Arbeitsrecht

Berechnung des Versorgungsaufschlags für Lehrer wegen Überschreiten der Atersgrenze

Aktenzeichen  AN 1 K 19.02245

Datum:
19.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12983
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 26 Abs. 4 S. 1
BayBG Art. 62 S. 1, S. 2, Art. 143 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Für Lehrer ist das Ende des Schulhalbjahres der maßgebliche Zeitpunkt für den Ruhestandseintritt, das der Vollendung der Regelaltersgrenze nachfolgt. Dem Umstand, dass damit eine gewisse Zeit über die Erreichung der allgemeinen Regelaltersgrenze hinaus Dienst zu leisten ist, wird durch Zuschläge beim Ruhegehalt Rechnung getragen. (Rn. 42 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beamte und Beamtinnen, für die eine nach der gesetzlichen Regelaltersgrenze liegende Altersgrenze gilt, erhalten bei Eintritt in den Ruhestand mit Erreichen dieser Altersgrenze einen Versorgungsaufschlag in Höhe von 3,6 v. H. je vollem Jahr der Differenz zwischen beiden Altersgrenzen, der ebenso wie der Versorgungsabschlag taggenau berechnet wird. Das Überschreiten der Altersgrenze liegt jedoch erst am Ende des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird, vor. (Rn. 44 – 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden, da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 15. November 2019 bzw. 12. Dezember 2019 einer solchen Entscheidung zugestimmt haben.
Der Klägerin steht kein weitergehender Anspruch auf Gewährung eines Versorgungsaufschlages zu, weshalb der Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2019 rechtmäßig ist, § 113 Abs. 5 und 1 VwGO.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines weitergehenden Versorgungsaufschlages ab dem 16. Februar 2019 aus Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG.
Nach dieser Vorschrift erhöht sich das Ruhegehalt um 3,6 v.H. für jedes volle Jahr, um das die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG überschritten wird (Versorgungsaufschlag), wenn der Beamte oder die Beamtin mit Erreichen einer Altersgrenze nach Art. 62 Satz 2 BayBG oder Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHSchPG in den Ruhestand tritt.
Die Klägerin hat als Lehrkraft an einer öffentlichen Schule die Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestandseintritt am 31. Juli 2019 erreicht, § 62 Satz 2 BayBG.
Nach Art. 62 Satz 1 BayBG ist Altersgrenze für den gesetzlichen Ruhestandseintritt das Ende des Monats, in dem Beamte und Beamtinnen das 67. Lebensjahr vollenden. Abweichend von Satz 1 ist Altersgrenze für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen das Ende des Schulhalbjahres, in dem sie das 67. Lebensjahr vollenden; das Ende des jeweiligen Schulhalbjahres wird durch die Schulordnungen festgelegt, Art. 62 Satz 2 BayBG.
Für die … 1953 geborene Klägerin gilt gemäß Art. 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG als Altersgrenze abweichend von Art. 62 Sätze 1 und 2 BayBG das Ende des Monats bzw. das Ende des Schulhalbjahres, in dem das Lebensalter von 65 Jahren und 7 Monate erreicht wird.
Die Klägerin vollendete das Lebensalter von 65 Jahren und 7 Monate des Art. 62 Satz 1, 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG vorliegend am 17. Februar 2019. Da die Klägerin erst kurz nach Ende des ersten Schulhalbjahres (15. Februar 2019 als letzter Unterrichtstag der zweiten vollen Unterrichtswoche im Februar, § 15 Abs. 1 Satz 1 der Schulordnung für die Grundschulen in Bayern) die gesetzliche Altersgrenze am 17. Februar 2019 erreichte, endete deren Dienst gem. Art. 62 Satz 2 BayBG mit Ende des Schuljahres am 31. Juli 2019 (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayEUG) und nicht, wie von der Klägerin vertreten, bereits am 15. Februar 2019.
Folglich steht der Klägerin dem Grunde nach ein Versorgungszuschlag nach Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG zu.
Dessen Höhe bemisst sich um 3,6 v.H. für jedes volle Jahr, um das die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG überschritten wird. Demnach war dies vorliegend der Zeitraum vom 1. März 2019 bis 31. Juli 2019.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG ist für die Berechnung des Versorgungsaufschlages die Altersgrenze des Art. 62 Satz 1 BayBG maßgeblich, somit das Ende des Monats, in dem die Klägerin das Lebensalter von 65 Jahren und 7 Monate vollendet hat, mithin der 28. Februar 2019, 24 Uhr.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich hierbei nicht um einen Widerspruch zwischen Art. 62 Satz 2 BayBG und Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG.
Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 62 BayBG (LT-Drs. 16/3200, Seite 571) war nach der alten Rechtslage für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen die Altersgrenze das Ende des Schuljahres, das dem Schuljahr voranging, in dem sie das 65. Lebensjahr vollendet hatten. Je nach Geburtstag der einzelnen Lehrerkraft war damit ein abschlagsfreier Ruhestandseintritt nahezu bis zu einem Jahr vor Vollendung der Regelaltersgrenze möglich. Dies bewirkte eine Ungleichbehandlung innerhalb dieser Beamtengruppe selbst und eine Besserstellung im Vergleich zu der restlichen Beamtenschaft.
Die nunmehr geltende Neufassung des Gesetzes sah daher das Ende des Schulhalbjahres als maßgeblichen Zeitpunkt für den Ruhestandseintritt vor, das der Vollendung der Regelaltersgrenze nachfolgt.
Dem Umstand, dass damit eine gewisse Zeit über die Erreichung der allgemeinen Regelaltersgrenze hinaus Dienst zu leisten ist, wurde durch Zuschläge beim Ruhegehalt Rechnung getragen.
Hierzu wird in der Gesetzesbegründung zu Art. 26 Abs. 4 BayBeamtVG ausgeführt (LT-Drs. 16/3200, Seite 470), dass Beamte und Beamtinnen, für die eine nach der gesetzlichen Regelaltersgrenze (Art. 62 Satz 1, Art. 143 Abs. 1 BayBG) liegende Altersgrenze gilt, bei Eintritt in den Ruhestand mit Erreichen dieser Altersgrenze einen Versorgungsaufschlag in Höhe von 3,6 v. H. je vollem Jahr der Differenz zwischen beiden Altersgrenzen erhalten, der ebenso wie der Versorgungsabschlag taggenau berechnet wird.
Demnach hat der Gesetzgeber bewusst auf die Regelung des Art. 62 Satz 1 BayBG abgestellt. Es liegt somit kein Redaktionsversehen vor, da alleine die Differenz zwischen der Altersgrenze des Art. 62 Satz1 BayBG (hier: 28. Februar 2019, 24 Uhr) und dem Ende des Schuljahres (hier: 31. Juli 2019) maßgeblich ist.
Dies wird auch durch Ziffer 26.4.2 Satz 1 der Bayerische Verwaltungsvorschriften zum Versorgungsrecht, wonach sich der Versorgungsaufschlag nach dem Zeitraum zwischen der gesetzlichen Regelaltersgrenze und dem Eintritt in den Ruhestand bemisst, bestätigt.
Auch die Kommentarliteratur stellt maßgeblich darauf ab, dass sich der Zeitraum des Versorgungsaufschlages zwischen der gesetzlichen Regelaltersgrenze nach Art. 62 Satz 1, 143 Absatz 1 Satz 2 BayBG und dem Eintritt in den Ruhestand nach Art. 62 Satz 2 BayBG bemisst und voll zu berücksichtigen ist (Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, Stand März 2020, Rn. 69 zu Art. 26 BayBeamtVG).
Zuletzt kann auch der Umstand, dass eine taggenaue Abrechnung zu erfolgen hat, nicht so verstanden werden, dass auf den Zeitpunkt der Vollendung des Lebensalters von 65 Jahren und 7 Monate abzustellen wäre, da dem der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegensteht. Art. 26 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG setzt voraus, dass die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 BayBG überschritten wird. Das Überschreiten der Altersgrenze liegt jedoch erst am 28. Februar 2019, 24 Uhr, mit Ende des Monats, in dem die Klägerin das Lebensalter von 65 Jahren und 7 Monate vollendet, vor.
Im Übrigen wird auch im Vergleich zu anderen Beamten nur bei dem vorstehenden Normverständnis eine von dem Gesetzgeber ungewollte Besserstellung von Lehrkräften verhindert, da auch die in den Anwendungsbereich des Art. 62 Satz 1 BayBG fallenden Beamten bis zum Ende des jeweiligen Monats Dienst zu leisten haben, ohne dass der über die Vollendung des 67. Lebensjahres (bzw. eines früheren Zeitpunktes aufgrund der Übergangsregelung des Art. 143 BayBG) hinausgehende Zeitraum im Wege eines Versorgungsaufschlages berücksichtigt würde.
Demnach ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die Berechnung des Versorgungsaufschlages den Zeitraum 1. März 2019 bis 31. Juli 2019 zugrunde legte. Auch die konkrete Berechnung erfolgte zutreffend, da eine taggenaue Abrechnung (153 Tage) erfolgte. Insoweit wird auf die zutreffenden Berechnungen in dem Bescheid vom 11. Juni 2019 sowie die zugehörigen Anlagen verwiesen, § 117 Abs. 5 VwGO.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.


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