Arbeitsrecht

AnwZ (Brfg) 75/18

Aktenzeichen  AnwZ (Brfg) 75/18

Datum:
7.12.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:071220UANWZ.BRFG.75.18.0
Normen:
§ 46 Abs 3 Nr 2 BRAO
Spruchkörper:
Senat für Anwaltssachen

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 4. Oktober 2019, Az: AnwZ (Brfg) 75/18, Beschlussvorgehend Anwaltsgerichtshof München, 30. Juli 2018, Az: BayAGH I – 5 – 15/17, Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 30. Juli 2018 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Tatbestand

1
Der Kläger ist seit dem 31. Januar 1995 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seit dem 1. Mai 2016 war er Hauptgeschäftsführer des P.                      e.V. (fortan auch: Arbeitgeber). Der Verband hatte etwa 400 Mitglieder, mittelständische Brauereien. Er wurde von einem ehrenamtlichen Präsidium geleitet und von seinem Präsidenten gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Er unterhielt eine Geschäftsstelle mit mehreren Mitarbeitern, darunter zwei Rechtsanwälten, technischen Beratern, Buchhaltung und Sekretariat. Der Kläger als Hauptgeschäftsführer hatte Vertretungsvollmacht für alle laufenden Geschäfte und war dem Präsidium des Verbandes für die Führung der Geschäfte verantwortlich. Unter dem 30. Juli 2016 beantragte er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Dem Antrag waren der Anstellungsvertrag, die Geschäftsordnung des P.                      e.V., die Ergänzungsabrede zum Anstellungsvertrag betreffend die fachliche Unabhängigkeit des Klägers sowie eine Tätigkeitsbeschreibung vom 29. Juli 2016 beigefügt. Nachfragen der Beklagten, die das Fehlen von Unterlagen im Original sowie die mangelnde Konkretisierung und Individualisierung der Tätigkeitsbeschreibung beanstandete, beantwortete der Kläger trotz mehrerer Mahnungen nicht. Mit Bescheid vom 20. April 2017 lehnte die Beklagte die Zulassung ab.
2
Seit dem 1. Februar 2019 werden die Aufgaben des Hauptgeschäftsführers des P.                    e.V. von einem Diplom-Braumeister wahrgenommen. Der Kläger ist nicht mehr bei diesem Arbeitgeber beschäftigt.
3
Der Kläger hat gemeint, sein Arbeitsverhältnis sei durch anwaltliche Tätigkeiten geprägt gewesen. Er hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt gemäß §§ 46 Abs. 2, 46a BRAO) für die von ihm ausgeübte Tätigkeit bei dem P.                   e.V. aufgrund des Antrags vom 30. Juli 2016 zuzulassen,
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag vom 30. Juli 2016 neu anhand der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs zu entscheiden.
4
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
5
Sie hat insbesondere die vom Kläger vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung für unzureichend gehalten.
6
Der Anwaltsgerichtshof hat den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 20. April 2017 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger als Syndikusrechtsanwalt für die von ihm ausgeübte Tätigkeit bei dem P.                   e.V. zuzulassen.
7
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen insbesondere zur fehlenden anwaltlichen Prägung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Ergänzend verweist sie darauf, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei dem P.                     e.V. beendet sei; sie meint, eine rückwirkende Zulassung als Syndikusrechtsanwalt sei nicht mehr möglich. Die Beklagte beantragt,
das Urteil des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 30. Juli 2018 – BayAGH I – 5 – 15/17, zugestellt am 1. Oktober 2018, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
8
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
9
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogenen Akten sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vor dem Anwaltsgerichtshof und dem Senat Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

11
Die Berufung ist nach § 112e Satz 1 BRAO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5, 6 VwGO). Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2017, mit welchem der Antrag des Klägers auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt abgelehnt wurde, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Arbeitsverhältnis des Klägers war nicht, wie § 46 Abs. 3, Abs. 5 BRAO es verlangt, durch anwaltliche Tätigkeiten für seinen Arbeitgeber geprägt.
12
1. Gemäß § 46a BRAO ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auf Antrag zu erteilen, wenn die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen zum Beruf des Rechtsanwalts gemäß § 4 BRAO erfüllt sind, kein Zulassungsversagungsgrund nach § 7 BRAO vorliegt und die Tätigkeit des Antragstellers den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO entspricht.
13
2. Die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO sind hier nicht erfüllt.
14
a) Das Arbeitsverhältnis eines Syndikusrechtsanwalts wird durch die in § 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO näher beschriebenen anwaltlichen Tätigkeiten geprägt. Die anwaltlichen Tätigkeiten müssen folglich quantitativ und qualitativ den Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses eines Syndikusrechtsanwalts-Bewerbers darstellen. Ein Anteil von 65 % anwaltlicher Tätigkeit liegt am unteren Rand des für eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses Erforderlichen (BGH, Urteil vom 30. September 2019 – AnwZ (Brfg) 63/17, NJW 2019, 3649 Rn. 18; Beschluss vom 9. Januar 2020 – AnwZ (Brfg) 11/19, juris Rn. 6; Urteil vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 9). Ob es für die Annahme einer Prägung des Arbeitsverhältnisses ausreicht, dass die anwaltlichen Tätigkeiten für den Arbeitgeber mehr als die Hälfte der insgesamt geleisteten Arbeit ausmachen, hat der Senat bisher offengelassen.
15
b) Auf der Grundlage der vom Kläger vorgelegten schriftlichen Unterlagen, seiner Schriftsätze und seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof und vor dem Senat hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei seinem Arbeitgeber von anwaltlichen Tätigkeiten geprägt war.
16
aa) Dem “Hauptgeschäftsführer-Anstellungsvertrag” vom 19. Februar 2016 zufolge wurde der Kläger als Hauptgeschäftsführer eingestellt. Die Befugnis zur Geschäftsführung umfasste dem Vertrag zufolge “die Vornahme aller Maßnahmen und Handlungen im Rahmen der gewöhnlichen Verbandstätigkeit und Aufgaben, insbesondere derer gem. § 2 Abs. 1 der Verbandssatzung. Das Nähere zur Zuweisung der Geschäftsbereiche regelt die Geschäftsordnung …”. Davon, dass der Kläger seinen Arbeitgeber rechtlich zu beraten hatte, ist hier nicht die Rede. Eine rechtliche Beratung der Geschäftsführung ist schon deshalb kaum vorstellbar, weil der Kläger selbst der Hauptgeschäftsführer des Verbandes ist. Der Kläger hätte allenfalls das Präsidium rechtlich beraten können; davon steht im Anstellungsvertrag jedoch nichts.
17
bb) Gleiches gilt hinsichtlich der Geschäftsordnung, auf welche der Arbeitsvertrag verweist und die der Kläger ebenfalls vorgelegt hat. Ihr zufolge oblag dem Geschäftsführer die Leitung der Geschäftsstelle und die Führung der laufenden Geschäfte. Er war für die Führung der Bücher des Verbandes verantwortlich und bereitete die jährlichen Rechnungsabschlüsse vor. Er überwachte die Einhaltung des Haushaltsplanes und schlug dem Präsidium mindestens zwei Monate vor Beginn eines neuen Kalenderjahres einen neuen Haushaltsplan zur Genehmigung vor. Er war für die Verwaltung der Mittel im Rahmen des Haushaltsplanes, für die laufende Rechnungskontrolle, die Buchführung sowie für die Finanzverwaltung zuständig. Bei wesentlichen Überschreitungen des Haushaltsplanes hatte der Kläger das Präsidium zu informieren. Für alle Grundsatzfragen der Geschäftspolitik sowie für alle wesentlichen Geschäfte und Maßnahmen bedurfte der Kläger der Zustimmung des Präsidiums, insbesondere für folgende Maßnahmen:

Mit Wirkung für oder gegen den Verband Anleihen oder Kredite aufzunehmen, Bürgschaften, Garantien oder ähnliche Haftungen zu übernehmen, Kredite oder Darlehen zu gewähren oder in ähnlicher Weise tätig zu werden;

Grundlegende Änderungen in der Organisation des Verbands und seiner Gremien;

Abschluss und Beendigung von Arbeitsverträgen;

Maßnahmen, die nicht im Einklang mit einer durch ein Organ des Verbandes verabschiedeten Planung oder Strategie stehen;

Einleitung oder Abwehr von Rechtsstreitigkeiten oder behördlichen Verfahren;

Sonstige Geschäfte oder Maßnahmen, die die Organe des Verbandes für zustimmungsbedürftig erklärt haben.
18
Im Einzelfall konnte der Kläger im Rahmen des Haushaltsplans Ausgaben bzw. Investitionen bis zu einem Betrag von 10.000 € verantwortlich entscheiden; für höhere Ausgaben oder Investitionen im Einzelfall hatte er die Zustimmung des Präsidiums einzuholen.
19
Anwaltliche Tätigkeiten des Geschäftsführers lassen sich der Geschäftsordnung damit ebenfalls nicht entnehmen. Sowohl die dem Geschäftsführer zugewiesenen Geschäfte als auch diejenigen Geschäfte, welche einem Zustimmungsvorbehalt unterlagen, betrafen die Geschäftsführung des Verbandes, nicht die rechtliche Beratung des Präsidiums.
20
cc) Die Verbandssatzung, auf welche der Anstellungsvertrag vom 19. Februar 2016 Bezug nimmt, befindet sich nicht bei den Akten; sie hat sich mit den dem Senat zur Verfügung stehenden Mitteln nicht auffinden lassen.
21
dd) Mit seinem Zulassungsantrag hat der Kläger eine “Ergänzungsabrede zum Arbeitsvertrag betreffend die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung als Syndikusrechtsanwalt” vom 29. Juli 2016 vorgelegt, die vom Kläger und vom Präsidenten des P.                    e.V. unterzeichnet worden ist. Die Beschreibung der Tätigkeit des Klägers entspricht fast wörtlich dem Text von § 46 Abs. 3 BRAO. Sie lässt nicht erkennen, welche Tätigkeiten der Kläger tatsächlich ausgeübt hat. Gleiches gilt für die dem Antrag beigefügte, ebenfalls von den Parteien des Anstellungsvertrages unterschriebene “Anlage zur Tätigkeitsbeschreibung” vom 29. Juli 2016. Sie weist ergänzend Rechtsgebiete aus, auf denen der Kläger tätig gewesen sein will, und ordnet diesen Wochenstunden zu. Eine Subsumtion unter die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 bis 5 BRAO erlaubt sie gleichwohl ebenfalls nicht. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 24. August 2016 auf entsprechende Bedenken hingewiesen und ihm Gelegenheit gegeben, seine Angaben zu ergänzen. Hierauf hat der Kläger trotz mehrfacher Erinnerung nicht reagiert.
22
ee) Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof hat der Kläger nach mehreren Fristsetzungen und einem Hinweis auf die Rücknahmefiktion gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 92 Abs. 2 VwGO eine Klagebegründung vorgelegt, die im wesentlichen Rechtsausführungen enthält, jedoch keinen ergänzenden Sachvortrag.
23
ff) Der Anwaltsgerichtshof hat seine Entscheidung maßgeblich auf die Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2018 gestützt. Der Kläger bearbeite Anfragen der Mitgliederunternehmen auf den Gebieten Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht, Immissionsschutzrecht, Abwasserrecht. Er erteile Rechtsrat, entwerfe Musterverträge und erarbeite Lösungsvorschläge. Zuletzt habe es mehrfach Anfragen hinsichtlich der Einleitung von Brauereiabwässern in die öffentliche Kanalisation gegeben. Unter anderem habe er den Verein auch im Zusammenhang mit einem Gesetzgebungsvorhaben “Änderung des vorläufigen Biergesetzes” beraten. Er habe Gesetzesformulierungen vorgeschlagen, die interessengerecht seien und der Rechtssicherheit entsprächen. Zudem habe er steuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Besteuerung von Lizenzgebühren bearbeitet und sich mit der Datenschutzgrundverordnung und ihrer Umsetzung befasst. Im Frühjahr 2017 habe er die Rahmenbedingungen für eine Kooperation mit einer Messegesellschaft betreffend die Auslandsmessen verhandelt und vertraglich geregelt.
24
Die im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2018 und im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Erklärungen des Klägers lassen schon deshalb keinen Schluss auf eine anwaltliche Prägung des Arbeitsverhältnisses zu, weil sie sich in Einzelheiten erschöpfen, dem Senat also keinen Überblick über die gesamte Tätigkeit des Klägers als Hauptgeschäftsführers verschaffen. Die vom Kläger beschriebenen Tätigkeiten stellen zudem nicht durchweg anwaltliche Tätigkeiten im Sinne von § 46 Abs. 3 BRAO dar.
25
(1) Das gilt insbesondere hinsichtlich der behaupteten Mitwirkung an einer Reform des Vorläufigen Biergesetzes vom 9. Juli 1923. Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben sind keine anwaltstypischen Tätigkeiten. Der Syndikusrechtsanwalt ist, wie sich etwa aus § 46 Abs. 2 BRAO ergibt, ein Rechtsanwalt im Sinne der §§ 1 bis 3 BRAO (vgl. BT-Drucks. 18/5201, S. 18 unter II.1). Er ist Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO) und erbringt Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 2 RDG, also Tätigkeiten in fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern und grundsätzlich den Rechtsanwälten vorbehalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 13). Die Vorschrift des § 46 Abs. 3 Nr. 1 BRAO setzt die Tätigkeit in einem konkreten Einzelfall voraus (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2020 – AnwZ (Brfg) 64/19, AnwBl. 2020, 361 Rn. 12). Gesetze enthalten demgegenüber generell-abstrakte Regelungen, die auf eine unbestimmte Anzahl von Fällen anwendbar sind. Gleiches gilt folgerichtig auch für Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben und -entwürfen. Derartige Stellungnahmen sind nicht den zugelassenen Rechtsanwälten vorbehalten. Sie unterfallen nicht dem Rechtsdienstleistungsgesetz (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 5 RDG). Der Verbotsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes sollte der amtlichen Begründung zufolge ausdrücklich auf Fälle echter Rechtsanwendung beschränkt werden (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 35 unter 6). Jedermann kann sich zu Gesetzesvorhaben äußern oder Gesetzesänderungen anregen.
26
(2) Die beratende Tätigkeit des Klägers auf dem Gebiet des Arbeitsrechts, die im Durchschnitt immerhin 8 Wochenstunden ausfüllen soll, soll sich den unwidersprochenen Angaben der Beklagten zufolge nicht nur auf die Mitgliedsunternehmen des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers beziehen, sondern auch Anfragen aus ähnlichen Verbänden mit Sitz in B.    , F.     und L.     . Die Beratung von Mitgliedsunternehmen ist von § 46 Abs. 5 Nr. 2 BRAO gedeckt. Bei dem ehemaligen Arbeitgeber des Klägers handelte es sich um einen Arbeitgeberverband gemäß § 7 RDG. Die Bearbeitung von Anfragen anderer Verbände stellt dagegen keine anwaltliche Tätigkeit für den Arbeitgeber dar.
27
(aa) § 46 Abs. 2 Satz 1 BRAO verlangt für Angestellte nichtanwaltlicher Arbeitgeber eine anwaltliche Tätigkeit gerade für den Arbeitgeber. Gemäß § 46 Abs. 5 Satz 1 BRAO beschränkt sich die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Beratung und Vertretung auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers. Nach mittlerweile gefestigter Senatsrechtsprechung handelt es sich bei dem Merkmal der anwaltlichen Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers in § 46 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 BRAO um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt, nicht nur um eine Beschränkung des zulässigen Tätigkeitsfeldes nach erteilter Zulassung (vgl. BGH, Urteile vom 2. Juli 2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, NJW 2018, 3100 Rn. 37 ff.; vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 10).
28
(bb) Die Rechtsangelegenheiten befreundeter Verbände stellten keine Rechtsangelegenheiten des früheren Arbeitgebers des Klägers dar. Die Beratung der Geschäftsführer solcher Verbände fällt auch nicht unter eine der Ausnahmen in § 46 Abs. 5 Satz 2 BRAO. Diese Ausnahmetatbestände sind eng auszulegen. Sie sind nicht analogiefähig (BGH, Urteile vom 2. Juli 2018 – AnwZ (Brfg) 49/17, aaO Rn. 58 ff.; vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, NJW-RR 2020, 1317 Rn. 12). Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke. Weder aus der Bundesrechtsanwaltsordnung noch aus den Gesetzesmaterialien zu den §§ 46 ff. BRAO (BT-Drucks. 18/5201, S. 30 f. zu § 46 Abs. 5 BRAO-E) ergibt sich ein Regelungsplan des Gesetzgebers, nach welchem eine Drittberatung in anderen als den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten Fällen eine Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers darstellen soll. Der Gesetzgeber wollte ausschließlich in den in § 46 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BRAO genannten besonderen Fällen der Drittberatung eine Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers sehen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, aaO). Eine anwaltliche Tätigkeit für Dritte schließt die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt aus (Senat, Urteil vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 23/19, NJW 2020, 2966 Rn. 21 ff.).
29
(3) Die Befassung mit der Datenschutzgrundverordnung soll den Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof zufolge im Entwurf einer Arbeitsgrundlage für die Mitgliedsunternehmen sowie in Vorträgen bei den Mitgliedern des Verbandes bestanden haben. Vorträge und Schulungen ohne konkreten Fallbezug stellen jedoch keine anwaltlichen Tätigkeiten dar. Bei ihnen handelt es sich nicht um Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 2 RDG, also nicht um Tätigkeiten in konkreten fremden Angelegenheiten, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordern und grundsätzlich den Rechtsanwälten vorbehalten sind (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2020 – AnwZ (Brfg) 64/19, AnwBl. 2020, 361 Rn. 12 mwN; Urteil vom 22. Juni 2020 – AnwZ (Brfg) 81/18, juris Rn. 13).
30
gg) Das Schreiben des Präsidenten des P.                    e.V. vom 24. Juli 2018, nach welchem die anwaltlichen Tätigkeiten des Klägers 75 % bis 80 % der gesamten Tätigkeiten des Klägers ausmachten, enthält keine Tatsachen, die eine Überprüfung des in ihm enthaltenen Subsumtionsschlusses erlauben.
31
3. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Grupp     
        
Lohmann     
        
Paul   
        
Wolf     
        
Merk     
        


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