Aktenzeichen 7 C 19.1603
RBStV § 4
Leitsatz
Ein Verfahren auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ist dann nicht nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei, wenn zur Begründung des Befreiungsantrags ausschließlich Gewissensgründe geltend gemacht werden. (Rn. 6)
Verfahrensgang
B 3 K 19.262 2019-07-25 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth
Tenor
Die Beschwerde wird verworfen.
Gründe
I.
Über die Beschwerde gegen die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2019 erfolgte Festsetzung des Gegenstandswerts entscheidet gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 2 RVG die Berichterstatterin als Einzelrichterin, da auch die Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG durch den Einzelrichter erfolgte.
II.
Die vom Kläger erhobene Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).
Maßgebend für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands ist die Differenz der aus den verschiedenen Gegenstandswerten jeweils resultierenden Gesamtvergütung (Gebühren und Auslagen) einschließlich der Mehrwertsteuer. Nach Nr. 3100 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG erhält der Bevollmächtigte des Beklagten für seine Tätigkeit im Verfahren des ersten Rechtszugs eine 1,3-fache Verfahrensgebühr, die sich vorliegend nicht nach Nr. 3101 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG durch die Rücknahme des Klageverfahrens mit Schriftsatz des Klägers vom 7. April 2019 ermäßigt, da der Bevollmächtigte des Beklagten bereits am 1. April 2019 einen Klageabweisungsantrag gestellt hatte. Unter Zugrundelegung des vom Verwaltungsgericht festgesetzten Gegenstandswerts von 630 Euro beträgt die Verfahrensgebühr nach der Gebührentabelle in Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 RVG 104 Euro. Zuzüglich der Auslagenpauschale (Nr. 7002 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) in Höhe von 20 Euro errechnet sich ein Betrag von 124 Euro. Unter Hinzurechnung der Mehrwertsteuer in Höhe von 23,56 Euro beträgt die Gesamtvergütung demnach 147,56 Euro. Selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass der Kläger mit seiner Beschwerde nicht nur eine Reduzierung, sondern die Aufhebung des festgesetzten Gegenstandswerts erreichen möchte, kann die Differenz der sich aus den verschiedenen Gegenstandswerten jeweils ergebenden Gesamtvergütungen maximal 147,56 Euro betragen. Sie liegt damit ersichtlich unter dem Beschwerdewert von 200 Euro.
III.
Ergänzend weist der Verwaltungsgerichtshof auf Folgendes hin:
1. Anstelle der vorgenommenen Festsetzung eines Gegenstandswerts hätte im zugrundeliegenden Ausgangsverfahren (B 3 K 19.262), das auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet war, den Kläger gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV aus Gewissensgründen von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien, nach § 63 Abs. 2 GKG ein Streitwert festgesetzt werden müssen. Denn das Ausgangsverfahren war entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Zwar handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum damaligen Rundfunkgebührenrecht (B.v. 20.4.2011 – 6 C 10.10 – NVwZ-RR 2011, 622 Rn. 3 zu § 6 RGebStV), die auf das jetzige Rundfunkbeitragsrecht übertragen werden kann, bei der Befreiung von den Rundfunkbeiträgen aus sozialen Gründen nach § 4 RBStV um eine Angelegenheit der Fürsorge im Sinne des § 188 Satz 1 VwGO. Fürsorge im Sinne des § 188 VwGO umfasst dabei alle in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallenden Sachgebiete, die Fürsorgemaßnahmen im weiteren Sinne zum Gegenstand haben. Dazu gehören insbesondere Sachgebiete, in denen Leistungen mit primär fürsorgerischer Zwecksetzung vorgesehen sind (BVerwG, B.v. 20.4.2011 a.a.O.), sowie alle Leistungen, deren Gewährung vom Nichtüberschreiten bestimmter Einkommensgrenzen abhängig ist (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 188 Rn. 4). Um eine Befreiung von den Rundfunkbeiträgen aus fürsorgerischen Erwägungen ging es dem Kläger bei seinem Antrag aber gerade nicht. Denn der Kläger begehrt – wie er dies zuletzt mit Schreiben an den Verwaltungsgerichtshof vom 7. September 2019 nachdrücklich zum Ausdruck gebracht hat – eine Befreiung aus Gewissensgründen, weil er keine Kriegshetze, Meinungsmache und einseitige Berichterstattung unterstützen will. Er macht damit keine Gründe geltend, die davon abhängen, dass bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden oder die auf bestimmten Fürsorgegesichtspunkten beruhen. Besteht demnach im Ausgangsverfahren keine Gerichtskostenfreiheit nach § 188 Satz 2 VwGO, hätte es einer Streitwertfestsetzung bedurft. Richtigerweise hätten dem Kläger dann – nach entsprechender Antragstellung durch diese – neben der Vergütung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes auch Gerichtskosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes auferlegt werden können.
Die – grundsätzlich mögliche (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2017 – 10 CE 17.1491 – juris Rn. 7 m.w.N.) – erstmalige Festsetzung des erstinstanzlichen Streitwerts durch den Verwaltungsgerichtshof analog § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG scheidet vorliegend aus. Denn auch die analoge Anwendung von § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG setzt voraus, dass das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Die vorliegende Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts eröffnet dem Verwaltungsgerichtshof demnach keine Abänderungsbefugnis.
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich regelmäßig nach § 33 Abs. 1 i.V.m. § 23 RVG. Entgegen der Ansicht des Klägers findet bei der Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts ebenso wenig eine Würdigung der in der Sache vorgebrachten Argumente statt wie bei der Festsetzung des Streitwerts (vgl. § 52 GKG).
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist nach § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).