Arbeitsrecht

Begriffe „Berechnen“ und „Bestimmen“ im Prüfungsrecht

Aktenzeichen  7 ZB 16.550

Datum:
17.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 55780
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3

 

Leitsatz

1 Auch bei einer Aufgabenstellung, die „Berechnen“ oder „Bestimmen“ fordert, muss eine Rechnung nachvollziehbar ausformuliert sein. Die mathematischen Grundannahmen, die vorliegen müssen, damit die angewendeten Formeln zum richtigen Ergebnis führen, sind vollständig darzustellen. Denn die Aufgabenstellung „Berechnen“ oder „Bestimmen“ befreit nicht von einer den wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Arbeitsweise. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Beweisantrag auf Vernehmung von Professoren zur Verwendung der Begriffe „Berechne“ und „Bestimme“ in Lehrveranstaltungen ist nicht erheblich, denn es entspricht dem Wesen des wissenschaftlichen Studiums, dass es nicht auf den Vortrag in einzelnen Lehrveranstaltungen ankommt, sondern der Student sich unabhängig davon in eigener Verantwortung den wissenschaftlichen Standard erarbeiten muss. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 K 13.1011 2015-12-03 VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Zur Begründung nimmt der Verwaltungsgerichtshof auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf die Antragsbegründung wird folgendes klargestellt:
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung nicht auf ein untaugliches Gutachten gestützt. Bei der Überprüfung der Korrektur bezüglich der Einzelleistung der Klägerin in Analysis geht es nicht um die Inhalte der Begriffe „Berechnen Sie“ und „Bestimmen Sie“. Die Bewertung stützt sich vielmehr auf Mängel in der wissenschaftlichen Arbeitsweise wie sie der Zielsetzung eines Studiums in der Mathematik entspricht. Insoweit ist bereits die dem Beweisbeschluss vom 2. Juli 2015 zugrundeliegende Fragestellung missverständlich. Auch bei einer Aufgabenstellung, die „Berechnen“ oder „Bestimmen“ fordert, muss eine Rechnung nachvollziehbar und argumentativ sauber ausformuliert sein. Die mathematischen Grundannahmen, die vorliegen müssen, damit die angewendeten Formeln zum richtigen Ergebnis führen, sind korrekt und vollständig darzustellen. Dies hat der Gutachter zutreffend herausgestellt und auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Aufgabenstellung „Berechnen“ oder „Bestimmen“ von einer den wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Arbeitsweise nicht zu befreien vermag.
Eine Voreingenommenheit des Gutachters gegenüber der Klägerin lässt sich daraus nicht erkennen. Auch im Übrigen hat die Klägerseite nichts dargelegt, das bei objektiver Betrachtungsweise auf eine Voreingenommenheit des Gutachters gegenüber der Klägerin schließen ließe. Es bestand auch kein Anlass, dass der Sachverständige sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung näher erläutert.
Die Forderung nach einer wissenschaftlich sauberen Arbeitsweise widerspricht auch nicht den sog. Operatoren-Blättern für den Mathematikunterricht im gymnasialen Bereich in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die in Bayern ohnehin nicht verbindlich sind. Angesichts dessen war auch das Beweisthema des in der mündlichen Verhandlung am 3. Dezember 2015 gestellten Beweisantrags zur Verwendung und Auslegung der Begriffe „Berechne“ und „Bestimme“ auf universitärem Niveau des Fachs Mathematik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, insbesondere in den Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2011 und im Wintersemester 2011/2012, die diese Lehrveranstaltungen anbietenden Professoren als Zeugen zu laden, nicht entscheidungserheblich. Es entspricht dem Wesen des wissenschaftlichen Studiums, dass es nicht auf den Vortrag in einzelnen Lehrveranstaltungen ankommt, sondern der Student unabhängig davon in eigener Verantwortung sich den wissenschaftlichen Standard erarbeiten muss.
Nachdem es auf den Inhalt und die Auslegung der Begriffe „Berechnen“ und „Bestimmen“ nicht ankommt, lässt sich daraus auch nicht auf besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO schließen. Auch aus der Tatsache, dass die Entscheidung nicht dem Einzelrichter übertragen worden war, lässt sich ein Schluss auf besondere Schwierigkeiten in diesem Sinn nicht begründen.
Die als grundsätzlich bedeutsam angesehene Fragestellung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nach der Auslegung der Begriffe „Berechnen“ und „Bestimmen“ ist nach den bisherigen Ausführungen nicht entscheidungserheblich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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