dem Amtsgericht R. am 12. August 2013 geschlossenen Vergleichs (Az. 10 XV 5/13), wonach der Kläger das landwirtschaftliche Anwesen geräumt herausgibt, ihm aber eine Räumungsfrist bis 30. September 2013 eingeräumt wird. Unabhängig von der Frage, ob förderrechtliche Bestimmungen der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegen können, gewährt diese Frist dem Kläger lediglich einen Aufschub und verpflichtet ihn zugleich, diese Frist für die Räumung zu nutzen. Ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Amtsgerichts R. vom 12. August 2013 war die Räumungsklage offenkundig begründet; es bestand ein Räumungsanspruch gegen den Kläger dieses Verfahrens.
Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Vielmehr ist geklärt, dass es für die Ausgleichszulage auch auf die zivilrechtliche Nutzungsberechtigung ankommt, deren Fehlen nicht durch die tatsächliche Bewirtschaftung geheilt wird (BayVGH, U. v. 16.4.2013 a. a. O.; B. v. 30.1.2012 a. a. O.; vgl. auch VG Minden, U. v. 22.1.2014 – 11 K 652/13 – juris). Uneinheitlichkeiten der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur sind nicht ersichtlich.
Ebenso wenig kommt der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO im Hinblick auf die Frage zu, ob und inwieweit die Rechtsprechung des Senats zur einschränkenden Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen einschlägig ist. Zum einen ist geklärt, dass ein zivilrechtliches Nutzungsrecht zwingende Voraussetzung für die Bewilligung einer Ausgleichszulage ist. Inwieweit dies bei anderen Konstellationen ebenfalls der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen