Medizinrecht

Anspruch auf volles Blindengeld trotz schwerer Mehrfachbehinderung

Aktenzeichen  S 10 BL 3/19

Datum:
15.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 18141
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BayBlindG Art. 1, Art. 2, Art. 5

 

Leitsatz

1. Steht fest, dass aufgrund eines bestimmten Krankheitsbildes typischerweise von vornherein kein blindheitsspezifischer Mehraufwand entstehen kann, weil etwa ein derart multimorbides oder die Blindheit überlagerndes Krankheitsbild besteht, dass aus der Blindheit keinerlei eigenständige Aufwendung in materieller oder immaterieller Hinsicht folgt, kann die gesetzliche Zielsetzung der Blindengeldgewährung nicht erreicht werden.   (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den vom Gericht überprüfbaren Einwand der Zweckverfehlung trägt die zuständige Behörde die Darlegungs- und Beweislast. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch eine außerordentlich schwere Mehrfachbehinderung schließt die Entstehung blindheitsbedingter Mehraufwendung nicht aus, wenn der Kläger sich noch auditiv orientiert, Umgebungsreize wahrnimmt und kommuniziert. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 28.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2019 verurteilt, dem Kläger ab April 2017 das Blindengeld für blinde Menschen nach dem BayBlindG zuzuerkennen.
II. Der Beklagte erstattet dem Kläger die Kosten.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz durch Urteil ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden. Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 03.03.2021 damit einverstanden erklärt.
Dem Kläger ist in Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 28.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2019 ab Antragstellung vom April 2017 volles Blindengeld zu gewähren.
Bei ihm liegt „Blindheit“ im Sinn des BayBlindG vor und der Beklagte dringt mit dem erhobenen Einwand des Fehlens behindert bedingter Mehraufwendungen nicht durch.
Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayBlindG ist „blind“ im Sinn dieses Gesetzes, wem das Augenlicht vollständig fehlt. Diese Voraussetzung ist beim Kläger nicht gegeben, da er auf Lichtreize – wenngleich nur eingeschränkt – reagiert.
Gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG gelten als blind auch Personen, (Nummer 1): deren Sehschärfe auf keinem Auge und auch beidäugig nicht mehr als 1/50 beträgt oder (Nummer 2): bei denen durch Nummer 1 nicht erfasste Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad bestehen, dass sie der Beeinträchtigung der Sehschärfe nach Nummer 1 gleich zu achten sind. Diesem Personenkreis im Sinn des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 BayBlindG ist der Kläger zuzuordnen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat in den beiden grundlegenden Urteilen vom 11.08.2015 (B 9 BL 1/14 R) und vom 14.06.2018 (B 9 BL 1/17 R) entschieden, dass eine der Blindheit nach dem BayBlindG entsprechend gleich schwere Störung des Sehvermögens auch bei zerebralen Schäden ohne spezifische Sehstörung vorliegt, wenn es insgesamt an der Möglichkeit zur Sinneswahrnehmung „Sehen“ fehlt.
Diese Voraussetzung ist im Fall des Klägers erfüllt, was der Beklagte – soweit ersichtlich – zuletzt nicht mehr bestritten hat. Auch die beratende Ärztin des Beklagten, Dr. P. hat in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.01.2019 festgestellt, dass der Junge im Ergebnis „nicht sehen“ kann. Im Widerspruchsbescheid vom 21.02.2019 heißt es, dass der Kläger bei der Begutachtung am Klinikum E-Stadt vom 23.10.2017 weder auf Licht noch auf Objekte Fixation aufnahm. Auch im Befundbericht der den Kläger bereits seit 2014 behandelnden Augenarztpraxis Dr. L. vom 04.06.2018 wird ein gleichbleibend (fehlendes) Sehvermögen seit 2014 beschrieben. Der Kläger nehme keine Fixation auf Licht oder ein größeres Objekt auf. Es erfolge (lediglich) eine schwache Reaktion auf Veränderung der Lichtbedingungen im Raum. Die Prüfung des Optokinetischen Nystagmus zeige keine Reaktion. Der Kläger orientiere sich meist auditiv.
Sowohl im orthoptischen Beobachtungsprotokoll der Frühförderung Sehen am Blindeninstitut E-Stadt von 2019 als auch erneut von der Gutachterin R. wurde beim Kläger ein Visusäquivalent von 20/2700 oder 0,007 festgestellt.
Nachdem nunmehr, unter Zugrundelegung des vom BSG in den beiden genannten Entscheidungen von 2015 und 2018 neu formulierten juristischen Blindheitsbegriffes die „Blindheit“ des Klägers im Sinn des BayBlindG anzunehmen ist, konzentriert sich der Rechtsstreit im Kern auf die Frage, ob der Beklagte in Anbetracht der äußerst umfänglichen Pflegebedürftigkeit des Klägers mit dem Einwand des Fehlens blindheitsbedingter Mehraufwendungen durchdringen kann.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 14.06.2018 (siehe oben) in Fortentwicklung seines Urteils vom 11.08.2015 (siehe oben) festgestellt, dass dem zuständigen Leistungsträger der anspruchsvernichtende Einwand der Zweckverfehlung zustehe, wenn der Zweck des Blindengeldes verfehlt werde, weil aufgrund der typischen Eigenart des Krankheitsbildes ein auszugleichender blindheitsbedingter Mehrbedarf nicht entstehen kann.
Erläuternd führt das BSG in dem Urteil vom 14.06.2018 (Rn 18) aus, dass das Blindengeld zwar ohne den Nachweis eines konkreten Bedarfs pauschal gezahlt werde, also ohne dass der Anspruchsteller eine Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, ob und welche Aufwendungen er etwa zur Kontaktpflege, zur Teilnahme am kulturellen Leben oder Arbeitsleben im Einzelfall benötigt. Der Grund für die pauschale Leistung liege darin, dass bei festgestellter Schädigung auf die Ermittlung des konkreten Mehrbedarfs sowie einer konkreten Ausgleichsfähigkeit verzichtet werden solle. Denn es lasse sich nicht verbindlich und abschließend berechnen, welcher „Mehraufwand“ einem blinden Menschen bedingt durch sein Leiden im Einzelfall entstehen kann.
Dennoch bleibe der Ausgleich blindheitsbedingter Mehraufwendungen ausdrücklich das erklärte Ziel der Regelung. Hieraus schließt das BSG im Urteil vom 14.06.2018 (Rn. 19), dass der Zweck des Blindengeldes dann verfehlt wird, wenn ein blindheitsbedingter Aufwand aufgrund der Eigenart des Krankheitsbildes gar nicht erst ent- bzw. bestehen kann. Daran anknüpfend führt der Senat seine Rechtsprechung fort und räumt der Versorgungsverwaltung den anspruchsvernichtenden Einwand der Zweckverfehlung ein, wenn bestimmte Krankheitsbilder blindheitsbedingte Aufwendungen von vornherein ausschließen, weil der Mangel an Sehvermögen krankheitsbedingt durch keinerlei Maßnahmen (auch nicht anteilig) ausgeglichen werden kann. Dies sieht das BSG am ehesten bei generalisierten Leiden als möglicherweise zutreffend an (z.B. dauernde Bewusstlosigkeit oder Koma).
Weiter führt das BSG in dem Urteil vom 18.06.2018 aus, dass das Blindengeld in erster Linie als Mittel zur Befriedigung laufender blindheitsspezifischer, auch immaterieller Bedürfnisse des Blinden, diene, um diesem die Möglichkeit zu eröffnen, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen.
So geht der Bayerische Landesgesetzgeber nach wie vor davon aus, dass blinde Menschen einen außergewöhnlich großen Bedarf an Assistenzleistungen zur Kommunikation und an Unterstützungsleistungen zur Bewältigung des Alltags haben und dass finanzielle Ausgleichsleistungen die selbstbestimmte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft wesentlich fördern.
Orientiert am vorgenannten Regelungszweck des Gesetzes ist es – auch aus Sicht der hier erkennenden Kammer – sachgerecht, im Fall eines objektiv nicht möglichen blindheitsbedingten Mehraufwandes die Blindengeldleistung einzuschränken. Steht fest, dass aufgrund eines bestimmten Krankheitsbildes typischerweise von vornherein kein Mehraufwand im oben genannten Sinne speziell durch die Blindheit entstehen kann, weil etwa ein derart multimorbides oder die Blindheit überlagerndes Krankheitsbild besteht (z.B. dauerhafte Bewusstlosigkeit), dass aus der Blindheit keinerlei eigenständige Aufwendung in materieller oder immaterieller Hinsicht folgt, kann die gesetzliche Zielsetzung der Blindengeldgewährung nicht erreicht werden. Für den vom Gericht überprüfbaren Einwand der Zweckverfehlung trägt die zuständige Behörde die Darlegungs- und Beweislast. (BSG, Urteil vom 18.06.2018, Rn. 20-21).
Im Fall des Klägers dringt der Beklagte mit dem Einwand der Zweckverfehlung nicht durch.
Bei diesem Einwand handelt es sich um einen sogenannten „Negativbeweis“ (vergleiche hierzu Ahrens in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl. 2012, Teil A. Die Verteilung der Beweislast und der Darlegungslast, im Volltext mit zahlreichen Quellenangaben veröffentlicht bei Juris, dort Rn. 131 ff). Damit ist gemeint, dass der Beklagte für eine negative Tatsache, nämlich hier das „Fehlen blindheitsbedingter Mehraufwendungen“ beweispflichtig ist. Die Prozesssituation ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die beweispflichtige Partei gewissermaßen im Beweisnotstand befindet, weil die zu beweisende Negativtatsache schwerpunktmäßig der Sphäre des Prozessgegners zugeordnet ist. Zur Auflösung dieser prozessualen Situation wurde in der Zivilrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), eine Modifizierung der Darlegungslast entwickelt. Dabei kehrt sich die Beweislast nicht um, jedoch wird eine Beweislastverteilung in drei Schritten vorgenommen (vergleiche hierzu auch Ahrens, ebenda, Rn 132-134 mit zahlreichen Quellen aus der Rechtsprechung des BGH, hiervon soll beispielhaft genannt werden: BGH, Urteil vom 13.12.1984 – III ZR 20/83, dort insbesondere Rn. 20; BGH, Urteil vom 24.03.2010 – XII ZR 175/08, dort Rn. 23-27; BGH, Urteil vom 05.02.1987 – IX ZR 65/86, dort insb. Rn. 16 – 17). Es ist sachgerecht, die vom BGH für die Fälle des Negativbeweises entwickelten Beweislastgrundsätze auch in dem vorliegenden, sozialrechtlichen Prozess zugrunde zu legen, da sich die prozessuale Ausgangssituation in den Fällen des Negativbeweises in allen Rechtsgebieten gleichermaßen darstellt. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 202 SGG können die Grundsätze des Zivilrechts und des Zivilprozessrechts auch in sozialgerichtlichen Verfahren angewandt werden.
Nach den vom BGH für die Fälle des Negativbeweises wiederkehrend angewendeten Grundsätzen ist vorliegend vorzugehen:
Die darlegungsbelastete Partei darf sich zunächst mit der Behauptung der negativen Tatsache begnügen. Anschließend obliegt es der Gegenpartei, im Rahmen des Zumutbaren substantiierte Gegenbehauptungen mit widerlegenden Umständen aufzustellen. Aufgabe der primär beweisbelasteten Partei ist es dann, die Unrichtigkeit der Gegenbehauptungen zu beweisen.
Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist es der Klägerseite nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gelungen, den beklagtenseitig erhobenen Einwand des Fehlens blindheitsbedingter Mehraufwendungen mit substantiierten Gegenbehauptungen zu widerlegen. Dies ergibt sich bereits aus dem von den Bezugspersonen, den behandelnden Augenärzten und den Fachkräften des Blindeninstituts E-Stadt vielfach belegten Umstand, dass der Kläger in der visuellen Wahrnehmung deutlich stärker betroffen ist als in anderen Sinnesmodalitäten. Konsequenterweise werden in dem sonderpädagogischen Gutachten zur Aufnahme in die Blindenschule vom 08.06.2020 die Nutzung und Förderung seines verbliebenen Sehvermögens sowie die Verbesserung der kompensatorischen Wahrnehmung als Förderschwerpunkte benannt. Für diese Zwecke wurden beklagtenseitig und seitens der Frühförderung Sehen des Blindeninstituts E-Stadt eine Vielzahl von konkreten Assistenzleistungen und einsetzbaren Materialien und Spielsachen benannt, so beispielsweise auch der „Little Room“ nach Lilli Nielsen und der Step-by-Step-Schalter, mit dem der Kläger übt. Außerdem wird nachvollziehbar die ständig praktizierte akustische und taktile Strukturierung der Umwelt und des Geschehens beschrieben, welche nachvollziehbar gegenüber der Unterstützung eines Schwerstbehinderten, der über visuelle Sinneswahrnehmung verfügt, einen zusätzlichen Zeitund Materialaufwand mit sich bringt. Die Vielzahl plausibler (zumindest auch) blindheitsbedingter Mehraufwendungen ist nochmals in dem Gutachten der Diplom-Psychologin R. zusammengefasst worden.
Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG, insbesondere in dem Urteil vom 18.06.2018, der sich die erkennende Kammer aus eigener Überzeugungsbildung anschließt, ist es nicht erforderlich, dass die als sinnvoll benannten Aufwendungen tatsächlich (alle) getätigt werden, vielmehr wird das Blindengeld ohne den Nachweis eines konkreten Aufwandes pauschal gezahlt.
Zusammenfassend bleibt als Zwischenergebnis festzustellen, dass die Klägerseite ihrer im vorliegenden Negativbeweis-Fall obliegenden Pflicht zur substantiellen Gegenbehauptung mit widerlegenden Umständen außerordentlich umfangreich nachkommen konnte.
Der Beklagte als primär beweisbelastete Partei kann demgegenüber die Unrichtigkeit der substanziellen Gegenbehauptungen nicht beweisen, sodass er mit dem Einwand der Zweckverfehlung nicht durchdringt.
Zur Überzeugung der Kammer schließt die außerordentlich schwere Mehrfachbehinderung des Klägers die Entstehung blindheitsbedingter Mehraufwendungen nicht aus. Denn der Kläger nimmt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme an seiner Umwelt Anteil und zwar nicht nur entsprechend der eindeutigen Schilderungen seiner Eltern, die naturgemäß in besonderer Weise subjektiv gefärbt sein können, sondern auch nach den vielfachen Feststellungen dritter Personen. So beschreiben beispielsweise die Augenärzte Dr. L./Dr. G. in den Befundberichten vom 15.05.2017 und vom 04.06.2018, dass sich der Kläger vorwiegend auditiv orientiert. Auch die verschiedenen Fachkräfte des Blindeninstituts E-Stadt berichten seit Jahren kontinuierlich darüber, dass der Kläger Umgebungsreize wahrnimmt und kommuniziert (vergleiche Stellungnahme zum Mehraufwand der Frühförderung Sehen vom 10.05.2019; orthoptische Beobachtungsprotokolle vom 10.02.2017 und vom Dezember 2019; Entwicklungsbericht 2019 vom Juli 2019; sonderpädagogisches Gutachten zur Aufnahme in die Schule vom Juni 2020). Beim Kläger werden Phasen besonderer Wachheit und – insbesondere auch auditiver – Aufmerksamkeit beschrieben und auch sein Bemühen, den verbliebenen Sehrest bei entsprechenden Reizangeboten zu nutzen. Wenn auch die Teilhabe des Klägers an seiner Umwelt krankheitsbedingt nur rudimentär sein kann, so ist sie doch vorhanden. Der Kläger ist nicht mit einem bewusstlosen oder im Wachkoma befindlichen Menschen vergleichbar, bei dem eine Kontaktaufnahme, Beziehung und Anteilnahme an und zur Umwelt nicht objektivierbar ist.
Der Fall des Klägers ist auch nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt, der der Entscheidung des BSG vom 14.06.2018 zugrunde lag. Dies hat auch die beratende Ärztin des Beklagten, Dr. P. in ihrer Stellungnahme vom 14.01.2019 angedeutet, in der sie schreibt, dass die Einschränkung aller Sinnesfunktionen beim Kläger weniger stark ausgeprägt seien als bei der dortigen Alzheimer-Patientin. Die sonstigen Annahmen der Dr. P. in der Stellungnahme, insbesondere, dass das beim Kläger bestehende Krankheitsbild blindheitsbedingte Mehraufwendungen ausschließe, treffen aus Sicht des Gerichtes nicht zu. Dr. P. hatte wohl auch selbst den Widerspruch gesehen, der sich zwischen ihrem Votum und der Tatsache ergibt, dass der Kläger in erheblichem Umfang visuelle Frühförderung erhielt (vergleiche die letzten Sätze ihrer Stellungnahme).
Das Gericht hat aufgrund des umfangreich dokumentierten Verhaltens des Klägers keinen Zweifel daran, dass er, – trotz seiner massiv eingeschränkten Möglichkeiten – mit der Umwelt in wechselseitigem Kontakt steht, und dass für ihn (auch aufgrund der kontinuierlichen Förderbemühungen seiner Eltern und des Blindeninstituts E-Stadt) gewisse Entwicklungsmöglichkeiten bestehen können.
Durch die für Blinde entwickelten Hilfsangebote (Assistenzleistungen und Fördermaterialien), welche in den zahlreichen Dokumentationen des Blindeninstituts E-Stadt im Einzelnen beschrieben worden sind, besteht zumindest die reale Möglichkeit, die – auch blindheitsbedingt eingeschränkte – Teilhabe des Klägers an seiner Umwelt zu fördern und den fehlenden Sehsinn ansatzweise zu kompensieren. Die insoweit klägerseitig substantiiert vorgetragenen Umstände sind vom primär beweispflichtigen Beklagten nicht zu widerlegen.
Nach alldem steht dem Kläger gemäß Art. 5 BayBlindG ab dem ersten Tag des Antragsmonats, also ab April 2017, volles Blindengeld zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.


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