Verwaltungsrecht

Gerichtliche Überprüfung von Prüferbewertungen und Prüfungsentscheidungen

Aktenzeichen  M 3 K 13.2899

Datum:
22.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2605
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RaPO § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1
GG Art 12. Abs. 1, Art 19. Abs. 4

 

Leitsatz

1. Bei der gerichtlichen Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern verbleibt diesen bei ihren Wertungen ein Entscheidungsspielraum, durch den die gerichtliche Kontrolle eingeschränkt wird. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Prüfungsnoten können nicht isoliert gesehen werden, sondern sind in einem Bezugssystem zu finden, das durch die persönlichen Erfahrungen und fachlichen Vorstellungen der Prüfer bestimmt wird. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, insoweit eigene Bewertungskriterien aufzustellen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aufgrund der Grundrechte aus Art 12. Abs. 1 und Art 19. Abs. 4 GG ist eine Prüferbewertung und Prüfungsentscheidung allerdings gerichtlich daraufhin zu kontrollieren, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbaren Erwägungen leiten lassen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im sog. Überdenkungsverfahren hängt der konkrete Inhalt des Anspruchs des Prüflings, dass die Prüfer ihre Bewertung seiner schriftlichen (wie mündlichen) Prüfungsleistungen begründen, davon ab, wie er ihn spezifiziert, insbesondere sein Verlangen nach (mündlicher oder) schriftlicher Angabe der Gründe rechtzeitig und sachlich vertretbar darlegt; lediglich pauschale Kritik an der Notengebung ist nicht geeignet, aus dem allgemeinen Informationsrecht des Prüflings einen konkreten Begründungsanspruch entstehen zu lassen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen das endgültige Nichtbestehen der Bachelorprüfung in seinem Studiengang.
Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2010/2011 bei der Beklagten im Bachelorstudiengang Landschaftsarchitektur. Mit Bescheid der Beklagten vom 20. August 2012 wurde dem Kläger mitgeteilt, er habe in der 2. Wiederholungsprüfung im (Teil-) Modul 251081060 LA Vermessung und Geoinformation im Sommersemester 2012 die Note „nicht ausreichend“ erzielt und damit die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden. Er werde daher mit Ablauf des 30. September 2012 exmatrikuliert. Diese Modulprüfung hatte der Kläger bereits zuvor im Wintersemester 2010/2011 (Bescheid vom 24. Februar 2011) und in der 1. Wiederholungsprüfung im Sommersemester 2011 (Bescheid vom 18. August 2011) nicht bestanden.
Den dagegen von den Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 3. September 2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung von Stellungnahmen der beiden Prüfer mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2013, zugestellt am 4. Juni 2013, zurück.
Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 2. Juli 2013, eingegangen am 3. Juli 2013, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 20. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die zweite Wiederholungsprüfung des Klägers im Modul „Vermessung und Geoinformation“ im Sommersemester 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten.
Des Weiteren wurde beantragt,
dem Kläger unter Beiordnung seines Bevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bewertung sei fehlerhaft, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergebe:
I.
Prüfung Vermessung:
1.3: Die Definition von „Liegenschaftskataster“ lasse sich in der gleichen Formulierung, wie sie der Kläger verwendet habe, in unzähligen Fundstellen im Internet so nachlesen. Der Punkt müsse ihm daher gegeben werden.
1.5.1: Die Antwort des Klägers „Einwohnermeldeamt“ müsse als richtig gewertet werden. Die Fragestellung sei insoweit unklar, da der neue Nachbar bereits bei der Gemeinde gemeldet sein könnte. Die klägerische Antwort sei insoweit noch als vertretbar zu bewerten.
4.1: Hier sei die Korrektur unklar. Es ergebe sich hieraus nicht, weshalb der Kläger lediglich fünf statt der zu erreichenden 15 Punkte erhalten habe.
4.2: Befestigungsschrauben seien lediglich ein anderer Ausdruck für Fußschrauben, so dass hier ein weiterer halber Punkt zugesprochen werden müsse.
4.4: Das leichte Schütteln sei eine ebenso einfache Möglichkeit, um die ordnungsgemäße Funktion des Bauteils festzustellen. Dies sei dem Kläger stets im Rahmen seines Praktikums so erläutert worden. Insoweit sei die Antwort des Klägers auch richtig gewesen, da sie sich an den Vorgehensweisen in der Praxis orientiere.
5.1: Es sei nicht ersichtlich, warum für die Ausführung des Querprofils ein Punktabzug von zwei Punkten vorgenommen worden sei. Dies sei nicht angemessen.
6.1: Bei dem Wort „Ortigonales“ handle es sich lediglich um einen geringfügigen und offenkundigen Schreibfehler. Der zu vergebende eine Punkt hätte gegeben werden müssen.
II.
Prüfung „Graphische Datenverarbeitung“:
2. a: Offenbar sei hier ein halber Punkt abgezogen aufgrund des fehlenden = Zeichens. Da dieses in der Musterlösung jedoch ebenfalls nicht angeführt sei, dürfe auch in der Arbeit des Klägers kein Abzug vorgenommen werden.
3. b: Auch hier entspreche die Lösung des Klägers der Musterlösung. Ein Punktabzug bzw. eine Nichtvergabe von Punkten sei daher nicht möglich.
5. a: Beide Begriffe seien richtig erläutert worden, die Nichtvergabe von Punkten sei daher nicht zulässig.
5. c: Die Fragestellung sei unklar. Es sei nicht eindeutig, ob die Begriffe Bemaßung und/oder Schraffur zu erläutern seien.
Aus alledem ergebe sich, dass der Kläger aufgrund einer ermessensfehlerhaften Bewertung seiner Arbeit mehr Einzelpunkte erreicht habe als die tatsächlich vergebenen 71,5 Punkte. Eine Mindestpunktzahl von 80 Punkten würde vom Kläger bei rechtmäßiger, ermessensfehlerfreier Bewertung erreicht werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Bewertung der Prüfungsleistung des Klägers im Modul „Vermessung und Geoinformation“ sei rechtmäßig und unter Beachtung der allgemein gültigen Bewertungsgrundsätze erfolgt.
Frage 1.3:
Grundsätzlich gelte, dass nicht alle Formulierungen, die im Internet zu finden seien, auch korrekt seien. Die Frage sei nicht gewesen, aus welchen Teilen das Liegenschaftskataster bestehe, sondern was man darunter verstehe. Der Begriff der Katasterkartei sei nicht korrekt, diesen gebe es nicht; das Liegenschaftsbuch sei ein Teil des Liegenschaftskatasters. Es werde ein halber Punkt für diese Antwort zusätzlich gewährt.
Frage 1.5.1:
Wäre der Nachbar dort schon gemeldet, so wäre er bereits dort wohnhaft. Dann hätte Herr Meier aber kein Problem, er bräuchte bei seinem neuen Nachbarn lediglich klingeln und nicht nach anderen Möglichkeiten suchen.
In der Vorlesung sei mehrfach erläutert worden, dass diese personenbezogenen Daten lediglich beim Grundbuchamt bzw. beim Vermessungsamt originär geführt würden. Eine Zuordnung zwischen Flurstück und Eigentümer werde am Einwohnermeldeamt nicht geführt. Damit sei diese Antwort nicht richtig und nicht gewertet worden. Zudem sei der Eigentümer nicht unbedingt auch der gemeldete Einwohner.
Frage 4.1:
In dieser Aufgabe seien lediglich die Zahlen in der Spalte Δh = r – v richtig berechnet (-1,551, -2,104, + 0,052 und -1,762), die jeweils mit einem Punkt in die Wertung eingingen, erkennbar an dem roten Haken: In der Musterlösung seien diese Zahlen in grüner Farbe dargestellt und mit dem Wort alternativ versehen. Die alternativ zu berechnenden Zahlen seien die Zahlen 3,128 und 6,783 sowie die Zahlen 2,228 und 3,938, die in roter Farbe dargestellt seien. Die beiden weiteren Zahlen in dieser Spalte seien mit je einem halben Punkt bewertet worden (erkennbar an dem roten, halb durchgestrichenen Haken). Hier wäre das Ergebnis 369,47 bzw. 368,51 mit jeweils dem ganzen Punkt versehen gewesen. Damit sei die halbe Punktzahl für diese Berechnung vergeben worden. Alle übrigen Berechnungen seien nicht nachvollziehbar und falsch. Daher habe hierauf keine Bewertung erfolgen können.
Frage 4.2:
Der Einwand sei nicht richtig. Die Fußschrauben dienten in keiner Weise der Befestigung des Gerätes am Stativ, sondern der Justierung des Gerätes in die Horizontale. Dieser halbe Punkt sei gerechtfertigt abgezogen worden.
Frage 4.4:
Das Schütteln sei eine nicht fachgerechte Handhabung des Gerätes. Gerade durch Schütteln bestünde Gefahr, dass das Bauteil K, der Kompensator, Schaden nehme, da er an das Gehäuse des Nivelliergeräts schlage, wodurch ein Geräusch verursacht werde. Daher sei die Aussage, dass „bei Geräusch defekt“ gerade nicht richtig. Der Kompensator müsse frei schwingen und mache daher auch beim leichten Schütteln ein hörbares Geräusch. Die gegebene Antwort dokumentiere eine unsachgemäße Behandlung eines Präzisionsgerätes, die Schlussfolgerung sei ebenfalls falsch. Daher sei keine Wertung dieser Antwort erfolgt.
Frage 5.1:
Die Ausführung der Zeichnung sei unpräzise, um nicht zu sagen schlampig. Es fehlten die senkrechten Linien zwischen dem Bezugshorizont und den Geländepunkten, die zu einem Querprofil dazugehörten. Hierfür sei ein Punkt abgezogen worden (Ausführung). Bei einem solchen Querprofil werde die Geländeoberfläche durch die ausgewählten, gemessenen Punkte repräsentiert. Diese würden durch gerade, exakte Linien miteinander verbunden. Dies sei hier nicht der Fall, eine unruhige Freihandlinie verbinde die Geländepunkte. Hierfür sei ein weiterer Punkt bei der Ausführung abgezogen worden. Zudem müssten die Geländepunkte exakt senkrecht über den entsprechenden Maßzahlen dargestellt werden. Dies sei insbesondere beim Profilpunkt 4 mit der Höhe 19,7 (m) nicht der Fall. Auch hier sei die Zeichnung unpräzise. Es sei jedoch kein weiterer Punkt hierfür abgezogen worden. Der Abzug des dritten Punktes resultiere aus dem Fehlen des Profilpunktes 7 mit der Höhe von 18,2 (m).
Frage 6.1:
Bei dem korrekten Begriff der „Orthogonal“ handele es sich um einen feststehenden Fachausdruck, der den Studierenden bereits aus dem Mathematikunterricht in den Schulen bekannt sein sollte. Der Lösungsvorschlag des Prüflings laute nicht „Ortigonales“, sondern „Ortigenals“ (das e vor dem s fehle zudem). Damit sei der Einwand, es handle sich nur um einen geringfügigen Schreibfehler, nicht gerechtfertigt, der Fachbegriff sei nicht mehr erkennbar und habe mit der korrekten Antwort „Orthogonales (Messverfahren)“ keine erkennbare Gemeinsamkeit mehr. Daher sei keine Bewertung erfolgt.
Prüfungsteil Graphische Datenverarbeitung:
Frage 2a:
Korrekterweise müsste in der Musterlösung das Gleichheitszeichen mit angegeben sein, da dieses zur syntaktisch korrekten Eingabe dazugehöre. Aufgrund dieses kleinen Fehlers in der Musterlösung sei die Antwort des Klägers zwar nicht richtig, der abgezogene halbe Punkt werde aber zugestanden.
Frage 3b:
Die Antwort des Klägers entspreche keineswegs der Musterlösung. Die Aufgabe habe darin bestanden, zunächst einmal die 3 in der vorgelegten Tabelle enthaltenen Entitätstypen richtig zu identifizieren. Dies wären Personen (mit den Attributen Personal-Nr. und Name), Kurse (mit den Attributen Kurs-Nr. und Kurstitel) sowie Kursbesuche (mit dem Attribut Kursdatum sowie den als Fremdschlüssel eingebundenen Attributen Kurs-Nr. und Personal-Nr.).
Für jeden korrekt erkannten Entitätstyp (einschließlich der dazugehörigen Attribute) werde ein Punkt vergeben. Des Weiteren habe die Aufgabe darin bestanden, die beiden Beziehungen zwischen diesen Entitätstypen korrekt zu benennen (siehe Musterlösung). Richtig erkannt worden sei vom Kläger der Entitätstyp „Personen“ mit den zugehörigen Attributen. Dafür sei 1 Punkt vergeben worden. Nur teilweise richtig erkannt worden seien die beiden anderen Entitätstypen. Zwar tauchten die beiden Begriffe „Kursdaten“ und „Kurs“ in der Lösung auf. Die Zuordnung der Attribute sei jedoch nicht korrekt (vgl. Musterlösung). Daher sei für beide zusammen nur ein Punkt vergeben worden. Im Weiteren seien auch die Beziehungen nicht korrekt erkannt worden. Wenn überhaupt eine Punktvergabe bei den Beziehungen denkbar gewesen wäre, dann hätte auf der Seite des Entitätstyps „Personen“ eine 1 (und nicht n) vermerkt sein müssen. Die Angaben in der Lösung des Klägers zeigten dagegen, dass er das Problem der Datenbankmodellierung in diesem einfachen Beispiel, das zudem genau so, wie in der Prüfung als Frage gestellt, auch in der Vorlesung durchgearbeitet worden sei, nicht wirklich verstanden habe. Eine Bewertung der Lösung mit 2 von 5 Punkte erscheine daher angemessen.
Frage 5a:
Die Antwort des Klägers auf diese Frage sei ausgesprochen knapp, um nicht zu sagen rudimentär, gehalten. Während zum zweiten Aspekt „werkstückorientiert“ immerhin noch ein Satz gelesen werden könne („werkstückorientiert ist 3 D“), sei bei der Antwort zum ersten Aspekt (zeichnungsorientiert) für die Prüfer nicht erkennbar, ob der Prüfling den gefragten Sachverhalt wirklich verstanden habe (Antwort des Prüflings: “zeichnungsorientiert 2 D also Riss Draufsicht“). In einer akademischen Ausbildung werde seitens der Prüfer erwartet, dass sich ein Prüfling angemessen ausdrücke. Dabei dürften durchaus auch stichwortartige Antworten vorkommen, der Gesamtzusammenhang müsse aber zweifelsfrei erkennbar sein. Daher sei für diese Frage nur einer von 2 möglichen Punkten vergeben worden.
Frage 5c:
Die Zweifel an der Eindeutigkeit der Formulierung der Frage könnten seitens der Prüfer nicht nachvollzogen werden. Die Fragestellung ziele eindeutig auf den Aspekt der Assoziativität bei Schraffungen und Bemaßungen ab. Erwartet würden daher in der Antwort auch Angaben und Erläuterungen zu beiden Phänomenen.
Dem Kläger hätten 8,5 Punkte zum Bestehen der Prüfung gefehlt. Es seien 71,5 von insgesamt 160 Punkten erreicht worden. 80 Punkte seien zum Bestehen der Prüfung notwendig. Insgesamt seien durch die vorgebrachten Einwände noch 2 x 0,5 Punkte zusätzlich vergeben worden, sodass jetzt noch 7,5 Punkte zum Bestehen der Prüfung fehlten.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Aktenvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zu einem Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 20. August 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2013 sind aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 11 Abs. 1 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen vom 17. Oktober 2001, zuletzt geändert am 6. August 2010 (GVBl S. 688), (RaPO) ist die Bachelor- oder Masterprüfung bestanden, wenn in allen Modulen einschließlich der Bachelor- und Masterarbeit, von denen nach der Hochschulprüfungsordnung das Bestehen der Bachelor- oder Masterprüfung abhängt, mindestens die Note „ausreichend“ oder das Prädikat „mit Erfolg abgelegt“ erzielt wurde und damit die nach Maßgabe der Hochschulprüfungsordnung für das Bestehen der Bachelor- oder Masterprüfung erforderlichen ECTS-Punkte erworben wurden.
Gemäß § 10 Abs. 1 RaPO kann eine Modul- oder Modulteilprüfung, die mit der Note „nicht ausreichend“ bewertet wurde, einmal wiederholt werden. Eine zweite Wiederholung ist nach Maßgabe der Hochschulprüfungsordnung möglich; die Hochschulprüfungsordnung kann weitere Zulassungsvoraussetzungen für die zweite Wiederholungsprüfung festlegen. Die Hochschulprüfungsordnung kann für eine Modulprüfung oder die Modulteilprüfungen eine dritte Wiederholung vorsehen. Demgemäß bestimmt § 25 Abs. 1 Satz 3 der Allgemeinen Prüfungsordnung der Fachhochschule für … vom 23. November 2007, zuletzt geändert am 29. Januar 2016 (APO) – in der für die Prüfung des Klägers maßgeblichen Fassung -, dass eine dritte Wiederholung einer Prüfung ausgeschlossen ist.
Nachdem der Kläger sowohl die erste Prüfung als auch die erste und zweite Wiederholungsprüfung in dem Modul „Vermessung und Geoinformation“ nicht bestanden hat, kann er nicht mehr in allen Modulen einschließlich der Bachelor- und Masterarbeit, von denen nach der Hochschulprüfungsordnung das Bestehen der Bachelor- oder Masterprüfung abhängt, eine mindestens ausreichende Note erzielen.
Der Kläger hat somit die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden und war gem. Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG zu exmatrikulieren.
Auch die Einwände des Klägers gegen die zweite Wiederholungsprüfung vom 14. Juli 2012 führen aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg.
Die streitgegenständliche Bewertung seiner Klausur im Fach „Vermessung und Geoinformation“ mit „5,0 nicht ausreichend“ ist aller Voraussicht nach rechtsfehlerfrei erfolgt, er hat keinen Anspruch auf Neubewertung der erbrachten Prüfungsleistung in diesem Fach.
Die gerichtliche Kontrolle fachlicher, wissenschaftlicher Urteile, Wertungen und Entscheidungen von Prüfern stößt an Grenzen, weil die Beurteilung von Prüfungsleistungen von Gesichtspunkten und Überlegungen bestimmt ist, die sich einer rechtlich unmittelbar subsumierbaren Erfassung mehr oder minder entziehen und jedenfalls teilweise auf nicht in vollem Umfang objektivierbaren Einschätzungen und Erfahrung beruhen und insbesondere davon abhängig sind, was nach Meinung der Prüfer bei einem bestimmten Ausbildungsstand als Prüfungsleistung verlangt werden kann. Diese für die Bewertung von Prüfungsleistungen anzustellenden fachlichen Erwägungen lassen sich nicht regelhaft erfassen und können insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Chancengleichheit auch grundsätzlich nicht mit Hilfe von Sachverständigen vom Gericht ersetzt werden. Eine uneingeschränkte Ersetzung der Prüferbewertung durch das Gericht würde zu einer Verzerrung der Bewertungsmaßstäbe und zu einer Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit führen. Deshalb verbleibt den Prüfern bei ihren Wertungen ein Entscheidungsspielraum, durch den die gerichtliche Kontrolle eingeschränkt wird (vgl. BVerfGE 84, 34/51 ff.; BVerwG 91, 262/265; 92, 132/137).
Diese Grundsätze gelten insbesondere bei der Festsetzung der Note einer Prüfungsleistung. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil gerade insoweit von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Praxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Daher steht ihnen vor allem bei der Einordnung der Qualität einer Prüfungsleistung in das Notensystem der Prüfungsordnung (und für die Festlegung der Bestehensgrenze) ein Bewertungsspielraum zu. Prüfungsnoten können nicht isoliert gesehen werden, sondern sind in einem Bezugssystem zu finden, das durch die persönlichen Erfahrungen und fachlichen Vorstellungen der Prüfer bestimmt wird. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, insoweit eigene Bewertungskriterien aufzustellen (vgl. BVerfGE 84, 34/51 f.).
Andererseits hat der Prüfling Anspruch auf eine so weit wie möglich tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG verlangen bei berufsbezogenen Prüfungen eine gerichtliche Kontrolle, die für einen wirkungsvollen Schutz der Berufsfreiheit zweckgerichtet, geeignet und angemessen ist (vgl. BVerfGE 60, 253/269; 84, 34/53). Eine Prüferbewertung und Prüfungsentscheidung ist daher gerichtlich daraufhin zu kontrollieren, ob die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden, mit dem Gesetzeszweck nicht vereinbaren Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerwGE 91, 262/266; Kopp, VwGO, 10. Aufl. 1994, § 114 Rdnr. 30 ff.). Insbesondere muss das Gericht in diesem Rahmen Einwänden gegen die der Bewertung der Prüfer zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen nachgehen. Bei berufsbezogenen Prüfungen hat das Bundesverfassungsgericht unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG einen Anspruch des Prüflings auf effektiven Rechtsschutz durch eine entsprechende Gestaltung des Prüfungsverfahrens hergeleitet. Der Prüfling muss die Möglichkeit haben, Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistungen bei der Prüfungsbehörde rechtzeitig und wirkungsvoll vorzubringen, um derart ein Überdenken dieser Bewertungen unter Berücksichtigung seiner Einwände zu erreichen (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 48). Auch in einem derartigen Rechtsstreit gelten aber die allgemeinen Verfahrensgrundsätze über die Obliegenheit der Beteiligten, die in ihre Sphäre fallenden, entscheidungserheblichen und gegebenenfalls beweisbedürftigen Tatsachen möglichst umfassend vorzutragen (vgl. Kopp, § 86 VwGO RdNr. 11). Speziell für das sog. Überdenkungsverfahren hat deshalb das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, der konkrete Inhalt des Anspruchs des Prüflings, dass die Prüfer ihre Bewertung seiner schriftlichen (wie mündlichen) Prüfungsleistungen begründen, hänge davon ab, wie er ihn spezifiziert, insbesondere sein Verlangen nach (mündlicher oder) schriftlicher Angabe der Gründe rechtzeitig und sachlich vertretbar darlegt; lediglich pauschale Kritik an der Notengebung ist nicht geeignet, aus dem allgemeinen Informationsrecht des Prüflings einen konkreten Begründungsanspruch entstehen zu lassen (zuletzt BVerwG, Urteil vom 06.09.1995, DVBl 1996, S. 436 ff.). Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass lediglich pauschale Behauptungen, eine Arbeit sei zu schlecht bewertet und müsse neu benotet werden, nicht genügen.
Nach diesen Grundsätzen ist die Bewertung der vom Kläger in der Klausur im Fach „Vermessung und Geoinformation“ erbrachten Prüfungsleistungen rechtlich nicht zu beanstanden.
Frage 1.3:
Hier kann die Antwort des Klägers „Verzeichnis der Grundstücke, die beim Vermessungsamt verankert sind“ nur mit äußerstem Wohlwollen in die Nähe der in der Musterlösung dargestellten richtigen Definition des Liegenschaftskatasters (amtlicher Nachweis an Grund und Boden) gebracht werden. Angesichts dessen ist die Bewertung mit dem nun zusätzlich gewährten halben Punkt nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden.
Frage 1.5.1:
Bei dieser Frage wurde vom Prüfer richtig und nachvollziehbar erläutert, dass als richtige Antwort nur „Vermessungsamt“ oder „Grundbuchamt“ in Frage kommt. Die Frage richtete sich dahingehend, einen Eigentümer eines Grundstücks in Erfahrung zu bringen. Ein unter Umständen bei der Gemeinde unter der entsprechenden Anschrift gemeldeter Nachbar muss nicht der Grundstückseigentümer sein. Hier wurden zu Recht keine Punkte vergeben.
Frage 4.1:
Aufgrund der vom Prüfer gegebenen Erläuterungen ist die Korrektur klar. Jede richtige Berechnung wurde mit einem Punkt bewertet. Somit waren insgesamt 15 Punkte zu erzielen. 4 Zahlen wurden vom Kläger richtig berechnet, bei zwei Zahlen ist zwar das Ergebnis nicht korrekt, für die Berechnung wurde aber je ein halber Punkt vergeben; dies ergibt die vergebenen 5 Punkte. Nach den Ausführungen des Prüfers sind die übrigen Berechnungen des Klägers falsch und nicht nachvollziehbar. Dafür, dass diese Beurteilung nicht richtig ist, hat der Kläger nichts vorgetragen.
Frage 4.2:
Wenn die Fußschrauben am Nivelliergerät nicht der Befestigung, sondern der Justierung des Gerätes in die Horizontale dienen, ist es nachvollziehbar, dass diese nicht Befestigungsschrauben genannt werden. Für die Richtigkeit seiner Antwort hat der Kläger keinerlei Nachweis erbracht.
Frage 4.4:
Ohne Zweifel hat der Kläger nicht die Antwort der Musterlösung erbracht. Selbst wenn das leichte Schütteln eine fachgerechte Handhabung des Gerätes darstellen würde, ergibt sich aus der Stellungnahme des Prüfers eindeutig, dass die Schlussfolgerung des Klägers „bei Geräusch defekt“ gerade nicht richtig ist, da der Kompensator frei schwingen muss und deswegen bei leichtem Schütteln ein hörbares Geräusch macht. Die Antwort des Klägers wurde daher zu Recht mit keinem Punkt bewertet.
Frage 5.1:
Auch hier ist die Bewertung des Prüfers nachvollziehbar. Der Punktabzug für die unpräzise Zeichnung (1 Punkt für die fehlenden senkrechten Linien zwischen dem Bezugshorizont und den Geländepunkten sowie 1 Punkt für die nicht gerade, exakte Linie zwischen den Geländepunkten) ist nachvollziehbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Abzug eines weiteren Punktes für das Fehlen eines Profilpunktes ist nachvollziehbar. Somit erfolgte der Abzug von 3 von 9 Punkten zu Recht.
Frage 6.1:
Hier ist die Beurteilung des Prüfers, dass der vom Kläger verwendete Begriff „Ortigenals Messverfahren“ keine erkennbare Gemeinsamkeit mehr mit der richtigen Antwort „Orthogonales Messverfahren“ und nicht als bloßer Schreibfehler gewertet werden kann, nicht zu beanstanden, weil zu Recht ein gebräuchlicher Fachausdruck als Antwort verlangt werden kann.
Teil Graphische Datenverarbeitung:
Frage 2a:
Diese Beanstandung hat sich erledigt, weil aufgrund der nachträglichen Vergabe des abgezogenen halben Punktes die volle Punktzahl vergeben wurde.
Frage 3b:
Entgegen dem Vortrag des Klägers entspricht seine Lösung in keiner Weise der Musterlösung. Der Prüfer hat nachvollziehbar erläutert, dass der Kläger nur einen Entitätstyp richtig erkannt hat, die anderen beiden nur teilweise, und dass die Zuordnung der Attribute nicht korrekt war. Der Punktabzug ist deswegen nicht zu beanstanden.
Frage 5a:
Gegenüber der laut Musterlösung verlangten Antwort ist die vom Kläger gelieferte Lösung tatsächlich, wie vom Prüfer nachvollziehbar beanstandet, sehr rudimentär. Die genaue Erläuterung der beiden Begriffe fehlt. Dass beim zeichnungsorientierten 2-D-CAD-Programm jede Ansicht (Grundriss, Seitenriss, Aufriss) eine eigene Zeichnung (= Datei) darstellt, ist bei der Antwort des Klägers in keiner Weise erkennbar. Daher ist die Vergabe von (nur) einem von 2 Punkten rechtlich nicht zu beanstanden und eher als großzügig zu beurteilen.
Frage 5c:
Hier ist der Einwand des Klägers, die Fragestellung sei unklar, nicht nachvollziehbar. Die Fragestellung „Was versteht man unter einer assoziativen Bemaßung bzw. einer assoziativen Schraffur“ ist eindeutig dahingehend zu verstehen, dass sie sich sowohl auf die Bemaßung als auch auf die Schraffur bezieht.
Somit hat der Kläger 72,5 von 80 zum Bestehen der Prüfung notwendigen Punkten erzielt, die Prüfung wurde daher zu Recht als nicht bestanden bewertet. Da auch der Bewertungsschlüssel, wonach zum Bestehen der Prüfung 50% der insgesamt zu erzielenden Punkte verlangt werden, rechtlich nicht zu beanstanden ist, sind keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage erkennbar.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war deshalb abzulehnen.

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