Arbeitsrecht

Arbeitnehmer, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Arbeitszeit, Arbeitgeber, Betriebsrat, Beschwerde, Behinderung, Gewerkschaft, Sperrwirkung, Unterlassungsanspruch, Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt, Mitbestimmung, Ermessen des Gerichts, Deutsche Bahn, Mitbestimmung des Betriebsrats

Aktenzeichen  10 TaBV 51/20

Datum:
28.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27772
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

25 BV 408/19 2020-07-21 Bes ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 21.07.2020, Az. 25 BV 408/19 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die Beteiligte zu 1) einen Unterlassungsanspruch auf Durchführung der zwischen den Beteiligten zu 2) und 3) geschlossenen Betriebsvereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ vom 20.08.2019, hilfsweise von einzelnen Regelungen der Betriebsvereinbarung hilfsweise von einzelnen Regelungen der Betriebsvereinbarung gegenüber den Mitgliedern der Beteiligten zu 1) hat.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist eine im Betrieb der Beteiligten zu 2) vertretene Gewerkschaft. Der Beteiligte zu 3) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) gewählte Betriebsrat. Die Beteiligte zu 2) ist Mitglied des tarifvertragsschließenden Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (AGV MOVE).
Im Betrieb der Beteiligten zu 2) herrscht Tarifpluralität. Die Tarifwerke, welche zwischen der Beteiligten zu 1) und zu 2) sowie zwischen den Beteiligten zu 2) und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) geschlossen wurden, regeln, dass diese Tarifwerke in den Betrieben der Beteiligten zu 2) nebeneinander existieren. Die Tarifvertragsparteien verzichteten einvernehmlich auf die Anwendung des § 4 a TVG. Im Hinblick auf die Beteiligte zu 1) ist dies im Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen (TV Grundsatzfragen) vom 30. Juni 2015 (Anl. AG 15., Bl 357 ff d.A.) geregelt, im Hinblick auf die EVG im Tarifvertrag zur Sicherung kollisionsfreier Tarifbestimmungen (TV Kollisionsfreiheit) vom 27. Mai 2015. Der TV Grundsatzfragen ist zum 31.12.2020 ausgelaufen, er hat weder Nachwirkung noch gibt es einen Nachfolgetarifvertrag.
Für die Beteiligte zu 2) besteht eine Tarifbindung, insbesondere für folgende zwischen der Beteiligten zu 1) und dem AGV MOVE abgeschlossenen Tarifverträgen:
– Bundes-Rahmentarifvertrag für das Zugpersonal der Schienenbahnen des Personen- und Güterverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland (BuRa-ZugTV AGV MOVE) (Anlage A 1, Bl. 28 ff d.A.)
– Tarifvertrag für Lokomotivführer von Schienenverkehrsunternehmen des AGV MOVE (LfTV) (auszugsweise Anlage A 2, Bl. 65 ff d.A.)
– Tarifvertrag für Zugbegleiter und Bordgastronomie von Schienenverkehrsunternehmen des AGV MOVE (ZubTV) (auszugsweise Anlage A 3, Bl. 68 ff d.A.)
– Tarifvertrag für Lokrangierer von Schienenverkehrsunternehmen des AGV MOVE (LrfTV) (auszugsweise Anlage A 4, Bl. 70 ff d.A.).
Im Tarifwerk des Beteiligten zu 1) heißt es in § 3 Abschnitt II Abs. 4 Satz 1 BuRa-ZugTV:
„Die Ruhetage sollen in Abständen von höchstens 144 Stunden beginnend mit der ersten Schicht nach dem vorausgehenden Ruhetag) gewährt werden. Ruhetage mit einer Ruhezeit von 36 Stunden sollen nicht mehr als zweimal hintereinander angesetzt werden. Die Betriebsparteien können im gegenseitigen Einvernehmen hiervon abweichen.“
§ 3 Abschnitt III BuRa-ZugTV regelt die Dienst- und Schichtplanung für Lokomotivführer (einschließlich Lokrangierführer), Zugbegleiter und Bordgastronomen. In § 3 Abschnitt III Absatz 1 ist die Jahresplanung, in Absatz 2 die Monatsplanung und in Absatz 3 die Wochenplanung geregelt. § 3 Abschnitt III BuRa-Zug-TV lautet wie folgt:
„Abschnitt III Persönliche Planungssicherheit
(1) Erster Schritt: Persönliche Planungssicherheit – Jahresruhetags- und Urlaubsplan (Jahresplanung)
Vom Arbeitgeber ist für jeden Arbeitnehmer für den Zeitraum eines Kalenderjahres ein verbindlicher Jahresruhetags- und Urlaubsplan zu erstellen. Dieser ist dem Arbeitnehmer spätestens bis 30. November des Vorjahres bekannt zu geben.“
Dieser Jahresruhetags- und Urlaubsplan enthält
a) den im Rahmen der Urlaubsplanung festgelegten Urlaub, inkl. der im Urlaub befindlichen Wochenenden; dabei soll die Urlaubsplanung bis 31. Oktober abgeschlossen sein;
b) arbeitsfreie Tage von Teilzeitarbeitnehmern im Rahmen einer Festlegung der individuellen Arbeitszeitverteilung sowie außerhalb des Urlaubs:
c) mindestens zwölf freie Wochenenden (Kalendertage Samstag und Sonntag, Mindestlänge 60 Stunden; beginnend spätestens am Freitag um 24:00 Uhr und endende frühestens am Montag um 4.00 Uhr) im Kalenderjahr (inkl. eines tarifvertraglich geregelten Wochenendes vor dem Hauptjahresurlaub),
d) mindestens sechs weitere freie Samstage, Sonn- oder Feiertage, jeweils als Kalendertage mit einer Mindestlänge von 48 Stunden,
e) mindestens fünf weitere freie Kalendertage mit einer Mindestlänge von 48 Stunden sowie im Anschluss daran zu planende arbeitsfreie Tage im Rahmen von Blockfreizeiten:
f) zum Überstundenabbau und g) in Modellen zur Arbeitszeitreduzierung für ältere Arbeitnehmer.
Vom verbindlichen Jahresruhetags- und Urlaubsplan kann nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer abgewichen werden.
(2) Zweiter Schritt: Persönliche Planungssicherheit – Verbindliche Ruhetage/Ruhezeiten (Monatsplanung)
Der tarifvertragliche Jahresruhetags- und Urlaubsplan mit seinen verbindlich geregelten Freistellungen bildet die Ausgangssituation für die Schichtplanung.
In der Schichtplanung wird die Arbeitszeit für mehrere Kalenderwochen eines Kalendermonats in einem Wochenrhythmus geplant. Dabei sind die noch nicht im Jahresruhetags- und Urlaubsplan verplanten freien Sonn- und Feiertage sowie sonstige Ruhetage/Ruhezeiten und Ersatzruhetage für Wochenfeiertage in die Schichtplanung einzuarbeiten.
Dabei sind folgenden Regelungen zu beachten:
a) Die Schichtplanung wird dem Arbeitnehmer mindestens zwei Wochen im Voraus für die nachfolgenden Kalenderwochen eines Kalendermonats bekannt gegeben. Sie ist für diesen Zeitraum für den zeitlichen Rahmen der Arbeitseinsätze als Arbeitszeitplanung verbindlich. Zeiten außerhalb dieses Rahmens gelten als verbindlich zugesagte Ruhetage/Ruhezeiten.
Protokollnotiz:
Für den Arbeitnehmer soll unabhängig von der Lage der einzelnen Planungsphasen der Kalendermonat als geplanter Zeitraum erkennbar sein.
b) In die Schichtplanung werden die zum Zeitpunkt ihrer Erstellung bekannten Schichten mit ihrem Beginn und Ende eingearbeitet.
c) In der Schichtplanung können diese Schichten von einem maximal zweistündigen Schichtrahmen umgegeben werden, der flexibel auf Zeiten vor und/oder nach der Schicht aufgeteilt werden kann. Der Schichtrahmen darf die Dauer der geplanten Schicht nicht um mehr als zwei Stunden und insgesamt 14 Stunden nicht überschreiten. Beginn und Ende des Schichtrahmens sind ebenfalls in dieser Schichtplanung festzulegen. Zwischen zwei Schichtrahmen ist eine Ruhezeit zu planen.
d) In die Schichtplanung werden ebenfalls alle bekannten Abwesenheiten des Arbeitnehmers und Vertretungen anderer Arbeitnehmer eingearbeitet, um eine größtmögliche Stabilität der Schichtplanung zu erreichen.
e) Für den notwendigen Vertretungsbedarf sowie für Schichten, deren zeitliche Lage nicht rechtzeitig vor dem Zeitpunkt der Ausübung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bekannt ist, werden Dispositionszeiträume in der mitzubestimmenden Schichtplanung hinterlegt. Dispositionszeiträume können in Form von Disposchichten, Dispotagen und Dispophasen gestaltet werden. Dispositionszeiträume sind mit einem Arbeitszeitwert, mindestens dem arbeitstäglichen Durchschnitt der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit zu planen.
Protokollnotiz:
Ist in Haustarifverträgen eine Jahresarbeitszeit vereinbart, errechnet sich der arbeitstägliche Durchschnitt aus 1/261 des arbeitsvertraglichen Arbeitszeit-Solls.
f) Die Anzahl der Schichten innerhalb der Dispositionszeiträume ist auf maximal 20 Prozent aller monatlichen Schichten des Arbeitsnehmers beschränkt.
g) Dispositionszeiträume können auch ungleichmäßig auf die Arbeitnehmer verteilt werden, soweit dies dem erklärten Wunsch des Arbeitnehmers entspricht.
(3) Dritter Schritt: Persönliche Planungssicherheit – Verbindliche Schichtplanung (Wochenplanung)
Im dritten Schritt wird die Schichtplanung verbindlich konkretisiert. Dabei sind folgende Regelungen zu beachten:
a) Dem Arbeitnehmer ist so früh wie möglich, spätestens vier Tage (analog § 12 Abs. 2 TzBfG) vor Beginn des jeweiligen Schichtrahmens, die verbindliche Schicht mitzuteilen. Nach Mitteilung der verbindlichen Schicht entfällt der Schichtrahmen.
b) Auch für Dispositionszeiträume gilt, dass die konkrete Schicht dem Arbeitnehmer so früh wie möglich im Sinne des Buchst. a) bekannt zu geben sind. Ist dies nicht möglich, so kann die Frist zur Bekanntgabe aller konkreten Schichten innerhalb des Dispositionszeitraums reduziert werden. Die Bekanntgabe muss spätestens zum Ende der letzten Schicht, mindestens jedoch 24 Stunden vor Beginn des Dispositionszeitraums erfolgen. Sind während eines Dispositionszeitraums auswärtige Übernachtungen zu erwarten, so ist dies dem Arbeitnehmer ebenfalls innerhalb der vorgenannten Fristen anzuzeigen.
c) Abweichungen von dieser Schichtplanung, welche verbindlich gewordene Ruhezeiten/Ruhetage des Arbeitnehmers eingreifen, können nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers vorgenommen werden.
d) Eine Absage in Form von Ausfall oder Teilausfall von Arbeit bleibt im Rahmen der nachstehenden tarifvertraglichen Regelung (vgl. Abs. 5) möglich.
(4) Alle vorgenannten Planungsschritte unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG.
Im Rahmen der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG prüft der Betriebsrat in Bezug auf den zweiten und dritten Schritt jeweils auch die Gestaltung der Dispositionszeiträume als Voraussetzung für die Erteilung seiner Zustimmung zu den vorgelegten Schichtplänen.
(5) Der Arbeitgeber kann bei Ausfall, Teilausfall und Veränderung der zeitlichen Lage von Arbeit dem Arbeitnehmer Arbeitszeit absagen. Wird der Arbeitnehmer
a) mehr als 24 Stunden vor Beginn der geplanten Schicht über den Ausfall/Teilausfall informiert, erfolgt keine Anrechnung der abgesagten Arbeitszeit.
b) innerhalb von 24 Stunden vor Beginn der geplanten Schicht über den Ausfall/Teilausfall/Veränderung der zeitlichen Lage informiert, wird der Zeitabschnitt der ursprünglich geplanten zeitlichen Lage der Schicht, der nicht mehr durch die zeitliche Lage der neu geplanten Schicht abgedeckt wird, zu 50 Prozent angerechnet.
c) erst nach sechs Uhr des Vortages oder nach dem späteren Ende der vorausgegangenen Vorschicht, wenn diese bis 6:00 Uhr des Vortages begonnen hat, über den Ausfall von Arbeit innerhalb eines Dispositionszeitraums informiert, wird der Arbeitszeitwert entsprechend Abs. 2 Buchst. e) zu 50% angerechnet
d) nach Beginn der Schicht über den Ausfall/Teilausfall informiert, erfolgt neben der Anrechnung der geleisteten Arbeitszeit eine Anrechnung von 50% der abgesagten Arbeitszeit. Ist die geleistete Arbeitszeit kürzer als sechs Stunden, werden sechs Stunden zuzüglich 50 Prozent der über sechs Stunden hinausgehenden abgesagten Arbeitszeit angerechnet.
Darüber hinaus ist der Jahresschichtrasterplan mit Geltung ab dem 01.01.2020 in § 52 b LfTV, § 56 ZubTV und § 56 LrfTV geregelt.
§ 52b Abs. 2 des LfTV regelt
„Der Jahresschichtrasterplan bildet die Basis für die Monatsplanung nach § 3 Abschnitt III Abs. 2 BuRa-ZugTV AGV MOVE. In der jeweiligen Monatsplanung werden die Zeiträume nach Abs. 1 Buchst. c) entsprechend konkretisiert. Dabei kann bei Bedarf nach den Ruhetagen nach Abs. 1 Buchst. b) und von den Werten nach Abs. 1 Buchst. c) im Rahmen der Mitbestimmung abgewichen werden.“
Identische Regelungen sind in § 56 Abs. 2 ZubTV und § 56 Abs. 2 LrfTV enthalten.
Darüber hinaus haben die Beteiligte zu 1), die AGV MOVE und die Beteiligte zu 2) am 03. Januar 2019 eine „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ geschlossen (Anlage AG 9, Bl. 239 – 242 d. A.), in welcher unter Abschnitt II Abs. 3 Folgendes vereinbart wurde:
„II. Sperrwirkung der tarifvertraglichen Regelungen Die gesetzliche Systematik der Sperrwirkung tarifvertraglicher Regelungen ist bei der Anwendung der Regelungen in § 3 BuRa-ZugTV AGV MOVE sowie der diesen ergänzenden Arbeitszeitregelungen in den Haustarifverträgen LftV, LrfTV, ZubTV und DispoTV zwingend zu beachten. Hiernach entfalten normative tarifvertragliche Regelungen zwischen den Tarifgebundenen unmittelbare und zwingende Wirkung, d.h. sie erfassen automatisch das einzelne Arbeitsverhältnis und können nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Abweichende Vereinbarungen sind gem. § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, sowie sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer enthalten. Daneben können gem. § 77 Abs. 3 BetrVG Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
Das bedeutet insbesondere, dass die an die Tarifverträge der Parteien gebundenen Unternehmen diese Tarifverträge unabhängig von der Erfüllung der Voraussetzung des § 4 a Abs. 2 Satz 2 TVG auf die Mitglieder der GDL als unmittelbar und zwingend geltende Normen anwenden.
Aus dieser Systematik folgt, dass die in § 3 BuRa-ZugTV AGV MOVE sowie in den diesen ergänzenden Arbeitszeitregelungen in den Haustarifverträgen LfTV, LrfTV, ZubTV und DispoTV begründeten individualrechtlichen Ansprüche der Arbeitnehmer durch die Betriebsparteien nicht kollektivrechtlich verschlechternd verändert werden dürfen. Abweichungen zugunsten der Arbeitnehmer können betrieblich vereinbart werden.“
In den zwischen der EVG und dem AGV MOVE geschlossenen Tarifverträgen sind
– Arbeitszeitregelungen in Abschnitt C Kapitel 2 (Arbeitszeitgestaltung) des Demografietarifvertrags (DemografieTV) – Grundsatzregelung zur gemeinsamen Gestaltung der Personal-, Sozial- und Tarifpolitik in den Unternehmen des DB Konzerns – vom 14. Dezember 2018 (Anlage AG 1, Bl. 144 ff d.A.)
– Arbeitszeitregelungen in Abschnitt III (§ 37 bis 45) des Basistarifvertrags zu den Funktionsgruppenspezifischen Tarifverträgen und Funktionsspezifischen Tarifverträgen verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (Basis-TV) vom 14. Dezember 2018 (Anlage AG 2, Bl. 159 ff d.A.)
– Arbeitszeitregelungen in Abschnitt IV (§§ 37 – 46) des Funktionsgruppenspezifischen Tarifvertrags für Tätigkeiten der Funktionsgruppe 4 – Lokfahrdienst – verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (FGr4-TV) vom 14. Dezember 208, dort beispielsweise Regelungen zum Ausfall von Arbeit (§ 42 Abs. 7), zu Ruhetagen (§ 42 Abs. 8) sowie zum Jahresruhezeitplan (§ 42 a) (Anlage AG 3, Bl. 165 ff d. A.)
– Arbeitszeitregelungen in Abschnitt VI (§§ 37 bis 45) des Funktionsgruppenspezifischen Tarifvertrags für Tätigkeiten der Funktionsgruppe 5 – Bahnservice und Vertrieb – verschiedener Unternehmen des DB Konzerns (FGr 5-TV) vom 14. Dezember 2018, dort beispielsweise Regelungen zum Ausfall von Arbeit (§ 45 Abs. 12) sowie zu Ruhetagen (§ 2 der Anlage 9) (Anlage AG 4, Bl. 175 ff d. A.).
enthalten.
Im EGV-Tarifwerk ist in § 11 des Demografie TV Folgendes geregelt:
㤠11 Arbeitszeitgestaltung der Betriebspartner
(1) Die Betriebspartner erfüllen mit der konkreten Arbeitszeitgestaltung für die Arbeitnehmer einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der unter Abschnitt B genannten Ziele. Daher sind die im betrieblichen Mitbestimmungsprozess beteiligten Betriebspartner insbesondere im Bereich von Wechselschicht-, Nachtarbeit und/oder Rufbereitschaft aufgefordert, gemeinsam Instrumente zu vereinbaren, welche die Ausrichtung der Arbeitszeitgestaltung an den folgenden Zeilen und Interessen in regelmäßigen Zeitabschnitten evaluiert und ggf. Veränderungspotenzial aufzeigt (z.B. im Rahmen gemeinsam vereinbarter betrieblicher Arbeitszeitprojekte):
– Individualisierung der Arbeitszeitgestaltung (Definition s.u.)
– Berücksichtigung aktueller arbeitsmedizinischer Erkenntnisse bzgl. des Zusammenspiels von Lebensalter und Schicht- bzw. Nachtarbeit und zu persönlichen Arbeitszeittypen (chronobiologische Prägung)
– Berücksichtigung neuer Arbeitsmethoden
– Sicherstellung der Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen (Planung von Weiterbildungszeiten)
– Berücksichtigung der tatsächlichen Belastung innerhalb der Arbeitszeit
– Förderung von Teilzeit und der Selbstdisposition des Arbeitsorts
– Steuerung und Kontrolle der Arbeitszeitkonten auch innerhalb des jeweiligen Ausgleichszeitraums (Kommunikation zwischen den Beteiligten; Erhöhung Transparenz über Jaz-Stand)
– Sicherstellung des Personaleinsatzes im betrieblich notwendigen Umfang auch unter Wahrung einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung Protokollnotizen
1. Instrumente können beispielsweise sein
– Verabredung der Berücksichtigung von persönlichen Verteilungswünschen bei der Arbeitszeitgestaltung oder
– unterschiedliche Dienstplanmuster – z.B. frühschichtlastig, nachtschichtlastig oder
– geringere/höhere Planungsstabilität auch aus Sicht des Arbeitnehmers oder
– individuelle Einsatzpläne
2. Definition Individualisierung der Arbeitszeitgestaltung:
Unter dem Begriff der „Individualisierung der Arbeitszeitgestaltung“ verstehen die Tarifvertragsparteien die durch einen abgestimmten betrieblichen Prozess systematische Berücksichtigung persönlicher Bedürfnisse und Situationen des Arbeitnehmers bei der konkreten Arbeitszeitplanung. Bei der Ausgestaltung dieses Prozesses liegen dabei die betrieblichen Regelungsschwerpunkte bei der
– Festlegung von Kommunikationsprozessen zwischen den Betriebspartnern
– Einbindung der Arbeitnehmer (Erfragung der persönlichen Bedürfnisse bzw. Einbindung in den Planungsprozess),
– Berücksichtigung der persönlichen Arbeitnehmerinteressen im Mitbestimmungsprozess und
– Herstellung von Transparenz bei der Abwägung verschiedener Interessenlagen und Interessenkollisionen.
(2) Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass das Mitbestimmungsrecht durch die tarifvertraglichen Bestimmungen ausdrücklich gestärkt und nicht eingeschränkt wird und somit über diese Regelungen hinausgehende betriebliche soziale Gestaltung der Dienst- und Einsatzplanung vereinbart werden können. Insofern stellen diese Tarifregelungen in Verbindung mit den gesetzlichen Bestimmungen keinen abschließenden Rahmen für die betriebliche Arbeitszeit- und Personalplanung dar. Im Rahmen des betrieblichen Mitbestimmungsverfahrens können entsprechende Regelungen vereinbart werden. Es ist der Wunsch der Tarifvertragsparteien, dass die Betriebsparteien die Arbeitszeit vor dem Hintergrund der genannten Themen insgesamt passgenauer gestalten, als es auf tarifvertraglicher Ebene möglich ist (…)
In der Vereinbarung „Vorgehen bei der Geltung mehrerer Tarifverträge zur Arbeitszeitverteilung – Aktualisierung nach Abschluss der Tarifrunde 2018“ vom 17.06.2019 (Anlage A 8, Bl. 302 – 303 d. A.) vereinbarten die Deutsche Bahn, die EVG und der AGV MOVE, dass auch zukünftig einheitliche Dienstpläne ermöglicht werden sollen. Hierzu seien, wo erforderlich, betriebliche Vereinbarungen zur Arbeitszeitgestaltung anzupassen bzw. zu treffen. Wenn eine einheitliche Gestaltung von Dienstplänen und Betriebsvereinbarungen nicht möglich sei, seien auch differenzierte Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen, die unterschiedliche Regelungen zur Arbeitszeitverteilung abbildeten und für die sich die Mitarbeiten entscheiden könnten.
Unter dem Datum 20.08.2019 schlossen die Beteiligte zu 2) und der Beteiligte zu 3) eine Betriebsvereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ (Anlage A 5, Bl. 72 – 82 d. A.).
Die Betriebsvereinbarung lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 2 Allgemeine Grundsätze und Beschreibung der „Wahlmodelle“:
Die Bestimmungen der Tarifverträge, insbesondere des BuRa-Zug-TV, LfTV, ZubTV, LrTV, BasisTV und der FGr-Tarifverträge werden gleichberechtigt nebeneinander angewendet. Darüber hinaus regelt diese BV insbesondere den Umgang mit Schichtänderungen.
Bei der Berechnung der Dienstpläne werden die Disposchichten nach der vor Ort durchschnittlichen Schichtlänge bewertet. Die tatsächliche tarifliche Bewertung einer Disposchicht bleibt hiervon unberührt.
Den Mitarbeitern werden zwei Modelle für die künftige Diensteinteilung zur Auswahl angeboten.
a) Das Modell 1 sieht eine Dienst- und Schichtplanung nach den oben genannten gültigen Tarifverträgen vor. Dem Mitarbeiter wird sein individueller Jahresruhetags- und Urlaubsplan und/oder sein individueller Jahresschichtrasterplan bekannt gegeben. Darüber hinaus erhält er zu den tarifliche vorgesehenen Bekanntgabefristen seine persönliche Monats- und Wochenplanung.
b) Das Modell 2 sieht eine Dienst- und Schichtplanung nach den oben genannten gültigen Tarifverträgen (siehe a)) vor. Dem Mitarbeiter wird sein individueller Jahresruhetags- und Urlaubsplan und/oder sein individueller Jahresschichtrasterplan bekannt gegeben. Dem Mitarbeiter werden sogenannte „Basispläne“ (siehe § 4) für das Fahrplanjahr bekannt gegeben. Im Jahresruhetagsplan/Jahresschichtrasterplan werden alle Ruhen aus der Basiswoche dargestellt.
(…) Der Mitarbeiter erklärt sich im Gegenzug durch die Wahl dieses Modells damit einverstanden, die in § 4 beschriebene Flexibilität bei seiner Einsatzplanung zu gewähren.
(…)
Jeder Mitarbeiter erhält bis spätestens 30.06. des jeweiligen Jahres die Möglichkeit, sich für ein Modell für das künftige Fahrplanjahr zu entscheiden. Das gemeinsam erklärte Ziel ist es, dass sich jeder Mitarbeiter für eines der beiden Modelle entscheidet. Äußerst sich der Mitarbeiter nicht oder nicht rechtzeitig, sucht der Regio Teamleiter das persönliche Gespräch mit seinem Mitarbeiter und der Interessenvertretung. Wird trotzdem bis spätestens 31.07. des jeweiligen Jahres keine Entscheidung getroffen, wird der Mitarbeiter in das Modell 1 eingeteilt.
Ein Wechsel zwischen den Modellen ist zum jeweils nachfolgenden Fahrplanjahr möglich. Der Mitarbeiter muss dies spätestens bis 30.06. des jeweiligen Kalenderjahres schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Erklärt sich der Mitarbeiter zum nachfolgenden Fahrplanjahr nicht oder nicht rechtzeitig, wird er weiterhin nach dem bisherigen Modell eingeteilt.
Unterjährige Einstellungen werden im Jahr der Einstellung grundsätzlich in das Modell 1 geplant, es sei denn es besteht eine Wahlmöglichkeit aufgrund freier Basiswochenplätze. Erfolgt die Einstellung bis zum 30.09. des jeweiligen Jahres, besteht die Wahlmöglichkeit für das nachfolgende Fahrplanjahr. Der unterjährig eingestellte Mitarbeiter muss dies spätestens bis 30.09. des jeweiligen Kalenderjahres schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber erklären. Erfolgt die Einstellung nach dem 01.10. des jeweiligen Jahres, besteht die Wahlmöglichkeit grundsätzlich erst für das übernächste Fahrplanjahr. Der unterjährig nach dem 01.10. eingestellt Mitarbeiter wird auch im Folgejahr in das Modell 1 geplant, es sei denn es besteht eine Wahlmöglichkeit aufgrund freier Basiswochenplätze.“
§ 3 regelt die Dienst- und Schichtplanung nach Modell 1, § 4 die Dienst- und Schichtplanung nach Modell 2, § 5 den Umfang mit Planschichtänderungen (Modell 1 und Modell 2).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Betriebsvereinbarung (Anlage A 5, Bl. 72 – 79 d. A.) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 1) war vor dem Arbeitsgericht der Ansicht, dass ihr ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004, § 823 BGB i.V.m. Art. 9 GG sowie gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG zustehe. Die Betriebsvereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ treffe Reglungen hinsichtlich tariflich geregelte Tatbestände und verstoße damit gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Sie war weiter der Ansicht, dass sie durch den Abschluss der tarifwidrigen Betriebsvereinbarung in ihrer Koalitionsfreiheit aus Art. 9 GG verletzt werde.
Hilfsweise sei die Anwendung von § 2 Satz 1 der Betriebsvereinbarung zu unterlassen, da eine gleichberechtigte Anwendung nichts anderes bedeute, als dass die Tarifverträge für alle dem persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung unterfallenden Arbeitnehmer des Betriebs zur Anwendung kommen sollen. Dies gelte zumindest für den Themenbereich „Schicht- und Einsatzplanung“. Die nur für Gewerkschaftsmitglieder unmittelbar und zwingend geltenden Tarifnormen des § 3 Abschnitt III BuRa-ZugTV und der ab dem 01.01.2020 wirkenden § 52 b LfTV, § 56 ZubTV und § 56 LrTV würden durch den Abschluss der Betriebsvereinbarung auch für Nichtorganisierte normative Wirkung entfalteten. Gerade dies solle durch § 77 Abs. 3 BetrVG verhindert werden. Daher seien auch Betriebsvereinbarungen nichtig, die tarifliche Regelungen inhaltlich übernähmen.
Generell unwirksam wegen des Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG sei die in § 2 vorgesehen Wahlmöglichkeit zwischen Modell 1 und Modell 2 für die Dienst- und Schichtplanung. Bei Modell 1 handele es sich um das in § 3 Abschnitt III BuRa-Zug TV und in §§ 52 b LfTV, 56 LrfTV/ZubTV geregelte Modell. Auch das Modell 2 basiere auf den tariflichen Regelungen.
Nach § 2 Buchstabe b) Satz 13 werde ein Mitarbeiter, der sich nicht oder nicht rechtzeitig für eines der zur Wahl gestellten Arbeitszeitmodelle entscheide, nach Modell 1 geplant. Damit würden auch für nicht organisierte Arbeitnehmer die tariflichen Regelungen in § 3 Abschnitt III BuRa-ZugTV durch die Betriebsvereinbarung automatisch normativ in Kraft gesetzt. Auch dies stelle einen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG dar.
Die von der Betriebsvereinbarung vorgesehen Bereitstellung einer Wahlmöglichkeit für die Dienst- und Schichtplanung und damit insbesondere die §§ 2, 3 und 4 der Betriebsvereinbarung seien unwirksam.
Hieran ändere die im Tarifvertrag enthaltene Öffnungsklausel nichts. Die Tarifverträge enthielten keine generelle Öffnungsklausel. Es befänden sich nur einzelne Öffnungsklauseln im Tarifvertrag. Die bloße Tatsache, dass tarifliche Regelungen nicht jedes kleinste Detail regelten, führe nicht dazu, dass dadurch eine Öffnung für ergänzende Regelungen durch Betriebsvereinbarungen entstünde. Die Öffnungsklausel im Tarifvertrag der EVG führe nicht zwingend dazu, dass diese Öffnungsklausel auch auf diejenigen Tarifverträge, die von der Beteiligten zu 1) abgeschlossen wurden, wirke.
Eine günstigere Regelung liege auch nur dann vor, wenn sie in einer Betriebsvereinbarung geregelt sei. Diese liege nicht in der Wahlmöglichkeit.
Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG entfalle auch nicht deshalb, weil die Betriebsvereinbarung Arbeitszeitfragen regele. Die Vorrangtheorie könne nur dann gelten, wenn eine Betriebsvereinbarung Mitbestimmungsrechte überhaupt regle. Die teilweise Regelung von Mitbestimmungsfragen führe nicht dazu, dass die Sperrwirkung eines Tarifvertrages auch für die mitbestimmungsfreien Regelungen aufgehoben wäre. Da die Betriebsvereinbarung weitgehend keine mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten im Sinne des § 87 BetrVG regle, komme die Vorrangtheorie des BAG vorliegend nicht zur Anwendung. Es handele sich zumindest in den ganz wesentlichen Teilen um eine freiwillige Betriebsvereinbarung.
Dass es sich bei den Regelungen des § 3 III Abs. 1 bis 3 BuRaZugTV und der § 52 b LfTV, § 56 ZubTV, § 56 LrfTV um mitbestimmungspflichtige Sachverhalte handele, bedeute nun aber nicht, dass die Betriebsparteien diese mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten durch Abschluss einer Betriebsvereinbarung individualrechtlich für alle Mitarbeiter des Betriebs und damit auch für die unorganisierten Mitarbeiter in Kraft setzen könnten. Nichts anderes geschehe aber durch die Betriebsvereinbarung.
Zudem seien die Ansprüche der dem BuRa-ZugTV unterfallenden Arbeitnehmer auf einen Jahresruhetags- und Urlaubsplan, auf eine Monatsplanung, auf eine Wochenplanung im Sinne des § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durch § 3 Abschnitt III BuRa-ZugTV abschließend geregelt. Damit sei das „Modell“ abschließend tariflich geregelt. Es bleibe kein Raum mehr für eine mittels Betriebsvereinbarung erschaffene normative Regelung dieses „Modells“.
Die Teilunwirksamkeit der Betriebsvereinbarung habe die Unwirksamkeit der übrigen Bestimmungen zur Folge, da ohne Zurverfügungstellung der Wahlmodelle die übrigen Regelungen keinen Sinn mehr ergäben.
Ferner stützt sich die Beteiligte zu 1) auf § 23 Abs. 3 BetrVG.
Hilfsweise seien die im Hilfsantrag Ziffer 3) genannten Regelungen unwirksam.
Äußerst hilfsweise stützte sich die Beteiligte zu 1) auf die in Antrag Ziffer 5) genannten Regelungen und hielt diese für unwirksam.
Es sei auch möglich, die Schicht- und Einsatzplanung ohne oder mittels einer Betriebsvereinbarung zu regeln, die nur ein Modell kenne.
Die Beteiligte zu 1) hat vor dem Arbeitsgericht beantragt,
1. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, es zu unterlassen, die Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.2019 durchzuführen.
2. Der Beteiligten zu 2) wird für die Zuwiderhandlung gegen die beantragte Verpflichtung ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.
Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) wird beantragt,
3. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, es zu unterlassen, die folgenden Vorschriften der Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.2019 durchzuführen:
– § 2 Satz 1
– § 2 Buchstabe a),
– § 2 Buchstabe b Satz 1,
– § 2 Satz 20,
– § 2 Satz 24,
– § 3,
– § 4,
– § 5,
4. Der Beteiligten zu 2) wird für die Zuwiderhandlung gegen die beantragten Verpflichtungen ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.
Äußerst hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) und dem Hilfsantrag zu 3) wird beantragt,
5. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, es zu unterlassen, die folgenden Vorschriften der Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.2019 gegenüber den Mitgliedern der Beteiligten zu 1) durchzuführen:
– § 4 Ziffer 2. Unterabsatz 6,
– § 5 vorletzter und letzter Satz der BV
6. Der Beteiligten zu 2) wird für die Zuwiderhandlung gegen die beantragten Verpflichtungen ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.
Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragten,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) waren der Ansicht, dass der Beteiligten zu 1) kein Unterlassungsanspruch zustehe.
Um der bestehenden Tarifpluralität gerecht zu werden und gleichzeitig eine praxistaugliche Umsetzung zu ermöglichen, bedürfe es der näheren Ausgestaltung der Arbeitszeitregelungen (einschließlich Urlaubs- und Ruhetagsregelungen) auf betrieblicher Ebene. Die Betriebsparteien müssten sicherstellen, dass – auch ohne Kenntnis der Gewerkschaftszugehörigkeit aller Mitarbeiter – eine mit beiden Tarifwerken kompatible Schicht- und Einsatzplanung möglich sei. Anderenfalls wäre die Funktionsfähigkeit des Fahrbetriebs nicht gewährleistet.
Ein Anspruch nach § 1004 Abs. 2 Satz 2, § 823 BGB i.V.m. Art. 9 GG bestehe nicht. Die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in die Koalitionsfreiheit der Beteiligten zu 1) dar.
Die Tarifwerke beider im streitgegenständlichen Betrieb vertretenden Gewerkschaften verfügten über entsprechende Öffnungsklauseln, womit die Voraussetzungen des § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG erfüllt seien, so dass die Regelungssperre keine Anwendung finde. Damit sei eine Wiedergabe der tariflichen Regelungen der Beteiligten zu 1) im Rahmen einer Betriebsvereinbarung gestattet. Folglich entspreche es auch dem tarifautonomen Willen der Beteiligten zu 1), dass ihre tariflichen Regelungen gerade auch auf Außenseiter erstreckt würden. Nach dem Wortlaut des § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG sei eine betriebliche Ausgestaltung bereits dann zulässig, wenn „ein“ Tarifvertrag eine entsprechende Öffnungsklausel zulasse.
Durch die Regelung eines Wahlrechts für die Arbeitnehmer liege keine Verschlechterung vor. Im Übrigen entspreche die Betriebsvereinbarung inhaltlich vollumfänglich den Vorgaben des Tarifwerkes der Beteiligten zu 1).
§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG finde aufgrund der sogenannten Vorrangtheorie keine Anwendung. Zum einen diene die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung der Umsetzung von gesetzlichen Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 BetrVG, zum anderen handele es sich bei den bestehenden Tarifwerken nicht um abschließende Regelungen der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten.
Die Annahme einer Sperrwirkung der Tarifverträge würde die Öffnungsklauseln des EVGTarifwerkes völlig aushebeln.
Es bestehe jedenfalls kein Anspruch auf Unterlassung der gesamten streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung, da nicht die gesamte Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sei.
Die Hilfsanträge seien aus den gleichen Gründen zurückzuweisen.
Es liege bereits kein Verstoß gegen die Pflichten aus dem BetrVG vor. Darüber hinaus stelle § 77 Abs. 3 BetrVG auch keine betriebsverfassungsrechtliche Grundnorm dar, deren Verletzung die Rechtsfolgen des § 23 Abs. 3 BetrVG eröffneten. Jedenfalls läge kein grober Verstoß vor.
Das Arbeitsgericht hat sowohl die Haupt- als auch die Hilfsanträge als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der Beteiligten zu 1) stehe kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 GG zu. Zwar stehe einer Gewerkschaft bei einer Verletzung ihrer Koalitionsfreiheit durch tarifwidrige Regelungsabreden und deren einzelvertragliche Umsetzung ein Unterlassungsanspruch zu. Dabei schütze Art. 9 Abs. 3 GG die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern dies der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen diene. Der Schutz erstrecke sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen, wozu sämtliche Betätigungen zählen, die dem Zweck der Koalition dienen die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern. Das betreffe insbesondere den Abschluss von Tarifverträgen, in denen das Arbeitsentgelt und andere materielle Arbeitsbedingungen wie etwa die Arbeitszeit geregelt seien. Eine Einschränkung oder Behinderung dieses Freiheitsrechts liege auch in Abreden oder Maßnahmen, die darauf gerichtet seien, die Wirkung des von Koalitionen geschaffenen Tarifrechts zu vereiteln oder leerlaufen zu lassen. Von einem Eingriff in die Tarifautonomie könne dann gesprochen werden, wenn eine Tarifnorm als kollektive Ordnung verdrängt und damit ihrer zentralen Funktion beraubt werden solle. Dies setze eine betriebliche Regelung voraus, die einheitlich wirken und an die Stelle der Tarifnorm treten solle. Geltendes Tarifrecht werde allerdings nur dann verdrängt, wenn der betreffende Tarifvertrag im Anwendungsbereich der fraglichen betrieblichen Regelung normativ gelte. Fehle diese Voraussetzung, bestehe kein Geltungsanspruch des Tarifvertrags und der Arbeitgeber sei frei mit seinen Arbeitnehmern untertarifliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Gemessen an diesen Grundsätzen würden die Regelungen der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ vom 20.08.2019 weder die positive noch die negative Koalitionsfreiheit verletzen. Ein Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor, da jedenfalls das Tarifwerk der EVG über eine weitreichende Öffnungsklausel verfüge. Es könne dahingestellt bleiben, ob „eine“ Öffnungsklausel ausreichend sei, um die Sperre des § 77 Abs. 3 BetrVG zu beseitigen. Auch das Tarifwerk der Beteiligten zu 1) enthalten Öffnungsklauseln, z. B. in der Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals vom 04.01.2019, in der die Regelung getroffen worden sei, dass zwar eine kollektivrechtlich verschlechternde Änderung durch die Betriebsparteien nicht möglich sei, aber zugunsten der Arbeitnehmer Abweichungen betrieblich vereinbart werden könnten. Durch diese Öffnungsklauseln sei es auch erlaubt, den Text der Tarifverträge in der Betriebsvereinbarung zu wiederholen, um die zu ergänzende Tarifregelung auf die nichttariflich gebundenen Arbeitnehmer durch die Betriebsvereinbarung zu erstrecken. Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sei allein durch die Wiederholung des Tarifvertrags nicht möglich. Letztlich sei eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auch dadurch ausgeschlossen, dass den Arbeitnehmern ein Wahlrecht zustehe, welches sie ausüben könnten. Es sei nicht erkennbar, worin für die Mitglieder der Beteiligten zu 1) eine Schlechterstellung liegen solle. Schließlich dürfe die Beteiligte zu 2) auch davon ausgehen, dass sich die tariflich gebundenen Arbeitnehmer konform entscheiden. Eine Überprüfungsmöglichkeit sei für sie nicht gegeben. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG finde aufgrund der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Vorrangtheorie keine Anwendung. § 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG gehe als speziellere Norm § 77 Abs. 3 BetrVG vor. Die Betriebsvereinbarung diene der Umsetzung der Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 5 BetrVG. Da gerade das Tarifwerk der EVG keine abschließenden Regelungen enthalte, sei eine Betriebsvereinbarung geboten. Um eine einheitliche Arbeitszeitgestaltung zu ermöglichen, bleibe der Beteiligten zu 2) keine andere Möglichkeit als der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Eine weitergehende Differenzierung sei praktisch nicht umsetzbar. Darüber hinaus liege bereits keine kollektivrechtliche Verdrängung vor. Die Arbeitnehmer hätten eine Wahlmöglichkeit, welches Modell auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden solle. Auch derjenige, der keine Wahl ausübe, übe durch diese Entscheidung eine (Nicht) Wahl aus. Da das Modell 1, welches im Fall der Nichtwahl zur Anwendung komme, gerade dem Tarifvertragswerk der Beteiligten zu 1) entspreche, liege auch keine Verdrängung vor, sondern lediglich eine Wiederholung.
Die Beteiligte zu 1) habe auch keinen Anspruch auf Unterlassung der Anwendung der Betriebsvereinbarung Schicht- und Einsatzplanung gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG. Der Verstoß einer Betriebsvereinbarung, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG abgeschlossen wurde, gegen tarifvertragliche Vorgaben, stelle sich nicht als Verstoß gegen die Pflichten des Arbeitgebers aus § 23 Abs. 3 BetrVG dar. Die Gewerkschaft sei beim Eingreifen des § 87 Abs. 1 BetrVG im Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG nicht berechtigt, dem Arbeitgeber einen Verstoß gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG vorzuwerfen. Selbst wenn man einen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG annehmen wolle, läge jedenfalls kein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vor. Ein solcher scheide aus, wenn eine schwierige und ungeklärte Rechtsfrage vorliege. Ein solcher Fall liege hier vor. Nachdem im Betrieb der Beteiligten zu 2) Tarifpluralität bestehe und die geltenden Tarifwerke der Beteiligten zu 1) und der EVG vorsähen, dass ihre tarifvertraglichen Regelungen nebeneinander Anwendung finden und insbesondere der Tarifvertrag mit der EVG eine weitreichende Öffnungsklausel hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung beinhalte, sei jedenfalls kein grober Verstoß anzunehmen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage der Anwendung von zwei Tarifverträgen in einem Betrieb, von denen nur einer eine weitreichende Öffnungsklausel enthalte, liege nicht vor.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 371 ff d. A.).
Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Beteiligten zu 1) am 03.08.2020, zugestellt. Sie haben durch Schriftsatz vom 31.08.2020, eingegangen beim Landesarbeitsgericht München am selben Tag Beschwerde eingelegt und diese am 28.09.2020 begründet. Beide Schriftsätze wurden vom Gewerkschaftssekretär Christoph Meinert unterzeichnet. Eine Vollmacht lag den Schriftsätzen nicht bei. In der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2021 legte der Vertreter der Beteiligten zu 1) eine vom Bundesvorsitzenden Claus Weselsky unterzeichnete, undatierte Vollmacht vor (vgl. Bl. 523 d.A.).
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben am 08.12.2020 bzw. 09.12.2020 innerhalb verlängerter Frist erwidert.
Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht, die Beschwerde sei zulässig. Der Unterzeichner der Beschwerde und der Beschwerdebegründungsschrift habe mit Vollmacht der Beteiligten zu 1) gehandelt, wie sich aus der in der mündlichen Anhörung vorgelegten Vollmacht ergebe. Die Vollmacht sei an dem Tag unterzeichnet worden, an dem die Beschwerde eingereicht wurde. Sie sei vorher mündlich erteilt worden und am Tag der Erstellung der Beschwerde schriftlich.
Die Beteiligte zu 1) trägt weiter vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts erlaube die Öffnungsklausel in der „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit“ keine pauschale Wiederholung von Tariftexten. Die betreffende Tarifstelle verbiete Verschlechterungen und erlaube Verbesserungen. Eine erlaubte Abweichung zu Gunsten der Arbeitnehmer liege mit der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung nicht vor. So bilde das Modell 1 das von der Beteiligten zu 1) tariflich vereinbarte Modell der Schicht- und Einsatzplanung nach. Bei einer Wiederholung dieser Tarifregelungen liege keine Verbesserung vor. Es werde lediglich gewährleistet, dass nun alle Arbeitnehmer des Betriebs – seien sie gewerkschaftlich organisiert oder nicht – von den Tarifbedingungen profitieren, die die Beteiligten ausgehandelt haben. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum dies nicht gegen den Tarifvorbehalt des § 77 Abs. 3 BetrVG verstoßen solle. Auch das Modell 2 stelle keine „Verbesserung“ dar. Ein Arbeitnehmer, der das Modell 2 wähle, erkläre sich im Gegenzug gemäß § 2 b Satz 9 der Betriebsvereinbarung damit einverstanden, die in § 4 beschriebene Flexibilität bei seiner Einsatzplanung zu gewähren. Das Modell 2 sei nicht das Gleiche, wie das durch den BuRa-ZugTV und die Haustarifverträge festgelegte tarifliche Modell, da Basiswochen und mehr Flexibilität hinzukämen. Wenn das Modell 2 aber nicht das Gleiche sei wie das durch den BuRa-ZugTV und die Haustarifverträge festgelegte tarifliche Modell, könne es entweder nur schlechter oder besser sein. Nur wenn es insgesamt besser wäre, wäre die Regelung zulässig. In § 2 b Satz 9 der Betriebsvereinbarung heiße es wörtlich, „der Mitarbeiter erklärt sich im Gegenzug durch die Wahl dieses Modells einverstanden, die in § 4 beschriebene Flexibilität bei seiner Einsatzplanung zu gewähren“. Es heiße also nicht etwa „zusätzlich erhält der Arbeitnehmer die Gelegenheit, mehr Flexibilität zu erhalten“. Schon der Wortlaut mache also völlig klar, dass der Arbeitnehmer für die Basiswochen etwas gewähren müsse, nämlich mehr Flexibilität bei der Schicht- und Einsatzplanung. Nicht der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber profitiere demnach davon, dass sich Mitarbeiter für den Erhalt der Basiswochen einer höheren Flexibilität unterwerfen. Eine solche Vereinbarung, bei der die Arbeitnehmer mögliche Vorteile mit Nachteilen erkaufen müssten, sei nicht objektiv (allein) günstiger als die tariflich bereitgestellte Regelung. Dass sich eine Reihe von Arbeitnehmern aus subjektiven Erwägungen heraus trotzdem auf das Modell 2 einlassen würden, bedeute nicht, dass dieses Modell objektiv günstiger sei als die tariflichen Regelungen. Maßgeblich seien allein objektive Kriterien. Deshalb sei eine Verschlechterung von Arbeitsbedingungen auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Arbeitnehmer ein Wahlrecht ausüben können. Mit der entsprechenden Argumentation mache das Arbeitsgericht die subjektive Entscheidung des Arbeitnehmers zum Maßstab und nicht die objektive Sachlage.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts München gehe § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nach der vom BAG vertretenen Vorrangtheorie als speziellere Norm nicht dem § 77 Abs. 3 BetrVG vor. So sei die Beteiligte zu 2) nach wie vor der Ansicht, dass die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung lediglich rudimentär mitbestimmungsrechtliche Regelungen treffe und die Vorrangtheorie insgesamt nicht zum Tragen komme. Jedenfalls aber könne die Vorrangtheorie im vorliegenden Fall die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht insgesamt verdrängen. Die Vorrangtheorie gelte nur insoweit, wie mitbestimmungspflichte Tatbestände nicht tariflich geregelt seien. Die tariflichen Regelungen der Beteiligten zu 1) gäben jedoch einen Gestaltungsrahmen für die Betriebsparteien vor, der nicht unterschritten werden dürfe, da die tariflichen Regelungen mindestens insofern abschließend seien. Sonst könnten theoretisch im Rahmen der Wahrnehmung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG auch insgesamt ungünstigere Normen gesetzt werden und die Beteiligte zu 1) und ihre Mitglieder wären diesem schutzlos ausgeliefert. Eine Betriebsvereinbarung müsse daher zwangsweise günstiger sein als die Tarifverträge der Beteiligten zu 1), um einen Vorrang des § 87 BetrVG gegenüber dem § 77 Abs. 3 BetrVG zu begründen. Betriebliche Regelungen dürften auch nicht „anders“ sein als die tariflichen Regelungen, wobei „anders“ in dem Sinne zu verstehen sei, dass günstigere Regelungen mit ungünstigeren Regelungen erkauft werden müssten. Günstiger sei eine Regelung also nur dann, wenn alle Untergrenzen der Tarifverträge durch die Betriebsvereinbarung eingehalten würden. Dies sei bei Modell 2 aber nicht der Fall. Bei Modell 2 würden (möglicherweise) günstigere Regelungen durch ungünstigere Regelungen erkauft, indem automatisch mit der Wahl dieses Modells die in § 4 der Betriebsvereinbarung zu gewährende Flexibilität gewährt werden müsse. Modell 1 sei ohnehin nur die bloße Wiedergabe des von der Beteiligten zu 1) tariflich vereinbarten Systems der Schicht- und Einsatzplanung und keine Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten, sodass die Vorrangtheorie für das Modell 1 nicht zum Tragen komme.
Zu Unrecht gehe das Arbeitsgericht München weiter davon aus, dass nur der Abschluss einer Betriebsvereinbarung bleibe, um eine einheitliche Arbeitszeitgestaltung zu ermöglichen. Eine solche werde durch die Betriebsvereinbarung gerade nicht erreicht, da mit der Bereitstellung von zwei Planungsmodellen keine einheitliche Arbeitszeitgestaltung erreicht werde, sondern eben zwei parallele Systeme der Schicht- und Einsatzplanung geschaffen würden. Zudem sei eine Differenzierung zwischen den Mitgliedern der GDL, der EVG und den tariflich nicht gebundenen Arbeitnehmern praktisch nicht umsetzbar. In anderen Betrieben der DB Regio sei es gelungen, einen mit den Tarifwerken der EVG und der Beteiligten zu 1) kompatible Schicht- und Einsatzplanung entweder ganz ohne Betriebsvereinbarung oder mittels einer Betriebsvereinbarung, die nur ein Modell kenne, durchzuführen.
Nicht richtig sei auch die Auffassung des Arbeitsgerichts München, dass die tariflichen Regelungen durch die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung nicht verdrängt, sondern nur wiederholt würden. Das Modell 1 bilde das von der Beteiligten zu 1) tariflich vereinbarte System der Schicht- und Einsatzplanung nach und könne keinen anderen Sinn haben, als dadurch auch Nichtorganisierten normative Teilhabe an diesen Regelungen zu gewähren. Modell 2 bilde das von der Beteiligten zu 1) tariflich vereinbarte System der Schichtenplanung ebenfalls nach und verstoße darüber hinaus durch die automatisch zu gewährende Flexibilität gegen Ziffer II letzter Absatz der Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals. Sowohl Modell 1 als auch grundsätzlich Modell 2 würden somit das von der Beteiligten zu 1 tariflich vereinbarte System der Schicht- und Einsatzplanung nachbilden, indem sie es für alle Beschäftigten normativ zur Anwendung bringe. Im Ergebnis werde daher genau das, was § 77 Abs. 3 BetrVG gerade verhindern wolle – nämlich ein mittels Betriebsvereinbarung gebildetes normatives Konkurrenzsystem zu einem geltenden Tarifvertrag – durch die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung geschaffen. Es handle sich somit um eine Verdrängung im wahrsten Sinne des Wortes. Die Zielrichtung der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung sei im Ergebnis also darauf gerichtet, in ihrer Geltung normativ anstelle tariflicher Regelungen – insbesondere des § 3 Abschnitt III BuRa-ZugTV – zu treten. Damit liege eine Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit der Beteiligten zu 1 vor.
Zudem werde der Unterlassungsantrag auf § 23 Abs. 2 BetrVG gestützt. Da die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung gegen tarifvertraglich bindend geregelte Arbeitsbedingungen verstoße, handle es sich um einen groben Verstoß i. S. von § 23 Abs. 3 BetrVG.
Jedenfalls sei der Hilfsantrag begründet, da die in Antrag 4 bezeichneten Vorschriften wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam seien und deren Durchführung daher zu unterlassen sei.
Die Beteiligte zu 1) ist weiterhin der Ansicht, dass sich aus der Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals vom 04.01.2019 (Anl. AG 9, Bl. 239 ff d.A.), dort Ziffer II 2. Unterabsatz ergebe, dass die Tarifverträge der GDL unmittelbar und zwingend fortgelten würden, unabhängig von der betrieblichen Mehrheit der organisierten Arbeitnehmer. Ein Zusammenhang zwischen der Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit und dem Tarifvertrag Grundsatzfragen bestehen nicht. Die Rechte der EVG würden durch diese Vereinbarung nicht tangiert. Sie regle lediglich die Anwendbarkeit der Tarifverträge der GDL auf ihre Mitglieder. Ein Verstoß gegen § 4 a TVG sei nicht gegeben. Weiterhin sei auf die Vereinbarung „Vorgehen bei der Geltung mehrerer Tarifverträge zur Arbeitszeitverteilung“ vom 17.06.2019 (Anl. A 8, Bl. 302 ff d.A.) zu verweisen. Insbesondere unter Ziffer 2 dieser Vereinbarung sei geregelt, dass wenn in einem Betrieb Regelungen zur Arbeitszeitverteilung aus mehreren Tarifverträgen gelten würden, diese weiterhin gleichberechtigt zu berücksichtigen seien.
Die Beteiligte zu 1) beantragt nach Rücknahme der ursprünglich gestellten Anträge 6 und 7 zuletzt:
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 21.07.2020 (Verkündungsdatum), Az: 25 BV 408/19 wird abgeändert.
2. Die Beteiligten zu 2) und 3) werden verpflichtet, es zu unterlassen, die Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.2019 durchzuführen.
3. Der Beteiligten zu 2) wird für Zuwiderhandlungen gegen die beantragte Verpflichtung ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.
Hilfsweise für den Fall des Unterliegend mit dem Antrag zu 2 wird beantragt,
4. Die Beteiligte zu 2) wird verpflichtet, es zu unterlassen, die folgenden Vorschriften der Betriebsvereinbarung über die Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.20219 durchzuführen:
– § 2 Satz 1,
– § 2 a,
– § 2 b Satz 1,
– § 2 Satz 20,
– § 2 Satz 24,
– § 3,
– § 4,
– § 5.
5. Der Beteiligten zu 2) wird für Zuwiderhandlungen gegen die beantragten Verpflichtungen ein in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Ordnungsgeld angedroht.
Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
Die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) sind der Ansicht, die Beschwerde sei schon unzulässig. Die Beschwerdeschrift vom 31.08.2020 sei von einem Herrn C. M. unterschrieben. Das Vorliegen einer entsprechenden Prozessvertretungsbefugnis bzw. Bevollmächtigung werde mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen sei in § 89 Abs. 1 i. V. mit § 11 Abs. 4, Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 ArbGG ausschließlich die Vertretung der Parteien/Beteiligten durch Bevollmächtigte geregelt. Insofern sei eine eigene Prozessführung der Beteiligten zu 1) hierdurch nicht legitimiert. Gleiches gelte im Hinblick auf die Beschwerdebegründung vom 25. September 2020. Die in der mündlichen Anhörung vorgelegte Vollmacht trage kein Datum und es stelle sich die Frage, ob sie bei Einlegung und Begründung der Beschwerde vorgelegen habe.
Die Beschwerde sei zudem unbegründet. Ein allgemeiner Unterlassungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i. V. mit Art. 9 Abs. 3 GG komme nur bei einer Verletzung der Koalitionsfreiheit der Beteiligten zu 1) durch die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung in Betracht. Die Beteiligte zu 1) habe jedoch mit keinem Wort dargelegt, inwieweit ihre Koalitionsfreiheit tatsächlich beeinträchtigt sei. Sie berufe sich stets nur allgemein auf die unerwünschte Erstreckung ihrer Tarifinhalte auf nicht bzw. anders Organisierte. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit dies zu einer konkreten Beeinträchtigung ihrer koalitionsspezifischen Verhaltensweisen führen. Unabhängig davon werde ein etwaiger Eingriff jedenfalls zum Schutz der Koalitionsfreiheit der EVG und ihrer Mitglieder – also durch kollidierendes Verfassungsrecht – gerechtfertigt. Die Rechtfertigung ergebe sich ferner aus der verfassungsrechtlich verbrieften Tarifdispositivität von § 4 a TVG, die zu ihrer praktischen Wirksamkeit auf die betriebliche Ebene durchschlagen müsse.
Die Ausführungen der Beteiligten zu 1) zur fehlenden Einschlägigkeit ihrer Öffnungsklausel überzeuge nicht. Da die Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals vom 4. Januar 2019 ausdrücklich Verbesserungen erlaube, müsse auch die Anwendung/Wiedergabe der Tarifinhalte zulässig sein, da alle Verbesserungen denklogisch darauf aufsatteln würden. Dementsprechend werde in der Vereinbarung auch gerade ausdrücklich betont, dass Verschlechterungen verboten seien. Unzulässig sei der Versuch der Beteiligten zu 2), eine Verschlechterung dadurch zu begründen, dass es die beiden Wahlmodelle separat betrachte. Indem die Betriebsvereinbarung den Mitarbeitern bewusst die Wahl zwischen zwei – jeweils für sich auch insgesamt vollständig tarifkonformen – Modellen einräume, habe sie einen Mechanismus geschaffen, mit dem jeder Mitarbeiter seine individuelle Referenz ausdrücken könne. Diese Konstruktion stelle eine objektive Verbesserung der Rechtsposition der Mitglieder der Beteiligten zu 1) dar, da sie nunmehr zwischen zwei Planungsmodellen wählen könnten, wobei ihre tariflichen Rechte stets garantiert blieben. Im Übrigen fehle jeglicher Vortrag dazu, worum das Modell 2 gegenüber dem Modell 1 insgesamt eine Verschlechterung darstellen solle.
Auch die Ausführungen zur sogenannten Vorrangtheorie würden nicht überzeugen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts habe § 87 BetrVG im Rahmen seines Anwendungsbereichs gegenüber § 77 Abs. 3 BetrVG Anwendungsvorrang. Das bedeute, dass dann ausschließlich § 87 BetrVG anwendbar sei. Wolle man mit der Beteiligten zu 1) darüber hinaus auch noch (teilweise) § 77 Abs. 3 BetrVG anwenden, wäre dies ein Fall der sogenannten 2-Schranken-Theorie, die das Bundesarbeitsgericht geraden verworfen habe. Die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung sei sehr wohl im Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG geschlossen. Es komme nicht darauf an, ob und inwieweit eine Betriebsvereinbarung formelle Regelungen zur Mitbestimmung/ Beteiligung des Betriebsrats enthalte, sondern allein darauf, ob und inwieweit dort materielle Angelegenheiten der in § 87 Abs. 1 BetrVG aufgeführten Regelungsgegenstände geregelt würden. Da allein § 87 BetrVG einschlägig sei, sei für eine anschließende (inzidente) Prüfung von § 77 Abs. 3 BetrVG kein Raum. Maßgeblich sei sodann allein, ob und in welchem Umfang eine abschließende tarifliche Regelung vorliege. In diesem Zusammenhang sei eine abschließende tarifliche Regelung der Beteiligten zu 1) von vorherein nur hinsichtlich ihrer eigenen Mitglieder denkbar. Sie könne also allenfalls hinsichtlich ihrer – im Antrag dann auch namentlich zu benennenden – Mitglieder einen Unterlassungsanspruch geltend machen.
Zutreffend gehe das Arbeitsgericht ferner von der Erforderlichkeit einer Betriebsvereinbarung aus. Dies gelte unstreitig im Hinblick auf die EVG-Mitglieder aufgrund der dortigen Öffnungsklauseln und im Hinblick auf gewerkschaftlich nicht organisierte Mitglieder aufgrund fehlender anwendbarer Tarifverträge. Selbst wenn man hinsichtlich der Mitglieder der Beteiligten zu 2) eine „unmittelbare“ Anwendung ihrer Tarifverträge für möglich erachten sollte, habe die Beteiligte zu 2) keinerlei Kenntnis darüber, welche ihrer Mitarbeiter im streitgegenständlichen Betrieb Mitglieder der Beteiligten zu 1) seien. Auch aus diesem Umstand ergebe sich die Notwendigkeit einer Regelung durch Betriebsvereinbarung. Soweit die Beteiligte zu 1) die Erstreckung ihrer Tarifinhalte auf Nicht- bzw. Andersorganisierte durch die Betriebsvereinbarung beanstande, könne dem nicht gefolgt werden. Für die Mitglieder der EVG ergebe sich dies bereits daraus, dass ihr Tarifwerk selbst weitreichende Öffnungsklauseln vorsehe, die auf betrieblicher Ebene ausgefüllt werden würden. Eine Beschränkung dieser inhaltlichen Ausgestaltungsbefugnis durch Tarifverträge einer anderen Gewerkschaft sei unzulässig. Nicht anderes folge aus dem Verweis der Beteiligten zu 1) auf Betriebsvereinbarungen in anderen Wahlbetrieben, die kein Wahlmodell vorsehen würden. Dort würden die Tarifinhalte der Beteiligten zu 1) auf alle Arbeitnehmer – sogar zwingend – erstreckt, da gerade keine abweichende Wahlmöglichkeit bestehe. Dies müsse nach der Rechtsauffassung der Beteiligten zu 1) ebenfalls einen Verstoß darstellen. Widersprüchlich sei die Argumentation der Beteiligten zu 1) auch insofern, als sie einerseits günstigere Regelungen gegenüber ihren Tarifverträgen gestatte, andererseits aber die Auffassung vertrete durch die Betriebsvereinbarung würde ein zum Tarifvertrag per se unzulässiges Konkurrenzsystem geschaffen werden.
Nicht berücksichtigt werde von der Beteiligten zu 1) weiterhin die Tatsache, dass im streitgegenständlichen Betrieb bis zum 31.12.2020 Tarifpluralität geherrscht habe. Die Betriebsvereinbarung solle nicht in normative Konkurrenz zu den bestehenden Tarifwerken treten, sondern vielmehr die bestehende Tarifpluralität auf betrieblicher Ebene umsetzen. Da den Betriebsparteien die Gewerkschaftszugehörigkeit der einzelnen Arbeitnehmer nicht bekannt sei, müsse ihnen die Einführung einer betrieblichen Regelung zur Arbeitszeitgestaltung gestattet sein. Nach Ende der gewillkürten Tarifpluralität mit Ablauf des 31. Dezember 2020 müsse die Beteiligte zu 1) darlegen, dass sie die Mehrheitsgewerkschaft im streitgegenständlichen Betrieb sei und daher dort allein ihre Tarifverträge anwendbar seien.
Die Vertreter der Beteiligten zu 2) und 3) sind weiter der Ansicht, aus der „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ (Anl AG 9, Bl. 239 ff d.A.) ergebe sich nicht, dass die Tarifverträge der GDL unabhängig von der betrieblichen Mehrheit der organisierten Arbeitnehmer unmittelbar und zwingend fortgelten würden. Die Vereinbarung sei 2019 unter Geltung der im TV Grundsatzfragen vereinbarten Tarifpluralität abgeschlossen worden. Auch sei sie lediglich zwischen der Beteiligten zu 1), der AGV und der Deutschen Bahn AG abgeschlossen worden. Die Gewerkschaft EVG sei nicht beteiligt gewesen. Wolle man aus dieser Vereinbarung eine fortdauernde Aushebelung von § 4 a TVG sehen, würde dies gegen die Rechte der EVG verstoßen. Wolle man es als schuldrechtliche Vereinbarung qualifizieren, sei es ein unzulässiger Vertrag zulasten der EVG. Außerdem läge ein Verstoß gegen § 4 a TVG vor.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten in der Beschwerde wird auf die gewechselten Schriftsätze vom 25.09.2020 (Bl. 447 ff. d. A.), vom 08.12.2020 (Bl. 485 ff. d. A.), vom 09.12.2020 (Bl. 506 ff. d. A.) sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 17.02.2021 (Bl. 515 ff. d. A.) Bezug genommen.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Parteien nicht nachgelassene Schriftsätze eingereicht. Über diese Schriftsätze vom 04.03.2021 (Bl. 524 ff d. A.), vom 19.03.2021 (Bl. 531 ff d. A.), vom 08.04.2021 (Bl. 536 ff d. A.) – auf die Bezug genommen wird – wurde mit den ehrenamtlichen Richtern der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2021 am 27.04.2021 beraten.
B.
Die zulässige Beschwerde der Beteiligten 1) ist unbegründet.
I. 
Die Beschwerde ist nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 89 Abs. 1 und 2, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Insbesondere war die Beteiligte zu 1) sowohl bei der Beschwerdeeinlegung als auch bei der Beschwerdebegründung ordnungsgemäß vertreten. Soweit die Beteiligten zu 2) und 3) die Ansicht vertreten, die eigene Prozessführung der Beteiligten zu 1) sei durch § 11 Abs. 4, 2 S. 2 Nr. 4 ArbGG nicht legitimiert, so kann dem nicht gefolgt werden. Gemäß § 11 Abs. 4 S. 4 ArbGG kann sich eine Partei, die nach Maßgabe des Satzes 2 zur Vertretung berechtigt ist, sich selbst vertreten. Die Beteiligte zu 1) ist als Gewerkschaft gemäß § 11 Abs. 2 Ziff. 4 ArbGG zur Vertretung ihrer Mitglieder berechtigt und kann sich damit auch selbst vertreten.
Die Beschwerde ist auch nicht deshalb unzulässig, weil sie von Herrn C. M. unterschrieben wurde, ohne dass dieser Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten eingereicht hat. Da die Beteiligte zu 1) sich selbst vertritt, ist die Erteilung einer Prozessvollmacht weder nötig noch möglich. Soweit die Beteiligten zu 2) und 3) rügen, dass Herr M. nicht gemäß § 164 BGB bevollmächtigt ist für die Beteiligte zu 1) zu handeln, so ist dies nicht nachvollziehbar. Herr M. hat die Beteiligte zu 1) schon erstinstanzlich vertreten und eine auf den 20.10.2019 datierte Vollmacht vorgelegt (vgl. Bl. 96 d.A.), durch die Herr W. Vollmacht erteilt hat „In Sachen GDL gegen DB Regio AG, Region Bayern u. a. wegen Unterlassung“, die den Zusatz enthält „die Vollmacht gilt für alle Instanzen…“. Herr M. war somit rechtsgeschäftlich bevollmächtigt im streitgegenständlichen Verfahren für die Beteiligte zu 1) zu handeln.
II.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt,
dass der Antrag zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
1. Der Antrag ist zulässig und wird in der richtigen Verfahrensart geltend gemacht.
a) Zurecht ging das Arbeitsgericht davon aus, dass über die Anträge ist im Beschlussverfahren zu entscheiden ist. Der Streit der Beteiligten trifft im Kern die Frage, ob die Betriebsvereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ unwirksam ist und deswegen ihre Anwendung zu unterlassen ist. Dieser Streit betrifft eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne des § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG.
Soweit der Antrag auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützt wird, ergibt sich das schon daraus, dass die Gewerkschaft einen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch geltend macht. Dies gilt auch, soweit der geltend gemachte Anspruch auf die §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG gestützt wird. Auch in diesem Fall bezieht sich der Gegenstand der Anträge ausschließlich auf die betriebliche Ordnung, nämlich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat einerseits und die durch betriebsverfassungsrechtliche Normsetzung gestalteten Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmern andererseits.
Darüberhinaus hat das Landesarbeitsgericht nach den §§ 88, 65 ArbGG nicht mehr zu prüfen, ob das Beschlussverfahren hier die zulässige Verfahrensart ist.
b) Die Beteiligte zu 1) ist antragsbefugt (vgl. BAG 20.08.1991 – 1 ABR 85/90).
Die Beteiligung der antragstellenden Gewerkschaft, der Arbeitgeberin und des Betriebsrats ergeben sich aus §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.
c) Die EVG war auch aus Sicht des Beschwerdegerichts nicht zu beteiligen, § 83 ArbGG. Nicht beteiligt ist die Gewerkschaft in einem Verfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung. (vgl. GMP/Spinner, 9. Aufl. 2017, ArbGG § 83, Rn. 74). Da die EVG selbst nicht aus eigenem Recht eine unwirksame betriebliche Regelung geltend macht, ist eine Beteiligtenstellung nicht erfolgt.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beteiligte zu 1 gegen die Beteiligten zu 2 und 3 weder gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 GG noch gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG Anspruch auf Unterlassung der Durchführung der Betriebsvereinbarung Schicht- und Einsatzplanung vom 20.08.2019 noch einzelne Regelungen (§ 2 S. 1, § 2 a, § 2 b S. 1, § 2 S. 20, § 2 S. 24, § 3, § 4, § 5).
a) Dem Beteiligten zu 1 steht kein allgemeiner Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 BGB i.V.m. Art. 9 GG zu.
aa) Wie das Arbeitsgericht zurecht ausgeführt hat, steht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer Gewerkschaft bei einer Verletzung ihrer Koalitionsfreiheit durch tarifwidrige Regelungsabreden und deren einzelvertragliche Umsetzung ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 GG zu.
Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt, die für die Sicherung des Bestands der Koalitionen unerlässlich sind. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Dazu gehören sämtliche Betätigungen, die dem Zweck der Koalitionen dienen, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu wahren und zu fördern (BVerfG 6. Februar 2007 – 1 BvR 978/05 – zu II 2 a der Gründe, NZA 2007, 394). Das betrifft insbesondere den Abschluss von Tarifverträgen, in denen das Arbeitsentgelt und andere materielle Arbeitsbedingungen wie etwa die Arbeitszeit geregelt sind.
Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit wird nicht erst dann beeinträchtigt, wenn eine Koalition daran gehindert wird, Tarifrecht zu schaffen. Eine Einschränkung oder Behinderung dieses Freiheitsrechts liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch in Abreden oder Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die Wirkung des von Koalitionen geschaffenen Tarifrechts zu vereiteln oder leerlaufen zu lassen. Unschädlich ist, dass entsprechende Abreden nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nichtig sind, also die tarifliche Ordnung nicht in rechtlich erzwingbarer Weise ersetzen können. Die Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit liegt nämlich in der Eignung solcher Absprachen, aufgrund ihres erklärten Geltungsanspruchs faktisch an die Stelle der tariflichen Regelung zu treten. Darauf zielen tarifwidrige Betriebsvereinbarungen ab. Ihr offenkundiger Zweck ist es, Tarifnormen als kollektive Ordnung zu verdrängen und sie damit ihrer zentralen Funktion zu berauben (vgl. BAG, Urteil vom 17. Mai 2011, 1 AZR 473/09, Rn. 34f,- Juris)
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann von einem Eingriff in die Tarifautonomie nur dann gesprochen werden, wenn eine Tarifnorm als kollektive Ordnung verdrängt und damit ihrer zentralen Funktion beraubt werden soll. Das setzt eine betriebliche Regelung voraus, die einheitlich wirken und an die Stelle der Tarifnorm treten soll. Geltendes Tarifrecht wird allerdings nur dann verdrängt, wenn der betreffende Tarifvertrag im Anwendungsbereich der fraglichen betrieblichen Regelung normativ gilt. Soweit diese Voraussetzung fehlt, besteht nämlich kein Geltungsanspruch des Tarifvertrags, und der Arbeitgeber ist frei, mit seinen Arbeitnehmern untertarifliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz hindert ihn hieran nicht (BAG, Beschluss vom 20. April 1999, 1 ABR 72/98, Rn. 98 f – Juris).
bb) In Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Eingriff in die Koalitionsfreiheit der Beteiligten zu 1) vor, da ihre Tarifwerke jedenfalls seit dem 01.01.2021 im Betrieb der Beteiligten zu 2) nicht mehr normativ gelten.
(i) Im Betrieb der Beteiligten zu 2) herrscht unstreitig Tarifpluralität. Es existieren so wohl Tarifverträge mit Regelungen zur Schichtplanung, die zwischen der AGV MOVE und der Beteiligten zu 1) abgeschlossen wurden, (so der BuRa-ZugTV AGV MOVE, der LfTV, der ZubTV, der LrfTV) als auch solche, die zwischen der AGV MOVE und der EVG abgeschlossen wurden (so der DemografieTV, der BasisTV, des FGr4-TV, des FGr5-TV).
Nach § 4 Abs. 2 TVG gilt in einer solchen Situation, dass im Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar sind, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen korrigierenden Tarifvertrags im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat. Nach dieser Regelung sind im Betrieb der Beteiligten zu 2) grundsätzlich die mit der EVG abgeschlossenen Tarifverträge anzuwenden, da Beteiligte zu 1) selbst nicht vorträgt, dass die im Betrieb der Beteiligten zu 2) beschäftigten Arbeitnehmer überwiegend bei ihr Mitglieder sind. Es ist hier irrelevant auf welchen Zeitpunkt abzustellen ist, nämlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Tarifverträge oder auf den Zeitpunkt der erstmaligen Kollision. Die Beteiligte zu 1) behauptet selbst nicht, dass sie zu einem dieser Zeitpunkte die Mehrheit der Arbeitnehmer im Betrieb der Beteiligten zu 2) gestellt hätte. Nach § 4 Abs. 2 TVG finden die tarifvertraglichen Regelungen zu Schichtplanung, die zwischen der AGV MOVE und der Beteiligten zu 1) abgeschlossen wurden, keine Anwendung.
(ii) Daran ändert die zwischen der Beteiligten zu 1) und der AGV MOVE im Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen vom 30.06.2019 (Anlage AG 15, Bl. 357 ff. d.A.) getroffene Vereinbarung, dass die zwischen ihnen abgeschlossenen Tarifverträge unabhängig von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 2 TVG auf die Mitglieder der GDL als unmittelbar und zwingend geltende Normen angewendet werden, nichts.
Es kann in diesem Zusammenhang offenbleiben, inwieweit § 4 a Abs. 2 TVG überhaupt dispositiv ist bzw. inwieweit dies eine dreiseitige Regelung zwischen den betroffenen beiden Gewerkschaften und dem Arbeitgeber erfordert oder in wieweitnur eine schuldrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers möglich ist bestimmte tarifvertragliche Regelungen für bestimmte Arbeitnehmer anzuwenden (vgl. zum Diskussionsstand in der Literatur Erfurter Kommentar/Franzen, 21. Auflage, TVG § 4 a Rn. 22, 23). Auch wenn man mit der Beteiligten zu 1) davon ausgehen will, dass § 4a TVG dispositiv ist und durch eine tarifvertragliche Vereinbarung zwischen der Beteiligten zu 1) und der AGV MOVE wirksam abbedungen wurde, so hat dieser Tarifvertrag unstreitig ohne Nachwirkung am 31.12.2020 geendet (Abschnitt III., Ziff. 1. des Tarifvertrags zur Regelung von Grundsatzfragen).
(iii) Eine normative Weitergeltung der tariflichen Regelungen zum Themenbereich „Schicht- und Einsatzplanung“ in den mit der Beteiligten zu 1) abgeschlossenen Tarifverträgen ergibt sich entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) auch nicht aus der „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ (Anlage AG 9, Bl. 239 ff. d.A.).
Es kann nicht davon ausgegangen werde, dass diese Vereinbarung, insbesondere Ziff. II. nicht an die Laufzeit des Tarifvertrags zur Regelung von Grundsatzfragen gebunden ist. Die Vereinbarung wurde zu einem Zeitpunkt abgeschlossen als im „Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen“ die befristete Abbedingung von § 4a TVG geregelt war. Dieser Tarifvertrag regelt, wie es sich aus seiner Überschrift ergibt, Grundsatzfragen. In der Präambel wird ausgeführt, dass der Bestand der dort genannten Tarifverträge (u.a. des BuRaZugTV) unabhängig von der gesetzlichen Neuregelung bis 31.12.2020 sichergestellt werden soll. In Ziffer III. ist die Befristung zum 31.12.2020 geregelt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch die „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ eine abweichende Regelung geschaffen werden sollte. Der Text enthält keinen solchen Hinweis. Vielmehr stellt Ziffer II. eine zusammenfassende Wiederholung der Rechtsfolgen dar, die sich durch die im „Tarifvertrag zur Regelung von Grundsatzfragen“ vereinbarte Tarifpluralität ergibt.
Dies kann jedoch letztlich offenbleiben. Auch wenn man mit der Beteiligten zu 1) davon ausgehen möchten, dass die „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ auch über den 31.12.2020 hinaus Wirkung entfaltet, so führt dies nicht zu einer normativen (Weiter) Geltung der Tarifverträge unabhängig von der Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 a Abs. 2 TVG. Bei der „Vereinbarung zur Umsetzung der persönlichen Planungssicherheit des Zugpersonals“ handelt es sich um eine zwischen der Beteiligten zu 1, der AGV MOVE und der DB AG getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarung, nicht jedoch um einen Tarifvertrag. Auch die Beteiligte zu 1) beschreibt die Vereinbarung als Vertrag zugunsten Dritter, in dem sich die Beteiligte zu 2) gegenüber ihren in der GDL organisierten Mitarbeitern verpflichtet die genannten Tarifverträge anzuwenden. Durch diese Vereinbarung haben die vertragsschließenden Parteien sich verpflichtet, die in der Vereinbarung enthaltenen Regelungen umzusetzen. Die Vereinbarung begründet somit schuldrechtrechtliche Ansprüche der Vertragsparteien gegeneinander. Sie führen jedoch nicht zu einer normativen Regelung, da solche durch schuldrechtliche Vereinbarungen nicht möglich sind.
iv) Soweit die Beteiligte zu 1) darauf verweist, dass die Beteiligte zu 2) auch nach dem 31.12.2020 die mit ihm geschlossenen Tarifverträge noch tagtäglich uneingeschränkt auf ihre in der GDL organisierten Beschäftigten anwende, ist dies ebenfalls irrelevant. Eine „möglicherweise“ bestehende Verpflichtung der Beteiligten zu 2) gegenüber ihren Mitarbeitern, die Mitglied der Beteiligten zu 1) sind, die mit dieser abgeschlossenen Tarifverträge anzuwenden, führt nicht zu einer normativen Geltung dieser Tarifverträge im Betrieb der Beteiligten zu 2 unter Aushebelung der Vorschrift des § 4 a TVG.
b) Auf die weiteren von den Parteien erörterten Probleme kommt es somit nicht mehr an. Nur vorsorglich sei angemerkt, dass sich die Beteiligte zu 1 auch nicht auf einen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG berufen kann.
Die Regelung des § 77 Abs. 3 BetrVG findet aufgrund der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Vorrangtheorie (BAG GS, Beschluss vom 03.12.1991, GS 2/90) keine Anwendung. § 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG geht als speziellere Norm § 77 Abs. 3 BetrVG vor.
Bei der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung handelt es sich um eine, die ihm Rahmen des § 87 BetrVG abgeschlossen wurde. Sie regelt – auf Grundlage des Jahresruhetags- und Urlaubsplanes, des Jahresschichtrasterplans, des Monatsplans/Wochenplans und der sogenannten Basiswochen – die Rahmenbedingungen der Schicht- und Einsatzplanung und fällt damit sowohl in dem Mitbestimmungstatbestand von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG als auch des § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Soweit die Beteiligte zu 1 dies bestreitet und behauptet es lägen lediglich rudimentäre mitbestimmungsrechtliche Regelungen vor, so ist dies nicht nachvollziehbar.
c) Jedenfalls seit dem 01.01.2021 gelten die durch die Beteiligte zu 1 abgeschlossenen Tarifverträge im Betrieb der Beklagten nicht mehr (siehe oben). Maßgeblich sind vielmehr die mit der EVG abgeschlossenen tarifvertraglichen Regelungen. Diese enthaltenen unstreitig eine umfassende Öffnungsklausel und sperren somit die streitgegenständliche Betriebsvereinbarung nicht. Der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Durchführung der Betriebs vereinbarung „Schicht- und Einsatzplanung“ vom 20.08.2019, hilfsweise von einzelnen Regelungen der Betriebsvereinbarung ergibt sich auch nicht aus § 23 Abs. 3 BetrVG.
aa) Nach § 23 Abs. 3 BetrVG kann auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Die groben Pflichtverletzungen müssen objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend sein. Kein grober Verstoß liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einer schwierigen und ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt (BAG, Beschluss vom 19.01.2010, 1 ABR 55/08, Rn. 28 – juris).
bb) Eine solche Pflichtverletzung ist hier nicht gegeben. Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass § 77 Abs. 3 BetrVG nicht für Betriebsvereinbarungen über Angelegenheit gilt, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen (BAG, Beschluss vom 20.08.1991, 1 ABR 85/90). Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Betriebspartner bei der Wahrnehmung der Normsetzungsbefugnis nicht frei sind und höherrangiges Recht zu beachten haben, was gerade für Vorgaben in einer tariflichen Regelung der Angelegenheiten, die für ihren Betrieb i. S. des Eingangssatzes des § 87 Abs. 1 BetrVG bestehen, gilt. Der Verstoß einer Betriebsvereinbarung gegen solche tariflichen Vorgaben macht zwar die entsprechenden Regelungen in der Betriebsvereinbarung oder die Betriebsvereinbarung selbst unwirksam, stellt aber keinen Verstoß gegen die durch § 77 Abs. 3 BetrVG nunmehr der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung dar. Die Betriebspartner handeln nämlich bei Abschluss einer Betriebsvereinbarung über eine nach § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheit in Ausübung ihrer Zuständigkeit und damit im Rahmen der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung. Der Verstoß einer solchen Betriebsvereinbarung gegen tarifliche Vorgaben stellt sich nicht als Verstoß gegen die Pflichten des Arbeitgebers aus § 23 Abs. 3 BetrVG dar. Die Gewerkschaft ist beim Eingreifen des § 87 Abs. 1 BetrVG im Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG nicht berechtigt, dem Arbeitgeber einen Verstoß gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG vorzuwerfen (so auch LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.01.1999, 4 TaBV 41/98 – juris).
Bei der streitgegenständlichen Betriebsvereinbarung handelt es sich um eine, die ihm Rahmen des § 87 BetrVG abgeschlossen wurde. Sie regelt – auf Grundlage des Jahresruhetags – und Urlaubsplanes, des Jahresschichtrasterplans, des Monatsplans/Wochenplans und der sogenannten Basiswochen – die Rahmenbedingungen der Schicht- und Einsatzplanung und fällt damit sowohl in dem Mitbestimmungstatbestand von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG als auch des § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Soweit die Beteiligte zu 1 dies bestreitet und behauptet es lägen lediglich rudimentäre mitbestimmungsrechtliche Regelungen vor, so ist dies nicht nachvollziehbar.
Aber auch wenn man einen Verstoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG annehmen wollte, läge jedenfalls kein grober Verstoß im Sinne von § 23 Abs. 3 BetrVG vor, da ein solcher ausscheidet, wenn eine schwierige ungeklärte Rechtsfrage vorliegt (BAG, Beschluss vom 16.07.1991, 1 ABR 69/90 – juris). Die Frage, wie der Fall einer Tarifpluralität mehrerer nebeneinander anwendbarer Tarifverträge und unterschiedlicher Öffnungsklauseln zu bewerten ist, ist bisher höchstrichterlich ungeklärt. In der Literatur werden unterschiedliche Ansichten diskutiert (vgl. zum Meinungsstand Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.05.2020 – 10 BV 268/19). In dieser Situation stellt das Handeln der Beklagten zu 2) und 3) keinen groben Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG dar.
3) Aus den gleichen Gründen wie unter 1. und 2. sind auch die Hilfsanträge 3. und 4. zurückzuweisen.
III.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben (§§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG). Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 92a ArbGG) wird hingewiesen.


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