Arbeitsrecht

Änderungen von Vertragsbedingungen mit den Änderungskündigungen

Aktenzeichen  12 Ca 13884/15

Datum:
24.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 138062
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2, § 4 S. 1, § 6, § 7
ZPO § 130 Nr. 3, § 256 Abs. 1
BGB § 194, § 199, § 214 Abs. 1, § 307 Abs. 1 S. 2
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 S. 1, S. 2, § 13

 

Leitsatz

1. Von einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG ist regelmäßig das Begehren umfasst, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat (so genannter erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff). Eine Kündigungsschutzklage wahrt daher die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG auch für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem Termin der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger ihre Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz explizit geltend gemacht und mit einem Antrag nach § 4 S. 1 KSchG erfasst hat. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer erstinstanzlich erfolgreichen Kündigungsschutzklage überwiegt das Interesse des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers, ihn nicht weiter zu beschäftigen. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Entgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und deshalb jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist deshalb ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist nach allgemeinen Grundsätzen der Leiharbeitnehmer. Die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung hat entsprechend § 130 Nr. 3 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen. (Rn. 66 – 68) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit den Änderungskündigungen vom 29.06.2016 und vom 28.07.2016 unwirksam sind.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.07.2016 nicht beendet wurde.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 30.04.1997 und des Änderungsvertrags vom 28.08.2010 als Kfz-Meister weiter zu beschäftigen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 67%, der Kläger zu 33%.
6. Der Streitwert wird auf € 51.713,20 festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zum Teil zulässig und begründet.
I.
Hinsichtlich des Rechtswegs und der örtlichen Zuständigkeit kann auf das Teilurteil vom 07.07.2016 Bezug genommen werden.
II.
Die Änderungsschutzanträge (Anträge Ziffern 7 und 8) gegen die Änderungen der Vertragsbedingungen im Zusammenhang mit den Änderungskündigungen vom 29.06.2016 und vom 28.07.2016 sind zulässig und begründet.
Die Beklagte hat erklärt, an diesen Änderungen nicht mehr festhalten zu wollen, was der Kläger angenommen hat.
III.
Der Kündigungsschutzantrag (Antrag Ziffer 11) gegen die Kündigung vom 29.07.2016 ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig.
Es handelt sich bei der Kündigung vom 29.07.2016 um eine eigenständige weitere Kündigung, es wurde nicht die Kündigung vom 28.07.2016 nochmals erklärt. Dies ergibt sich aus dem anderen Datum und dem anderen Fortsetzungsangebot.
Der Kündigungsschutzantrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil das Änderungsangebot angenommen wurde. Entgegen der Argumentation des Klägers liegt in der unter Vorbehalt erklärten Annahme des im Zusammenhang mit der Änderungskündigung 28.07.2016 gemachten Angebots (vgl. Anlage K 22 = Bl. 238f. d.A.) nicht auch die Annahme des mit der Kündigung vom 29.07.2016 verknüpften Angebots. Die per Anwaltsschriftsatz erklärte Annahme bezieht sich ausdrücklich auf das Angebot im Zusammenhang mit der Kündigung vom 28.07.2016. Zwischen den Änderungsangeboten bestehen auch signifikante Unterschiede insbesondere hinsichtlich des Einsatzortes.
Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig.
2. Der Antrag ist auch begründet.
a. Die Wirksamkeit der Kündigung vom 29.07.2016 wird nicht gemäß §§ 4, 7 KSchG fingiert, da der entsprechende fristgerechte Angriff auf diese Kündigung in dem in der Klageerweiterung vom 16.08.2016 enthaltenen Änderungsschutzantrag bezüglich der Kündigung vom 28.07.2016 bereits enthalten war und der Kläger vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung auch einen expliziten punktuellen Kündigungsschutzantrag gegen die Kündigung vom 29.07.2016 gestellt hat aa. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Änderung im Zusammenhang mit der Kündigung vom 28.07.2016 innerhalb der Dreiwochenfrist gem. §§ 4, 7 KSchG, 167 ZPO angegriffen wurde.
bb. Demgegenüber wurde der punktuelle Kündigungsschutzantrag gegen die Kündigung vom 29.07.2016 weit mehr als drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung anhängig gemacht; es wurde auch innerhalb der Frist des § 4 KSchG kein allgemeiner Feststellungsantrag gestellt.
bb. Dies ist indes nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der vorliegenden Konstellation auch nicht erforderlich.
Von einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist regelmäßig das Begehren umfasst, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat (so genannter erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff). Dies setzt voraus, dass es bis zu eben diesem Auflösungszeitpunkt – einschließlich seiner selbst – durch keinen anderen Tatbestand geendet hat. Etwas anderes gilt, wenn der Kläger den Gegenstand eines Kündigungsschutzantrages (konkludent) auf die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung begrenzt hat und das Gericht sodann auf die Unwirksamkeit der Kündigung erkennt, ohne dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer früher wirkenden Kündigung bereits rechtskräftig entschieden wäre. In einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG liegt damit regelmäßig zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Kündigungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfalten sollen. Eine Kündigungsschutzklage wahrt daher die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG auch für eine Folgekündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem Termin der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger ihre Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz explizit geltend gemacht und mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erfasst hat. Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 6 KSchG (BAG vom 18.12.2014 – 2 AZR 163/14, NZA 2015, 635, Orientierungssätze 2 bis 4).
cc. Dieser Rechtsprechung folgt die Kammer. Sie ist vor dem Hintergrund des punktuellen Streitgegenstandsbegriffs konsequent. Ein in seiner reinen Form angewandter punktueller Streitgegenstand ist mit der in § 6 KSchG zum Ausdruck kommenden Wertung nicht zu vereinbaren.
Die Entscheidung vom 18.12.2014 ist offenbar auch grundsätzlich gemeint, auch wenn die mit ihr verbundene Abwendung von der früheren Rechtsprechung desselben Senats (z.B. BAG vom 22.03.2012 – 2 AZR 224/11, NJOZ 2012, 2088) nicht deutlich gemacht wird.
dd. Die neue Rechtsprechung ist auch entgegen der Argumentation der Beklagten trotz der Unterschiede im Sachverhalt auf den hier vorliegenden Fall übertragbar.
Im BAG-Sachverhalt waren die angefochtene erste Kündigung und die Folgekündigung jeweils Beendigungskündigungen. Im vorliegenden Fall wurden zwei Änderungskündigungen ausgesprochen, bei der der Arbeitnehmer der mit der ersten Änderungskündigung angebotenen Vertragsänderung unter Vorbehalt zustimmte und Änderungsschutzklage erhob. Entsprechend der Argumentation des BAG (a.a.O., Rz. 21ff.) ist das mit dem Änderungsantrag verfolgte Rechtsschutzziels die Feststellung des unveränderten Weiterbestehens des Arbeitsverhältnisses. Auch in der Konstellation im vorliegenden Fall war es für die Beklagte aufgrund des Änderungsschutzantrags erkennbar, dass der Kläger Beendigungstatbestände nicht gegen sich gelten lassen wollte, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch vor oder gleichzeitig mit dem angestrebten Änderungstermin bewirken konnten, denn die Änderungsschutzklage konnte nur dann Erfolg haben, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu dem fraglichen Termin nicht beendet oder anderweitig geändert wurde.
ee. Mit dem gegen die Änderung vom 28.07.2016 gerichteten Antrag wurde damit die Frist für eine Klage gegen die Änderungskündigung vom 29.07.2016 gewahrt. Der Kläger hat auch entsprechend § 6 KSchG vor Schluss der mündlichen Verhandlung einen punktuellen Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG gestellt.
b. Die Kündigung ist nicht sozial gerechtfertigt und damit unwirksam, § 1 KSchG.
aa. Die Kündigung ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Die Beklagte hat die soziale Rechtfertigung lediglich damit begründet, zum Kündigungszeitpunkt sei der Auftrag der B. AG für die Überlassung des Klägers mit Ablauf des 23.12.2016 beendet gewesen und weitere für den Kläger aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung passende Aufträge der B. AG seien nicht vorgelegen. Mit dem Vortrag des Klägers, Nachfolgeaufträge für den Kläger von der B. AG seien regelmäßig erst kurz vor dem Jahreswechsel eingegangen, hat sich die Beklagte nicht auseinander gesetzt. Dieser Vortrag war relevant für die im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG zu treffende Prognoseentscheidung. Die Beklagte hätte diesen Vortrag entweder bestreiten müssen oder darlegen, aus welchem Grund sie im Jahr 2016 nicht mehr mit einer Verlängerung des Auftrags rechnete. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Umstands, dass von der B. AG der Auftrag in der Tat noch verlängert worden wäre.
bb. Weiterhin fehlt Vortrag der Beklagten dazu, welche Anstrengungen sie angesichts des nicht verlängerten Auftrags für eine Weiterbeschäftigung des Klägers unternommen hat. Der Vortrag des Beklagtenvertreters im Kammertermin vom 24.03.2017, es habe entsprechende Anfragen gegeben, die allerdings erfolgslos gewesen seien, ist unsubstantiiert.
cc. Die Kündigung ist auch deshalb unwirksam, weil der Kläger offenbar – entsprechend dem Änderungsangebot – auf einer Stelle als Automechaniker weiter beschäftigt werden konnte. In diesem Zusammenhang ist aber von der Beklagten nicht weiter dargelegt, weshalb die dem Kläger im Zusammenhang mit der Änderungskündigung angebotene Änderung erhebliche Gehaltsreduzierung erforderlich war. Die Beklagte hat sich hier nicht auf eine Tarifautomatik oder eine innerbetriebliche Vergütungssystematik berufen. Allein der Umstand, dass der Kläger nicht mehr als Meister, sondern nur noch als Mechaniker beschäftigt werden konnte, rechtfertigt nicht ohne weiteres die ihm angebotene Gehaltsreduzierung. Ein Änderungsangebot ohne Gehaltsabsenkung oder mit einer weniger deutlichen Gehaltsabsenkung wäre deshalb ein milderes Mittel gewesen, so dass die erklärte Kündigung auch wegen Unverhältnismäßigkeit unwirksam ist.
IV.
Der Kläger hat auch mit seinem Weiterbeschäftigungsantrag (Ziffer 16) Erfolg. Bei einer erstinstanzlich erfolgreichen Kündigungsschutzklage überwiegt nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts das Interesse des Klägers an einer Weiterbeschäftigung gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers, ihn nicht weiter zu beschäftigen. Entgegenstehende Gesichtspunkte hat die Beklagte nicht vorgetragen.
V.
Die Anträge 12., 14., 17. und 18. sind nicht zur Entscheidung angefallen.
VI.
Die Feststellungsanträge Ziffer 13 und 15 sind mangels Rechtsschutzinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig.
Dem Änderungsschutzantrag (Ziffer 13) fehlt das Rechtsschutzinteresse, da das Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt angenommen wurde, dem allgemeinen Feststellungsantrag fehlt es, weil neben den einzelnen durch punktuellen Kündigungsschutzantrag angegriffenen Kündigungen keine weiteren Beendigungstatbestände im Raum stehen.
VII.
Die Zahlungsanträge sind zulässig, aber nicht begründet.
1. Die unter Klageantrag Ziffer 3. geltend gemachten Vergütungsdifferenzen für Zeiträume aus den Jahren 2011 und 2012 sind nicht begründet. Soweit sich die geltend gemachten Ansprüche auf das Jahr 2011 beziehen, sind sie jedenfalls mit Wirkung des § 214 Abs. 1 BGB gemäß §§ 194, 199 BGB verjährt. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 BGB am 31.12.2011, so dass mit Ablauf des 31.12.2014 Verjährung eintrat. Die Beklagte hat sich in der Klageerwiderung vom 22.04.2016 auch auf die Einrede der Verjährung berufen.
Im Übrigen sind diese Ansprüche ebenso wie die aus dem Jahr 2012 nach der Verfallsklausel in Ziffer XI. des Arbeitsvertrags (Bl. 55 d.A.) verfallen. Die Klausel enthält eine zweistufige Verfallsanordnung, von der nur die zweite Stufe unwirksam ist. Die beiden Stufen sind jedoch sowohl sprachlich als auch inhaltlich abtrennbar, so dass nach Streichung der zweiten Stufe die erste Stufe – eine Verfallsklausel, falls der Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht wird -nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Blue-Pencil-Test bestehen bleibt.
2. Auch die geltend gemachten Equal-Pay-Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG sind nicht begründet.
a. § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („Equal-Pay“).
b. Eine Abweichung hiervon erlaubt indes § 10 Abs. 4 S. 2 AÜG durch einen Tarifvertrag nach § 9 Nr. 2 AÜG mit der Folge, dass der Entleiher nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss.
Eine solche Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung setzt aber neben dem Bestehen eines entsprechenden Tarifvertrags gemäß § 9 Nr. 2 AÜG die Anwendbarkeit dieses Tarifvertrags auf das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis voraus.
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. In der Vereinbarung vom 26.08.2010, bei der es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten handelt, heißt es, „des Weiteren“ gelte „die Anlehnung an den Tarifvertrag zwischen der BZA und dem DGB“. Hierin liegt keine, jedenfalls keine im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB klare und verständliche Regelung der Anwendbarkeit eines einschlägigen Tarifvertrags gemäß § 9 Nr. 2 AÜG.
Wenn die Beklagte, was angesichts der Interessenlage naheliegend erscheint, die Anwendbarkeit eines solchen Tarifvertrags hätte regeln wollen, hätte sie die Klausel unschwer entsprechend formulieren können.
Was mit einer „Anlehnung“ gemeint ist, bleibt unklar. „Anlehnung“ ist gerade keine unmittelbare oder analoge Anwendung einer Norm, sondern vielmehr eine Argumentation mit der Wertung einer explizit nicht anwendbaren Regelung für einen verwandten Sachverhalt.
Unklar ist auch die Einleitung des fraglichen Satzes „Des Weiteren…“: Ist dies eine Einschränkung der Anlehnungsanordnung, falls ja, inwiefern wird die Anlehnung eingeschränkt? Weiterhin wird nicht klar, an welchen Tarifvertrag hier angelehnt werden soll: Handelt es sich um eine dynamische oder statische Anlehnung, welcher Regelungsinhalt des Tarifvertrags ist gemeint und welche Fassung welchen Tarifvertrags kommt in Betracht?
c. Die Anträge haben dennoch keinen Erfolg, da der Kläger der ihm obliegenden Darlegungslast nicht genügt hat.
aa. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Entgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und deshalb jeweils für die Dauer der Überlassung besteht.
Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs ist deshalb ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe des Anspruchs ist nach allgemeinen Grundsätzen der Leiharbeitnehmer (BAG – 7 AZR 146/12, NZA 2013, 782, Rz. 21). Dabei sind das im Betrieb der Entleiherin einem Stammarbeitnehmer gewährte Vergleichsentgelt und das dem Leiharbeitnehmer vom Verleiher gezahlte Entgelt miteinander zu saldieren. Die Höhe der Differenzvergütung ist für jeden Überlassungszeitraum getrennt zu ermitteln (BAG – 5 AZR 604/14, NZA 2016, 422, Orientierungssatz 1).
Die Darlegung des Gesamtvergleichs und die Berechnung der Differenzvergütung hat entsprechend § 130 Nr. 3 ZPO schriftsätzlich zu erfolgen (BAG – 5 AZR 556/12, NZA 2014, 313, Orientierungssatz 3).
bb. Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht.
Das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen und im Prozess darzulegen, ist die Auskunft nach § 13 AÜG (BAG – 7 AZR 146/12, NZA 2013, 782, Rz. 23). Eine solche hat der Kläger nicht vorgelegt.
Er hat im Übrigen nicht beziffert, welches Entgelt der von ihm genannte Kollege M. in welchem in Bezug genommenen Zeitraum insgesamt erzielt hat und diesem auch nicht das an den Kläger in diesem Zeitraum gezahlte Entgelt gegenübergestellt. Die Darlegung, in welcher Höhe einzelne Vergütungsbestandteile (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Erfolgsbeteiligung) ein vergleichbarer Mitarbeiter – möglicherweise – erhalten hätte, kann eine solche Gesamtsaldierung nicht ersetzen.
Dem Gericht erschließen sich auch die zu saldierenden Einzelbeträge nicht aus den Schriftsätzen.
III.
Die Kostenverteilung ergibt sich aus § 92 ZPO, wobei unter Einbeziehung des Teilurteils vom 07.07.2016 eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen war, in die auch die Teilklagerücknahme in der Kammerverhandlung vom 07.07.2016 einzubeziehen war.
Im Rahmen der Kostenentscheidung ergibt sich ein Gesamtstreitwert von 72.645,80 €. Dabei wurden für die Anträge 7. und 8. jeweils ein Bruttogehalt in Höhe von 4.857,81 € festgesetzt sowie für die Anträge 11. bis 14. ein Quartalsentgelt, während der allgemeine Feststellungsantrag und der Antrag Ziffer 13 nicht gesondert bewertet wurden.
Nicht erfolgreich ist die Klage mit den Anträgen Ziffer 3., 6., 9. und 10., also insgesamt in Höhe von 23.856,34 €. Daraus ergibt sich die tenorierte Unterliegensquote.
Der nach § 61 ArbGG im Schlussurteil festzusetzende Rechtsmittelstreitwert addiert sich aus den im Schlussurteil noch auszuurteilenden Streitgegenständen.
IV.
Gegen dieses Schlussurteil können beide Parteien nach Maßgabe der nachfolgenden Rechtsbehelfsbelehrung:gemäß § 64 Abs. 2 lit. b und c ArbGG Berufung zum Landesarbeitsgericht München einlegen. Sofern sich die Berufung nicht gegen die Entscheidung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses richtet, ist sie nur zulässig, falls der Beschwerdewert 600,00 € übersteigt.


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