Arbeitsrecht

Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  S 15 AS 493/13 ER

Datum:
20.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 120 Abs. 4 S. 2, § 124
SGG SGG § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 173

 

Leitsatz

Hat es der Antragsteller trotz dreimaliger Aufforderung unterlassen, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist und ist er auch auf die Möglichkeit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe hingewiesen worden, kann das Gericht diese anordnen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die dem Antragsteller mit Beschluss vom 23.9.2013 bewilligte Prozesskostenhilfe wird mit rückwirkender Kraft aufgehoben.

Gründe

I.
In der Hauptsache war zwischen den Beteiligten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Lebensmittelgutscheinen im Rahmen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig. Die Hauptsache wurde mit Schriftsatz vom 18.9.2013 für erledigt erklärt.
Im Rahmen dieses Verfahrens war seitens des Antragstellers ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt worden, aufgrund dessen dem Antragsteller mit Beschluss vom 23.9.2013 Prozesskostenhilfe bewilligt wurde und die Rechtsanwälte C., D. und B. aus B-Stadt als Prozessbevollmächtigte beigeordnet wurden.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 28.9.2016 sowie vom 17.11.2016 wurden die Prozessbevollmächtigten vergeblich aufgefordert zu erklären, ob zwischenzeitlich Änderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers eingetreten seien. Letztmalig wurden die Prozessbevollmächtigten mit Richterbrief vom 2.1.2017, zugestellt am 5.1.2017, um Mitteilung gebeten, ob sich dessen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Gericht beabsichtige, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufzuheben, sofern wiederum ohne Angabe von Gründen keine fristgerechte Erledigung erfolgen sollte. Auch hierauf erfolgte bislang keine Reaktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Prozesskostenhilfebeiakte im vorliegenden Verfahren verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
1. Nach § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) über die Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend. Gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. (vgl. Art. 5 Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013, BGBl. Teil I, S. 3536 f.) hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO a.F. kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. nicht abgegeben hat.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind vorliegend erfüllt. Trotz dreimaliger Aufforderung hat es der Antragsteller unterlassen, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Hierbei ist er zuletzt auch auf die Möglichkeit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe hingewiesen worden.
2. Dabei hat das Gericht im Rahmen der Aufhebungsentscheidung von dem ihm zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht und unter Berücksichtigung des Normzwecks alle ihm bekannten Umstände des Einzelfalles gewürdigt, insbesondere die den Antragsteller treffenden Folgen der Aufhebung und die von ihm zu verantwortenden Aufhebungsgründe (vgl. Fischer in Musielak, ZPO [8. Aufl. 2011], § 124 Rn. 2; Philippi in Zöller, ZPO [26. Aufl. 2007], § 124 Rn. 3; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe [2. Aufl. 1999], Rn. 831 jeweils m.w.N.).
Grundsätzlich soll derjenige, dem Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, darauf vertrauen können, dass er diese Vergünstigung nicht ohne weiteres wieder verliert. Dies erscheint jedoch dann unangemessen, wenn er seinen Mitwirkungspflichten, wozu auch die Pflicht zur Mitteilung einer Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gehört, nicht nachkommt. Dabei ist der Zweck des § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO a.F., die hiermit verbundenen Probleme insgesamt zu einem vernünftigen Ausgleich zu bringen (Fischer in Musielak, ZPO [8. Aufl. 2011], § 124 Rn. 1 m.w.N.).
Im Hinblick darauf erscheint es interessengerecht und entspricht billigem Ermessen, wenn die dem Antragsteller bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben wird und er die von der Staatskasse verauslagten Kosten in Höhe von 202,30 € zu erstatten hat. Gründe, die hiergegen sprechen könnten, wurden von dem Antragsteller weder vorgetragen noch sind solche für das erkennende Gericht erkennbar. Eine Reaktion des Antragstellers auf die gerichtlichen Schreiben erfolgte nicht. Hierzu war er jedoch nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO a.F. verpflichtet. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte war ihm die Erfüllung dieser Pflicht auch zumutbar. Der Antragsteller hat daher die Aufhebungsgründe selbst zu verantworten.
Somit war nach alledem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufzuheben.
3. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG nach zutreffender überwiegender Meinung in der Rechtsprechung die Beschwerde statthaft, da der Tatbestand des § 124 ZPO a.F. weitere Voraussetzungen (wie z.B. Ermessen) besitzt und der Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nur auf eine „Ablehnung“ der Prozesskostenhilfe abstellt, nicht jedoch auf eine „Aufhebung“ der Bewilligungsentscheidung (BayLSG, Beschluss vom 22.11.2010 – L 7 AS 486/10 B PKH – Rn. 11 m.w.N.).


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