Aktenzeichen XI ZR 22/10
§ 1031 Abs 5 ZPO
§ 37h WpHG
Art 29 Abs 3 S 2 BGBEG vom 21.09.1994
§ 826 BGB
§ 830 BGB
Art 2 Abs 2 SchSprAnerkÜbk
Verfahrensgang
vorgehend OLG Düsseldorf, 29. Dezember 2009, Az: I-6 U 9/09, Urteilvorgehend LG Düsseldorf, 16. Dezember 2008, Az: 7 O 158/08
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 29. Dezember 2009 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. März 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Kläger (nachfolgend: Klägerseite), mit Wohnsitz in Deutschland (Kläger zu 1, zu 3 und zu 4) bzw. Österreich (Kläger zu 2), verlangen von der Beklagten, einem Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat N. , Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen.
2
Die der New Yorker Börsenaufsicht unterliegende Beklagte arbeitet weltweit mit Vermittlern zusammen, denen sie über eine Online-Plattform den Zugang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften an Börsen in den USA ermöglicht, den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten. Die Vermittler können die Kauf- und Verkaufsorders ihrer Kunden sowie ihre eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System der Beklagten eingeben, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.
3
Zwei dieser Vermittler sind die B L. S. GmbH (im Folgenden: BLS) mit Sitz in D. und die P. AG (im Folgenden: P.) mit Sitz in M. , die jeweils über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbstständiger Finanzdienstleister verfügten. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und BLS bzw. P. liegt ein Verrechnungsabkommen (“Fully disclosed clearing agreement”) zugrunde. Vor dessen Zustandekommen hatte die Beklagte geprüft, ob BLS bzw. P. über eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügten und ob gegen sie aufsichtsrechtliche Verfahren in Deutschland anhängig waren. Nach den Regelungen des Verrechnungsabkommens ist die Beklagte unter anderem verpflichtet, für die vom Vermittler geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und hierüber die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. Alle aufsichts- und privatrechtlichen Pflichten zur Information der Kunden werden durch das Verrechnungsabkommen dem Vermittler übertragen, der für jede fahrlässige, unlautere, betrügerische oder kriminelle Handlung oder Unterlassung seitens eines seiner Mitarbeiter oder Agenten allein verantwortlich sein soll. Die Beklagte soll den Kunden die vom Vermittler angewiesenen Provisionen auf deren Konten belasten und von diesen Beträgen ihre eigene Vergütung abziehen.
4
Die Klägerseite schloss nach vorausgegangener Werbung mit der in D. ansässigen B. & K. GmbH (im Folgenden: B.), die sowohl zu BLS als auch zu P. in Geschäftsbeziehung stand, jeweils einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Besorgung und Vermittlung von Termingeschäften. Darin verpflichtete sich B. unter anderem zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos bei der Beklagten. Sie ließ sich für ihre Tätigkeit in erheblichem Umfang sowohl fixe Gebühren als auch tätigkeitsabhängige Gebühren versprechen.
5
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages unterzeichnete die Klägerseite am 31. Juli 2002 (Kläger zu 1), 8. Januar 2002 (Kläger zu 2), 6. März 2003 (Kläger zu 3) bzw. 12. Oktober 2001 (Kläger zu 4) jeweils ein ihr vorgelegtes englischsprachiges Vertragsformular der Beklagten (“Option Agreement and Approval Form”), das in Ziffer 15 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält. Die Beklagte unterzeichnete den Vertrag nicht.
6
Im Anschluss daran eröffnete die Beklagte für die Klägerseite jeweils ein Transaktionskonto, auf das der Kläger zu 1) 9.000 €, der Kläger zu 2) 60.445,18 €, der Kläger zu 3) 44.900 € und der Kläger zu 4) 72.810 € einzahlte. Nach Ende der Geschäftsbeziehung erhielt die Klägerseite 297,08 € (Kläger zu 1), 56,66 € (Kläger zu 2), 3.597,81 € (Kläger zu 3) und 13.346,12 € (Kläger zu 4) zurück. Der Differenzbetrag in Höhe von 8.702,92 € (Kläger zu 1), 60.388,52 € (Kläger zu 2), 41.302,19 € (Kläger zu 3) und 59.463,88 € (Kläger zu 4) jeweils zuzüglich Zinsen sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 412,64 € (Kläger zu 1), 988,61 € (Kläger zu 2), 858,98 € (Kläger zu 3) und 2.028,36 € (Kläger zu 4) wird mit den vorliegenden Klagen geltend gemacht, wobei das Zahlungsbegehren ausschließlich auf deliktische Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Beteiligung der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gestützt wird. Die Beklagte ist dem in der Sache entgegen getreten und hat zudem die fehlende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt sowie unter Berufung auf die in Ziffer 15 ihrer Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel die Unzulässigkeit der Klagen geltend gemacht. Ferner begehrt sie von der Klägerseite hilfsweise für den Fall des Obsiegens widerklagend Ersatz von 693,50 € (Kläger zu 1), 1.704,50 € (Kläger zu 2), 1.481 € (Kläger zu 3) und 1.704,50 € (Kläger zu 4) vorgerichtlicher Kosten.
7
Das Landgericht hat die Klagen und die Widerklagen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerseite hat das Berufungsgericht die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt und über die Anschlussberufung der Beklagten keine Entscheidung getroffen. Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungs- und Hilfswiderklagebegehren weiter.