Verwaltungsrecht

Kein subsidiärer Schutz und kein Abschiebungsverbot für jungen Mann aus Somalia

Aktenzeichen  Au 2 K 16.31590

Datum:
24.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1

 

Leitsatz

Werden die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG verneint, so scheidet regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte zu dem Termin nicht erschienen ist. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Ausbleibens eines Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne, § 102 Abs. 2 VwGO. Die Parteien sind form- und fristgerecht geladen worden.
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. August 2016 ist, soweit er vom Kläger angegriffen wurde, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes, noch auf Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO).
1. Der Kläger hat nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes – AsylG –) keinen Anspruch auf die begehrte Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG.
Subsidiären Schutz kann nur beanspruchen, wem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht.
a) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger in Somalia die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe drohen könnte (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), liegen nicht vor. Die Gefahr einer im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung besteht nicht.
Zwar hat der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung geschildert, dass er von Al-Shabaab wegen des Verkaufs von Pornofilmen in einem Videoladen zum Tode verurteilt und der Besitzer des Ladens erschossen worden sei. Allerdings hat das Gericht aus vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid dargelegten Gründen generelle Zweifel an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens (siehe hierzu S. 5 des Bescheids). Der Vortrag in der mündlichen Verhandlung ist nicht geeignet, diese Bedenken zu entkräften.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss auch in Asylstreitigkeiten das Gericht die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.71989 – 9 B 239/89 – juris Rn. 3).
Dabei ist es Sache des Asylbewerbers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei verständiger Würdigung ergibt, dass ihm in seinem Heimatstaat politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, so schildert, dass der behauptete Asylanspruch davon lückenlos getragen wird. Das Gericht muss beurteilen, ob eine solche Aussage des Asylbewerbers glaubhaft ist. Dies gehört zum Wesen der richterlichen Rechtsfindung, vor allem der freien Beweiswürdigung. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts sind u. a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Asylbewerbers zu berücksichtigen (BVerwG, B.v. 3.8.1990 – 9 B 45.90 – juris Rn. 2; B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 – juris Rn. 8; B.v. 21.7.1989 – 9 B 239.89 – juris Rn. 3 f.).
In Anwendung dieser Grundsätze entspricht der Vortrag des Klägers nicht den Anforderungen an die Glaubhaftmachung des behaupteten drohenden ernsthaften Schadens wegen Vollstreckung einer verhängten Todesstrafe. Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum der Kläger einen so wesentlichen Sachverhalt – wie seine Verurteilung zum Tode – erst in der mündlichen Verhandlung erwähnt. Die Nachfragen des Gerichts zu den unterschiedlichen Angaben hinsichtlich der zeitlichen Abläufe beantwortete der Kläger ebenfalls nur ausweichend und versuchte Unstimmigkeiten pauschal mit seiner allgemeinen schlechten geistigen Verfassung zu erklären. Andere Ungereimtheiten schob er auf eine ungenügende Übersetzung. Dies überzeugt schon deswegen nicht, weil eine abschnittsweise und konsekutive Rückübersetzung erfolgte. Der Kläger zeigt damit nicht schlüssig auf, weshalb ihm diese angeblichen Fehler bei der Rückübersetzung der Niederschrift nicht aufgefallen sein sollten und weshalb er in den Befragungen verschiedene Sachverhalte berichtet hat. Neben diesen Abweichungen ist entscheidend festzuhalten, dass der klägerische Vortrag kontinuierlich gesteigert wurde. Damit hat er die in seine eigene Sphäre fallende Ereignisse nicht in einer Weise geschildert, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch bzw. Anspruch auf subsidiären Schutzstatus lückenlos zu tragen (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 11 ZB 16.30012 – juris Rn. 24).
b) Aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG kann der Kläger ebenfalls keinen drohenden ernsthaften Schaden infolge eines innerstaatlichen Konflikts für sich ableiten. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die Schutzgewährung greift auch dann ein, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt nur auf einen Teil des Staatsgebietes erstreckt (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – BVerwGE 131, 198). Besteht ein bewaffneter Konflikt mit einem solchen Gefahrengrad nicht landesweit, ist bzgl. der anzustellenden Gefahrenprognose auf den Zielort der Abschiebung abzustellen. Dabei kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer seinem subjektiven Blickwinkel nach strebt. Vielmehr ist in der Regel auf die Herkunftsregion des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehren wird. Ein Abweichen von dieser Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ihm Schutz gewähren soll (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12. – juris; B.v. 14.11.2012 – 10 B 22.12 – juris; zur Frage der „tatsächlichen Zielregion“ BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris Rn. 23; OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 13 A 2010/12.A – juris).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) anzunehmen ist (BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – BVerwGE 131, 198; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris; B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris). Danach genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris). Allerdings kann sich eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erfüllen (BVerwG, U.v. 24.6.2008– 10 C 43.07 – BVerwGE 131, 198). Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Kläger von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen – z.B. als Arzt oder Journalist – gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Kläger als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Gefahrerhöhende individuelle Umstände dieser Art liegen beim Kläger als ehemaligen Hilfsarbeiter unter Zugrundelegung obiger Ausführungen ersichtlich nicht vor. Soweit der Kläger als gefahrerhöhenden Umstand darauf abstellt, von Al-Shabaab zwangsrekrutiert und für sieben Tage festgehalten worden zu sein, konnte er nicht schlüssig darlegen, warum sich auch nach nunmehr über vierjähriger Abwesenheit Al-Shabaab weiterhin gerade für seine Person interessieren sollte, zumal sich der Kläger im Anschluss an die angebliche Gefangennahme noch über ein Jahr unbehelligt in seiner Heimatregion aufhalten konnte.
Fehlen individuelle gefahrerhöhende Umstände bzw. konnte der Kläger diese – wie vorliegend – nicht glaubhaft darlegen, so kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris). Erforderlich ist insoweit ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris). Für die individuelle Betroffenheit von der Gefahr bedarf es Feststellungen zur Gefahrendichte für die Zivilbevölkerung in dem fraglichen Gebiet, die jedenfalls auch eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, zu umfassen hat, sowie einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris; U.v. 13.2.2014, a.a.O.; NdsOVG, U.v. 7.9.2015 – 9 LB 98/13 – juris). Allerdings sieht das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls ein Risiko von 1:800 (0,125%), in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris).
Gemessen an diesen Kriterien besteht für den Kläger bezogen auf seine Herkunftsregion in Somalia keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Dabei kann offen bleiben, ob in der Herkunftsregion noch ein innerstaatlicher Konflikt vorliegt, denn es fehlt an der erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben bei einer Rückkehr dorthin. Die erforderliche Gefahrendichte ist in * nach der Befreiung der Stadt von Al-Shabaab am 25. Mai 2012 nicht mehr gegeben. Die Al-Shabaab übernahm bis Ende 2010 die Kontrolle in weiten Teilen Süd- und Zentralsomalias. Seither unterstützen Truppen der AMISOM aus Uganda und Burundi die somalische Übergangsregierung. Im August 2011 zog sich die Al-Shabaab aus Mogadischu zurück – der letzte von der Al-Shabaab gehaltene Distrikt Daynile wurde im Mai 2012 befreit – und kam auch in anderen Landesteilen unter Druck. In der ersten Jahreshälfte 2012 verlor die Al-Shabaab die Kontrolle in mehreren Städten im Süden des Landes, u.a. Badhaadhe, Afmadow, Afgooye (VG Braunschweig, U.v. 3.12.2015 – 5 A 43/15 – juris Rn. 23). Im Zuge der im März 2014 begonnenen „Operation Eagle“ und der nachfolgenden „Operation Indian Ocean“ ab September 2014 ist es der SNA und AMISOM bis Oktober 2014 gelungen, weitere Städte zu befreien und 80% des somalischen Staatsgebiets unter Kontrolle zu bringen (VG Aachen, U.v. 13.4.2015 – 7 K 711/14.A – juris; VG Stade, U.v. 5.10.2015 – 3 A 3658/13 – juris Rn. 37). Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung in Somalia, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte.
Die Heimatstadt des Klägers wurde in der ersten Jahreshälfte 2012 (25.5.2012) von Al-Shabaab befreit. AMISOM und SNA operieren in der Stadt und bekämpfen in der Region aktiv Al-Shabaab (EASO, Country of Origin Information Report, Somalia Security Situation, Februar 2016, S. 48 f.). Generell wird die Region (* / *) als Brutstätte („hotbed“) Al-Shabaabs bezeichnet, da dort mehrere Anschläge verübt worden sind. So wird von Anschlägen auf den Markt von * im Oktober 2015 mit Opfern sowohl unter Soldaten als auch Zivilisten berichtet. Im Juni 2015 ist die Polizeistation angegriffen worden. Andere Orte und Städte in der Provinz sind von Al-Shabaab zeitweise wieder eingenommen worden. Daneben gibt es noch Clan-Konflikte (EASO, Country of Origin Information Report, Somalia Security Situation, Februar 2016, S. 48). Al-Shabaab ist in der Region auch deswegen so aktiv, weil es dort über zahlreiche Sympathisanten verfügt.
Auf dieser Grundlage erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, für die Heimatregion des Klägers weiterhin vom Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts auszugehen. Der erreichte Zustand kann nahezu allen Berichten zufolge allenfalls als fragil bezeichnet (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Somalia: Sicherheitssituation in Mogadischu, Stand: 25.10.2013, m.w.N.; EASO, Country of Origin Information report: South and Central Somalia – Country Overview, Stand: August 2014, jeweils abrufbar im Internet) und nur durch den Einsatz ausländischer und internationaler Truppen aufrechterhalten werden. Al-Shabaab hat auf die durch das offensive Vorgehen von SNA und AMISOM bewirkten erheblichen Territorialverluste mit einem Wechsel in der Strategie reagiert. Sie präferiert nunmehr eine asymmetrische Kriegführung, die insbesondere gezielte Attentate, den Einsatz von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (sog. IED – Improvised Explosive Device) und überfallartige Angriffe (hit and run) umfasst (VG Aachen, U.v. 13.4.2015, a.a.O.; U.v. 9.11.2015 – 7 K 53/15.A – juris Rn. 68).
Zur aktuellen Sicherheitslage betreffend das Jahr 2016 in * kann ergänzend auch auf die Berichte etwa in frei zugänglichen Medien (bspw. www.*.com) zurückgegriffen werden, wonach zwar von immer wieder vorkommenden bewaffneten Auseinandersetzungen mit Al-Shabaab in der Region um und in * berichtet wird, jedoch die weit überwiegende Anzahl der Opfer unter den Angehörigen der Sicherheitskräfte zu beklagen ist. Vorwiegendes Ziel der Attacken sind nach übereinstimmenden Berichten Militäreinrichtungen und Polizeistationen (siehe auch www.garoweonline.com vom 16.2.2016; www.allafrica.com vom 14.9.2016). In Auswertung dieser Erkenntnislage und in Relation zur Gesamtbevölkerung in * von knapp 80.000 Einwohnern bzw. 135.000 Einwohnern im Bezirk * (http://haltenraum.com/article/afgooye) ist nicht festzustellen, dass praktisch jede Zivilperson bei Rückkehr allein aufgrund ihrer Anwesenheit in der Provinz * einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Der Kläger zählt als ehemaliger Hilfsarbeiter ersichtlich zu keiner Risikogruppe. Al-Shabaab sieht zwar Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an. Da sie in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von zurückkehrenden Personen, auch Binnenvertriebene, ergibt sich daraus aber nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung (BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris Rn. 25).
In wertender Gesamtbetrachtung aller Gesichtspunkte der dortigen Sicherheitslage kommt das Gericht daher zu dem Ergebnis, dass in * keine so hohe Gefahrendichte willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung besteht, dass jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region jederzeit mit einer nicht mehr zu vernachlässigenden Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Über das allgemeine Risiko hinausgehende, persönliche gefahrerhöhende Merkmale konnte der Kläger – wie oben ausgeführt – nicht zur Überzeugung des Gerichts dartun.
2. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG scheidet aus, weil eine hier allein näher in Betracht zu ziehende Verletzung von Art. 3 EMRK nicht ersichtlich ist. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich weitgehend identisch mit dem Schutzbereich des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Damit scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG regelmäßig – so auch hier – aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 36).
Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt sich für den Kläger nicht angesichts der allgemeinen schlechten Versorgungslage in Somalia. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Insofern folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und sieht dementsprechend von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Familie des Klägers weiterhin in Somalia lebt. Neben seiner Mutter und seinem Bruder lebt auch seine Großfamilie in seiner Heimatregion. Auch wenn der Kläger seit seiner Ausreise nunmehr über vier Jahre nicht mehr in seiner Heimat gewesen ist und er mit den dortigen aktuellen Verhältnissen nicht mehr so vertraut sein dürfte, ist davon auszugehen, dass er sich auch in seiner Heimat wieder zurecht finden wird, nachdem er in den vergangenen Jahren vielfältige Lebenserfahrungen in unterschiedlichen Ländern gesammelt hat. Jedenfalls dürfte er auch angesichts der kritischen Lebensbedingungen in Somalia aufgrund seines familiären Hintergrundes weder alsbald der Existenzvernichtung noch schwersten Gesundheitsschäden ausgesetzt sein. Der Kläger hat weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass er im Falle einer Rückkehr von der Unterstützung durch seine Familie ausgeschlossen sein sollte. Auch war er in der Lage, nicht unerhebliche finanzielle Mittel für seine Ausreise aufzubringen.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus 83b AsylG.


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