IT- und Medienrecht

“Bescheidgebundene” Befreiung von den Rundfunkgebühren

Aktenzeichen  AN 6 K 16.1274

Datum:
4.8.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 123742
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5, § 117 Abs. 5
RGebStV § 6 Abs. 1, 2 u. 3

 

Leitsatz

1 Die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für einkommensschwache Personen ist auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit beschränkt. Die Anknüpfung an bestehende und behördlich festgestellte Sozialleistungen dient der Verfahrenserleichterung. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 Auch eine Gebührenbefreiung in besonderen Härtefällen (§ 6 Abs. 3 RGebStV) allein auf Grund geringen Einkommens ist zu verneinen, weil sich ansonsten die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit umgehen ließe (vgl. BayVGH BeckRs 2013, 59320)). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage kann, da die Klageantragstellung im Sinne einer Anfechtungsklage aus dem Schriftsatz vom 15. März 2013 von der Klägerin selbst, und damit von einer Rechtslaiin, herrührt, im Wege der Auslegung als Verpflichtungsklage in Form einer Versagungsgegenklage gegen die Ablehnung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht durch den Bescheid des Beklagten vom 27. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2013 noch als zulässig beurteilt werden. Sie erweist sich jedoch als unbegründet gemäß § 113 Abs. 5 VwGO, der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Befreiung von den Rundfunkgebühren nicht zur Seite, vielmehr erweist sich die Ablehnungsentscheidung des Beklagten als rechtmäßig.
Zur Begründung nimmt das Gericht zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug auf die Begründungen des Ablehnungsbescheides vom 27. November 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2013 des Beklagten.
Dazu wird noch ergänzt:
Maßgebend im vorliegenden Fall ist § 6 Abs. 1 bis 3 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 (GVBl. S. 561, BayRS 2251S), zuletzt geändert durch den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 18. Dezember 2008 (GVBl. 2009 S. 193). Mit diesen Regelungen, die mit höherrangigem Recht, insbesondere mit dem Sozialstaatsgebot und dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Einklang stehen, wird die Rundfunkgebührenbefreiung für einkommensschwache Personen auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit beschränkt. Die Gebührenbefreiung ist gemäß § 6 Abs. 1 RGebStV „bescheidabhängig“ und setzt gemäß § 6 Abs. 2 RGebStV den Nachweis der Befreiungsvoraussetzungen durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Leistungsträgers im Original oder die Vorlage des entsprechenden Bescheides im Original oder in beglaubigter Kopie voraus. Mit dieser durch den Achten Rundfunkänderungsstaatsver-trag eingeführten bescheidgebundenen Befreiungsmöglichkeit für einkommensschwache Personen wollte der Normgeber eine Vereinheitlichung des Befreiungsrechts einschließlich einer Vereinfachung des Verfahrens erreichen (LT-Drs. 15/1921 S. 19). Die Ersetzung der zuvor bestehenden Befreiungsmöglichkeit für Personen, deren monatliches Einkommen bestimmte, an Sozialhilfemaßstäben orientierte Einkommensgrenzen nicht übersteigt, durch die Anknüpfung der Gebührenbefreiung an bestehende und behördlich bereits festgestellte Sozialleistungen zielte auf eine deutliche Verfahrenserleichterung ab, weil damit insbesondere die bislang umfangreichen und schwierigen Berechnungen bei der Befreiung wegen geringen Einkommens durch die Rundfunkanstalten entfielen, die hierfür – anders als die sozialrechtlichen Fachbehörden – nicht über die erforderlichen Sachaufklärungsmittel verfügen (vgl. LT-Drs. 15/1921 S. 20 f.). Auch eine Gebührenbefreiung in besonderen Härtefällen gemäß § 6 Abs. 3 RGebStV allein auf Grund geringen Einkommens und Vermögens wird in ständiger Rechtsprechung verneint, weil sich ansonsten die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit allzu leicht umgehend ließe (vgl. zu alledem zuletzt etwa BayVGH, B.v. 3.12.2013 – 7 ZB 13.1817 – juris Rn. 22 f., m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Die bloße Einkommensschwäche als solche führt damit grundsätzlich nicht mehr zur Gebührenbefreiung. Gründe, dies im vorliegenden Fall anders zu handhaben, sind angesichts des Vorbringens und des Verhaltens der Klägerin auch nirgendwie ersichtlich. Die Anknüpfung einer derartigen Gebührenbefreiung an die genannten Nachweise soll gerade die mit der Überprüfung und Feststellung der maßgebenden Verhältnisse letztlich überforderten Rundfunkanstalten entlasten als auch insbesondere gleichheitswidrige Fehlbefreiungen auf Grund relativ gefahrlos verschwiegener Einkommens- und Vermögensverhältnisse vermeiden. Unzumutbares wird bzw. wurde der Klägerin hierbei nicht abverlangt.
Gleiches gilt im Übrigen nunmehr im Rahmen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages, der an die Stelle des Rundfunkgebührenstaatsvertrages getreten ist. Allein die nicht durch entsprechende Leistungsbescheide nachgewiesene materielle Bedürftigkeit führt auch nach neuem Recht nicht zu einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht gemäß § 4 Abs. 1 oder Abs. 6 des Rund-funkbeitragsstaatsvertrags (vgl. ebenfalls BayVGH, B.v. 3.2.2013 a.a.O., Rn. 24 f.).
Auf Grund der nach alledem gebotenen Klageabweisung ergibt sich hier die Kostenlastentscheidung aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Aussprüche hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 VwGO analog, weil streitgegenständlich allein die Geltendmachung einer Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht aus sozialen Gründen ist.

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