Arbeitsrecht

Ausbildungsförderung für nicht gleichwertiges Studium im europäischen Ausland

Aktenzeichen  M 15 K 14.1191

Datum:
4.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG BAföG § 5 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4

 

Leitsatz

Der Besuch eines privaten griechischen Colleges ist dem Besuch einer im Inland gelegenen Ausbildungsstätte auch dann nicht gleichwertig, wenn der Bachelorgrad im Franchise-Verfahren von einer anerkannten englischen Hochschule verliehen wird. Die Gewährung von Ausbildungsförderung kommt deshalb nicht in Betracht, denn die mit Steuermitteln finanzierte Ausbildungsförderung soll nur für den Besuch solcher ausländischen Ausbildungsstätten gewährt werden, deren Qualität einer inländischen vergleichbar ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über die Klage konnte im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten hiermit schriftlich einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet, denn der Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt somit den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Der Anspruch auf Ausbildungsförderung richtet sich im vorliegenden Fall nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 BAföG. Danach wird Auszubildenden, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung für den Besuch einer im Ausland gelegenen Ausbildungsstätte geleistet, wenn eine Ausbildung an einer Ausbildungsstätte in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in der Schweiz aufgenommen oder fortgesetzt wird. Zwar liegen diese Voraussetzungen hier vor, jedoch ist zusätzlich erforderlich, dass der Besuch der Ausbildungsstätte im Ausland dem Besuch der im Inland gelegenen in § 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 BAföG aufgelisteten Ausbildungsstätten gleichwertig ist (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG). Hieran fehlt es vorliegend.
Für die Feststellung der Gleichwertigkeit, die nach § 5 Abs. 4 Satz 2 BAföG von Amts wegen zu prüfen ist, geht das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung von folgendem Maßstab aus: Gleichwertigkeit ist dann gegeben, wenn die Ausbildung an der ausländischen Ausbildungsstätte nach Zugangsvoraussetzungen, Art und Inhalt der Ausbildung sowie nach dem vermittelten Ausbildungsabschluss der Ausbildung gleichkommt, welche die für den Vergleich heranzuziehende Ausbildungsstätte im Inland vermittelt (BVerwG U. v. 5.12.2000 – 5 C 25/00 – juris; U. v. 12.7.2012 – 5 C 14/11 – juris; BayVGH B. v. 10.03.2010 – 12 C 09.1170 – juris). Maßgeblich ist also eine „institutionelle Gleichwertigkeit“, die sich aus der vergleichenden Betrachtung der jeweiligen Ausbildung in ihrer Gesamtheit ergibt. Eine solche institutionelle Gleichwertigkeit ist hier nicht gegeben.
Das BCA ist ein griechisches Privatcollege. Nach der vorgelegten Bescheinigung des griechischen Erziehungsministeriums haben private Colleges in Griechenland zwar eine Betriebserlaubnis, leisten jedoch ausschließlich Dienste für „untypische Bildung“ (im Gegensatz wohl zur Leistung „typischer Bildung“ durch die staatlichen Universitäten) und bieten Abschlüsse in Kooperation mit britischen Hochschulen an.
Das BCA kooperierte zur Studienzeit des Klägers mit der London Metropolitan University, Großbritannien. Das BCA selbst konnte keinen Abschluss verleihen, dies geschah allein durch die London Metropolitan University. Die Ausbildung wurde also am BCA geleistet, das Abschlusszeugnis aber von der London Metropolitan University ausgestellt (sog. Franchising). Zugangsvoraussetzungen sind nach dem Internetauftritt des BCA entweder ein High School Abschluss, ein International Baccalaureat Diploma oder Ähnliches. Insoweit liegt also wohl Vergleichbarkeit mit einer inländischen Ausbildungsstätte (Hochschule) vor. Die vom Kläger absolvierte Ausbildung ist eine vierjährige Ausbildung auf Bachelorebene. Ob Art und Inhalt einer Ausbildung am BCA der Ausbildung im Inland gleichwertig sind, kann dahinstehen, da jedenfalls der am BCA erzielte Abschluss nicht gleichwertig ist.
Dem Kläger wurde mit dem Zeugnis der London Metropolitan University ein Bachelorgrad im Franchising-Verfahren verliehen. Zur Frage, ob dieser Abschluss einem inländischen vergleichbar ist, hat das Gericht Anfragen an den Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) und die Zentralstelle für das ausländische Bildungswesen bei der Ständigen Konferenz der Kultusminister (ZAB) gestellt. Der DAAD hat in seiner Stellungnahme vom 2. Juli 2015 ausgeführt, dass nach dortiger Erfahrung die Abschlüsse von griechischen Privathochschulen weder von griechischen staatlichen Hochschulen noch von deutschen Hochschulen anerkannt würden und der DAAD deshalb kein Stipendien- bzw. Austauschprogramm mit dem BCA unterhalte.
Nach den Auskünften der ZAB vom 17. Juli 2015 und vom 27. August 2015 führen die Abschlüsse des BCA zu keinem staatlich anerkannten griechischen Studienabschluss, so dass die Aufnahme eines Masterstudiengangs in Griechenland mit diesem Abschluss nicht möglich ist. Auch die Tatsache, dass der Bachelorgrad von der London Metropolitan University verliehen wurde, beinhalte keine Vergleichbarkeit mit einem deutschen Hochschulabschluss. Weiter führt die ZAB aus, dass diese fehlende Vergleichbarkeit in der Regel zur Verweigerung der Zulassung zu Masterstudiengängen deutscher Hochschulen führe. Ferner weist die ZAB auf ihrer Homepage (www.kmk.org/zab/zeugnisbewertung) darauf hin, dass bei Hochschulabschlüssen, die im Rahmen von Franchising erworben wurden, alle beteiligten Institutionen nach dem Recht des Sitzlandes ordnungsgemäß als Hochschule anerkannt sein müssten. Ferner müssten diese Abschlüsse hinsichtlich der Qualität den Anforderungen aller an der Kooperation beteiligten Länder entsprechen und mit den hochschulrechtlichen Regelungen dieser Länder vereinbar sein. Dies ist, wie bereits dargelegt, nicht der Fall, da die BCA weder staatlich anerkannt ist noch eigene Grade verleihen kann.
Die Tatsache, dass die London Metropolitan University unstreitig eine einer deutschen Hochschule gleichwertige Bildungseinrichtung ist, und der Kläger von dieser den Bachelorgrad verliehen bekommen hat, kann an dieser Einschätzung nichts ändern. Denn für die Prüfung der institutionellen Gleichwertigkeit ist auf die lehrende Einrichtung selbst abzustellen. Eine lediglich durch Kooperation abgeleitete Gleichwertigkeit ist nicht ausreichend. Dies ergibt sich insbesondere mit Blick auf den Zweck der Regelung von § 5 Abs. 4 BAföG, dem öffentlichen Interesse Rechnung zu tragen, dass mit Steuermitteln finanzierte Leistungen der Ausbildungsförderung nur hinsichtlich solcher ausländischer Ausbildungsstätten gewährt werden, deren Qualität der Ausbildung einer inländischen vergleichbar ist.
Die London Metropolitan University hat zwar mit Schreiben vom 8. Oktober 2013 bestätigt, dass der Abschluss am BCA einem in London erworbenen Abschluss vergleichbar sei. Auch hieraus kann sich aber eine Vergleichbarkeit mit einem deutschen Bachelorabschluss nicht herleiten lassen. Denn dann müsste die Zulassung zu einem Masterstudiengang an einer deutschen Hochschule grundsätzlich möglich sein, was nach den Angaben der ZAB und des DAAD vorliegend gerade nicht der Fall ist.
Der Hinweis der Klägerbevollmächtigten, dass der Abschluss am BCA in Griechenland ausreiche, um eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen, vermag nicht die Gleichwertigkeit zu einem inländischen Hochschulabschluss zu begründen. Denn eine Beamtenlaufbahn kann in vielen Bereichen auch ohne Hochschulabschluss eingeschlagen werden. In der Bescheinigung des griechischen Erziehungsministeriums wird ausgeführt, dass die Frage, ob eine „berufliche Gleichwertigkeit“ der an privaten Colleges erzielten Abschlüsse anerkannt werde, jeweils im Einzelfall vom Rat für Anerkennung der beruflichen Qualifikationen (SAEP) geprüft werde. Auch aus dieser Bescheinigung ergibt sich also, dass die BCA selbst keinen Hochschulstatus hat und die dort erhaltenen Abschlüsse selbst in Griechenland nicht automatisch anerkannt werden.
Da das Gericht anhand der vorliegenden Unterlagen eine Gleichwertigkeit der Ausbildung an der ausländischen Ausbildungsstätte nicht feststellen konnte, hat der Kläger keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung nach § 5 BAföG. Der Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2014 ist somit rechtmäßig, wie bereits in dem im gleichen Verfahren ergangenen Beschluss des Gerichts vom 26. November 2015, mit dem der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, dargelegt wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Begründung des Gerichts in seinem Beschluss ausdrücklich für zutreffend erachtet (B.v. 2.03.2016 – 12 C 15.2766 – juris). Neue Gesichtspunkte, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 188 VwGO gerichtskostenfrei. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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