Arbeitsrecht

Verwaltungsobersekretär, Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2018, Verlängerte Einbringungsfrist aufgrund Erkrankung, Antrag auf weitere Verlängerung aus Fürsorgepflicht, Entschädigung

Aktenzeichen  M 5 K 20.2921

Datum:
4.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 17907
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UrlMV § 7
BeamtStG § 45
VwGO § 75

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die als Untätigkeitsklage nach § 75 Sätze 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2018 nachträglich 12 Tage Urlaub zu gewähren, hilfsweise eine finanzielle Entschädigung für diese 12 Urlaubstage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage ist zulässig. Über den am … März 2020 bzw. … Mai 2020 gestellten Antrag des Klägers auf Verlängerung der Einbringungsfrist des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2018 hat die Beklagte innerhalb von drei Monaten nicht entschieden, wofür kein sachlicher Grund ersichtlich ist. Ein zureichender Grund ließ sich dem Vortrag nicht entnehmen. Insbesondere geht der Verweis der Beklagten auf die gesetzlichen Regelungen der Bayerischen Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV) fehl, da der Kläger eine Entscheidung in seinem konkreten Einzelfall im Rahmen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht begehrte.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung der Einbringungsfrist des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2018.
aa) Eine weitere Verlängerung ist nach den gesetzlichen Regelungen der Bayerischen Urlaubs- und Mutterschutzverordnung ausgeschlossen; der verbliebene Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2018 ist mit Ablauf des 31. März 2020 verfallen.
Gemäß § 7 Abs. 1 UrlMV soll der Erholungsurlaub möglichst im laufenden Kalenderjahr voll eingebracht werden. Urlaub, der nicht bis zum … April des folgenden Jahres angetreten ist und nicht nach § 8 angespart wird, verfällt. Diese Frist kann angemessen verlängert werden, wenn die dienstlichen Belange es zulassen. Sie ist bis längstens … März des übernächsten auf das Kalenderjahr folgenden Jahres zu verlängern, wenn die Einbringung des Urlaubs auf Grund einer Dienstunfähigkeit nicht möglich war.
Da der Kläger vorliegend von Herbst 2018 bis Februar 2020 durchgehend dienstunfähig erkrankt war, ist die Einbringungsfrist des Urlaubs aus dem Jahr 2018 (14 Arbeitstage) von der Beklagten nach § 7 Abs. 1 Satz 4 UrlMV bis … März 2020 verlängert worden. Die Frist stellt eine Höchstfrist dar („bis längstens“); eine weitere Verlängerung ist – unabhängig davon, ob der Beamte die Umstände der Nichteinbringung des Urlaubs zu vertreten hat – nicht möglich. Grund für die zeitliche Begrenzung ist, dass dem Zweck des Erholungsurlaubs nach dieser Zeit nicht mehr entsprochen werden kann (Baßlsperger in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Januar 2022, BayBG, Art. 93 Rn. 63). Der Übertragungszeitraum von 15 Monaten ist zudem vom Europäischen Gerichtshof gebilligt worden (EuGH, U.v. 22.11.2011 – C 214/10 – NJW 2012, 290, juris).
Nachdem der Kläger innerhalb dieser Frist lediglich zwei Tage Urlaub genommen hat; hinsichtlich der weiteren 12 Tage Erholungsurlaub aus dem Jahr 2018 jedoch keinen Urlaubsantrag gestellt hat, ist dieser Urlaubsanspruch verfallen.
bb) Auch die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 des Beamtenstatusgesetzes / BeamtStG) gebietet es nicht, dienstunfähig erkrankte Beamte, die aufgrund der Dienstunfähigkeit nicht in der Lage sind, Urlaub bis Ablauf des maximalen Übertragungszeitraumes zu nehmen, vor jedem unverschuldeten Rechtsverlust zu bewahren (vgl. zur Regelung des § 11 Abs. 3 UrlV BY: BayVGH, B.v. 15.7.2016 – 3 ZB 15.2146 – juris). Nach dem Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub verfallen (Rest-) Urlaubsansprüche mit Ablauf des Zeitraums, bis zu dem Erholungsurlaub maximal übertragen werden kann, ausnahmslos und auch ohne Rücksicht auf die Gründe, aus denen der (Rest-) Urlaub nicht rechtzeitig eingebracht werden konnte (BVerwG, B.v. 27.10.1982 – 2 B 95.81 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 15.7.2016 – 3 ZB 15.2146 – juris Rn. 6).
Soweit der Kläger geltend macht, dass er nicht nur aufgrund der Erkrankung, sondern auch durch das Verhalten seines Vorgesetzten an der Geltendmachung seines Urlaubsanspruchs gehindert worden sei, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn der Urlaubsanspruch des Klägers aus dem Jahr 2018 ist bereits um den maximalen Zeitraum von 15 Monaten verlängert worden, sodass er mit Ablauf dieses Zeitraums – unabhängig von den konkreten Gründen, aus denen der Urlaub nicht rechtzeitig eingebracht werden konnte – verfallen ist. Es ist im vorliegenden Fall auch unerheblich, ob der ehemalige Vorgesetzte des Klägers diesen tatsächlich an der Einbringung seines Urlaubs gehindert hat. Hierfür sind auch keine konkreten Tatsachen dargelegt. Dem im Schriftsatz vom … April 2022 hilfsweise gestellten Beweisantrag, den Vorgesetzten A. M. zu dessen (angeblichem) Mobbingverhalten zu vernehmen, ist nicht nachzukommen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verfall des Urlaubs nach dem … März 2020 für Urlaubstage aus dem Jahr 2018 durch das Verhalten des Vorgesetzten herbeigeführt worden wäre. Denn der Kläger hat angegeben, dass er sich bis zum … März 2020 in der Wiedereingliederung befunden habe und daher nur zwei Urlaubstage aus dem Jahr 2018 vor dem … März 2020 habe nehmen können.
b) Auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die 12 Urlaubstage besteht nicht.
Nach der Rechtsprechung setzt eine auf Schadensersatz gerichtete Klage einen dahingehenden, vor Klageerhebung an die Behörde zu richtenden Antrag voraus. Es handelt sich hierbei nicht um eine bloße Sachurteilsvoraussetzung, sondern um eine Klagevoraussetzung. Dieser Schadenersatzanspruch muss vor Klageerhebung im Verwaltungsverfahren in erkennbarer Form an die Behörde herangetragen werden, sodass diese nicht erst im Prozess damit konfrontiert wird (BayVGH, B.v. 29.10.2013 – 3 ZB 09.1593 – juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 15.7.1977 – II B 36.76 – Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 66). Dabei muss der Schadensersatzanspruch in bescheidbarer Weise konkretisiert werden, da der Dienstherr nur so in die Lage versetzt wird, die Angelegenheit einer verwaltungsinternen Prüfung zu unterziehen und durch eine denkbare Abhilfe oder aber nähere Begründung seines Standpunktes einen Rechtsstreit mit dem Beamten zu vermeiden. Das kann auch durch einen Widerspruch erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2001 – 2 C 48/00 – BVerwGE 114, 350 – juris Rn. 15 f.; VG München, U.v. 13.7.2017 – M 5 K 15.976 – juris Rn. 18).
Einen solchen Antrag hat der Kläger vorliegend nicht gestellt. Vielmehr wurde der Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung erstmals in der mündlichen Verhandlung am … Mai 2022 geltend gemacht. Darüber hinaus liegen auch die weiteren Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht vor. Insbesondere ist vorliegend weder eine Fürsorgepflichtverletzung der Dienstherrin (s.o.) noch ein Verschulden dieser gegeben.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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