Arbeitsrecht

5 C 15/19 D

Aktenzeichen  5 C 15/19 D

Datum:
26.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:260221U5C15.19D0
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

1. Das verwaltungsgerichtliche Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren ist ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG.
2. Ein Träger der kommunalen Selbstverwaltung ist an einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur dann “in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts” im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG beteiligt, wenn er in diesem Verfahren sein Selbstverwaltungsrecht gegenüber einem anderen Träger öffentlicher Gewalt geltend macht.

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 1. Oktober 2019, Az: OVG 3 A 7.18, Urteil

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über eine Entschädigung für die überlange Dauer eines Kostenerinnerungsverfahrens, das sich an ein abgabenrechtliches Klageverfahren angeschlossen hat.
2
Kläger ist der Bürgermeister der Stadt W., die Trägerin der örtlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ist. Nach Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gegen einen von ihm in diesem Zusammenhang erlassenen Gebührenbescheid stellte er einen Kostenfestsetzungsantrag, über den die Urkundsbeamtin mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. Oktober 2014 entschied. Hiergegen leitete der Kläger mit Schriftsatz vom 12. November 2014 das Erinnerungsverfahren ein, woraufhin die Urkundsbeamtin mit Abhilfebeschluss vom 29. Dezember 2014 einen weiteren Erstattungsbetrag zugunsten des Klägers festsetzte, eine von ihm geforderte Kostengrundentscheidung zu Lasten der Landeskasse aber verweigerte. Diese erging durch ergänzenden Beschluss vom 28. November 2017, der am 18. Dezember 2017 versandt wurde, nachdem der Kläger sie mehrfach angemahnt und schließlich Verzögerungsrüge erhoben hatte. Der Kläger hat im Juni 2018 bei dem Oberverwaltungsgericht Entschädigungsklage erhoben und wegen der aus seiner Sicht unangemessenen Dauer des Erinnerungsverfahrens von mindestens 31 Monaten von dem beklagten Land die Zahlung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile begehrt, die 3 100 € nicht unterschreiten soll. Das Erinnerungsverfahren habe innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden können.
3
Das Oberverwaltungsgericht hat die Entschädigungsklage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger sei zur Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nicht aktivlegitimiert, weil er nicht Verfahrensbeteiligter im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG sei. Träger der öffentlichen Verwaltung wie Gemeinden seien danach nur dann Verfahrensbeteiligte, wenn sie in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts am Verfahren beteiligt seien. Diese Voraussetzung sei nur gegeben, wenn das Selbstverwaltungsrecht – anders als hier – selbst Streitgegenstand des als überlang gerügten Ausgangsverfahrens gewesen sei.
4
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Entschädigungsbegehren weiter. Er trägt insbesondere vor, es sei nach § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG ausreichend, dass sich das streitige Rechtsverhältnis im gerichtlichen Verfahren auf die Ausübung eines Selbstverwaltungsrechts zurückführen lasse. Die Befugnis zur Heranziehung der Nutzer einer öffentlichen Einrichtung sei Teil der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG, sodass denklogisch nicht nur der Erlass des Gebührenbescheides, sondern auch dessen Verteidigung vor Gericht eine Wahrnehmung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung sei. Eine unangemessene Verfahrensdauer schädige außerdem die Refinanzierung der kommunalen Selbstverwaltungsträger, sodass deren Ausschluss vom Entschädigungsanspruch des § 198 GVG nicht nur dem Grundgedanken der Entschädigungsregelung widerspreche, sondern auch mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG in ihrer Ausprägung als kommunale Finanzhoheit nicht vereinbar sei. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei außerdem anerkannt, dass Art. 19 Abs. 4 GG auch für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelte.
5
Das beklagte Land verteidigt die angegriffene Entscheidung.


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