Aktenzeichen 25 U 2210/16
Leitsatz
1. Hat der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer in einer auf dessen Leben genommenen Direktversicherung ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt und dieses unter den Vorbehalt gestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor Eintritt des Versicherungsfalls endet (sog. eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht), ist der Vorbehalt einschränkend dahin auszulegen, dass er nicht auch für eine insolvenzbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelten soll (Anschluss an BGH BeckRS 2005, 08205; BeckRS 2014, 20193 Rn. 19). (redaktioneller Leitsatz)
2. Dies gilt auch dann, wenn die der Einräumung des Bezugsrechts zugrunde liegende Vereinbarung an ein Arbeitsverhältnis anknüpft, tatsächlich aber ein Dienstverhältnis zwischen Versicherungsnehmerin und Versichertem bestand; anderenfalls hätte für den Versicherten zu keinem Zeitpunkt eine Chance bestanden, eine unverfallbare Anwartschaft zu erlangen, was dem Zweck der Vereinbarung zuwiderliefe (vgl. auch OLG Hamm BeckRS 2015, 06153). (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
23 O 20728/15 2016-04-15 Urt LGMUENCHENI LG München I
Gründe
Das Erstgericht hat den Rechtsstreit zutreffend entschieden. Die Berufung zeigt keine Rechtsfehler auf, die zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung führen könnten.
1. Bereits die Voraussetzungen, unter denen sich der Arbeitgeber gemäß der besonderen Vereinbarung Nr.12 (Anlage K 6) das Recht vorbehalten hat, alle Versicherungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, sind nicht erfüllt. Voraussetzung ist u. a., dass das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalls endet. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der seitens des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Unwiderruflichkeit der Bezugsberechtigung gemachte Vorbehalt einschränkend auszulegen. Ein Vorbehalt, der einen Widerruf des Bezugsrechts bei Insolvenz des Arbeitgebers zuließe, würde dem mit dem Abschluss der Direktversicherung angestrebten Ziel zuwiderlaufen, da er dem Arbeitnehmer die erwerbenden Versicherungsansprüche selbst in Fällen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nähme, die sich seiner Einflussnahme entziehen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1412, Leitsatz 2). Die insolvenzbedingte Beendigung des Dienstverhältnisses ist daher für den Versicherten unschädlich (vgl. BGH NJW 2015, 341).
2. Im Übrigen war bei Abschluss des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages jedenfalls auf Seiten der Versicherungsnehmerin bekannt, dass der Versicherte weder in einem Arbeitsverhältnis zur Versicherungsnehmerin stand noch damit zu rechnen war, dass dies künftig der Fall sein würde. Bei wörtlicher Anwendung der Vereinbarung hätte daher für den Versicherten zu keinem Zeitpunkt die Chance bestanden, eine unverfallbare Anwartschaft zu erlangen, was ersichtlich dem Zweck der Vereinbarung zuwiderlaufen würde. Die Vereinbarung ist daher dahingehend auszulegen, das mit Arbeitsverhältnis das Dienstverhältnis des Versicherten gemeint war.
3. Selbst wenn man der unter Ziff. 2 aufgezeigten Auslegung nicht folgen würde, und den Begriff Arbeitsverhältnis wörtlich nehmen würde, würde dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen, denn dann wäre die Versicherungsnehmerin auch nicht als Arbeitgeber des Versicherten im Sinne der Vereinbarung anzusehen. Nur dem Arbeitgeber war es indessen vorbehalten, die Versicherungsleistung für sich in Anspruch zu nehmen.
4. Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme vor Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 1,0 Gebühren (vgl. Nr. 1221 des Kostenverzeichnisses zum GKG) und nach deren Eingang von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).