Arbeitsrecht

Abschussplan für Rehwild

Aktenzeichen  M 7 K 14.1557

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG BJagdG § 21
BayJG BayJG Art. 32

 

Leitsatz

1 Die Pächter eines Gemeinschaftsjagdreviers sind ebenso wie der Eigenjagdinhaber gegen die Festsetzungen des Abschussplans klagebefugt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Festsetzung des Abschussplans steht der Behörde kein Ermessen zu. Die verschiedenen Belange sind nach den Zielvorgaben des Gesetzgebers abzuwägen mit dem Ziel des Interessenausgleichs zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen Intentionen andererseits. (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei den abzuwägenden Belangen ist neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung, zu berücksichtigen. (redaktioneller Leitsatz)
4 Der Waldumbau durch vermehrte Pflanzung von Laubhölzern und Tannen verfolgt ökologische Zwecke und ist bei der Abschussregelung zu berücksichtigen. Zur Sicherstellung eines gesunden Mischwaldes ist die Abschusserhöhung geeignet, die zu hohe Verbissbelastung zu reduzieren. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 26. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2014 ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kläger als Pächter des Gemeinschaftsjagdreviers … sind für die erhobene Anfechtungsklage klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Gegen die Festsetzung eines Abschussplans ist in der Regel der jagdausübungsberechtigte Revierinhaber, d. h. der Eigenjagdinhaber ebenso wie im Falle der Verpachtung der Jagdpächter, klagebefugt (Nick/Frank, Das Jagdrecht in Bayern, Kommentar, § 21 BJagdG/Art. 32 BayJG/§§13-17 AV BayJG, S. 249).
Nach § 21 Abs. 2 Bundesjagdgesetz (BJagdG), Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Jagdgesetz (BayJG) und §§ 14 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2, 15 Abs. 1 Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) sind für Rehwild für jeweils drei Jagdjahre Abschusspläne aufzustellen, die von der Jagdbehörde im Einvernehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen oder festzusetzen sind. Der Abschuss des Wildes ist nach § 21 Abs. 1 BJagdG so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft vor Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben sowie die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigt werden. Innerhalb der hierdurch gebotenen Grenzen soll die Abschussregelung dazu beitragen, dass ein gesunder Wildbestand aller heimischen Tierarten in angemessener Zahl erhalten bleibt und insbesondere der Schutz von Tierarten gesichert ist, deren Bestand bedroht erscheint. Bei der Abschussplanung ist neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG).
In die Entscheidung sind die gesetzlich geregelten öffentlich- und privatrechtlichen Belange einzustellen und mit dem Ziel eines Interessenausgleichs zwischen den volkswirtschaftlichen und landeskulturellen Belangen einerseits und den jagdlichen Intentionen andererseits abzuwägen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 3 C 62/89 – juris Rn. 25). Dabei kommt dem Interesse am Schutz des Waldes wegen der überragenden Bedeutung des Waldes für das Klima, den Wasserhaushalt, die Sauerstoffproduktion, die Nährstoffspeicherung und die biologische Vielfalt ein Vorrang gegenüber den jagdlichen Interessen zu (BVerwG, U.v. 30.3.1995 – 3 C 8/94 – juris Rn. 45; BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 94; vgl. § 1 Nr. 1 BWaldG, Art. 1 Abs. 1 BayWaldG und § 1 Abs. 2 Satz 2, § 21 Abs. 1 BJagdG). Dementsprechend sind nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen, d. h. nachhaltigen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG) forstwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden und nach Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayJG die Waldverjüngung zu gewährleisten (BayVGH, a. a. O.).
Bei der Festsetzung des Abschussplans steht der Behörde kein Ermessen (BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 3 C 62/89 – juris Rn. 25) und auch kein gerichtlich nicht nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BayVGH, U.v. 7.11.1996 – 19 B 93.956 – juris Rn. 51). Das Gericht prüft, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt richtig gewertet und die verschiedenen Belange entsprechend der Zielvorgabe des Gesetzgebers zutreffend abgewogen hat (BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 3 C 62/89 – juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 30.4. 1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 38; BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 91; OVG RP, U.v. 13.8.1997 – 8 A 10391/96 – juris Rn. 25; OVG NRW, U.v. 1.8.2014 – 16 A 805/13 – juris Rn. 29 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 7.1.2016 – OVG 11 S 76.15 – juris Rn. 9). Allerdings ist die Abschusszahl auch nicht mathematisch-logisch, etwa anhand einer normativen Formel zu bestimmen, sondern der Behörde insoweit eine gewisse Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt, und die Prüfung des Gerichts darauf beschränkt, ob die Höhe des Abschusses sich noch in einem vertretbaren Zahlenrahmen hält (BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 3 C 62/89 – juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 91; BayVGH, U.v. 30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 37 ff; OVG RP, U.v. 13.8.1997 – 8 A 10391/96 – juris Rn. 27).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die im Widerspruchsbescheid festgesetzte Abschusszahl i. H. v. 369 Stück Rehwild für die Jagdjahre 2013/2014/2015 nicht zu beanstanden.
Ausgangspunkt und Grundlage jeglicher Abschussplanung ist das gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 3 BayJG einzuholende Gutachten, welches den Zustand der Vegetation und der Waldverjüngung insbesondere im Hinblick auf die Einwirkungen des Rehwildes auf diesen Zustand feststellen soll (BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 95). Vorliegend sind daher das hegegemeinschaftsbezogene Forstliche Gutachten 2012 und die ergänzende Revierweise Aussage 2012 maßgeblich. Das Forstliche Gutachten des AELF T. kommt zu dem Ergebnis, dass der Verbiss in der Hegegemeinschaft Unteres A. insgesamt tragbar sei, es aber innerhalb der Hegegemeinschaft große regionale Unterschiede gebe. Es wird empfohlen, den Ist-Abschuss beizubehalten sowie innerhalb der Hegegemeinschaft im Anhalt an die ergänzenden Revierweisen Aussagen zu differenzieren. Nach der ergänzenden Revierweisen Aussage zur Verjüngungssituation ist der Verbiss im Gemeinschaftsjagdrevier … deutlich zu hoch und gegenüber dem vorangegangenen Gutachten von 2009 unverändert. Der starke Verbissdruck ließe Tanne und Laubhölzern keine Chance ohne Schutz aufzuwachsen. Weiter wird ausgeführt, dass alle vier beteiligten Jagdreviere im …wald eine gemeinsame Strategie verfolgen müssten, andernfalls drohe das eingeleitete Projekt zum Umbau des …walds insbesondere in … am hohen Verbissdruck zu scheitern.
Die Kläger haben gegen die Forstlichen Gutachten eingewandt, diese seien fehlerhaft, da die dort getroffenen Aussagen von Vermutungen und falschen Annahmen ausgingen. Es werde unterstellt, dass man Verbissmuster trennscharf voneinander abgrenzen könne. Dies sei falsch, weshalb eine Abschusserhöhung in Bezug auf die Forstverjüngung auch keinen positiven Effekt haben könne, da der aufgenommene Verbiss nicht in diesem Umfang vom Rehwild stamme. Diesen Einwänden der Kläger ist nicht zu folgen.
Das gerichtlich eingeholte Gutachten vom 11. Mai 2015 kommt zu dem Schluss, dass der vorgefundene Verbiss vom Rehwild stamme. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung dazu erläutert, dass er aufgrund seiner Erfahrung Verbissschäden eindeutig zuordnen könne, da je nach fressendem Tier ein glatter oder fransiger Verbiss entstehe. Die von den Klägern angeführte wissenschaftliche DNA-Untersuchung zur Aufklärung der Bissverursacher schätze er als fachlich völlig ungeeignet ein. Aufgrund der gutachterlichen Aussage hat das Gericht keine Zweifel, dass in den Forstlichen Gutachten die Verbissschäden dem Rehwild richtig zugeordnet wurden. Auch wenn es bislang keine wissenschaftlich belegte Methode gibt, die mit absoluter Sicherheit den Verbiss einer Tierart zuordnen kann und selbst DNA-Analysen dies unter natürlichen Bedingungen nicht leisten können, gilt es als anerkanntes Fachwissen, dass Verbissbilder der verschiedenen Tierarten in den meisten Fällen aufgrund spezifischer anatomischer Eigenschaften eindeutig zugeordnet werden können (vgl. Bayerischer Landtag, Drs. 16/16491 vom 22. Mai 2013). Die Anweisungen zur Erstellung des forstlichen Gutachtens schreiben vor, dass eine Pflanze in Zweifelsfällen als nicht vom Schalenwild verbissen aufzunehmen ist. Die Kammer sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgaben bei der Erstellung der forstlichen Gutachten missachtet wurden.
Die von den Klägern erhobenen Einwände gegen die bei der Erstellung der Forstlichen Gutachten angewandte Methodik greifen nicht durch. Es wird bemängelt, das Vegetationsgutachten stütze sich, wie wohl alle Gutachten seit 1986, auf den prozentualen Anteil der verbissenen Pflanzen, ohne die Aufnahmefläche zu berechnen oder zu benennen. Ferner werde weder die Vegetationsdichte noch der Anteil der nicht verbissenen Pflanzen berücksichtigt. Im Gesetz ist nicht näher geregelt, wie die Forstbehörden den Zustand der Vegetation und die Waldverjüngung im Einzelnen zu ermitteln haben (BayVGH, U.v.30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 53). Bei der Erstellung der forstlichen Gutachten wird die Anweisung des bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in der jeweils aktuellen Fassung („Anweisung für die Erstellung der forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung“) herangezogen. Es ist bereits geklärt, dass Art und Weise der Gutachtenerstellung und die angewandte Methodik nicht zu beanstanden sind (vgl. BayVGH, U.v.30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 52 ff.; VG Augsburg, U.v. 8.10.2014 – Au 4 K 14.811 – juris Rn. 39).
Die Widerspruchsbehörde hat die gesetzlich zu berücksichtigenden Belange abgewogen und bei der Festsetzung der Abschusszahl die Bandbreite vertretbarer Entscheidungen eingehalten. Bei der Festlegung der Abschusshöhe wurde der Maßstab des Art. 32 Abs. 1 S. 2 BayJG angelegt, wonach neben der körperlichen Verfassung des Wildes vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung zu berücksichtigen ist. In der Bescheidsbegründung hat die Behörde dazu erläutert, dass im Gemeinschaftsjagdrevier … seit 2003 die Verbissbelastung als „zu hoch“ bzw. „deutlich zu hoch“ einzustufen sei. Durch die Reduzierung der ursprünglich angesetzten Abschusszahl von 400 auf 369 Stück Rehwild trage die Widerspruchsbehörde der Tatsache Rechnung, dass der Waldanteil im Gemeinschaftsjagdrevier … (1/3 des 600 ha großen Eigelwalds) und die Situation im …wald stärker gewichtet werden müssten. Es erfolge eine Veränderung der Geschlechterverhältnisse und eine Erhöhung des Abschusses der Zuwachsträger (Geißen und Kitze) bei Senkung der ursprünglich angesetzten Gesamtzahl. Der Verbissdruck solle damit reduziert werden, so dass eine Waldverjüngung ohne Zäune möglich sei. Bislang lasse der starke Verbissdruck Tanne und Laubhölzern keine Chance, ohne Schutz aufzuwachsen. Wichtig sei, dass die beteiligten Jagdreviere eine gemeinsame Strategie entwickelten, um das eingeleitete Projekt zum Waldumbau zu realisieren.
Die Ausführungen lassen keine Fehler bei der Ermittlung und Abwägung des relevanten Sachverhalts erkennen. Die unter Berücksichtigung der langjährig beobachteten Verbissbelastung, des Waldanteils im Jagdrevier und der Situation im …wald vorgenommene Erhöhung der Ist-Abschusszahl des vorangegangenen Dreijahreszeitraums ist nicht zu beanstanden. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG legt als Gesetzeszweck fest, dass die Beeinträchtigung einer ordnungsgemäßen forstwirtschaftlichen Nutzung durch Wild möglichst zu vermeiden ist, insbesondere die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen zu ermöglichen ist. Eine ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung hat sich an den Zwecken und Zielen der Waldgesetze zu orientieren (vgl. § 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 BWaldG, Art. 1, Art. 14 BayWaldG). Im …wald wurde 2008 ein Brennpunktprojekt mit überregionaler Bedeutung gestartet, um exemplarisch Möglichkeiten zum Waldumbau von durch Klimawandel besonders gefährdeten Wäldern zu finden. Durch vermehrte Pflanzung von Baumarten wie Laubhölzern und Tanne sollen die nährstoffarmen und sauren Böden saniert werden. Der Waldumbau und die damit verfolgten ökologischen Zwecke sind bei der Abschussregelung zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, U.v. 30.4.1992 – 19 B 91.1220 – juris Rn. 43 ff.). Dementsprechend hat die Behörde darauf abgestellt, dass die festgesetzte Abschusszahl zum Gelingen des eingeleiteten Waldumbaus hin zu einem stabilen, artenreichen Mischwald beitragen soll. Die Forstlichen Gutachten mit ihren Ausführungen zur Verbissbelastung zeigen, dass die bisherigen Erhöhungen nicht ausgereicht haben, um den Verbissdruck zu senken.
Das im gerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten kommt teilweise zu besseren Einschätzungen hinsichtlich der Verjüngungsmöglichkeiten als die forstlichen Gutachten des AELF. Jedoch ergibt sich, dass auch bei Zugrundelegung des eingeholten Gutachtens – soweit ihm gefolgt werden kann – der Abschuss in der vorliegenden Höhe festgesetzt werden durfte. Die darin enthaltenen Ausführungen sind nur zu Teilen verwertbar, da der Gutachter einen falschen Bewertungsmaßstab gewählt hat. Im Einzelnen:
Das Sachverständigengutachten geht von den Grundsätzen des Wildschadensersatzrechts aus (§ 29 i. V. m. § 32 Abs. 2 BJagdG). Demnach ist lediglich der Wildschaden an ungeschützten Hauptholzarten ersatzfähig, nicht hingegen der Schaden an Bäumen, die durch Einbringen anderer als der im Jagdbezirk vorkommenden Hauptholzarten einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt sind, wenn die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist. Der Sachverständige fasst vorliegend Fichte und Kiefer unter die im Gebiet vorkommenden Hauptholzarten. Hingegen legt Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 BayJG fest, dass Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch das Wild möglichst zu vermeiden sind, insbesondere die Bejagung die natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen ermöglichen soll. Standortgemäße Baumarten sind nach Art. 4 Nr. 2 BayWaldG solche Baumarten, deren ökologische Ansprüche mit den erfassten Standorteigenschaften (Umweltbedingungen) übereinstimmen, die vital und bei angemessener Pflege ausreichend stabil sind und die keine negativen Einflüsse auf den Standort haben. Aus der Behördenakte ergibst sich, dass neben der Fichte und der Kiefer auch Tanne und Laubhölzer in der Hegegemeinschaft Unteres A. als standortgemäße Baumarten anzusehen sind. Nach der Rechtsprechung (BayVGH, U.v. 30.4.1992 – 19 B 91.1208 – juris Rn. 61) findet zwar das Ziel, über die Abschussregelung die Verjüngung und Bewahrung standortgemäßer Wälder zu erreichen, durch § 32 Abs. 2 BJagdG seine Grenze. Das heißt, dass Verbissschäden an nach dieser Vorschrift ungeschützten Nichthauptholzarten nicht zu einer Erhöhung des Abschusses zwingen, denn insoweit soll der Schaden vom Waldbesitzer selbst vermieden werden. Vorliegend ist jedoch nicht der Verbiss an eingebrachten Nichthauptholzarten Grund für eine Abschusserhöhung. Vielmehr wurde die Abschusszahl deswegen hochgesetzt, um das Aufwachsen von Laubhölzern und Tannenpflanzen zur Realisierung eines gesunden Mischwalds sicherzustellen (vgl. BayVGH, a. a. O.).
Während die ergänzende Revierweise Aussage zu dem Schluss kommt, dass die Naturverjüngung bzw. das Aufwachsen von Pflanzungen bei den im Revier vorkommenden Baumarten nur „teilweise möglich“ oder „nicht möglich“ sei, schätzt der Sachverständige die natürliche Verjüngungsmöglichkeit und den Aufwuchs von Pflanzungen bei Fichte und Kiefer als „möglich“ und bei der Tanne als „teilweise möglich“ ein. Auch bei Zugrundelegung der Aussagen des eingeholten Gutachtens mit der besseren Einschätzung des Wachstumspotentials geht das Gericht von einer rechtmäßigen Abschussfestsetzung i. H. v. 369 Stück aus.
Die Vertreterin des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend ausgeführt, dass auch bei Unterstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme eine Erhöhung des Abschusssolls um bis zu 20% gerechtfertigt sei, da vorrangiges Ziel die Weiterentwicklung des Waldbestandes mit dem Ziel der Rückkehr zum ursprünglich vorhandenen Mischwaldbestand sei. Da diese Zielsetzung, wie aufgezeigt, als ordnungsgemäße Waldbewirtschaftung im Rahmen der Abschussplanung zu berücksichtigen ist, hat in dem noch laubholz- und tannenarmen Gebiet die Bejagung so zu erfolgen, dass ein gesunder Mischwald aufwachsen kann. Nach dem vom Sachverständigen vorgelegten Gutachten könnten bislang nur Fichte und Kiefer ohne Schutzmaßnahmen natürlich verjüngt werden (Einstufung als „möglich“), die Tanne weise eine „Tendenz zu möglich“ auf; gleiches gelte für das Aufwachsen von Forstkulturen. Bei Edellaubholz schätzt der Sachverständige ein Aufwachsen als Heister als „teilweise möglich“ ein, Eichensämlinge müssten geschützt werden. Demnach ist eine natürliche Verjüngung der Baumarten außer bei Fichte und Kiefer im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen nicht möglich, da die Eiche, Edellaubhölzer und teilweise die Tanne, mithin die Bäume, die vorrangig für den Waldumbau benötigt werden, sich nicht problemlos verjüngen können. Damit ist auch bei Heranziehung der gutachterlichen Aussagen eine Erhöhung des Abschusses nicht zu beanstanden.
Für die Beurteilung, ob ein vertretbarer Zahlenrahmen bei der behördlichen Festsetzung eingehalten wurde, kann der Rechtsgedanke des § 16 Abs. 1 Sätze 2, 3 AVBayJG herangezogen werden. Nach dieser Flexibilisierungsvorschrift kann bei den für drei Jagdjahre aufgestellten Abschussplänen für Rehwild abhängig von der Bewertung der Verbissbelastung durch das letzte vor der Abschussplanung erstellte forstliche Gutachten vom festgesetzten oder bestätigten Abschuss abgewichen werden. Die Abweichungsmöglichkeit beträgt bei einer günstigen oder tragbaren Bewertung des Verbisses 20% nach oben und unten, bei einer Bewertung der Verbissbelastung als zu hoch bis zu 20% nach oben und bei einer Bewertung als deutlich zu hoch bis zu 30% nach oben. Bei der Bestimmung der Bandbreite der behördlichen Entscheidungsmöglichkeiten können diese Vorgaben als Anhaltspunkt herangezogen werden. Die von der Behörde getroffene Erhöhung der Abschusszahlen um 16,71% gegenüber dem Ist-Abschuss des vorangegangenen Dreijahreszeitraum ist somit nicht zu beanstanden.
Soweit der Sachverständige mit dem Gutachten zu dem Schluss kommt, dass eine „satte Abschusserhöhung“ nicht erforderlich sei, handelt es sich bei der Frage nach der Abschusszahl um eine Rechtsfrage und war daher vom Gutachterauftrag nicht umfasst. Wenn im Sachverständigengutachten festgestellt wird, man könne auch mit anderen Maßnahmen ein Aufwachsen sicherstellen (z. B. durch die Einbringung von Heistern, durch Schutzmaßnahmen), ist dies für die Abschussplanung unerheblich, da sich nach der gesetzlichen Zielsetzung die standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen verjüngen sollen.
Soweit die Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung am 9. März 2016 eingewendet haben, der festgesetzte Abschuss habe von ihnen nicht erfüllt werden können, da nicht genügend Rehwild vorhanden sei, sieht das Gericht dies als Schutzbehauptung an. Nach der Sachlage im Zeitpunkt der behördlichen Festsetzung, die bei der gerichtlichen Prüfung maßgeblich ist (vgl. VG Freiburg, U.v. 24.9.2008 – 1 K 430/08 – juris Rn. 27 f.; vgl. auch die Änderungsvorschrift des § 15 Abs. 3 AVBayJG), durfte die Behörde davon ausgehen, dass die Kläger in der Lage sein werden, die festgesetzte Anzahl zu erfüllen. Für einen zu geringen Wildbestand gab es keine Anhaltspunkte. So haben die Kläger den Abschusssoll des vorangegangenen Dreijahreszeitraums in Höhe von 315 Stück sogar geringfügig übererfüllen können. Einen hohen Wildbestand hat im Übrigen auch der gerichtlich bestellte Sachverständige durch einen Rückschluss aus dem hohen Fallwildanteil angenommen. Weiter besteht im Jagdrevier eine hohe Verjüngungswilligkeit, so dass nahe liegt, dass der Wildbestand der begrenzende Faktor ist und der anhaltend starke Verbiss aufgrund einer zu hohen Rehwildpopulation auftritt (vgl. BayVGH, U.v. 19.5.1998 – 19 B 95.3738 – juris Rn. 97; BayVGH, U.v. 7.11.1996 – 19 B 93.956 – juris Rn. 55).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 5 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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