Steuerrecht

Befugnis zur Schätzung des Wasserverbrauchs bei unbewohntem und unbewohnbarem Gebäude

Aktenzeichen  4 EO 162/21

Datum:
29.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 4. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:0729.4EO162.21.00
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Steht die satzungsrechtliche Befugnis zur Schätzung eines Wasserverbrauchs auch unter der Voraussetzung, dass einem Verlangen zur Selbstablesung eines Wasserzählers nicht nachgekommen worden ist, so hat der Zweckverband die Selbstablesekarte so in den Bereich des Adressaten gelangen zu lassen, dass üblicherweise mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann.(Rn.44)
2. Dem genügt z. B. das Einlegen in einen für den Empfang von Briefsendungen angebrachten Hausbriefkasten oder beim Zurücklassen an einem erkennbar bewohnten Gebäude an einer Stelle, an der auch üblicherweise zeitnah mit einer Kenntnisnahme zu rechnen und ein Verlust nicht zu erwarten ist. Daran fehlt es grundsätzlich, wenn eine Selbstablesekarte an einem erkennbar unbewohnten oder unbewohnbaren Grundstück zurückgelassen wird, ohne dass der Gebührengläubiger die Selbstablesekarte an die ihm bekannte Anschrift des im Inland wohnenden Grundstückseigentümers bzw. seines Bevollmächtigten zusendet.(Rn.44)
3. Kann der Wasserzählerstand nicht mehr ermittelt oder berechnet werden, muss die Schätzung nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) ThürKAG (juris: KAG TH) i. V. m. § 162 AO alle Umstände berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind, und von dem Bemühen getragen werden, dem wahren Sachverhalt möglichst nahe zu kommen. Im Eilverfahren kann im Falle einer untunlichen Sachverhaltsaufklärung der Verbrauch gleichmäßig auf mehrere Veranlagungszeiträume verteilt werden.(Rn.45)
4. Werden von einem einzelnen Grundstücksanschluss aus mehrere Grundstücke, die zudem unterschiedlichen Eigentümern gehören, mit Trinkwasser versorgt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedes Grundstück, das rein tatsächlich über diesen Grundstücksanschluss mit Trinkwasser versorgt wird, auch im rechtlichen Sinne als “erschlossenes” Grundstück gilt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 9. September 2013 – 4 EO 1186/06 und 4 EO 1275/04 -).(Rn.47)

Verfahrensgang

vorgehend VG Gera, 16. Februar 2021, 2 E 1899/20 Ge, Beschluss

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 16. Februar 2021 abgeändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Oktober 2021 gegen die Zahlungsaufforderung in dem Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 22. Oktober 2020 wird wie folgt angeordnet:
a. bezogen auf die Trinkwasserverbrauchsgebühr in Höhe eines Betrages von 2901,70 € (brutto),
b. bezogen auf die Einleitungsgebühr in Höhe eines Betrages von 2.808,29 €,
c. bezogen auf die Vorauszahlungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 6360,00 €.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 20 % und der Antragsgegner 80 %. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Antragsteller 25 % und der Antragsgegner 75 %.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3771,87 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der in Aserbaidschan lebt, wendet sich als Eigentümer des Grundstückes … in G… gegen die Festsetzung von Wasserverbrauchs- und Abwasserentsorgungsgebühren für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 sowie gegen die Anforderung von Vorauszahlungen.
Das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück … __ in G…, Flurstück Nr. …, Grundbuch von G… Bl. …, wie auch das dahinter liegende, nicht durch eine Straße erschlossene Grundstück … …, Flurstück Nr. …, stand zunächst im Eigentum eines privaten Bildungsinstituts (… GmbH), das dieses gewerblich als Schulungszentrum nutzte. Für den Abrechnungszeitraum 2013/2014 rechnete der Antragsgegner gegenüber der … GmbH für das Grundstück … die Trink- und Abwassergebühren auf Grundlage eines Trinkwasserverbrauchs von 107 m³ ab (BA Blatt 6). Am 18. April 2014 wurde ein Wasserzähler mit der Zählernummer W 14518822 eingebaut.
Durch Beschluss vom 13. Februar 2015 (Az. 8 IN 57/15) ordnete das Amtsgericht Gera in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens die vorläufige Verwaltung über das Vermögen der … GmbH an und bestellte Herrn Rechtsanwalt … zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Der Antragsgegner führte daraufhin gegenüber der …. GmbH zum 30. April 2015 eine Endabrechnung durch und setzte ihr gegenüber mittels Endgebührenbescheides vom 22. Juni 2015 für den Zeitraum vom 19. September 2014 bis 30. April 2015 Trink- und Abwassergebühren auf Grundlage eines geschätzten Trinkwasserverbrauchs von 67 m³ fest. Mit Bescheid vom 18. Juni 2015 wurde der Insolvenzverwalter zur Zahlung von Vorauszahlungen aufgefordert. Zwischenzeitlich hatte das Amtsgericht Gera durch Beschluss vom 1. Mai 2015 über das Vermögen der …_ GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 4. September 2015 las der Antragsgegner den Stand des auf dem Grundstück … eingebauten Wasserzählers Nr. … mit 115 m³ ab (BA Bl. 20). Der Insolvenzverwalter teilte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 14. September 2015 mit, dass der Geschäftsbetrieb der … GmbH zum 30. September 2015 eingestellt werde und kündigte „alle bestehenden Verträge“. Durch Bescheid vom 22. Oktober 2015 setzte der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzverwalter für den Zeitraum 1. Mai 2015 bis 4. September 2015 die Trink- und Abwassergebühren auf Grundlage eines Trinkwasserverbrauchs von 115 m³ fest und forderte ihn auch zu Vorauszahlungen für den Zeitraum Dezember 2015 bis August 2016 auf. Gegen diesen Bescheid erhob der Insolvenzverwalter am 3. November 2015 Widerspruch mit der Begründung, dass der Betrieb bereits zum 15. September 2015 eingestellt worden sei und dass die Verbrauchsstelle bei Einstellung der Wasserversorgung auf den Grundtarif einzustufen sei. Dies veranlasste den Antragsgegner, die Vorauszahlungen „nur auf die Grundgebühr Trinkwasser und die Grundgebühr Abwasser sowie die Oberflächenwasserbeseitigung“ zu ändern.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 11. April 2016 veräußerte der Insolvenzverwalter das Grundstück … an den in Aserbaidschan lebenden Antragsteller. Diesem Kaufvertrag ist zu entnehmen, dass das Gebäude „vollständig sanierungsbedürftig und derzeit nicht bewohnbar“ sei. Auf S. 9 f. unter IV Ziffer 2b, zweiter Absatz, des Kaufvertrages ist vermerkt, dass das Gebäude … derzeit über eine Einrichtung auf dem verkauften Grundstück mit Wasser versorgt und über einen Zwischenzähler abgerechnet werde. Der Käufer verpflichte sich unwiderruflich, die Versorgung … gegenüber dem jetzigen Eigentümer (Insolvenzverwalter) nicht willentlich zu unterbrechen oder gänzlich zu unterbinden und gestatte dem jeweiligen Eigentümer Zugang zu der im Kaufgegenstand befindlichen Versorgungseinrichtung.
Am 17. Oktober 2016 stellte der Insolvenzverwalter gegenüber dem Antragsgegner für die Grundstücke … und … mittels Verwendung eines Vordrucks des Antragstellers einen „Antrag auf Kündigung der Wasserversorgung“ wegen „Leerstandes vorübergehend; in den kommenden 2 – 3 Jahren ist eine erneute Nutzung vorgesehen, der Trinkwasseranschluss wird auf der Straße geschlossen und der Wasserzähler ausgebaut …“. Unter „Sonstiges (z. B. Zweitanschluss)“ ist vermerkt: „Trennung der Anschlüsse … und …“ sowie dann weiter „Es obliegt dem Zweckverband als Betreiber der Wasserversorgungsanlage, ob eine Trennung des Trinkwasseranschlusses aus hygienischen und wirtschaftlichen Gründen notwendig ist. Die Trennung erfolgt an der Versorgungsleitung in der Straße oder am technologisch notwendigen Abzweig.“ (BA Bl. 31). Eine Bearbeitung dieses Antrages bzw. die Umsetzung der beantragten Maßnahmen ist in der vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakte nicht dokumentiert.
Der Antragsteller wurde am 20. Dezember 2016 als Eigentümer des Grundstücks … in G… eingetragen.
Am 16. Juni 2017 gab der Insolvenzverwalter das Grundstück … in G… gegenüber einem Herrn … M… aus der Insolvenzmasse frei.
Durch Bescheid vom 19. Oktober 2017 setzte der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzverwalter für den Zeitraum 7. September 2016 bis 4. Oktober 2017 lediglich die Grundgebühren und entsprechende Vorauszahlungen fest. Der Verbrauch wurde unter Angabe des unveränderten Zählerstandes von 115 m³ mit 0 m³ in Ansatz gebracht. Gegen diesen Bescheid legte der Insolvenzverwalter mit der Begründung Widerspruch ein, dass er das Grundstück mit Kaufvertrag vom 11. April 2016 an den Antragsteller verkauft habe und dass seine in G… wohnende Enkelin Zustellbevollmächtigte sei. Mit gesondertem Fax vom 15. November 2017 übermittelte der Insolvenzverwalter die Seiten 1 – 3 des Kaufvertrages vom 11. April 2016. Der Antragsgegner ließ sich die angegebene Adresse der zustellungsbevollmächtigten Enkelin mittels Abfrage beim „Thüringer Beauskunftungssystem“ nach der Thüringer Meldeverordnung bestätigen und holte auch einen Grundbuchauszug ein.
Durch Endgebührenbescheid vom 17. November 2017 setzte der Antragsgegner gegenüber dem Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 7. September 2016 bis 19. Dezember 2016 die Grundgebühren für Trink- und Abwasser fest. Der Verbrauch wurde erneut unter Angabe des unveränderten Zählerstandes von 115 m³ und dem Ablesekennzeichen „Schätzung“ mit 0 m³ angegeben. Entsprechend verfuhr der Antragsgegner in dem ebenfalls vom 17. November 2017 datierenden Gebührenbescheid, in dem er für den Zeitraum 20. Dezember 2016 bis 4. Oktober 2017 gegenüber dem Antragsteller lediglich Grundgebühren für Trink- und Abwasser und auch nur insoweit Vorauszahlungen festsetzte. Auch in diesem Bescheid wird ein Verbrauch von 0 m³ in Ansatz gebracht und der Zählerstand (unverändert) mit 115 m³ angegeben. Als Ablesekennzeichen wird für den Zeitraum 20. Dezember 2016 bis 31. Dezember 2016 „Hochrechnung System“ und für den Zeitraum 1. Januar 2017 bis 4. Oktober 2017 „Schätzung“ angegeben. Dieser Gebührenbescheid wurde der bevollmächtigten Enkelin des Antragstellers mit einem gesonderten Begleitschreiben übersandt, in dem sie auch um Vorlage ihrer Vollmacht gebeten wurde. Diese notariell beglaubigte Vollmacht legte die bevollmächtigte Enkelin bei ihrer Vorsprache am 4. Dezember 2017 vor und erteilte dem Antragsgegner auch ein Lastschriftmandat zur Einziehung der Gebühren.
Durch Gebührenbescheid vom 25. Oktober 2018 setzte der Antragsgegner für den Abrechnungszeitraum 5. Oktober 2017 bis 17. September 2018 für das Grundstück … die Grundgebühren für Trink- und Abwasser fest und forderte entsprechende Vorauszahlungen. Als Ablesekennzeichen ist für den Zeitraum 4. Oktober 2017 bis 31. Dezember 2017 „Hochrechnung System“ und für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 17. September 2019 „Ablesung …” angegeben. Für den Zeitraum 18. September 2018 bis 14. Oktober 2019 setzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 24. Oktober 2019 neben entsprechenden Vorauszahlungen die Grundgebühren für Trink- und Abwasser und des Weiteren eine (nach der versiegelten Fläche bemessene) Niederschlagswassergebühr fest. In beiden Bescheiden wird der Zählerstand des Wasserzählers Nr. … (unverändert) mit 115 m³ angegeben und ein Verbrauch von 0 m³ in Ansatz gebracht.
Am 16. September 2020 baute der Antragsgegner den Wasserzähler mit der oben angegebenen Nummer in Anwesenheit des Vaters der Bevollmächtigten des Antragstellers nach Terminsvereinbarung aus. Dieser zeigte beim Ausbau einen Zählerstand von „01879“ m3 an (GA Blatt 30). Eine spätere Befundprüfung des Wasserzählers ergab keine Beanstandungen (vgl. Prüfprotokoll vom 16. November 2020, GA Bl. 68 ff.). Der Antragsgegner baute einen neuen Wasserzähler ein.
Durch den hier streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Oktober 2020 setzte der Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller für die Zeit vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 Trink- und Abwassergebühren in Höhe von 7.666,34 € fest und forderte ihn nach Abzug der in Höhe von 575,00 € geleisteten Vorauszahlungen zur Zahlung eines Betrages von 7.091,34 € auf. Für die Bemessung der Verbrauchsgebühren legte der Antragsgegner unter Angabe der Zählernummer W 14518822 einen Zählerstand von 115 m³ am 14. Oktober 2019 und einen am 16. September 2020 (abgelesenen) Zählerstand bzw. Verbrauch von 1.879 m³ Trinkwasser zugrunde. Diese 1.879 m³ verteilte der Antragsgegner unter Angabe des Ablesekennzeichens „Hochrechnung System“ wie folgt auf folgende Zeiträume: Verbrauch vom 14. Oktober 2019 (Zählerstand abgelesen 115 m³) bis 31. Dezember 2019 (Zählerstand hochgerechnet 522 m³) 407 m³, vom 1. Januar 2020 (Zählerstand hochgerechnet 522 m³) bis 30. Juni 2020 (Zählerstand hochgerechnet 1.472 m³) 950 m³ sowie vom 1. Juli 2020 (Zählerstand hochgerechnet 1.472 m³) bis 16. September 2020 (Zählerstand abgelesen 1.879 m³) 407 m³. Des Weiteren setzte der Antragsgegner die von Dezember 2020 bis August 2021 in jedem zweiten Monat zu zahlenden Vorauszahlungen auf insgesamt 1.655,00 € (= 808,00 € Trinkwasser, 782,00 € Abwasser und 65,00 € Niederschlagswasser) fest.
Am 30. Oktober 2020 legte die bevollmächtigte Enkelin des Antragstellers gegen den Gebührenbescheid vom 22. Oktober 2020 Widerspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass das Grundstück unbewohnt und ein Verbrauch deshalb ausgeschlossen sei. Eine Entscheidung über diesen Widerspruch liegt noch nicht vor.
Nach Ablehnung des am 26. November 2020 gestellten Antrages auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 3. Dezember 2020 hat der Antragsteller sich am 23. Dezember 2020 mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht gewandt. Diesen hat er im Wesentlichen damit begründet, dass der Antragsgegner nicht zur Schätzung des Verbrauchs nach § 5 Abs. 2 GS-WBS berechtigt gewesen sei. Ein Zutritt zum Wasserzähler und dessen Ablesung wäre am 31. Dezember 2019 und am 30. Juni 2020 möglich gewesen. Deshalb hätte der Zählerstand abgelesen werden müssen. Zudem handele es sich auch beim Ausgangszählerstand vom 14. Oktober 2019 auch nur um eine Schätzung. Dies ergebe sich aus den vorangegangenen und inzwischen bestandskräftigen Bescheiden. Der Antragsgegner habe also das Objekt seit dem Eigentumserwerb durch den Antragsteller niemals betreten und auch niemals den Wasserzählerstand ermittelt.
Dass der einen Zählerstand von 1.879 m³ am 16. September 2020 ausweisende Zähler (an diesem Tag) ausgebaut worden sei, rechtfertige die Schlussfolgerung, dass dieser nicht mehr funktionstüchtig gewesen sei. Zudem sei es nicht ausgeschlossen, dass der angegebene Verbrauch auf den Zeitraum vor dem Eigentumserwerb zurückzuführen sei. Der neu eingebaute Zähler weise nach wie vor konstant einen Verbrauch von 0 m³ aus. Da der Antragsgegner auch in den Vorjahren den Verbrauch mit 0 m³ geschätzt habe, sei nunmehr eine Schätzung auf 1.879 m³ mit „Hochrechnung System“ nicht zulässig. Zudem hätte der Antragsgegner den ihm bekannten, nach seiner Wasserbenutzungssatzung (WBS) in seinem Eigentum stehenden Zwischenzähler für die Versorgung des Grundstückes … ablesen müssen.
Der Antragsteller hat im erstinstanzlichen Verfahren beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Oktober 2020 gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegner vom 22. Oktober 2020 anzuordnen.
Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Antragsgegner vorgetragen, dass die Ablesung der Wasserzähler im Verbandsgebiet im rollierenden System erfolge. Alle Wasserzähler würden in orts- und straßenspezifisch angeordneten Touren über das ganze Jahr aufgeteilt abgelesen. Werde auf dem Grundstück niemand angetroffen, werde eine Selbstablesekarte hinterlassen. Da das Grundstück … verschlossen und unbewohnt gewesen sei, seien die Ableseversuche am 4. Oktober 2017, 17. September 2018 und am 14. Oktober 2019 fehlgeschlagen. Die von den Mitarbeitern hinterlassenen Selbstablesekarten seien vom Antragsteller nicht ausgefüllt und zurückgesandt worden. Deshalb hätten die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GS-WBS bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 4b) aa) i. V. m. § 162 AO vorgelegen. Auch die (geschätzte) Aufteilung des abgelesenen Verbrauchs auf die Zeiträume Oktober bis Dezember 2019, Januar bis Juni 2020 und Juli bis September 2020 sei rechtmäßig gewesen. Der Antragsgegner habe nicht aufzuklären, ob der Wasserverbrauch auf dem Grundstück … erfolgt sei.
Für den alle sechs Jahre durchzuführenden Wasserzählerwechsel werde der Grundstückseigentümer zuvor informiert. Die Eichfrist des am 18. September 2014 eingebauten Wasserzählers (vgl. GA Bl. 66) habe gemäß § 12 i. V. m. Anhang B Ordnungsnummer 6.1 der Eichordnung für Wasserzähler für Kaltwasser und ihre mechanischen Zusatzeinrichtungen erst Ende 2020 geendet (vgl. Prüfprotokoll, GA Blatt 69). Der Zwischenzähler für das Grundstück … gehöre nicht ihm, dem Antragsgegner. Dieses Grundstück werde über eine private Anlage mit Trinkwasser versorgt. Letzteres habe ebenfalls in Eigentum der insolventen Gesellschaft gestanden und sei über das Grundstück … mittels privater Leitung mit Trinkwasser versorgt worden.
Durch Beschluss vom 16. Februar 2021 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner gemäß seiner Befugnis aus § 15 Abs. 1 Nr. 4b) bb) ThürKAG in Verbindung mit § 162 AO den Verbrauch mit Rücksicht auf die mitgeteilte Einstellung des Geschäftsbetriebes und mangels möglicher Ablesung im Jahr 2016 bereits gegenüber dem Voreigentümer auf null geschätzt habe. Dies gelte ebenso für die Schätzungen gegenüber dem Antragsteller, der seinen Pflichten, den Zählerstand bei Eigentumsübergang mitzuteilen, bei Ablesung des Wasserzählers mitzuwirken bzw. den selbst abgelesenen Verbrauch mitzuteilen (vgl. § 17 Abs. 5 Satz 2 WBS), nicht nachgekommen sei. Die Überprüfung des geeichten Wasserzählers habe keinen Defekt ergeben. Die Festsetzung der Vorausleistungen ergebe sich aus § 8 Abs. 3 Satz 2 GS-WBS bzw. § 18 Abs. 2 Satz 2 BGS-EWS. Ein Antrag auf Ermäßigung der Vorausleistungen sei nicht gestellt worden.
Gegen den am 17. Februar 2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 3. März 2021 Beschwerde eingelegt und diese am 17. März 2021 wie folgt begründet: Der Antragsgegner habe den Verbrauch ausgehend von dem am 16. September 2020 abgelesenen Zählerstand von 1.879 m³ und dem ursprünglichen Zählerstand von 115 m³ für die Abrechnungsperiode dreimal hochgerechnet. Für den maßgeblichen Zeitraum sei also eine geschätzte Trinkwassermenge von 1.879 m³ zugrunde gelegt worden, obwohl der Zählerstand zu Beginn der Abrechnungsperiode unbekannt gewesen sei. Der Antragsgegner sei jedoch nicht zur Schätzung des Trinkwasserverbrauchs befugt gewesen, weil der Antragsgegner von dem Antragsteller bzw. seiner Bevollmächtigten zu keinem Zeitpunkt im Sinne des § 17 Abs. 5 Satz 1 WBS die Ablesung des Zählerstandes verlangt habe. Obwohl der Antragsgegner in der Lage gewesen sei, Gebührenbescheide an die Bevollmächtigte des Antragstellers zu versenden, habe er keine Aufforderung zur Ablesung der Zählerstände an diese gerichtet. § 12 Abs. 1 Satz 2 WBS bestimme, dass die Gebührenschuldner nach Möglichkeit von einer Ablesung verständigt werden. Wenn bezogen auf ein unbewohntes Objekt der Eigentümer bzw. sein Vertreter bekannt sei, müsse der Gebührenschuldner spätestens nach dem ersten gescheiterten Ableseversuch über die Notwendigkeit der Ablesung informiert werden. Aus Sicht des Antragstellers habe angesichts des in den vorangegangenen Gebührenbescheiden geschätzten Verbrauchs von 0 m³ überhaupt keine Veranlassung für die Annahme eines Verstoßes gegen Mitwirkungspflichten gehabt. Ergänzend komme hinzu, dass es konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass der Wasserzähler nicht den wirklichen Verbrauch für den maßgeblichen Zeitraum angebe. Zwar habe die Prüfstelle am Wasserzähler selbst keine Beschädigungen oder technischen Mängel feststellen können. In dem Prüfprotokoll der Messstelle sei aber vermerkt, dass kein Ausbauprotokoll vorhanden sei, keine Aussage möglich sei über sichtbare Beschädigungen am Messgerät vor und/oder nach dem Ausbau gemäß erstellter Dokumentation und auch nicht am Einbauort des Messgeräts festgestellte ungünstige Einflüsse und Betriebsbedingungen, die sich auf das Messergebnis des Wasserzählers hätten auswirken können. Die Frist zwischen Ausbau und Anlieferung bei der Prüfstelle von maximal 14 Tagen sei überschritten worden. Entscheidend sei, dass dem Antragsgegner bekannt gewesen war, dass das Gebäude ungenutzt sei.
Es sei davon auszugehen, dass zumindest konkludent ein Antrag auf Ermäßigung der Vorauszahlungen gestellt worden sei. Es sei völlig unangemessen, auf der Basis einer rechtswidrig zu hohen Schätzung für ein leer stehendes Objekt Vorauszahlungen zu bemessen. Angesichts der Freigabe des Grundstückes … aus der Insolvenzmasse hätte sich der Antragsgegner darum bemühen müssen, den diesbezüglichen Zwischenzähler dort abzulesen und aufzuklären, ob der hohe Verbrauch nicht auf dieses Objekt zurückzuführen sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gera vom 6. Februar 2021 dahingehend abzuändern, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27. Oktober 2020 gegen den Gebührenbescheid des Antragsgegners vom 22. Oktober 2020 insoweit angeordnet wird, als die in dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Verbrauchsgebühr für Trinkwasser in Höhe von 3.627,13 € brutto betroffen ist sowie die Einleitungsgebühr für Abwasser in Höhe von 3.510,36 € sowie die Vorauszahlungen für Trinkwasser in Höhe von 808,00 € brutto und für Abwasser/Einleitgebühr in Höhe von 782,00 €.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Gebührenbescheides nicht bestehen. Es habe eine Berechtigung zur Schätzung der Verbrauchsgebühren bestanden. Ein Defekt des geeichten Wasserzählers habe nicht festgestellt werden können. Der Wasserzähler habe die Befundprüfung bestanden. Der Antragsteller verkenne, dass es sich bei der abgerechneten Wassermenge von 1.764 m³ nicht um eine Schätzung, sondern um das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Ablesung handele. Am 15. September 2020 sei ein Zählerstand von 1.879 m³ und am 4. September 2015 ein Zählerstand von 115 m³ abgelesen worden. Bei der Verteilung der verbrauchten Trinkwassermenge von 1.764 m³ auf drei Zeiträume handele es sich um eine zulässige Hochrechnung auf den Tagesverbrauch. Es bestehe keine Verpflichtung zu tages-, monats- oder jahresgenauen Abrechnung, sondern nur zur Abrechnung des tatsächlichen Trinkwasserverbrauchs und des entsorgten Abwassers. Als Begrenzung sei hier allenfalls die Festsetzungsverjährung zu beachten. Der Antragsgegner sei zur Abrechnung des Verbrauchs ab 2016 berechtigt. Deshalb könne es dahin stehen, ob der Wasserverbrauch tatsächlich in dem abgerechneten Zeitraum oder in den Jahren davor erfolgt sei. Es sei auch möglich, die bestandskräftigen Gebührenbescheide für die Vorjahre aufzuheben und die diesbezüglichen Abrechnungszeiträume durch eine entsprechend erweiterte Hochrechnung auf die Vorjahre zu erweitern.
Auch im Übrigen lägen die Voraussetzungen für eine Schätzung vor, weil für den Antragsgegner keine Gelegenheit bestanden habe, den Wasserzähler selbst abzulesen. Aus § 12 Abs. 1 Satz 2 WBS lasse sich keine Verpflichtung des Antragsgegners ableiten, selbständig den Aufenthaltsort des Grundstückseigentümers zu ermitteln. Zudem sei der Antragsteller regelmäßig über die Ablesung bzw. Möglichkeit der Selbstablesung informiert worden. Mit dem Grundstück … bestehe kein Benutzungsverhältnis. Der Antragsteller habe insofern ein Unterbenutzungsverhältnis faktisch übernommen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang, einen Hefter, verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Antrag des Antragstellers in entsprechender Anwendung des § 88 VwGO so auszulegen ist, dass er die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts nur insoweit zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens macht, als die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Aufforderung zur Zahlung der Trinkwasserverbrauchsgebühren, der Einleitungsgebühren und der (alle zwei Monate zu zahlenden) Vorauszahlungen für die Wassergebühr und die Einleitungsgebühr in dem streitgegenständlichen Bescheid begehrt. Soweit das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die sofort vollziehbare Verpflichtung zur Zahlung der Grundgebühren für Trinkwasser (118,13 €) und Abwasser (109,11 €) sowie der Oberflächenwassereinleitungsgebühr (301,62 €) abgelehnt hat, ist anhand des auf einzelne Teilbeträge beschränkten Antrages des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nachvollziehbar, dass diese Teile der Gebührenfestsetzung im Beschwerdeverfahren nicht mehr angegriffen werden sollen. Bezogen auf die jeweils für zwei Monate und insgesamt fünfmal festgesetzte und angeforderte Vorausleistung in Höhe von jeweils 1.655,00 € ist anhand des in dem Schriftsatz des Antragstellers vom 17. März 2021 formulierten Antrages nachvollziehbar, dass mittels der Beschwerde nur noch ein Betrag von 1.590,00 € (= 808,00 € für Trinkwasser und 782,00 € für Abwasser), nicht aber jedoch die Vorauszahlung von 65,00 € für Niederschlags- bzw. die Oberflächenwassereinleitung (jeweils für zwei Monate) angegriffen werden soll.
Soweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch Gegenstand der Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist, gebieten es die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen den Gebührenbescheid vom 22. Oktober 2020 (betreffend Verbrauchsgebühr Trinkwasser und Einleitungsgebühr für Abwasser sowie der hierfür festgesetzten Vorauszahlungen) hinsichtlich eines Anteils von jeweils 80 % des jeweils geforderten Betrages anzuordnen.
Bei der Entscheidung über einen einstweiligen Rechtsschutzantrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Für die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts ist dabei ein besonderes öffentliches Interesse erforderlich, das über jenes Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, unabhängig davon, ob die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) oder einer behördlichen Anordnung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) entspringt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Juli 1973 – 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382 [402]; Beschluss des Zweiten Senats vom 21. März 1985 – 2 BvR 1642/83 -, BVerfGE 69, 220 [228, 229]). Im Falle der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage allerdings regelmäßig nur in Betracht, wenn gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgaben und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne liegen vor, wenn auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Dabei ist Gegenstand der Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht in erster Linie der Abgabenbescheid selbst und die ihm bei summarischer Prüfung offensichtlich anhaftenden Fehler. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides können sich im Einzelfall auch aus sich aufdrängenden Satzungsmängeln der zu Grunde liegenden kommunalen Abgabensatzung ergeben. Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abgabensatzung müssen dann jedoch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren so offensichtlich und eindeutig sein, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist (vgl. Beschluss des Senats vom 23. April 1998 – 4 ZEO 6/97 -, LKV 1999, S. 70 [71], m. w. N.).
Gemessen daran rechtfertigen die in der Beschwerde aufgezeigten Gründe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches in dem tenorierten Umfang.
Nach der nur summarischen Prüfung im Eilverfahren kann festgestellt werden, dass der Vortrag des Antragstellers auf ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des strittigen Gebührenbescheides führt. Aller Voraussicht nach ist die Festsetzung der Trinkwasserverbrauchsgebühr für den Zeitraum 15. Oktober 2019 bis 16. Oktober 2020 und anknüpfend daran auch die nach dem Frischwassermaßstab bemessene Einleitungsgebühr für Abwasser sowie die geforderte Vorauszahlung in rechtswidriger Weise zu hoch festgesetzt. Das ergibt sich aus Folgendem:
Es ist nachvollziehbar, dass der Antragsgegner die Trinkwasserverbrauchsgebühr nach § 5 der Gebührensatzung zur Wasserbenutzungssatzung des Antragsgegners (GS-WBS) auf Grundlage des durch den Wasserzähler mit der Zählernummer W 14518822 festgehaltenen Verbrauchs festgesetzt hat. Grundlage der Gebührenfestsetzung ist zum einen der am 15. September 2020 festgestellte Zählerstand von 1.879 m³. Zum anderen hat der Antragsgegner der Ermittlung des der Gebührenfestsetzung für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 zugrunde liegenden Verbrauchs – ebenso wie in den vorangehenden Abrechnungszeiträumen – den am 4. September 2015 abgelesenen Zählerstand von 115 m³ und die Annahme zugrunde gelegt, dass es in dem Zeitraum vom 5. September 2015 bis zum 15. Oktober 2020 keinen Verbrauch gab. Daraus ergibt sich, dass dem streitgegenständlichen Gebührenbescheid die Tatsachenfeststellung zugrunde liegt, dass der Trinkwasserversorgungseinrichtung des Antragsgegners auf dem Grundstück … … in G… in dem Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 1.764 m³ Trinkwasser entnommen wurden. Diese Tatsachenfeststellung hat der Antragsteller mit seinem Vortrag so erheblich erschüttert, dass ernstliche Zweifel der Rechtmäßigkeit der Höhe der Festsetzung der Verbrauchs- und Entsorgungsgebühren bestehen. Das ergibt sich aus Folgendem:
Aufgrund summarischer Prüfung nach Aktenlage ist zumindest für die Entscheidung in diesem Eilverfahren davon auszugehen, dass der Antragsgegner seiner Gebührenfestsetzung den am 16. September 2020 mit 1.879 m³ abgelesenen Zählerstand an dem Wasserzähler mit der Zählernummer W 14518822 zugrunde liegen durfte (a.). Entgegen der Auffassung des Antragsgegners begegnet es jedoch erheblichen rechtlichen Bedenken, als Anfangszählerstand am 14. Oktober 2019 den am 4. September 2015 abgelesenen Zählerstand zugrunde zu legen (b.). Ebenso wenig war der Antragsgegner berechtigt, den Verbrauch für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 aufgrund der ihm seinerzeit bekannten Umstände auf 1.764 m³ zu schätzen (c.). Auch die Festsetzung der Vorauszahlungen hält aus diesem Grund zumindest im Eilverfahren nicht in voller Höhe einer rechtlichen Überprüfung stand (d.).
a. Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht nicht offenkundig fest, dass der Antragsgegner daran gehindert war, seiner Gebührenfestsetzung den am 16. September 2020 abgelesenen Wasserzählerstand von 1.879 m³ zugrunde zu legen. Die Ausführungen des Antragstellers führen nicht auf hinreichende Anhaltspunkte, die Veranlassung geben könnten, diesem Beschwerdeverfahren aufgrund summarischer Prüfung zugrunde zu legen, dass der ausgebaute Wasserzähler defekt gewesen ist und den Verbrauch nicht korrekt festgestellt hat. Dagegen spricht insbesondere der Umstand, dass der Wasserzähler die Befundprüfung einer staatlich anerkannten Prüfstelle überstanden hat (Senatsbeschlüsse vom 7. November 2019, Az.: 4 EO 684/18, vom 23. November 2010, Az.: 4 EO 98/07 und vom 25. August 2006, Az.: 4 EO 1/03 m. w. N.). In dem Prüfprotokoll wurde bestätigt, dass das Messgerät die Befundprüfung bestanden habe. Weder die äußere Beschaffenheitsprüfung noch die innere hat Anlass zu Beanstandungen gegeben, insbesondere wurden auch innerhalb des Zählers keine Beschädigungen und eine korrekte Zählwerksanzeige festgestellt. Der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gelingt es nicht, dieses Ergebnis mit überzeugenden Argumenten anzuzweifeln und aus dem Prüfprotokoll selbst belastbare Anhaltspunkte für einen Defekt des am 16. September 2020 ausgebauten Wasserzählers aufzuzeigen. Allein die Tatsache, dass die Frist zwischen Ausbau und Anlieferung an die Prüfstelle von maximal 14 Tagen überschritten worden sein mag, bietet als etwaiger rein formeller Verstoß dafür keinen Anhalt. Wieso dieser Zeitablauf einen Anhaltspunkt für einen Fehler des Wasserzählers ergeben sollte, erläutert der Antragsteller nicht. Sofern im Befundprotokoll betreffend „Beschädigungen am Messgerät vor und/oder nach dem Ausbau gemäß erstellter Dokumentation“ vermerkt ist, dass keine Aussage möglich ist, erklärt sich dies aus der Tatsache, dass der Prüfer beim Ausbau nicht anwesend war und auch mangels Ausbauprotokolls dazu keine Aussage treffen konnte. Die Verneinung dieser Frage ist indes unerheblich, weil bei der Prüfung am Messgerät selbst keinerlei Beschädigungen festgestellt worden sind. Eine fehlerhafte Anzeige des Verbrauchs am 16. September 2019 zeigt der Antragsteller auch nicht damit auf, dass er Angaben zu etwaigen ungünstigen Einflüssen und Betriebsbedingungen am Einbauort, die sich auf das Messergebnis des Zählers hätten auswirken können, vermisst. Messabweichungen außerhalb der Verkehrsfehlergrenzen wurden gerade nicht festgestellt. Der Antragsteller, der als Eigentümer des Grundstückes am besten über Kenntnisse zu den Verhältnissen vor Ort im Abrechnungszeitraum verfügen müsste, lässt jeglichen Vortrag dazu vermissen, welche ungünstigen Einflüsse und Betriebsbedingungen dies sein sollten.
b. Es begegnet jedoch erheblichen rechtlichen Bedenken, dass der Antragsgegner den am 4. September 2015 mit 115 m³ abgelesenen Zählerstand für den Abrechnungszeitraum als Anfangszählerstand am 14. Oktober 2019 zugrunde gelegt hat. Im vorliegenden Fall bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner damit dem maßgeblichen Veranlagungszeitraum Verbrauchsmengen zugeschlagen hat, die tatsächlich schon in vorherigen Veranlagungszeiträumen angefallen sind. Dies verstößt gegen den § 12 ThürKAG zugrunde liegenden Grundsatz der Periodengerechtigkeit (vgl. Brüning in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Band 1 Stand März 2021, Rdnr. 92 zu § 6).
Unstreitig wurde der Zählerstand am 14. Oktober 2019 weder durch den Antragsgegner abgelesen noch durch den Antragsteller bzw. seine Enkelin nach Ablesung mitgeteilt. Allein der Umstand, dass die Gebührenbescheide für die vorangegangenen Abrechnungsperioden in Bestandskraft erwuchsen, in denen jeweils anknüpfend an den am 4. September 2015 abgelesenen Zählerstand – ohne Ablesung – ein Verbrauch von 0 m³ in Ansatz gebracht wurde, berechtigt den Antragsgegner nicht ohne Weiteres, als Anfangsbestand für den abzurechnenden Gebührenzeitraum den zugrunde gelegten Endbestand des vorangegangenen Zeitraums anzusetzen. Dem im vorherigen Abrechnungszeitraum ausgewiesenen Zählerendstand von 115 m³ kommt mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keine Verbindlichkeit für die nachfolgenden Gebührenfestsetzungen zu. Insoweit entfalten diese den Gebührenbescheiden zugrunde liegenden Feststellungen allein wegen des Eintritts der Bestandskraft keine Bindungswirkung. Es handelt sich nicht um Grundlagenfeststellungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) ee) ThürKAG TH 2000) i. V. m. § 179 AO (vgl. OVG Lüneburg vom 19. Dezember 2018, Az.: 9 LA 48/18, juris; Klein, AO, 13. Aufl., § 157 Rdnr. 23 f.; VG Potsdam, Urteil vom 21. Dezember 2011 – 8 K 1330/07, juris Rdnr. 21 und zum Eintritt der Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden nach Thüringer Landesrecht vgl. Senatsurteil vom 11. August 2016, Az. 4 KO 233/14, juris). Mit der Bestandskraft des Bescheides vom 24. Oktober 2019 (betr. Abrechnungszeitraum vom 18. September bis 14. Oktober 2019) hat der Antragsteller auch nicht den geschätzten Zählerendstand von 115 m³ zugleich als Zähleranfangsstand für den nächsten Veranlagungszeitraum akzeptiert und sich diesbezüglich jeglicher späterer Einwendungen begeben (siehe auch OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24. April 2013 – OVG 9 B 5.12 – beck-online Rdnr. 17).
Der Antragsgegner durfte im vorliegenden Fall allein aufgrund der Mitteilungen des Insolvenzverwalters im Jahr 2015 über die Einstellung des Geschäftsbetriebes im September 2015 nicht darauf schließen, dass in den dem 15. Oktober 2019 vorangegangenen Zeiträumen kein Verbrauch stattgefunden hat. Allein diese Mitteilung entband den Antragsgegner nicht von der Verpflichtung, nach Maßgabe des § 5 Abs. 2 GS-WBS jährlich die Ablesung der Zählerstände vorzunehmen bzw. zur Selbstablesung aufzufordern. Dafür spricht im Wesentlichen der Umstand, dass trotz dieser Mitteilung des Insolvenzverwalters weiterhin durchgehend ein (unstreitig grundgebührenpflichtiger) betriebsbereiter Wasseranschluss vorhanden war. Der hier vorliegenden Akte kann nicht entnommen werden, dass der Antrag des Insolvenzverwalters auf Kündigung der Wasserversorgung (und der Trennung der Anschlüsse … und …) durch den Antragsgegner bearbeitet bzw. durch den Insolvenzverwalter weiter verfolgt wurde. Dass der Antragsgegner sich selbst trotz der Mitteilung des Insolvenzverwalters über die Einstellung des Geschäftsbetriebes im September 2015 weiterhin zur Ablesung des Zählerstandes verpflichtet (und berechtigt) sah, dokumentieren auch die jährlich unternommenen Ableseversuche.
c. Ebenso wenig ist für die Entscheidung in diesem Beschwerdeverfahren davon auszugehen, dass der Antragsgegner aufgrund der ihm seinerzeit – auch aus vorangegangenen Zeiträumen – bekannten Umstände berechtigt war, den Verbrauch für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 auf 1.764 m³ zu schätzen und für die drei in dem Gebührenbescheid vom 22. Oktober 2020 näher bezeichneten Zeiträume auf den Tagesverbrauch hochzurechnen. Das ergibt sich aus Folgendem:
Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GS-WBG ist der Verbrauch durch den Antragsgegner zu schätzen, wenn der Zutritt zu dem Wasserzähler oder dessen Ablesung nicht ermöglicht wird. Dem Wortlaut nach liegen diese in § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GS-WBS genannten Voraussetzungen zwar vor, weil die Mitarbeiter unstreitig keinen Zutritt zu dem Wasserzähler erhalten hatten und ihnen die Ablesung auch nicht ermöglicht wurde. Diese Bestimmung ist jedoch nicht isoliert, sondern systematisch in Zusammenschau mit § 17 Abs. 5 Satz 1 WBS auszulegen. Nach dieser erkennbar an § 20 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVB WasserV) orientierten Bestimmung (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 AVB WasserV) werden die Wasserzähler von einem Beauftragten des Zweckverbandes möglichst in gleichen Zeitabständen oder auf Verlangen des Zweckverbandes vom Grundstückseigentümer selbst abgelesen. Daraus ergibt sich für die Auslegung des § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GS-WBS i. V. m. § 17 Abs. 5 Satz 1 WBS, dass eine Befugnis zur Schätzung nach dieser Bestimmung erst dann besteht, wenn von dem Grundstückseigentümer die Selbstablesung verlangt wurde und er diesem Verlangen nicht nachgekommen ist. Bezogen auf den Antragsteller bzw. seine vertretungsbefugte Enkelin ist auf Grundlage des Akteninhalts und diesbezüglicher summarischer Prüfung jedoch nicht feststellbar, dass eine dieser beiden Personen zur Selbstablesung aufgefordert wurde. Der Antragsgegner hat dazu im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, dass die Ablesung der Wasserzähler im Verbandsgebiet im rollierenden System erfolge, d. h. dass alle im Wasserversorgungsgebiet befindlichen Hauptwasserzähler in orts- und straßenspezifisch angeordneten Touren über das ganze Jahr aufgeteilt abgelesen werden. Dem auf der Homepage des Antragsgegners veröffentlichten Tourenplan ist zu entnehmen, dass die Grundstücke der …_ jeweils im September abgelesen werden. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um ein Informationsangebot, das es den Gebührenschuldnern ermöglicht, sich auf die Ablesung einzustellen. Bezogen auf das Grundstück des Antragstellers hat der Antragsgegner des Weiteren vorgetragen, dass es am 4. Oktober 2017, am 17. September 2018 und am 14. Oktober 2019 vergebliche Ableseversuche gegeben habe und dass die hinterlassenen Selbstablesekarten nicht zurückgesandt worden seien. Bei dem Zurücklassen der Selbstablesekarten handelt es sich im vorliegenden Fall jedoch nicht um ein Verlangen der Selbstablesung im Sinne des § 17 Abs. 5 WBS. Bei diesem mittels Überlassung einer Selbstablesekarte geäußerten Verlangen handelt es sich um die Aufforderung zur Abgabe einer Selbsterklärung. Deren Zugang muss der Antragsgegner im Hinblick darauf, dass es sich bei der Erhebung von Wasserverbrauchs- und Entsorgungsgebühren um ein jährlich wiederkehrendes Massengeschäft handelt, zwar nicht beweisen; er ist jedoch zumindest im Falle der Übermittlung dieser Aufforderung zur Selbsterklärung mittels Selbstablesekarte verpflichtet, diese so in den Bereich des Adressaten gelangen zu lassen, dass üblicherweise mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Im Normalfall wird das der an einem Gebäude oder Grundstück angebrachte Hausbriefkasten sein, weil dieser die für den Empfang von Briefsendungen bestimmte Vorrichtung ist (vgl. § 2 Nr. 4 Satz 2 Post-Universaldienstleistungsverordnung). Nicht ausgeschlossen erscheint es auch, eine Selbstablesekarte an einem erkennbar bewohnten Gebäude an einer Stelle zurückzulassen, an der auch üblicherweise zeitnah mit einer Kenntnisnahme zu rechnen und ein Verlust nicht zu erwarten ist (z. B. Ankleben an die Haustür). Bezogen auf das hier in Rede stehende Grundstück bestehen jedoch gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner nicht mittels Zurücklassens der Selbstablesekarte zur Selbstablesung auffordern durfte. Das Grundstück ist seit 2015 ungenutzt und befindet sich in einem schlechten Zustand. Der Antragsgegner hat nichts dazu vorgetragen, dass sich im Zeitpunkt der Hinterlassung der Selbstablesekarte an dem Gebäude oder Grundstück ein Hausbriefkasten befunden haben könnte, der erkennbar für das Einlegen von an den Antragsteller oder seiner Vertreterin gerichteten Briefsendungen bestimmt war. Nach gegenwärtigem Sachstand gibt es aufgrund des Akteninhalts und des Vortrags der Beteiligten keinen Anhaltspunkt dafür, dass beim Zurücklassen einer Selbstablesekarte an dem unbewohnten Grundstück zeitnah mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden konnte. Ergänzend kommt hinzu, dass dem Antragsgegner der Umstand, dass der Antragsteller in Aserbaidschan wohnt, bekannt war und dass dieser eine unter einer anderen Adresse gemeldete und wohnende Bevollmächtigte bestellt hatte. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, warum es dem Antragsgegner nicht möglich gewesen sein soll, die Ablesekarte in einem solchen Fall ausnahmsweise zuzusenden. Dies gilt im Übrigen auch für die vorangegangenen Zeiträume. Da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner seit 2016 berechtigt gewesen sein könnte, Selbstablesekarten am Grundstück zurückzulassen, bedarf es keiner Klärung, ob er bei Zusendung jeder Selbstablesekarte für die seit dem 20. Dezember 2016 maßgeblichen Veranlagungszeiträume und – unterstellt – unterbliebener Mitteilung der Zählerstände berechtigt gewesen wäre, den Verbrauch auf Grundlage des § 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GS-WBS i. V. m. § 17 Abs. 5 Satz 1 WBS in der in dem streitgegenständlichen Bescheid vorgenommenen Weise zu schätzen. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsgegner mit dem Zurücklassen der Selbstablesekarten am 4. Oktober 2017, am 17. September 2018 und am 14. Oktober 2019 an dem unbewohnten Grundstück nach summarischer Prüfung nicht in einer Weise zur Selbstablesung aufgefordert hat, dass es gerechtfertigt gewesen wäre, als Schätzungsgrundlage die hochgerechneten Zählerstände aus den bereits bestandskräftigen Gebührenbescheiden als Anfangszählerbestand zugrunde zu legen.
Auch kann nach summarischer Prüfung nicht festgestellt werden, dass der Wasserverbrauch durch den Antragsgegner in rechtmäßiger Weise auf Grundlage des § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) i. V. m. § 162 AO für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 auf 1.764 m³ geschätzt werden durfte. Nach dieser Bestimmung können die Grundlagen der Abgabenfestsetzung geschätzt werden, soweit diese nicht ermittelt oder berechnet werden können. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der Wasserzählerstand am 15. Oktober 2019 nicht abgelesen wurde und diese Ablesung auch nicht mehr nachholbar ist. Dies entbindet den Antragsgegner jedoch nicht von der Verpflichtung, bei seiner Schätzung alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Die Schätzung muss von dem Bemühen getragen werden, dem wahren Sachverhalt möglichst nahe zu kommen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 9 LA 48/18 – juris und OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. April 2013 – 9 B 5.12 – juris Rdnr. 12 m. w. N.). Wie bereits ausgeführt, durfte der Antragsgegner im Hinblick darauf, dass durchgehend ein betriebsbereiter Anschluss vorhanden war und seit 2015 keine Ablesung mehr erfolgt war, nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Differenz der am 4. September 2015 und der 16. September 2020 angezeigten Zählerstände den Verbrauch für den Zeitraum vom 15. Oktober 2019 bis 16. September 2020 abbildet. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung im Eilverfahren untunlich ist, ist für die Entscheidung in diesem auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzverfahren gerichteten Verfahren aufgrund summarischer Prüfung (im Wege der Schätzung) zugrunde zu legen, dass sich der Verbrauch gleichmäßig auf die fünf in den Zeitraum vom 4. September 2015 bis 16. September 2020 fallenden Veranlagungszeiträume verteilt. Dies rechtfertigt es, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches hinsichtlich der noch streitgegenständlichen Beträge jeweils zu 4/5 anzuordnen und den Antrag im Hinblick auf die so vorgenommene pauschale Verteilung des Verbrauchs zu 1/5 abzulehnen. Insoweit ist es entgegen der Auffassung des Antragsgegners unerheblich, ob bzw. in welchem Umfang noch eine Nacherhebung für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume möglich ist. Entscheidend ist insoweit, dass es gegenwärtig keine Nacherhebungsbescheide für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume gibt. Die Gebührenfestsetzung in dem streitgegenständlichen Bescheid bezieht sich nur auf den dort genannten Veranlagungszeitraum.
Für das Hauptsacheverfahren und zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Existenz des privaten Wasseranschlusses und Wasserzählers für das Grundstück … einen gewichtigen Anhaltspunkt dafür bietet, dass es durch den Verbrauch von Trinkwasser auf diesem Grundstück zumindest in der Vergangenheit zu einer Abnahme von Trinkwasser auf dem Grundstück des Antragstellers gekommen sein könnte.
Entgegen des Vortrags des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung nicht davon auszugehen, dass es sich bei dem Wasserzähler für das Grundstück … um einen Wasserzähler des Antragsgegners handelt. So mangelt es bereits an einer hinreichenden Substantiierung, etwa durch Angabe der Nummer des Wasserzählers. Zur Begründung hat der Antragsteller sich nur auf § 17 Abs. 2 Satz 1 für die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung des Antragsgegners (WBS) vom 5. Juli 2004 i. d. F. vom 24. November 2015 bezogen, wonach „Wasserzähler“ Eigentum des Zweckverbandes sind. Durch die Verwendung des in dieser Vorschrift nicht näher bezeichneten Wortes „Wasserzähler“ werden jedoch nicht alle auf einem Grundstück befindlichen Wasserzähler erfasst, sondern nur Wasserzähler, die den Verbrauch auf den durch die Wasserversorgungseinrichtung des Antragsgegners erschlossenen Grundstücken dokumentieren (§ 5 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Gebührensatzung zur Wasserbenutzungssatzung des Antragsgegners – GS-WBS – vom 25. Juni 2002 i. d. F. vom 28. Dezember 2018). Darunter fallen nicht privat installierte Wasserzähler, die nur im Innenverhältnis zwischen zwei Grundstückseigentümern den Verbrauch bei einer gemeinsamen Versorgungsleitung erfassen. Vorliegend war das Grundstück … … im Abrechnungszeitraum aber nicht durch die Wasserversorgungseinrichtung des Antragsgegners erschlossen. Werden von einem einzelnen Grundstücksanschluss aus mehrere Grundstücke, die zudem unterschiedlichen Eigentümern gehören, mit Trinkwasser versorgt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedes Grundstück, das rein tatsächlich über diesen Grundstücksanschluss mit Trinkwasser versorgt wird, auch im rechtlichen Sinne als “erschlossenes” Grundstück gilt. Dies zeigt der in § 14 Abs. 4 WBS besonders geregelte Fall der Weiterleitung von Wasser vom angeschlossenen Grundstück in ein anderes Grundstück. Denn nach dieser Vorschrift wird das Wasser lediglich zur Deckung des Eigenbedarfs für die angeschlossenen Grundstücke geliefert (Satz 1). Die Überleitung von Wasser in ein anderes Grundstück bedarf der schriftlichen Zustimmung des Zweckverbands (Satz 2), an der es im vorliegenden Fall im Übrigen mangelt. Der rein tatsächliche Zufluss von Trinkwasser auf einem Grundstück, das nicht unmittelbar an die öffentliche Versorgungsleitung angeschlossen ist, begründet nicht schon automatisch ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis (Beschlüsse des Senats vom 9. September 2013 – 4 EO 1186/06 -, S. 15, und 4 EO 1275/04, S. 19).
Ausgehend hiervon musste sich der Antragsgegner nicht an den Eigentümer oder Nutzer des Grundstückes …_ anwenden, um zu klären, ob dort Wasser verbraucht worden ist. Es lag und liegt im Verantwortungsbereich des Antragstellers, sich um eine Ablesung des Zwischenzählers zum Zeitpunkt des Eigentums-/Nutzungsüberganges auf seine Person bzw. spätestens nach Erhalt des strittigen Gebührenbescheides zu kümmern, um einen etwaigen Verbrauch von Wasser durch den Nutzer des Grundstückes …_ zu ermitteln und intern mit diesem abzurechnen.
Sollte es zwischenzeitlich zu einer solchen Ablesung des privaten Wasserzählers und möglicherweise auch zu internen Abrechnungen des Verbrauchs gekommen sein, so könnten diese Informationen ergänzende Grundlage für eine geschätzte Verteilung des Wasserbrauchs auf die einzelnen Veranlagungszeiträume sein. Der Antragsteller wäre im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gehalten, diese Informationen offen zu legen bzw. auch verbindlich zu erklären, dass es derartige Ablesungen und Abrechnungen nicht gegeben hat. Von der Mitwirkungspflicht umfasst ist auch die Mitteilung, wo sich der private Wasserzähler für das Grundstück befindet. Zwar verklagt der Antragsteller gegenwärtig den Eigentümer bzw. Nutzer des Grundstückes … auf Übermittlung der Zählerstände, was für einen Standort auf diesem Grundstück spricht; andererseits sprechen die Formulierungen in dem Kaufvertrag dafür, dass sich dieser Zwischenzähler auf dem Grundstück des Antragstellers befindet, weil er dort den Zugang gewährleisten soll. Insoweit ist es nicht ausgeschlossen, dass geklärt werden kann, ob und wenn ja das Grundstück … in dem Zeitraum vom 4. September 2015 bis 16. September 2020 genutzt wurde und ob insoweit eine interne Abrechnung des Verbrauchs auf Grundlage des Zwischenzählers stattfand. Der Senat weist darauf hin, dass den Antragsteller (bzw. seine bevollmächtigte Enkelin) im Hinblick darauf, dass das Grundstück unbewohnt ist und dass sich die Anlagen zur Versorgung des Grundstücks … (nach dem Kaufvertrag) in dem Verantwortungsbereich des Eigentümers des Grundstücks … befinden, eine besondere Pflicht zur Mitwirkung bei der Ermittlung der für die Gebührenerhebung maßgeblichen Tatsachen- bzw. hier Schätzungsgrundlagen trifft, die – worauf auch der Antragsgegner zutreffend hinweist – in der Vergangenheit nicht optimal erfüllt wurde. Es erscheint unrealistisch, dass weder der Antragsteller noch die bevollmächtigte Enkelin den Wasserzählerstand nach dem Eigentumserwerb in den Blick genommen haben. Deshalb ist es auch nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller bzw. seine bevollmächtigte Enkelin den Widerspruch zwischen dem tatsächlichen und dem in den Bescheiden angegebenen Zählerstand hätten bemerken können oder sogar bemerkt haben. Im Hinblick auf die zumindest teilweise drohende Festsetzungsverjährung geht der Senat deshalb davon aus, dass der Antragsgegner zur Wahrung der Festsetzungsfrist berechtigt ist, für noch nicht festsetzungsverjährte Veranlagungszeiträume Gebührenbescheide auf Grundlage einer Schätzung zu erlassen, denen eine gleichmäßige Verteilung des Verbrauchs (mittels Hochrechnung im System) zugrunde gelegt werden kann, wenn sich weitere Umstände – z. B. bei unterbleibender Mitwirkung des Antragstellers – nicht rechtzeitig aufklären lassen. Für die Zukunft sollte dringend zwischen den Beteiligten geklärt werden, ob es bei dem gemeinsamen Anschluss für die beiden Grundstücke bleibt oder die schon einmal durch den Insolvenzverwalter am 17. Oktober 2016 beantragte, aber nicht weiter verfolgte Trennung der Grundstücksanschlüsse realisiert wird. Auch sollte der Antragsteller in besonderem Maße in den Blick nehmen, dass üblicherweise im September oder Oktober eines Jahres die reguläre Ablesung der Wasserzählerstände zu erwarten ist.
d. Da die Höhe der Vorauszahlungen sich an der Höhe der im Veranlagungszeitraum festgesetzten Gebühren orientiert, ist die aufschiebende Wirkung anteilig in entsprechender Weise wie für die Gebührenfestsetzung anzuordnen.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Bei der Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die Beschwerde nicht vollumfänglich, sondern nur hinsichtlich der Verbrauchsgebühren und nicht hinsichtlich der Grund- und Oberflächenwassereinleitungsgebühr erhoben wurde. Insoweit verbleibt es bei der auf Grundlage des § 154 Abs. 1 VwGO getroffenen Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts.
Die Festsetzung des für die Kostenberechnung maßgebenden Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, Anh. § 164 Rdnr. 14). Danach beträgt der Streitwert in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ¼ des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts in Höhe des streitgegenständlichen Geldbetrages. Streitgegenständlich ist im Beschwerdeverfahren ein Gesamtbetrag von 15.087,49 €, der sich zum einen aus dem Betrag der festgesetzten Verbrauchsgebühren von 7.137,49 € (= 3.627,13 € für Trinkwasser und 3.510,36 € für Abwasser) und zum anderen aus dem fünffachen Betrag der im Beschwerdeverfahren noch streitgegenständlichen Vorauszahlungen (808,00 € für Trinkwasser + 782,00 € für Abwasser = 1.590,00 €), also 7.950,00 €, zusammensetzt. Dabei berücksichtigt der Senat, dass zwischenzeitlich alle Vorauszahlungen fällig sind bzw. die fünfte Vorauszahlung in Kürze fällig wird. Ein Viertel dieses Betrages von 15.087,49 € beträgt 3.771,87 €.
Hinweis:
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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