Aktenzeichen AN 1 K 17.00320
KVersG § 34 Abs. 1, § 37
BayBeamtVG Art. 69 Abs. 2, Art. 85
BayBeamtVG aF Art. 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
GG Art 14, Art. 140
Leitsatz
1. Wegen der Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherung in die kirchliche Versorgung findet in zweifacher Hinsicht eine Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Dies geschieht in der Weise, dass in einem ersten Schritt die zusätzliche Rente bei den sich nach kirchlichem Versorgungsrecht ergebenden Versorgungsbezügen nach § 37 KVersG in Verbindung mit Art. 85 BayBeamtVG in Ansatz gebracht und in einem zweiten Schritt auf die verbleibenden, also nicht ruhenden kirchlichen Versorgungsbezügen die Rente angerechnet wird, die ausschließlich auf Beitragsleistungen des kirchlichen Dienstherrn beruht. (Rn. 136) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Nichtberücksichtigung der Rente aus der Zeit der Nachversicherung bliebe eine aus dem unkoordinierten Nebeneinander von Renten- und Kirchenversorgungsrecht resultierende und daher sachlich nicht gerechtfertigte Überhöhung der Gesamtversorgung der Klägerin in Höhe dieser Rentenanteile bestehen. (Rn. 146) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Anrechnung eines Teils der gesetzlichen Rente auf die Besoldung, die gleichzeitig gezahlt wird, ist nicht deswegen rechtswidrig, weil das staatliche Beamtenrecht eine solche Anrechnung nicht zulässt oder eine solche kirchengesetzliche Anrechnungsregelung im Widerspruch zum staatlichen Beamtenrecht stünde oder im staatlichen Beamtenrecht geltende allgemeine beamtenrechtliche Grundsätze verletzen würde. (Rn. 153 – 159) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
Gründe
Für die vorliegende vermögenrechtliche Streitigkeit einer Kirchenbeamtin der Beklagten im Ruhestand ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 11 KVGG, § 126 Abs. 1 BRRG i. V. m. § 135 Satz 2 BRRG, § 40 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich des angekündigten Feststellungsantrags aus Ziffer 4. des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Klägerin vom 31. Oktober 2018 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren unmittelbar beendet. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses bedarf es nicht. Die Kostenentscheidung kann in dem das Verfahren abschließenden Urteil erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2005 – 3 C 50.04 -, DVBl 2006, 118; Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 27 zu § 92).
Im noch anhängigen Teil ist die Klage als Anfechtungsklage zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Bescheide der Beklagten vom 13. Januar 2016 und 5. August 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 12. Januar 2017 beinhalten zum einen die Festsetzung der Versorgungsbezüge der Klägerin. Im Bescheid vom 5. August 2016 wird darüber hinaus die verbindliche, die Klägerin belastende Feststellung getroffen, dass die gesetzliche Rente für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 12. Februar 2016 auf die Aktivbezüge angerechnet wird.
Da die Klägerin rügt, bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge sei die Anrechnung ihrer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf ihre Versorgungsbezüge fehlerhaft zu hoch erfolgt, und auch die Entscheidung der Beklagten, die Rente auf ihre Besoldung anzurechnen, sei rechtswidrig, ist für beide Streitgegenstände die Anfechtungsklage eröffnet. Für eine gesonderte Feststellungsklage (Ziffer 3. des angekündigten Klageantrags aus dem Schriftsatz vom 31.10.2018) ist somit kein Raum (§ 43 Abs. 2 VwGO).
Die genannten Bescheide und der Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Neufestsetzung der Versorgungsbezüge in der Gestalt, dass eine Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich insoweit erfolgt, als Rentenansprüche in dem Zeitraum ab dem 1. September 1984 entstanden sind, in welchem die Beklagte gemäß § 34 KVersG zu Gunsten der Klägerin die gesamten Beitragsleistungen erbracht hat (nachfolgend I.).
Ebenso ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Klägerin die Bruttobesoldungsbezüge im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 12. Februar 2016 wegen der bereits in diesem Zeitraum erfolgten Rentenzahlungen der Deutschen Rentenversicherung … nicht im vollen Umfang ausgezahlt worden sind (nachfolgend II.).
I.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Versorgung der Klägerin in der Weise gewährt wird, dass von dem errechneten Ruhegehalt die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, für die von der Beklagten aufgrund von Art. 1 Versorgungsneuregelungsgesetz (VNG) die gesamten Beitragsleistungen erbracht wurden, in voller Höhe angerechnet werden (§ 34 Abs. 1 KVersG).
Strittig ist lediglich, ob auf der Grundlage des § 37 KVersG eine weitere Anrechnung auch insoweit erfolgen darf, als es die Ansprüche der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, die auf den Beitragszahlungen des Freistaats Bayern im Rahmen der Nachversicherung der Klägerin für den Zeitraum vom 19. September 1979 bis zum 31. August 1984 beruhen. In dem genannten Zeitraum haben weder die Klägerin noch die Beklagte Zahlungen zu Gunsten der Klägerin in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet.
Rechtsgrundlage für die insoweit erfolgte Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist § 37 KVersG, wonach beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten Art. 85 BayBeamtVG entsprechend für die Renten oder Rententeile gilt, die nicht gemäß § 34 KVersG anrechenbar sind. § 34 KVersG ist für die Rentenansprüche der Klägerin aus dem oben bezeichneten Zeitraum nicht anwendbar, da die Beklagte für diesen keine Beitragsleistungen erbracht hat.
Nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG werden Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zum Erreichen der in Abs. 2 bezeichneten Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten gemäß Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen.
Als Höchstgrenze gelten gemäß Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG
1. für Ruhestandsbeamte und Ruhestandsbeamtinnen der Betrag, der sich als Ruhegehalt ergeben würde, wenn der Berechnung zugrunde gelegt werden
a) bei den ruhegehaltfähigen Bezügen die Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt berechnet,
b) als ruhegehaltfähige Dienstzeit die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Eintritt des Versorgungsfalls abzüglich von Zeiten nach Art. 25, zuzüglich ruhegehaltfähiger Dienstzeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres sowie der Zeiten, um die sich die ruhegehaltfähige Dienstzeit erhöht, und der bei der Rente berücksichtigten Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nach Eintritt des Versorgungsfalls,
2. für Witwer, Witwen und Waisen der Betrag, der sich als Witwen- oder Waisengeld aus dem Ruhegehalt nach Nr. 1 ergeben würde.
Die Höchstgrenze erhöht sich um den zustehenden Unterschiedsbetrag nach Art. 69 Abs. 2 BayBeamtVG. Ist bei einem an der Ruhensregelung beteiligten Versorgungsbezug das Ruhegehalt um einen Versorgungsabschlag gemindert oder um einen Versorgungsaufschlag erhöht, ist das für die Höchstgrenze maßgebende Ruhegehalt entsprechend festzusetzen.
Die Klägerin hat vorliegend die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG erreicht. Sie erhält Versorgungsbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 14 und den höchstmöglichen Ruhegehaltssatz von 71,75%. Der Versorgungsaufschlag nach Art. 26 Abs. 4 BayBeamtVG i.V.m. § 2 Abs. 1 KVersG wurde zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt.
Gegen die Regelung des § 37 KVersG und die dort bestimmte entsprechende Anwendung des Art. 85 BayBeamtVG ist rechtlich nichts zu erinnern.
Die Kirchen sind im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich anerkannten Eigenständigkeit (Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 2 WRV) und in Ausübung originärer öffentlicher Kirchengewalt und dem hierauf fußenden Selbstbestimmungsrecht befugt, ihr öffentliches Dienstrecht selbst zu regeln, und zwar auch das Besoldungs- und Versorgungsrecht der kirchlichen Bediensteten nach ihren kirchlichen Vorstellungen. Die Beklagte kann demnach die Rechtsverhältnisse ihrer Kirchenbediensteten nach eigenen Vorstellungen regeln, sie kann aber auch dem staatlichen Beamtenrecht entsprechendes Kirchenbeamtenrecht schaffen, wie dies u.a. durch die Bezugnahme auf Art. 85 BayBeamtVG geschehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1967 – VI C 68/67 – juris Rn. 35).
Der Beklagten kommt in ihrer originären Rechtssetzungskompetenz zum Besoldungs- und Versorgungsrecht eine weite Gestaltungsfreiheit zu (vgl. Hans-Peter Hübner, Pfarrer in der Sozialversicherung, 1992, S. 30 ff.; für den staatlichen Bereich: Badura in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: August 2019, Rn. 72 zu Art. 33).
Im Rahmen ihrer Rechtsetzungskompetenz braucht die Beklagte die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG nicht zu berücksichtigen. Die genannte Vorschrift findet im Bereich des kirchlichen Dienstes keine Anwendung (BVerfG, B.v. 28.11.1978 – BvR 316/78 – juris). Die Beklagte hat allerdings das Alimentationsprinzip zu beachten (vgl. Hans-Peter Hübner, a.a.O, S. 47 f.).
Das Versorgungsneuregelungsgesetz der Ev.-L. Kirche in B. ist zum 1. Dezember 1972 in Kraft getreten. Die Beklagte entschied sich hierbei neben der Schaffung einer eigenen Versorgungskasse für einen Anschluss von Pfarrern und Kirchenbeamten an die gesetzliche Rentenversicherung.
Für die Entscheidung waren nach den Ausführungen von Hans-Peter Hübner, a.a.O., S. 67 f., vor allem folgende Gesichtspunkte maßgeblich:
Die anderen Alternativen zum herkömmlichen System der Finanzierung von Versorgungsleistungen wurden als erheblich ungünstiger empfunden. Als problematisch erschien vor dem Hintergrund der Gehaltsvervielfachung der vorangegangenen Jahrzehnte insbesondere das Verfahren der Kapitalansammlung in Versorgungskassen: Die Möglichkeit, infolge künftiger Gehaltssteigerungen erhöhte Versorgungslasten durch entsprechend hohe Verzinsung des Vermögens oder durch eine Erweiterung des Kapitalstocks aufzufangen, wurde mit Blick auf die Unsicherheit der künftigen Finanzkraft der Kirche als unzureichend erachtet, zumal der Kirche gerade die gewinnträchtigen Anlagemöglichkeiten (Bodenspekulationen, Rüstungsaktien, Entwicklungsprojekte) aufgrund ihres Auftrags und Wesens verwehrt sind. Eine größere Kapitalansammlung im Bereich der Kirche wurde außerdem zumindest aus optischen Gründen als misslich angesehen, da dadurch der Anschein einer „reichen Kirche“ erweckt werde.
Der Anschluss an die gesetzliche Rentenversicherung wurde insbesondere deshalb als die denkbar sicherste Lösung beurteilt, weil „es sich in einem demokratischen Rechtsstaat kein Gesetzgeber leisten können wird, die gesetzliche Rentenversicherung zahlungs- oder leistungsunfähig werden zu lassen“.
Aufgrund des versicherungsmathematischen Gutachtens des Versicherungsmathematikers … erschien dieser Weg auch in finanzieller Hinsicht als besonders günstig: In diesem Gutachten war festgestellt worden, dass die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte um etwa 2% billiger arbeite als entsprechende private oder eigene Kassen und dass bei eigenen oder privaten Kassen noch ein Verwaltungsaufwand von etwa 2 – 4% anzusetzen sei.
Da mit der Versorgungsneuregelung nicht beabsichtigt war, eine zusätzliche Altersversorgung für kirchliche Bedienstete zu schaffen, sondern die Beklagte vielmehr durch die Einbeziehung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte einen wesentlichen Teil ihrer Versorgungslasten besser absichern wollte, wurden entsprechende Anrechnungsregelungen erlassen.
Wegen der Einbeziehung der gesetzlichen Rentenversicherung in die kirchliche Versorgung findet in zweifacher Hinsicht eine Anrechnung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung statt. Dies geschieht in der Weise, dass in einem ersten Schritt die zusätzliche Rente bei den sich nach kirchlichem Versorgungsrecht ergebenden Versorgungsbezügen nach § 37 KVersG (vormals: § 69 PfBesG) in Verbindung mit Art. 85 BayBeamtVG (vormals: § 55 BeamtVG) in Ansatz gebracht und in einem zweiten Schritt auf die verbleibenden, also nicht ruhenden kirchlichen Versorgungsbezügen die Rente angerechnet wird, die ausschließlich auf Beitragsleistungen des kirchlichen Dienstherrn beruht (Hans-Peter Hübner, a.a.O., S. 83 f.).
Der am 1. Januar 2011 in Kraft getretene Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG entspricht inhaltlich der Vorgängerregelung des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31. August 2006 gültigen Fassung (§ 108 Abs. 1 BeamtVG a. F.).
Es ist höchstrichterlich geklärt, dass die in § 55 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG getroffene Ruhensregelung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (vgl. grundlegend: BVerfG, B.v. 30.9.1987 – 2 BvR 933/82 – juris).
Danach kann sich der (staatliche) Dienstherr von seiner Alimentationspflicht dadurch entlasten, dass er den Versorgungsberechtigten auf Einkünfte aus einer anderen öffentlichen Kasse verweist, sofern diese ebenfalls der Existenzsicherung des Versorgungsberechtigten und seiner Familie zu dienen bestimmt sind. Hierzu zählen vor allem Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie nicht auf einer überwiegend durch den Arbeitnehmer finanzierten freiwilligen Weiter-, Selbst- oder Höherversicherung beruhen. Dass Versorgungsbezüge durch die Anrechnung der aus einer öffentlichen Kasse fließenden Renten gekürzt werden, ist durch Gründe, die im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen, als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Hierdurch wird eine nur schwer verständliche Begünstigung von Personen, die ihr Arbeitsleben teilweise im Beamtenverhältnis und teilweise in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis verbracht haben (sog. Mischlaufbahn-Beamten), gegenüber Nur-Beamten beseitigt. Da das Versorgungsrecht der Beamten davon ausgeht, dass dieser sein ganzes Arbeitsleben in den Dienst des Staates stellt, kommt es bei Mischlaufbahn-Beamten in der Regel zu einer Überhöhung der Gesamtversorgung. Diese entsteht nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers, sondern dadurch, dass Rentenrecht und Beamtenversorgungsrecht nicht hinreichend aufeinander abgestimmt, weil unterschiedlich strukturiert, sind und dass die für den Fall einer verkürzten Lebensarbeitszeit im einen wie im anderen Bereich vorgesehene und insoweit sozial gerechtfertigte überproportionale Versorgung auch dem Mischlaufbahn-Beamten – allerdings grundlos – zugutekommt. Ein weiterer sachgerechter Grund, die Kosten der Alimentierung in diesen Fällen zu senken, ist darin zu sehen, dass bei Mischlaufbahn-Beamten das korrelativ ausgewogene, auf Lebenszeit angelegte Dienst- und Treueverhältnis in ein beachtliches Missverhältnis zwischen Rechten und Pflichten gerät. Erst der späte Eintritt in das Beamtenverhältnis oder der frühe Austritt aus diesem eröffnet dem Mischlaufbahn-Beamten die – einem vergleichbaren Nur-Beamten verschlossene – Möglichkeit, seine Arbeitskraft während eines Teils seines Berufslebens in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und damit zur Begründung eines Rentenanspruchs einzusetzen. Der vor Aufnahme oder nach Beendigung des Beamtenverhältnisses erworbene Rentenanspruch besitzt dadurch eine besondere Beziehung zu den Versorgungsbezügen aus dem Beamtenverhältnis und zu der in diesem begründeten Alimentationspflicht des Dienstherrn (vgl. BayVerfGH v. 10.2.2015 – Vf. 1-VII-13 -, BayVBl 2015, 558 Rn. 35 f. m. w. N.).
Der Grundsatz der Alimentationspflicht des Dienstherrn verlangt nicht, dass bei der Rentenanrechnung nach § 55 Abs. 1 BeamtVG zumindest derjenige Teil der Rente außer Ansatz bleibt, der auf Arbeitnehmerbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht, oder dass jedenfalls diejenige Rente nicht angerechnet wird, die auf eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, also bei dem privaten Arbeitgeber zurückzuführen ist. Dies ergibt sich aus den dargelegten Zielsetzungen der Anrechnungsregelung und den Unterschieden, die das Rentenversicherungsverhältnis zum Privatversicherungsverhältnis aufweist, insbesondere im Hinblick auf die Prinzipien der Solidarität und des sozialen Ausgleichs sowie auf das Finanzierung- und Leistungssystem. Würden Rentenanteile, die auf Arbeitnehmerbeiträgen beruhen oder ohne Leistungen öffentlicher Arbeitgeber erworben worden sind, bei der Rentenanrechnung außer Ansatz gelassen, bliebe eine aus dem unkoordinierten Nebeneinander von Renten- und Beamtenversorgungsrecht resultierende und daher sachlich nicht gerechtfertigte Überhöhung der Gesamtversorgung der Renten beziehenden Versorgungsempfänger in Höhe dieser Rentenanteile bestehen. Die auf Pflichtbeiträge entfallende Rente fließt ferner in voller Höhe und unabhängig von der Person des Leistenden, also nicht nur hinsichtlich eines Teils und nicht nur bei von bestimmten Arbeitgebern teilweise erbrachten Pflichtbeiträgen, aus einer öffentlichen Kasse.
Findet die Ruhensregelung somit auch dann in vollem Umfang Anwendung, wenn der betroffene Beamte in der Zeit, als er sozialversicherungspflichtig war, den Arbeitnehmeranteil in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, bestehen gegen eine Anrechnung der gesetzlichen Rente erst recht keine Bedenken, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Beamte selbst zu keinem Zeitpunkt eine Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung vorgenommen hat, sondern eine Nachversicherung durch den früheren Dienstherrn erfolgt ist.
Hinzu kommt, dass es sich bei der Klägerin um eine sog. „Nurbeamtin“ handelt, die nie in einem Angestelltenverhältnis tätig war. Die Beklagte hat die Dienstzeiten, die die Klägerin in einem Beamtenverhältnis beim Freistaat Bayern verbracht hat, in vollem Umfang als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt. Die Klägerin erhält somit auch für den hier streitigen Zeitraum 19. September 1979 bis zum 31. August 1984 eine Doppelversorgung, nämlich zum einen Versorgungsbezüge durch die Beklagte, sowie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ohne selbst jemals Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet zu haben.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, eine Anrechnung dürfe nicht erfolgen, da strikt zwischen den öffentlichen Versorgungskassen und der Versorgungskasse der Beklagten zu unterscheiden sei, greift dieser Einwand nicht durch.
Das legitime Ziel der Vermeidung einer doppelten Belastung öffentlicher Mittel greift bereits dann, wenn der vom Wortlaut des gesetzlichen Tatbestandes erfasste Einzelfall in einem Bereich angesiedelt ist, der „zumindest teilweise einer einheitlichen Finanz- und Wirtschaftshoheit unterliegt dergestalt, dass ein Austausch der Mittel, sei es durch Finanzausgleich, Steuern oder Beiträge, sei es durch Subventionen oder andere Zuschüsse, tatsächlich erfolgt oder doch möglich ist“. Das Bundesverwaltungsgericht hat es nicht beanstandet, einen solchen „Verbund“ auch zwischen Staat und Kirche anzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1967, a.a.O., juris Rn. 46).
Die Versorgungskassen des Staates und der Kirche dienen wie die gesetzliche Rentenversicherung der Existenzsicherung der jeweiligen Versorgungs- bzw. Rentenempfänger. Wie im Falle der gesetzlichen Rentenversicherung werden auch an die Kirchen jährliche staatliche Zuwendungen geleistet. Allein im Jahr 2018 betrugen die Staatsleistungen an die beiden großen Kirchen 518 Millionen Euro (Quelle: Spiegel-Online).
Bei einer Nichtberücksichtigung der Rente aus der Zeit der Nachversicherung bliebe eine aus dem unkoordinierten Nebeneinander von Renten- und Kirchenversorgungsrecht resultierende und daher sachlich nicht gerechtfertigte Überhöhung der Gesamtversorgung der Klägerin in Höhe dieser Rentenanteile bestehen.
Zudem findet ein Austausch von Mitteln in dem oben genannten Sinne bei einem Dienstherrenwechsel zwischen der Beklagten und anderen dienstherrenfähigen Gebietskörperschaften (und umgekehrt) im Rahmen der dann durchzuführenden Versorgungslastenteilung durch Zahlung eines Abfindungsbetrags statt.
Dies rechtfertigt es, die kirchlichen und die staatlichen Versorgungskassen im Vollzug des § 37 KVersG gleichzustellen.
Die von der Beklagten vorgenommene Ruhensberechnung in Vollzug der § 34 Abs. 1 KVersG und § 37 KVersG i.V.m. Art. 85 BayBeamtVG ist somit nicht zu beanstanden.
II.
Rechtsgrundlage für die Anrechnung der Rente aus der Rentenversicherung … auf die der Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis einschließlich 12. Februar 2016 gezahlte Besoldung ist § 6 KBBesG. Danach erfolgt eine Anrechnung von Renten der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Besoldung entsprechend den im Bereich der Ev.-L. Kirche in B. geltenden versorgungsrechtlichen Bestimmungen.
Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte in Ausübung ihrer originären öffentlichen Kirchengewalt das Recht, im Rahmen des Selbstbestimmungsrechts ihr öffentliches Dienstrecht selbst zu regeln, und zwar auch das Besoldungsrecht der kirchlichen Bediensteten nach ihren eigenen kirchlichen Vorstellungen. Dies wird bereits im Wortlaut des § 2 Abs. 1 KBBesG deutlich, wonach die Berechtigten Anspruch auf Besoldung (nur) nach Maßgabe dieses Kirchengesetzes haben und im Übrigen die Bestimmungen des für die Beamten und Beamtinnen des Freistaates Bayern geltenden Besoldungsrechts entsprechend gelten.
Der Beklagten kommt – wie ebenfalls bereits dargelegt – ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum zu.
Die Beklagte hat von ihrer Rechtssetzungskompetenz durch die in § 6 KBBesG getroffene Anrechnungsregel Gebrauch gemacht. Eine solche findet sich im Bayerischen Besoldungsgesetz allerdings nicht. Art. 10 BayBesG trifft eine Regelung zur Anrechnung anderer Einkünfte auf die Besoldung, die vorliegend nicht einschlägig ist.
Die Anrechnung eines Teils der gesetzlichen Rente, die die Klägerin seit dem 1. Januar 2016 erhält, auf die Besoldung, die die Klägerin bis zu ihrer Ruhestandsversetzung zum 13. Februar 2016 erhalten hat, ist jedoch nicht deswegen rechtswidrig, weil das staatliche Beamtenrecht eine solche Anrechnung nicht zulässt oder eine solche kirchengesetzliche Anrechnungsregelung im Widerspruch zum staatlichen Beamtenrecht stünde oder im staatlichen Beamtenrecht geltende allgemeine beamtenrechtliche Grundsätze verletzen würde. Die Rechtsgültigkeit der kirchlichen Regelung und die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügungen der Beklagten hängen nicht von der Übereinstimmung der kirchenrechtlichen Bestimmungen mit entsprechenden Normen des staatlichen Beamtenrechts ab. Die staatlichen beamtenrechtlichen Regelungen und Grundsätze geben keinen Maßstab dafür ab, weil sie nicht höherrangig sind und nicht zu den für alle geltenden Gesetzen im Sinne des durch den Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporierten Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Verfassung gehören, falls solche Gesetze überhaupt im Bereich des kirchlichen Ämter- und Dienstrechts gelten oder Schranken darstellen sollten (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1967 – VI C 68.67 – juris Rn.40).
Das kirchliche Amtsrecht einschließlich zumindest des Dienstrechts der Geistlichen gehört wesensgemäß zum Selbstbestimmungsbereich, zum Sachbereich, d. h. zu den „eigenen Angelegenheiten“ der Kirche in dem Sinne, dass sie materiell dem alleinigen Aufgabenbereich der Kirche und damit ohne Mitwirkung und Aufsicht des Staates ihrer Regelungsbefugnis unterfallen. Damit ist nichts darüber gesagt, dass im Einzelfall solche Eigenregelungen der Kirche die ihnen wesensmäßigen Grenzen der Beschränkung auf den inneren Bereich überschreiten können (externe Wirkung), indem sie sich in den staatlich-gesellschaftlichen Bereich auswirken, also im weltlichen Bereich, in der Sphäre der staatlichen Gewalt, in der das staatliche Ordnungsrecht gilt und entgegenstehende kirchliche Regelungen keine Wirkungskraft entfalten können und deshalb rechtlich unbeachtlich sind.
Darauf näher einzugehen, erübrigt sich, weil die strittige kirchengesetzliche Anrechnungsregelung des § 6 KBBesG die Höhe der der Klägerin ab dem 1. Januar 2016 ausgezahlten gesetzlichen Rente nicht berührt. Die Frage, ob die Kirche bei einer solchen eigengesetzlichen Regelung von der Bindung an die für alle geltenden Gesetze in jedem Falle freigestellt ist oder nur unter der Voraussetzung, dass solche eigengesetzlichen Bestimmungen in den Bereich der staatlichen öffentlichen Gewalt hineinreichen, ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht bedeutsam, da die staatlichen Beamtengesetze keine für alle geltenden Gesetze im Sinne der Verfassungsbestimmung darstellen. Im Übrigen wäre es wenig sinnvoll, der Kirche einerseits originäre Regelungsbefugnis auf dem Gebiet des kirchlichen öffentlichen Dienstes verfassungsrechtlich einzuräumen, andererseits aber, wenn die Kirche in ihrer Autonomie von dieser Gesetzgebungsmöglichkeit Gebrauch macht, solchen kirchenrechtlichen Regelungen die Rechtsgültigkeit zu versagen, soweit sie staatlichen beamtenrechtlichen Regelungen widersprechen oder auch nur anders gestaltet sind.
Die Anrechnung von Renten auf die Besoldung greift nicht in selbsterworbene Rechte der Klägerin aus der Sozialversicherung und damit auch nicht direkt in den staatlichen Zuständigkeitsbereich der Regelung der Sozialversicherung ein. Die kirchliche Anrechnungsregelung führt nämlich nicht zu einer Kürzung der sozialversicherungsrechtlichen Altersrente, sondern hat lediglich Einfluss auf die Höhe der zu gewährenden Besoldung. Sie greift damit in keine eigentumsrechtlich durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition der Klägerin ein, zumal diese selbst keine Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung geleistet hat.
Die Anrechnungsregelung gewährleistet auch, dass die Klägerin während der aktiven Dienstleistung in der Summe Zahlungen in der ursprünglichen Besoldungshöhe erhalten hat, wobei ein Teil aus Zahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung stammt. Damit wird das auch von der Beklagten zu beachtende Alimentationsprinzip (vgl. Hans-Peter Hübner, a.a.O., S. 43) gewahrt.
Es hält sich im Rahmen der weiten gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten, zu ihren Gunsten im Rahmen einer Anrechnungsregelung zu berücksichtigen, dass ein Beamter im Dienste der Beklagten bereits zu einem Zeitpunkt, indem er noch aktiv Dienst leistet, aufgrund unterschiedlicher Altersgrenzen bereits eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, für die der Beamte selbst keine Beitragsleistungen erbracht hat, diese vielmehr ganz oder zumindest überwiegend durch die Beklagte bzw. durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Dienstherrn erbracht worden sind.
Die Klage war deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 2 und 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Soweit es die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils des Rechtsstaats betrifft, wurde berücksichtigt, dass die Feststellungsklage (Ziffer 4 des ursprünglichen Klageantrags) voraussichtlich nur hinsichtlich der Ziffer 1 der von der Beklagten geforderten Erklärung zum Familienzuschlag für das Jahr 2016 für Empfänger von Versorgungsbezügen Erfolg gehabt hätte. Für die Ermittlung der Höhe des Familienzuschlags war eine Angabe darüber, ob die Klägerin Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, einen weiteren (zusätzlichen) Versorgungsbezug, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat, nicht erforderlich.
§ 28 KVersG in Verbindung mit § 17 KBBesG und den Vorschriften des Bayerischen Besoldungsgesetzes macht die Höhe des Familienzuschlags nicht davon abhängig, ob der Versorgungsempfänger neben Versorgungsbezügen die oben angeführten Einkünfte bezieht.
Im Übrigen war die Beklagte jedoch befugt, im Zusammenhang mit dem Eintritt der Klägerin in den Ruhestand die Berechtigung der Klägerin zum Bezug eines Familienzuschlags zu überprüfen und diesbezüglich die in der genannten Erklärung unter Ziffern 2. bis 8. genannten Angaben zu fordern. Insoweit ergibt sich eine Mitwirkungsverpflichtung der Klägerin aus einer entsprechenden Anwendung des Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG sowie § 17 Abs. 7 KBBesG in Verbindung mit dem Amtsermittlungsgrundsatz bei der erstmaligen Festsetzung der Versorgungsbezüge durch die Beklagte.
Da die Beklagte somit nur in einem geringen Teil unterlegen wäre, wurden gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die Kosten des Verfahrens insgesamt der Klägerin auferlegt.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung wird gemäß § 124a VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zur Anwendung des § 6 KBBesG liegt bisher keine obergerichtliche Rechtsprechung vor.