Arbeitsrecht

Amtsangemessene Beschäftigung, hier: Postnachfolgeunternehmen

Aktenzeichen  6 B 19.1776

Datum:
27.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 1252
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 5, Art. 143b Abs. 3 S. 1
PostPersRG § 4 Abs. 4 S. 2, § 6
BBG § 44
VwGO § 130a
BGB § 242

 

Leitsatz

1. Nach 4 Abs. 4 S. 2 PostPersRG iVm Art. 143b Abs. 3 S. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG finden die anerkannten Strukturprinzipien des Beamtenrechts auch bei der Weiterbeschäftigung eines Beamten der Deutschen Bundespost bei deren privaten Nachfolgeunternehmen grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anspruch eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung ist auch bei einer Zuweisung an ein Tochterunternehmen eines Postnachfolgeunternehmen zu gewährleisten, wobei im Hinblick auf einen bestehenden Personalüberhang über die nach § 6 PostPersRG eröffnete Möglichkeit zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes auch die vorübergehende unterwertige Beschäftigung eines Beamten zulässig ist (stRspr BVerwG BeckRS 2016, 54102). (Rn. 17 und 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der vorübergehende Charakter einer unterwertigen Beschäftigung setzt eine zeitliche Befristung oder Bestimmbarkeit voraus; eine vorübergehende Beschäftigung ist daher dann nicht gegeben, wenn der Zeitraum, für den sie gelten soll, nicht von vornherein zeitlich begrenzt oder begrenzbar, bestimmt oder bestimmbar ist, insbesondere dann nicht, wenn offen ist, ob er überhaupt endet oder für den Betroffenen der vorübergehende Charakter der unterwertigen Beschäftigung von vornherein nicht erkennbar und deren Dauer nicht abschätzbar ist. (Rn. 23 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. Anhaltspunkte für eine unzulässige Rechtsausübung des Beamten dahingehend, dass er eine amtsangemessene Beschäftigung verlangt, obwohl er hierzu aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage ist, sind nicht gegeben, wenn der Dienstherr lediglich Zweifel an der Dienstfähigkeit hat; diesen darf der Dienstherr nicht dadurch begegnen, dass er den Beamten gegen dessen Willen unterwertig beschäftigt und diesem damit die Beweislast für seine Dienstfähigkeit überbürdet. (Rn. 29 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 21 K 18.2879 2019-04-09 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 9. April 2019 – M 21 K 18.2879 – geändert.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger amtsangemessen zu beschäftigen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- ? festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1962 geborene Kläger verlangt von der Beklagten, amtsangemessen beschäftigt zu werden.
Er steht als Postoberamtsrat (gehobener Dienst; Besoldungsgruppe A13z) im Dienst der Beklagten und ist bei einem Postnachfolgeunternehmen beschäftigt. Im Wege der Zuweisung einer Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 4 PostPersRG war er bei der Betriebs-Center für Banken AG (BCB AG), einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der D. P. AG, an deren Dienstort M. beschäftigt und für diese Tätigkeit nach § 13 SUrlV sonderbeurlaubt (“Insichbeurlaubung”). Bei der BCB AG war ihm zunächst bis zum 15. August 2014 die Stelle als Leiter Operations zugewiesen. Nachdem ihm diese Position am 8. August 2014 mündlich entzogen worden war, war der Kläger wegen einer psychischen Erkrankung ab diesem Tag krankgeschrieben. Nach einer Reihe von Untersuchungsanordnungen wurde letztendlich mit Gesundheitszeugnissen vom 9. Juni 2016 und 20. September 2016 festgestellt, dass er nach Durchführung einer Wiedereingliederungsmaßnahme voraussichtlich wieder voll arbeitsfähig sein werde. Ferner wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt.
Der erste Wiedereingliederungsversuch wurde seitens des Klägers im Dezember 2016 mit der Begründung abgebrochen, die Vorgaben aus dem ärztlichen Gutachten seien nicht eingehalten worden. Bei der daraufhin mit Bescheid vom 4. April 2017 angeordneten erneuten Untersuchung wurde bei dem Kläger eine Verbesserung des Gesundheitszustands festgestellt und eine erneute Wiedereingliederungsmaßnahme empfohlen. Nach Absolvierung dieser Maßnahme wurde dem Kläger mit Verfügung vom 26. Januar 2018 mitgeteilt, er werde ab sofort als Consultant Organisation/ Prozesse bei der BCB AG (Eingruppierung TG 6 – 8, entspricht der beamtenrechtlichen Besoldungsgruppe A10 – A12) verwendet. Nach dem am selben Tag ausgehändigten Tätigkeitsprofil sei für die Hauptaufgaben dieser Position eine erhöhte Reisetätigkeit erforderlich, um vor Ort an mehreren Standorten bundesweit die erforderlichen Tätigkeiten auszuüben. Ein adäquater Dienstposten sei derzeit nicht verfügbar, der Kläger befinde sich auf einem Transferplan.
Der Kläger erhob gegen diese Maßnahme Widerspruch und forderte seine “amtsangemessene Beschäftigung”. Der Stellenzuweisung widersprach er ausdrücklich und trete die Stelle lediglich unter dem Vorbehalt der Rechtmäßigkeit der dienstlichen Weisung an. Die Beklagte führte unter dem 6. Februar 2018 hierzu aus, die dem Kläger nunmehr übertragene Tätigkeit entspreche den Anforderungen an die Laufbahn des gehobenen Dienstes. Auch wenn die Bewertungsbandbreite nur bis A12 gehe, sei die Tätigkeit zumindest nach § 6 PostPersRG zumutbar. Betriebliche Gründe erforderten den Einsatz des Klägers, weil das Bemessungsteam, in dem der Kläger eingesetzt werden solle, angesichts des anstehenden Bemessungsprogramms dringend Unterstützung benötige. Mehrmalige Bitten des Klägers um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides, aus dem sich insbesondere auch die Dauer der Zuweisung der Stelle ergebe, blieben unbeantwortet.
Ein Attest vom 13. Februar 2018 bescheinigte dem Kläger, dass er zurzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht reisefähig sei. Per E-Mail vom 16. Februar 2018 teilte die P. AG dem Kläger daraufhin mit, Dienstreisen seien für die übertragene Tätigkeit unverzichtbar. Angesichts der bereits bestehenden Einsatzbeschränkungen und der nun zusätzlichen Restriktion gehe man von einer Dienstunfähigkeit des Klägers aus. Eine Dienstunfähigkeitsuntersuchung wurde angekündigt, erfolgte jedoch zunächst nicht. Nach dem Vortrag des Klägers wurden ihm seit Antritt der neuen Stelle keine Aufgaben zugewiesen. Seine Bitte um Freistellung oder Einrichtung eines Home-Office-Arbeitsplatzes wurde abschlägig beschieden.
Das Verwaltungsgericht hat die am 15. Juni 2018 erhobene Klage auf amtsangemessene Beschäftigung mit Urteil vom 9. April 2019 abgewiesen. Der Beschäftigungsanspruch des Klägers sei derzeit durch die ihm zugewiesene Tätigkeit noch ausreichend erfüllt. Könne eine dem Amt entsprechende Tätigkeit für den Beamten nicht sogleich bereitgestellt werden, könne er nach § 6 PostPersRG vorübergehend auf einem Arbeitsposten von geringerer Bewertung unter Belassung seiner Amtsbezeichnung und seiner Dienstbezüge verwendet werden, wenn betriebliche Gründe es erforderten. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Es bedürfe derzeit noch keinerlei Festlegung der Beklagten auf die Dauer des zugewiesenen Einsatzes. Da auch ansonsten keine Ermessensfehler erkennbar seien, stelle sich die Zuweisung jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch als rechtmäßig dar. Darauf komme es jedoch nicht entscheidungserheblich an, weil dem geltend gemachten Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung der in § 242 BGB verankerte Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Das Gericht habe erhebliche Zweifel an der möglichen faktischen Inanspruchnahme des geltend gemachten Rechts, da gewichtige Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger dauernd dienstunfähig im Sinn des § 44 Abs. 1 BBG sei.
Der Kläger hat gegen das Urteil die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung eingelegt und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 9. April 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger amtsangemessen zu beschäftigen.
Ihm seien seit Amtsantritt keine konkreten Aufgaben zugewiesen worden. Er sitze beschäftigungslos herum. Diesem Vortrag sei die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Die Voraussetzungen des § 6 PostPersRG, auf den die Beklagte die Zuweisung gestützt habe, seien nicht erfüllt. Zum einen fehle die erforderliche Festlegung eines bestimmten Zeitraumes für die Zuweisung der unterwertigen Tätigkeit, welche bereits mit Erlass der Verfügung erfolgen müsse, da diese Angabe für die Wahrung der Rechte des Betroffenen wesentlich sei. Bereits daraus folge die Rechtswidrigkeit der Zuweisungsverfügung. Zudem lägen die erforderlichen betrieblichen Gründe nicht vor. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus das Ergebnis der letzten amtsärztlichen Untersuchung nicht durch eine eigene Einschätzung ersetzen dürfen.
Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben 28. November 2019 gemäß § 130a VwGO darauf hingewiesen, dass eine Stattgabe der Berufung durch Beschluss in Betracht kommt, weil er die Berufung einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Hierzu haben sich die Beteiligten geäußert. Die Beklagte bat mit dem Hinweis darauf, dass sich der Kläger am 2. Dezember 2019 zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen habe, zunächst um Aufschub der Entscheidung. Später legte sie das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 9. Januar 2020 vor, worin die weitgehend uneingeschränkte Dienstfähigkeit des Klägers festgestellt wird. Der Bitte der Beklagten, die gerichtliche Entscheidung angesichts ihrer nunmehr aufgenommenen Bemühungen, eine amtsangemessene Tätigkeit für den Kläger zu akquirieren, bis auf weiteres zurückzustellen, hat sich der Kläger widersetzt.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die – zulässige – Berufung des Klägers nach entsprechender Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Sache ist entscheidungsreif. Für die von der Beklagten begehrte – weitere – Zurückstellung einer Entscheidung besteht kein Grund.
Die vom Kläger im Berufungsverfahren weiterverfolgte Klage auf amtsangemessene Beschäftigung ist als Verpflichtungsklage statthaft (vgl. VGH BW, U.v. 16.3.2009 – 4 S 2235/07 – juris Rn. 18) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsschutzinteresse ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte im Berufungsverfahren mitgeteilt hat, sie sei nunmehr dabei, “eine Tätigkeit für den Kläger zu akquirieren, die die Voraussetzungen der amtsangemessenen Beschäftigung zweifelsfrei erfüllt”; denn dabei handelt es sich lediglich um eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu, der von der Beklagten mit dem durch Schreiben vom 26. Januar 2018 verfügten Einsatz als Consultant Organisation/Prozesse bei der BCB AG nicht erfüllt wird. Demnach ist das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte antragsgemäß zur amtsangemessenen Beschäftigung des Klägers zu verpflichten.
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.
Jeder Inhaber eines statusrechtlichen Amtes kann gemäß Art. 33 Abs. 5 GG beanspruchen, dass ihm ein abstrakt-funktionelles Amt sowie ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt, d.h. ein entsprechender Dienstposten, übertragen werden. Dieser Anspruch wird für den Bereich der Postnachfolgeunternehmen weder durch höherrangiges noch durch einfaches Bundesrecht verdrängt oder verändert. Mit Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG wird klargestellt, dass die Beschäftigung von Beamten bei privaten Unternehmen verfassungsrechtlich zulässig ist und die gemäß Art. 33 Abs. 5 GG anerkannten Strukturprinzipien des Beamtenrechts auch bei der Weiterbeschäftigung der Beamten der Deutschen Bundespost bei deren privaten Nachfolgeunternehmen grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung finden (BVerwG, U.v. 22.6.2006 – 2 C 1.06 – juris Rn. 16 m.w.N.). Dem entspricht § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG, der gemäß Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG das aus Art. 33 Abs. 5 GG abgeleitete Recht eines Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung auch bei einer Zuweisung an ein Tochterunternehmen eines Postnachfolgeunternehmen gewährleistet (BVerwG, U.v. 19.5.2016 – 2 C 14.15 – juris Rn. 16): Die Formulierung der Vorschrift (“nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar”) macht deutlich, dass der Bundesgesetzgeber auch hier am Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung ausdrücklich festgehalten und die Übertragung einer amtsangemessenen Tätigkeit für unabdingbar erachtet hat.
2. Dieser Anspruch des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung wird durch die ihm zuletzt gegen seinen Willen zugewiesene Tätigkeit (inzwischen unstreitig) nicht erfüllt. Das gilt unabhängig davon, ob der Kläger – wie die Beklagte meint – auf dem ihm zugewiesenen Arbeitsposten tatsächlich beschäftigt wird, oder ob er – wie er selbst entgegenhält – an einem “Fensterarbeitsplatz beschäftigungslos herumsitzt”.
Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn oder Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. Der Kläger hat ein Statusamt der Besoldungsgruppe A13z (gehobener Dienst) inne. Der ihm seit Januar 2018 zugewiesene Aufgabenbereich eines Consultant Organisation/Prozesse beim Tochterunternehmen BCB AG ist indes (nur) mit TG 6 – 8 bewertet, das der beamtenrechtlichen Besoldungsgruppe A10 – A12 entspricht. Damit ist der Kläger seit Januar 2018 unterwertig beschäftigt. Das wird von der Beklagten inzwischen ebenso gesehen.
3. Eine gesetzliche Verpflichtung des Klägers, die Zuweisung der unterwertigen Tätigkeit hinzunehmen, bestand und besteht nicht.
Die Übertragung des unterwertigen Arbeitspostens widerspricht § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG, der das Postnachfolgeunternehmen lediglich dazu ermächtigt, einem Beamten ohne seine Zustimmung bei einem Tochterunternehmen eine der Wertigkeit nach dem Statusamt entsprechende Tätigkeit dauerhaft zuzuweisen (BVerwG, U.v. 19.5.2016 – 2 C 14.15 – juris Rn. 17).
§ 4 Abs. 4 Satz 3 PostPersRG sieht zwar vor, dass unter den in § 6 PostPersRG genannten Voraussetzungen dem Beamten vorübergehend auch ohne seine Zustimmung eine Tätigkeit zugewiesen werden kann, deren Wertigkeit einem Amt mit geringerem Endgrundgehalt entspricht. Nach dieser Vorschrift kann der Beamte jedoch nur “vorübergehend” auf einem solchen Arbeitsposten verwendet werden, wenn betriebliche Gründe es erfordern und die Tätigkeit auf Grund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.
a) Zweck der in § 6 PostPersRG enthaltenen Regelung ist es, den Postnachfolgeunternehmen wegen des dort bestehenden Personalüberhangs eine Möglichkeit zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes zu eröffnen, die im allgemeinen Beamtenrecht nicht vorgesehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2006 – 2 C 26.05 – juris Rn. 19). Damit wird die vorübergehende unterwertige Beschäftigung eines Beamten allerdings nur als eine – der Sache nach befristete – Ausnahme vom Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung ermöglicht. Eine zeitlich unbegrenzte und demnach dauerhafte Verwendung von Beamten auf Arbeitsposten von geringerer Bewertung ist schon nach dem Wortlaut (“vorübergehend”) ausgeschlossen; sie wäre auch mit Blick auf Art. 33 Abs. 5 GG nicht zulässig, der u.a. die amtsangemessene Beschäftigung von Beamten absichert. Dauerhaft in diesem Sinne ist eine Maßnahme nicht erst dann, wenn sie endgültig sein soll. Sie ist vielmehr schon dann auf Dauer angelegt, wenn der Zeitraum, für den sie gelten soll, nicht von vornherein zeitlich begrenzt oder begrenzbar, bestimmt oder bestimmbar ist, insbesondere dann, wenn offen ist, ob er überhaupt endet (BVerwG, U.v. 18.9.2008 – 2 C 3.07 – juris Rn. 20).
Der Dienstherr ist verfassungsrechtlich verpflichtet, für die amtsangemessene Beschäftigung seiner Beamten zu sorgen. Es geht deshalb auch im Rahmen einer Zuweisung eines Arbeitspostens bei den Postnachfolgeunternehmen nicht an, einen Beamten (ohne seine Zustimmung) für unbestimmte Zeit auf einem nicht amtsangemessenen Dienstposten einzusetzen und ihn auf die Realisierung seines Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung zu dem Zeitpunkt zu verweisen, in dem die Voraussetzungen des § 6 PostPersRG – offensichtlich – nicht mehr gegeben sind, verbunden mit allen Risiken, die sich insoweit aus der Wahl des Zeitpunktes eines solchen Begehrens ergeben (vgl. OVG NW, B.v. 14.11.2006 – 1 B 1886/06 – juris Rn. 16). Vielmehr muss für den Betroffenen der vorübergehende Charakter der unterwertigen Beschäftigung von vornherein erkennbar und deren Dauer zumindest abschätzbar sein. Eine hinreichende Präzisierung der Dauer der Verwendung auf einem Arbeitsposten mit geringerer Wertigkeit hat – sei es durch Benennung eines Endtermins, sei es durch eine anderweitig bestimmbare Festlegung – daher bereits in der jeweiligen Verfügung selbst zu erfolgen; sie ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Zuweisungsentscheidung. Dabei ist die konkrete Dauer der unterwertigen Beschäftigung durch eine Abwägung im Einzelfall festzulegen, in der die Belange des Beamten in ein konkretes Verhältnis zu den betrieblichen Gründen gesetzt werden, welche die unterwertige Beschäftigung “erfordern”. Denn mit der Voraussetzung der Erforderlichkeit ist klargestellt, dass der grundsätzlich bestehende Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung nicht weitergehend eingeschränkt werden darf, als dies nach den konkreten Erfordernissen unerlässlich ist.
b) In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Zuweisungsverfügung vom 26. Januar 2018 bereits deshalb als rechtswidrig, weil sie die Dauer der unterwertigen Beschäftigung des Klägers nicht in der erforderlichen Weise konkretisiert.
Wie sich aus der Verfügung selbst ergibt, wurde eine zeitliche Begrenzung des Einsatzes des Klägers im Bemessungsteam zunächst offensichtlich überhaupt nicht ins Auge gefasst; vielmehr kommt deutlich zum Ausdruck, dass die …bank diesen zunächst als “adäquate Beschäftigung” für den Kläger angesehen hat. Erst auf den Vorhalt des Klägerbevollmächtigten, der zugewiesene Arbeitsposten entspreche der Wertigkeit nach nicht dem Statusamt des Klägers, wurde die Zuweisungsverfügung auf § 6 PostPersRG gestützt, ohne dabei jedoch die Dauer der unterwertigen Beschäftigung in irgendeiner Weise zu konkretisieren.
Dieser Rechtsfehler wurde auch in der Folgezeit trotz entsprechender Aufforderung nicht behoben. Die Einlassung der Beklagten in der Klageerwiderung, durch den Verweis auf das Bemessungsprogramm werde gleichzeitig “klargestellt”, dass nach Durchführung dieses Programms die Zuweisung eines anderen Dienstpostens an den Kläger erfolge, überzeugt nicht. Es ist weder ersichtlich, dass das Bemessungsprogramm zeitlich begrenzt ist, noch ergibt sich irgendein konkreter Hinweis darauf, welchen zeitlichen Umfang die damit verbundenen Arbeiten des Bemessungsteams haben werden. Auch von einer Bestimmbarkeit der Dauer der unterwertigen Beschäftigung kann daher nicht die Rede sein. Damit war von Anfang an ungewiss, ob überhaupt und ggf. wann die Zugehörigkeit zum Bemessungsteam durch eine Zuweisung eines amtsangemessenen konkret-funktionellen Amtes enden würde. Daher stellt die Zuweisung eine dauerhafte Entkoppelung von Status- und Funktionsamt dar, die mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und daher rechtswidrig ist.
c) Darüber hinaus hat ist nicht hinreichend dargetan, inwiefern betriebliche Gründe den Einsatz des Klägers auf dem ihm zugewiesenen unterwertigen Arbeitsposten im Sinn von § 6 PostPersRG erfordern. Die bloße Behauptung der Beklagten, das Bemessungsteam hätte angesichts des anstehenden Bemessungsprogramms “dringend der Unterstützung des Klägers bedurft”, kann eine betriebliche Notwendigkeit nicht begründen. Denn nach § 6 PostPersRG reicht es für eine vorübergehende Verwendung auf einem unterwertigen Arbeitsposten nicht aus, dass betriebliche Gründe dafür vorliegen. Die betrieblichen Gründe müssen diese Verwendung vielmehr “erfordern”. Damit berücksichtigt das Gesetz, dass nur bei betrieblichen Gründen von erheblichem Gewicht das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Recht des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung zeitweilig zurückzutreten hat (vgl. OVG Hamburg, B.v. 11.7.2008 – 1 Bs 112/08 – juris Rn. 7 u. 8). Für solche gewichtige betriebliche Gründe ist nichts Stichhaltiges ersichtlich.
4. Dem Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung kann schließlich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
Ein Beamter hat jederzeit einen auch gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, “amtsgemäß”, das heißt entsprechend seinem Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinn beschäftigt zu werden; der zeitlich unbefristete Entzug eines entsprechenden Funktionsamtes verletzt diesen Anspruch (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2006 – 2 C 26.05 – juris Rn. 12). Der Anspruch auf Übertragung eines amtsangemessenen Aufgabenbereiches setzt allerdings voraus, dass der Beamte in der Lage ist, die damit verbundenen Dienstgeschäfte ordnungsgemäß zu erfüllen. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nach dem Ergebnis der im Dezember 2019 durchgeführten amtsärztlichen Untersuchung, wonach er weitgehend uneingeschränkt dienstfähig ist. Eine Klage auf amtsangemessene Beschäftigung kann nur dann keinen Erfolg haben, wenn feststeht, dass gesundheitliche Einschränkungen einen entsprechenden Einsatz faktisch unmöglich machen. Denn es stellte eine unzulässige Rechtsausübung dar, eine amtsangemessene Beschäftigung zu verlangen, obwohl der Beamte hierzu nicht in der Lage ist.
Für den Rückgriff auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung bestand auch zuvor kein Raum, weil an der Dienstfähigkeit des Klägers lediglich Zweifel bestanden. Solchen Zweifeln darf der Dienstherr nicht dadurch begegnen, dass er den Beamten gegen dessen Willen unterwertig beschäftigt und diesem damit die Beweislast für seine Dienstfähigkeit überbürdet. Bestehen begründete Anhaltspunkte dafür, dass der Beamte aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage ist, seinen dienstlichen Verpflichtungen auf einem amtsangemessenen Dienstposten ordnungsgemäß nachzukommen, bleibt dem Dienstherrn vielmehr nur die Möglichkeit, in dem dafür vorgesehenen Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit nach § 44 BBG zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit gegeben sind oder ob dem Beamten gegebenenfalls gemäß dem in § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der “Weiterverwendung vor Versorgung” nach erfolgloser Suche nach einer anderweitigen Verwendung (§ 44 Abs. 2 BBG) gemäß § 44 Abs. 3 BBG eine geringwertigere Tätigkeit übertragen werden kann (BVerwG, U.v. 27.2.1992 – 2 C 45.89 – juris Rn. 30). Insoweit obliegt dem Dienstherrn die Pflicht, den Nachweis für eine Dienstunfähigkeit zu führen. Auch trägt die Beklagte für das Vorliegen der Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung des Klägers die Beweislast. Dieser Einwand darf nur substantiiert erhoben werden, da er gegenüber der an sich bestehenden formalen Rechtsposition des Klägers (Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung) einen rechtshemmenden oder rechtsvernichtenden Einwand enthält und sich somit zugunsten der Beklagten auswirken würde (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 26.88 – juris Rn. 15; OVG SH, U.v. 23.11.1994 – 1 L 137/92 – juris Rn. 40).
Die Beklagte hatte das bereits eingeleitete Zurruhesetzungsverfahren, in dem die bestehenden und vom Verwaltungsgericht geteilten Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers hätten geklärt werden können (und müssen), allerdings zunächst ausgesetzt; sie wollte ersichtlich den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits abwarten. Dann aber darf dem Kläger nicht gleichzeitig entgegengehalten werden, die Geltendmachung seines mit der vorliegenden Klage verfolgten Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung stelle sich als ein Fall unzulässiger Rechtsausübung dar.
Die Beklagte ist nach alledem verpflichtet, dem Kläger einen amtsangemessenen Aufgabenbereich zuzuweisen. Dazu sei allerdings darauf hingewiesen, dass der Anspruch eines Beamten auf amtsgemäße Verwendung nicht das Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung eines bestimmten Amts im funktionellen Sinn beinhaltet, sondern dass er Änderungen seines abstrakten und konkreten Aufgabenbereichs im Rahmen seines statusrechtlichen Amts, wie z.B. den Verlust einer Vorgesetztenfunktion und möglicherweise auch einen Ortswechsel, hinnehmen muss (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2013 – 3 CE 13.1374 – juris Rn. 25 m.w.N.).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


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