Arbeitsrecht

Abgeordnete, Petitionsadressaten / Grundrechtsverpflichtete, Anspruch auf Petitionsbehandlung durch einzelnen Abgeordneten (verneint)

Aktenzeichen  M 30 K 19.6427

Datum:
11.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10796
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 17
BV Art. 115

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Nach Anhörung der Beteiligten – und ausdrücklicher Zustimmung des Klägers mit Schreiben vom … März 2020 – konnte das Gericht durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 84 Abs. 1 VwGO).
Soweit der Kläger im Schreiben vom … Dezember 2020 im Hinblick auf eine Kostenrechnung vom … Dezember 2020 nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe äußerte, er habe seine Klage nur unter den „Vorbehalt“ der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, lässt sich dies dem Klageschriftsatz vom … Dezember 2019 gerade nicht entnehmen. Vielmehr bringt der Kläger im zweiten Absatz seines Schreibens vom … Dezember 2019 eine Klageerhebung deutlich zum Ausdruck und im dritten Absatz einen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dass der Kläger nur eine Klage beabsichtigen, aber mit Schreiben vom … Dezember 2019 noch nicht erheben wollte, ist nicht erkennbar. Folglich erfolgte nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags mit Beschluss vom … September 2020 ein richterlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer Klagerücknahme, auf die der Kläger jedoch mit inhaltlichen Ausführungen zur Klagebegründung reagierte.
Die Klage ist unzulässig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass sich der Beklagte mit seiner Petition befasst und dies verbescheidet.
Der klägerseits geltend gemachte Anspruch aus Art. 17 Grundgesetz (GG) und Art. 115 Bayerische Verfassung (BV) kann gegenüber dem Beklagten nicht bestehen. Dieser ist nicht Petitionsadressat und Grundrechtsverpflichteter im Sinne von Art. 17 GG (vgl. Klein in Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, 88. EL, Art. 17 Rn. 111 m.w.N. – beck-online; Jarass/Pieroth, GG, 16. Auflage 2020, Art. 17 Rn. 6; Brocker in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, Art. 17 Rn. 21 – beck-online; a. A. Pagenkopf in Sachs, Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 17 Rn. 10 m.w.N.) bzw. im Sinne von Art. 115 BV (BayVerfGH, E.v. 3.8.1967 – Vf. 43-VI-67 – beck-online). Zwar sind Abgeordnete Teil der Volksvertretung, Art. 17 GG meint jedoch die Volksvertretung als Institution (Uerpmann-Wittzack in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 6. Auflage 2012, Art. 17 Rn. 22 – beck-online). Abgeordnete sind bereits nicht in der Lage, dem Gesuchstellenden einen Petitionsbescheid zu erteilen (BayVerfGH a.a.O.). Einzelne Abgeordnete können allenfalls als Boten für die Übermittlung von Petitionen an die Volksvertretung fungieren (Uerpmann-Wittzack, a.a.O.).
Zwar bemängelt der Kläger nachvollziehbar, dass er zumindest eine Empfangsbestätigung und Rückmeldung erwartet hätte, wenn sich der Beklagte nicht als zuständig erachte. Hierauf kann der Kläger jedoch aus Art. 17 Grundgesetz oder Art. 115 BV keinen einklagbaren Anspruch gegenüber dem Beklagten als Abgeordneten ableiten. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. August 1967 ausgeführt, dass der Bürger zwar ohne weiteres Eingaben auch an einzelne Landtagsabgeordnete richten kann, die ihm persönlich bekannt sind oder zu denen er besonderes Vertrauen habe, er genieße aber insoweit nicht den Schutz des Art. 115 BV und dem einzelnen Abgeordneten würden dadurch, dass ihm solche Schreiben zugehen, keine verfassungsrechtlichen Pflichten erwachsen (BayVerfGH, E.v. 3.8.1967 – Vf. 43-VI-67 – beck-online).
Darum, ob möglicherweise eine Verpflichtung darauf bestehen könnte, dass ein Abgeordneter eine erkennbar nicht nur an ihn, sondern an die Volksvertretung gerichtete Petition entsprechend weiterleitet (vgl. Klein in Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, 88. EL, Art. 17 Rn. 111 m.w.N. – beck-online), geht es dem Kläger aufgrund seiner deutlichen Einlassung im Schreiben vom … Juni 2020 gerade nicht.
Eine fehlende Eingangsbestätigung und Rückmeldung an den Kläger durch den Beklagten stellen entgegen der klägerischen Einschätzung im Übrigen zweifelsfrei kein menschenverachtendes Verhalten dar.
Die Klage ist daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung richtet sich nach § 84 Abs. 1 Satz 3, § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben