Arbeitsrecht

Ausgleichszulage für den Wegfall der Ministerialzulage

Aktenzeichen  3 ZB 20.2316

Datum:
15.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6114
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBesG Art. 51 Abs. 1 Nr. 3, Art. 52 Abs. 1 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die Ausgleichszulage nach Art. 52 Abs. 1 S. 1 BayBesG setzt für die Dauer von mindestens fünf Jahren eine zulageberechtigende Verwendung im Beamtenverhältnis voraus.  Zeiten im Arbeitnehmerverhältnis können nicht berücksichtigt werden. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Besoldungsleistungen dürfen nur gewährt werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 19.438 2020-07-23 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juli 2020 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 10.072,80 Euro festgesetzt.

Gründe

Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Vom 1. September 2010 bis zum 31. August 2015 war der Kläger als Realschullehrer zur Dienstleistung an das Haus der Bayerischen Geschichte abgeordnet. Vom 1. bis zum 12. September 2010 erhielt er als tariflich beschäftigte Lehrkraft eine Zulage für die Tätigkeit an einer obersten Bundes- oder Landesbehörde nach den tariflichen Bestimmungen. Mit Wirkung zum 13. September 2010 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Realschullehrer (Besoldungsgruppe A 13) ernannt. Ab diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger für seine Tätigkeit beim Haus der Bayerischen Geschichte eine Ministerialzulage gemäß Art. 51 Abs. 1 Nr. 3 BayBesG i.V.m. Anlage 7 zum BayBesG (zunächst 181,54 Euro, zuletzt 279,80 Euro). Zum 1. September 2015 erfolgte seine Versetzung an die Staatliche Realschule M. und Bestellung zum weiteren Stellvertreter des Schulleiters im Amt eines zweiten Realschulkonrektors (Besoldungsgruppe A14 mit Amtszulage). Ab diesem Zeitpunkt wurde dem Kläger keine Ministerialzulage mehr gewährt.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen, die darauf gerichtet war, den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Ausgleichszulage für den Wegfall der Ministerialzulage nach Art. 52 BayBesG seit September 2015 nebst Zinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Nach dem Wortlaut der anspruchsbegründenden Regelung setze die Gewährung einer Ausgleichszulage voraus, dass die fünfjährige zulagenberechtigende Verwendung im Beamtenverhältnis erfolgt sein müsse. Dies sei hier nicht der Fall, da der Kläger vom 1. bis zum 12. September 2010 im Angestelltenverhältnis tätig gewesen sei.
Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils.
1.1. Soweit der Kläger meint, das Verwaltungsgericht sei in dem Tatbestand unzutreffend davon ausgegangen, dass mit der Berufung des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe „der bestehende Zeitvertrag im tariflichen Beschäftigungsverhältnis beendet“ worden und seine Ernennung zum zweiten Realschulkonrektor am 1. März 2013 nicht rechtmäßig gewesen sei, begründet er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Kläger verkennt, dass das Verwaltungsgericht im Tatbestand seiner Entscheidung den Sach- und Streitstand (s. § 117 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) im Wesentlichen durch auszugsweise Wiedergabe des Inhalts der Behördenakten darstellt, es für die Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aber entscheidend auf materielle Fehler bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts und der darauf bezogenen Rechtsanwendung in den Entscheidungsgründen des Urteils (s. § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) ankommt (BayVGH, B.v. 15.7.2020 – 3 ZB 19.556 – juris Rn. 11). Solche materiellen Fehler zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Es fehlt bereits an der Darlegung, inwieweit die angeführten Unrichtigkeiten entscheidungserheblich für das erstinstanzliche Urteil gewesen sein könnten.
1.2 Mit seinem Einwand, der Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBesG stelle unabhängig von einem bestehenden Beamtenverhältnis auf eine fünfjährige zulagenberechtigende Verwendung ab, dringt der Kläger nicht durch.
Der Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 Satz 1 BayBesG ist eindeutig. Danach muss der Beamte oder die Beamtin vor dem dienstlichen Verwendungswechsel mindestens fünf Jahre ununterbrochen zulageberechtigend verwendet worden sein. Die Bestimmung stellt mithin auf Beamtenzeiten ab. Zeiten im Arbeitnehmerverhältnis mit Anspruch auf Stellenzulagen entsprechend beamtenrechtlicher Vorschriften können nicht berücksichtigt werden (s. hierzu auch Leihkauff in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: November 2020, Art. 52 Rn. 17; § 13 BBesG Rn. 43; so auch Nr. 52.1.2.2 Satz 1 BayVwVBes), selbst wenn in dieser Zeit – wie hier – auf der Grundlage eines sog. „Supervertrages“ eine „Anwartschaft“ auf Begründung eines Beamtenverhältnisses erworben worden ist. Hätte der Gesetzgeber zulagenberechtigende Verwendungen im tariflichen Angestelltenverhältnis berücksichtigt wissen wollen, hätte er dies entsprechend regeln müssen. Besoldungsleistungen dürfen nur gewährt werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (Art. 3 Abs. 1 BayBesG, vgl. BVerwG, U.v. 27.3.2014 – 2 C 2.13 – juris Rn. 18).
Der Kläger erkennt selbst an, dass es sich bei der Besoldung von Beamten und der Entlohnung von Angestellten um unterschiedliche Vergütungssysteme handelt, die anderen Strukturprinzipien folgen. Die Systemunterschiede beziehen sich sowohl auf das Grundgehalt, als auch auf Zulagen (BVerwG, U.v. 1.9.2005 – 2 C 24.04 – juris Rn. 26). Insbesondere beruht die Besoldung der Beamten ihrer öffentlich-rechtlichen Rechtsstellung entsprechend auf gesetzlichen Bestimmungen des Bundes und der Länder, während die Vergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes sich – wie auch bei sonstigen Arbeitsverhältnissen – nach ihrem Arbeitsvertrag bzw. den entsprechenden tariflichen Bestimmungen richtet. Angesichts dieser beträchtlichen rechtlichen Unterschiede zwischen Beamten und Angestellten können Angestellte des öffentlichen Dienstes aus der Besoldung vergleichbarer Beamter grundsätzlich keine Rechte herleiten. Das gilt auch dann, wenn – wie vorliegend – Angestellte und Beamte mit gleichen Aufgaben zusammen beschäftigt werden oder ein Angestellter auf einem Beamtendienstposten Dienst tut (BAG, U.v. 11.4.1979 – 4 AZR 567/77 – juris Rn. 30)
Dem Kläger ist zuzugestehen, dass die Ausgleichszulage nach Art. 52 BayBesG der Förderung der Wechselbereitschaft und der Flexibilität des Personaleinsatzes dient. Dieser Normzweck vermag aber nicht über den klaren Gesetzeswortlaut hinwegzuhelfen, wonach die Gewährung einer Ausgleichszulage eine mindestens fünf Jahre ununterbrochenen zulagenberechtigenden Verwendung als Beamter vor dem dienstlichen Verwendungswechsel voraussetzt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 397) soll die Fünfjahresfrist sicherstellen, „dass eine Ausgleichszahlung nur in den Fällen gewährt wird, in denen eine Stellenzulage über einen längeren Zeitraum hinweg zugestanden und damit die Besoldung des oder der Betroffenen mitgeprägt hat [Hervorhebung nicht im Original]“. Während seiner Tätigkeit als tariflicher Angestellter bezog der Kläger jedoch mangels Beamtenverhältnisses keine Besoldung, die mitgeprägt hätte werden können.
Soweit der Kläger das Urteil des Verwaltungsgerichts München (U.v. 18.11.2014 – M 5 K 14.485 – juris) heranzieht, kann diesem für den geltend gemachten Anspruch schon deshalb nichts entnommen werden, weil die dortige Klägerin als (Bundes) Beamtin fünf Jahre ununterbrochen zulagenberechtigend verwendet wurde. In Umsetzung dieser Rechtsprechung stellt Ziffer 52.1.1.5 Satz 2 BayVwVBes lediglich klar, dass ein Dienstverhältnis „nach Art. 1 Abs. 1 BayBesG“, mithin zu einem bayerischen Dienstherrn, nicht als Tatbestandsvoraussetzung in Art. 52 BayBesG genannt, sondern auch in Fällen der Versetzung von einem außerbayerischen Dienstherrn zum Freistaat Bayern anzuwenden sei. Daraus kann keine für den Kläger günstige Schlussfolgerung gezogen werden. Ziffer 52.1.2.2 Satz 1 BayVwVBes orientiert sich nach alledem am Wortlaut des Gesetzes und steht mit den gesetzlichen Vorgaben des Bayerischen Besoldungsgesetzes im Einklang.
2. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Danach ist der dreifache Jahresbetrag der begehrten Leistung maßgeblich (BVerwG, B.v. 27.4.2016 – 2 B 117.15 – juris Rn. 23). Die Abänderungsbefugnis für die Streitwertfestsetzung erster Instanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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