Arbeitsrecht

Berufungsverfahren über die einstweilige Verfügung parallel zum Hauptsacheverfahren

Aktenzeichen  6 SaGa 11/17

Datum:
20.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6546
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
ArbGG § 64, § 66, § 72 Abs. 4
ZPO § 97 Abs. 1

 

Leitsatz

Beantragt die Klagepartei im Hauptsacheverfahren vor dem Arbeitsgericht die Verlegung des Termins zur Streitverhandlung, um zunächst das Berufungsverfahren über die einstweilige Verfügung abzuwarten, ist der Verfügungsgrund der Dringlichkeit regelmäßig selbst widerlegt. (Rn. 23)

Verfahrensgang

9 Ga 45/17 2017-10-05 Urt ARBGNUERNBERG ArbG Nürnberg

Tenor

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 05.10.2017, Az.: 9 Ga 45/17, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Berufung der Verfügungsklägerin ist statthaft, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, 519, 520 ZPO).
Die Berufung der Verfügungsklägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind unter Beachtung der §§ 935, 940 ZPO nicht erfüllt.
Der für die Anspruchsdurchsetzung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erforderliche Verfügungsgrund liegt nicht vor. Die mangelnde Dringlichkeit des Begehrens wird bereits dadurch indiziert, dass die Verfügungsklägerin den Termin im Hauptsacheverfahren, der noch vor dem Berufungstermin in vorliegender Sache stattfinden sollte, verlegen ließ, um ggf. die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts abzuwarten. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass selbst eine zunächst bestehende Eilbedürftigkeit durch prozessuales Verhalten der antragstellenden Partei entfallen kann, bezeichnet als sogenannte „Selbstwiderlegung der Dringlichkeit“. Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles.
Die Gesamtbetrachtung des prozessualen Vorgehens der Klägerin ergibt, dass sie ihr Begehren nicht mit dem erforderlichen Nachdruck verfolgt hat. Die Verfügungsklägerin hätte mit dem Termin im Hauptsacheverfahren einen vorläufig vollstreckbaren Titel bei vollständiger und nicht nur summarischer Prüfung ihrer Ansprüche erlangen können. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist wegen seines notwendigerweise summarischen Charakters grundsätzlich ungeeignet, die Wirksamkeit von Versetzungsanordnungen zu klären. Das Hauptsacheverfahren hätte eine zwischenzeitliche Regelung, wie nunmehr begehrt, überflüssig gemacht. Die Verfügungsklägerin kann aber nicht zulässigerweise eine Zwischenverfügung erzwingen, wenn sie ohne weiteres bereits eine weitergehende Entscheidung in der Hauptsache hätte erlangen können. Die von ihr selbst geschaffene Situation, eine zwischenzeitliche vorläufige Regelung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu erlangen, obwohl bereits eine Entscheidung in der Hauptsache hätte erlangt werden können, lässt den erforderlichen Verfügungsgrund in Wegfall geraten. Für eine zwischenzeitliche Lösung durch einstweilige Verfügung fehlt es damit an der Dringlichkeit.
Vorliegend ergibt sich die fehlende Dringlichkeit überdies daraus, dass die Verfügungsklägerin seit 19.08.2017 ununterbrochen arbeitsunfähig krank ist. Die Verfügungsklägerin ist zwar zunächst nur bis 01.03.2018 arbeitsunfähig krank geschrieben, sie hat im Termin vom 20.02.2018 aber weiter angegeben, dass sie aus psychischen Gründen nicht in der Lage sei, danach ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Es ist daher das Ende der Arbeitsunfähigkeit der Verfügungsklägerin nicht absehbar, jedenfalls hat die Verfügungsklägerin nicht erklärt, dass sie nach dem 01.03.2018 in jedem Fall wieder arbeiten könne. Eine arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmerin ist aber ohnehin an ihrer Arbeitsleistung verhindert. Sie muss weder arbeiten noch an einer Beschäftigung mitwirken. Deswegen besteht kein Verfügungsgrund, der Verfügungsbeklagten die Versetzung der Verfügungsklägerin zu untersagen.
Lediglich ergänzend wird im Wesentlichen auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts verwiesen. Es ist weder ein gesteigertes Abwehrinteresse der Verfügungsklägerin nachvollziehbar dargelegt noch ist die Versetzung offenkundig rechtswidrig.
II.
Nach alldem ist die Berufung der Verfügungsklägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Absatz 1 ZPO zurückzuweisen.


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