Arbeitsrecht

1 W-VR 1/21

Aktenzeichen  1 W-VR 1/21

Datum:
26.3.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:260321B1WVR1.21.0
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Tatbestand

1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz für seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.
2
Der 1972 geborene Antragsteller ist Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes und seit 2006 Berufssoldat. Er wurde mit Wirkung vom 2. Januar 2020 zum Stabsfeldwebel befördert. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März 2027 enden. Er wurde zum Fluggerätemechanikerfeldwebel Fachrichtung Bodendienstgeräte ausgebildet und bis Ende Juni 2009 auch in dieser Funktion eingesetzt. Seit Juli 2010 wurde er als Innendienstbearbeiter und seit April 2013 als Kompaniefeldwebel verwendet. Von Juli 2018 bis Ende März 2020 war er als militärischer Nachrichtenfeldwebel und Kompaniefeldwebel beim … eingesetzt. Zum 1. April 2020 wurde er auf einen Dienstposten als Kompaniefeldwebel beim … versetzt.
3
Am 5. August 2019 schlug ihn sein Disziplinarvorgesetzter für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Auswahljahr 2020 in den Werdegangskennungen der Luftwaffe 14A/14AH01 (Luftfahrzeugbodengerätetechniker) und 15A/15AC02 (Militärkraftfahrlehrer) vor.
4
Die vom 27. Januar 2020 bis 13. Februar 2020 durchgeführte Auswahlkonferenz der Luftwaffe für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Jahr 2020 ordnete den Antragsteller wegen seiner Ausbildung zum Fluggerätemechanikerfeldwebel der Fachrichtung Bodendienstgeräte der allgemeinen Luftfahrzeugtechnik zu. Da er in einer entsprechenden Fachtätigkeit allerdings seit Juli 2010 nicht mehr verwendet worden war, schloss sie ihn wegen fehlender fachlicher Bewährung in der Fachlichkeit von der weiteren Betrachtung aus.
5
Mit Bescheid vom 19. März 2020, dem Antragsteller ausgehändigt am 2. Juni 2020, lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Zulassungsvorschlag ab. Für eine Zulassung in der Offizierverwendung, der er aufgrund seiner Fachtätigkeit als Portepeeunteroffizier zuzuordnen sei, lägen mehr Anträge vor, als nach strukturellem Bedarf und haushalterischen Möglichkeiten zugelassen werden könnten. Die Auswahlkonferenz habe nur Bewerber vorgeschlagen, deren Eignungs- und Leistungsbild günstiger sei als das des Antragstellers.
6
Unter dem 3. Juni 2020 beschwerte sich der Antragsteller hiergegen. Ihm sei mitgeteilt worden, er könne nur in der AVR 14AH01 für die Zulassung betrachtet werden. Er werde seit fast 10 Jahren als Kompaniefeldwebel eingesetzt. Ihm sei aber erst im April 2020 die ATN zuerkannt worden, um im Aufgabenbereich Stabsdienst/Personalwesen betrachtet werden zu können. Außerdem habe er die ATN für den Bereich militärische Sicherheit, sei in dieser Verwendung jedoch nicht betrachtet worden. Er habe in den quantifizierbaren Kriterien der GAIP 51-01-00 Anlage 10 einen Punktsummenwert von 785,6 erreicht. Seine Potentialfeststellung hätte einen Gesamtindex von 47 ergeben. Nach seiner Laufbahnbeurteilung sei er in außergewöhnlichem Maße zum Offizier des militärfachlichen Dienstes geeignet. In seiner letzten Beurteilung sei ein entsprechender Verwendungshinweis erfolgt. Er sei gelernter Kfz-Mechaniker, im Fachbereich Bodendienstgeräte ausgebildet und habe in fast 15 Jahren entsprechender Verwendungen seine Qualifikation und sein Leistungsbild nachgewiesen. Er sei nie darüber belehrt worden, dass ihm die Verwendung als Kompaniefeldwebel Nachteile im Laufbahnaufstieg bringen könne. Nur wegen dieser Verwendung sei er in der Auswahlkonferenz schlechter gestellt worden.
7
Unter dem 2. Dezember 2020 legte der Antragsteller Untätigkeitsbeschwerde ein. Diese wertete das Bundesministerium der Verteidigung als Antrag auf gerichtliche Entscheidung, den es mit einer Stellungnahme vom 8. Februar 2021 dem Senat vorlegte (1 WB 10.21).
8
Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2021 beantragte der Antragsteller, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zur Ausbildung der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zuzulassen. Dem Begehren half das Bundesministerium der Verteidigung nicht ab.
9
Der Antragsteller macht geltend, die Eilbedürftigkeit ergebe sich daraus, dass die Ausbildung bereits begonnen habe. Seine nachträgliche Einsteuerung erschwere den Ausbildungsfortschritt. Ihm drohten laufbahnrelevante, geldwerte Nachteile, sollte die Ausbildung nicht mehr in diesem Jahr beginnen können. Seine Nichtauswahl sei rechtswidrig. Sein Punktsummenwert von 785,6 ermögliche seine Auswahl. Ihm dürfte nicht zum Nachteil gereichen, dass er außerhalb der technischen Verwendung eingesetzt werde, für die er eine ATN besitze. Er verfüge über umfangreiche technische Erfahrungen und habe sich in seiner aktuellen Verwendung herausragend bewährt. Seine Leistungsfähigkeit und Eignung für den Laufbahnwechsel belege der in einer ATN-fremden Verwendung erzielte hohe Punktsummenwert. Es handele sich um einen Härtefall, der von der Vorschriftenlage nicht abgedeckt werde und unter Gleichbehandlungsaspekten und nach dem Auswahlverfahrensanspruch eine besondere Behandlung fordere. Mit seinem Punktsummenwert habe er sich im Leistungsvergleich durchgesetzt und hätte ausgewählt werden müssen. Es treffe nicht zu, dass kein Leistungsvergleich durchgeführt worden sei, da ein Punktsummenwert gebildet und er in die Reihung eingefügt worden sei. Die Vorschriften zur Auswahl für den Laufbahnwechsel in der Luftwaffe führten bei jedem möglichen Verständnis dazu, dass ihm als hervorragend leistungsfähigem Soldaten wegen seiner langen fachfremden Verwendung die Möglichkeit zum Laufbahnwechsel genommen werde. Im Sinne der Chancengerechtigkeit hätte er in einem anderen Werdegang betrachtet werden müssen, in dem er faktisch verwendet worden ist. Dies sei aus Fürsorgegründen unerlässlich. Die Personalführung hätte ihn entweder auf Laufbahnachteile durch die AVR-fremde Verwendung hinweisen oder dem entgegensteuern müssen. Es treffe zwar zu, dass er auf seinen Wunsch hin als Kompaniefeldwebel verwendet worden sei. Er habe aber weder auf seine AVR noch auf seine Ausbildung Einfluss nehmen können. Für die Verwendung als militärischer Nachrichtenfeldwebel habe er die notwendige Ausbildung absolvieren müssen. Zwischen Juli 2010 und Juni 2018 sei er aber nicht auf Dienstposten eingesetzt gewesen, auf denen eine für den Erwerb einer anderen AVR notwendige Ausbildung möglich gewesen wäre. Die Möglichkeit, zum Laufbahnwechsel vorgeschlagen zu werden, habe zudem erst für das Auswahljahr 2014/2015 bestanden.
10
Der Antragsteller beantragt,
die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig bis zur bestandskräftigen Entscheidung über seine Beschwerde zur Ausbildung in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zuzulassen.
11
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
12
Es führt aus, es fehle an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller könne ohne laufbahnrechtliche Nachteile nachträglich zum 1. Oktober 2020 zugelassen werden, wenn er ab April 2021 bis Juli 2021 am Offizierlehrgang teilnehme. Die Ausbildung zum Offizier des militärfachlichen Dienstes erfolge nach Kapitel 5.5.2 der Bereichsvorschrift C1-227/0-2001 in drei Phasen, nämlich Fachschulausbildung, Offizierlehrgang und militärfachliche Ausbildung, die nicht zwingend aufeinander aufbauen oder in dieser Reihenfolge absolviert werden müssten. Auch wenn er erst nach dem Beginn des Offizierlehrganges im April 2021 rückwirkend zugelassen würde, entstünden ihm keine schweren und unzumutbaren Nachteile, da er dann zum nächstmöglichen Termin in die Ausbildung eingesteuert und schadlos gestellt würde. Er habe auch keinen Anordnungsanspruch. Eine Verpflichtung, ihn zum Laufbahnaufstieg zuzulassen, bestünde nur, wenn dies allein ermessensgerecht wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Für die Entscheidung der Auswahlkonferenz würden auch die streitkräftegemeinsamen Bedarfsträgerforderungen des bis 14. Juli 2020 geltenden Zentralerlasses B-1340/78 gelten. Gemäß Anlage 4.4 dieses Zentralerlasses werde ein über mehrere Jahre bestätigtes herausragendes Eignungs- und Leistungsbild in der Spitzengruppe des Werdeganges gefordert und die bestätigte herausragende fachliche Qualifikation vorausgesetzt. Hieraus leite Nr. 8.2.1 der Gemeinsamen Arbeitshilfen und Informationen für die Personalbearbeitung KeNr. 51-01-00 ab, dass Bewerber des Uniformträgerbereiches Luftwaffe für den entsprechenden Werdegang in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes betrachtet und hierzu geeignete Feldwebel in ihrer werdegangsbestimmenden Fachtätigkeit identifiziert würden. Ausschlaggebend sei grundsätzlich die Verwendung, für die der Bewerber auf der Ebene eines Feldwebels ausgebildet, verwendet und mindestens einmal planmäßig beurteilt worden sei. Da der Antragsteller in den letzten knapp 10 Jahren nicht im beantragten Werdegang verwendet worden sei, liege für ihn kein aktuelles Eignungs- und Leistungsbild in diesem Werdegang vor, so dass nicht beurteilt werden könne, ob er in dem beantragten Werdegang zur Spitzengruppe gehöre und ein herausragendes Eignungs- und Leistungsbild aufweise. Die Bewährung des Antragstellers als Innendienstbearbeiter und Kompaniefeldwebel sei für die Zulassung zum Laufbahnaufstieg in dem beantragten Werdegang unerheblich. Es handele sich nicht um einen Härtefall. Der Antragsteller sei zwischen Juli 2010 und Ende Juni 2018 sowie seit April 2020 auf eigenen Wunsch als Innendienstbearbeiter und Kompaniefeldwebel eingesetzt worden und verfüge deshalb nicht über eine aktuelle Beurteilung in seinem Werdegang, die ihn dem Spitzenpersonal dieses Werdegangs zuordne. Auf mögliche Folgen für den Laufbahnaufstieg habe er auch nicht vor den genannten Verwendungen hingewiesen werden müssen. Dass der Antragsteller an dem Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes interessiert gewesen sei, sei für die Personalführung nicht absehbar gewesen und von ihm auch nicht geäußert worden. Der Antragsteller habe es versäumt, sich selbst rechtzeitig um die Erfüllung der Voraussetzungen für diesen Laufbahnwechsel zu bemühen und versuche nun sein Versäumnis der Personalführung anzulasten. Es treffe nicht zu, dass ein Soldat auf seine Verwendung und die Zuordnung zu einer AVR keinen Einfluss nehmen könne. Dies zeige der freiwillige Wechsel des Antragstellers in die Verwendung als militärischer Nachrichtenfeldwebel vom Juli 2018 bis Ende März 2020. Der Antragsteller könne auch Einfluss auf seinen Werdegang nehmen. Er habe für das Auswahljahr 2021 erneut die Zulassung zum Laufbahnaufstieg beantragt und erfülle nunmehr aufgrund seiner Ausbildung und einer zwischenzeitlich absolvierten Verwendung die Voraussetzungen für die Zulassung in der Werdegangskennung der Luftwaffe 16BC01 (Nachrichtenpersonal).
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.


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