Arbeitsrecht

Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung vor dem Inkraftsetzen von Dienstplänen

Aktenzeichen  2 MV 26/19

Datum:
18.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47985
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:
MAVO § 33, § 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3
GewO § 106
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1
BayPVG Art. 75 Abs. 4 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Zur Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO vor dem Inkraftsetzen von Dienstplänen.
Das Inkraftsetzen von Dienstplänen ist vom Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO grundsätzlich umfasst und wird durch den Zusatz “längerfristige” nicht aus dem Mitbestimmungstatbestand ausgeklammert. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, vor Inkrafttreten von Dienstplänen in den Bereichen
– Pforte / Wirtschaftsdienst
– Hauswirtschaft / Nähstube
– Schule
– Hort
– Krippe
– Heilpädagogisches Internat
– Heilpädagogisches Tagesheim
– Küche
die Zustimmung der Klägerin nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 der Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese München und Freising einzuholen und sich gegebenenfalls im Falle der Zustimmungsverweigerung ersetzen zu lassen.
2. Der Beklagte trägt die notwendigen Auslagen der Klägerin, auch für die Beauftra gung ihres Prozessbevollmächtigten.

Gründe

Die Klage hat mit dem zuletzt gestellten Antrag 1. und mit dem Kostenantrag Erfolg.
I.
1. Der Klageantrag 1. in der Fassung des Schriftsatzes vom 23.01.2020 ist zulässig.
Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus§ 2 Abs. 2 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO). Es handelt sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht, nämlich über Beteiligungsrechte der Mitarbeitervertretung (MAV) aus § 33 und § 36 Abs. 1 Nr. 1 der Mitarbeitervertretungsordnung für die Erzdiözese München und Freising (MAVO M.u.F.).
Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil der Beklagte seinen Sitz in dessen Dienstbezirk hat.
Die Klagebefugnis nach § 10 KAGO ist zu bejahen. Die Klägerin macht geltend, dadurch in ihren Mitbestimmungsrechten aus § 33 und § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. verletzt zu sein, dass der Beklagte vor dem Inkraftsetzen von Dienstplänen nicht die Zustimmung der Klägerin einholt.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage ersichtlich das Ziel, den Beklagten dazu anzuhalten, vor Inkrafttreten von Dienstplänen in den im Klageantrag 1. aufgeführten Bereichen das in §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. vorgesehene Zustimmungsverfahren zu beachten. Der Klageantrag 1. kann also dahingehend ausgelegt werden, dass er ohnehin nicht für den Fall gelten soll, dass in den genannten Bereichen keine solchen Dienstpläne (mehr) aufgestellt werden.
Für den als Leistungsantrag formulierten Klageantrag 1. besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Er ist auch hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) und § 27 KAGO.
2. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 23.01.2020 die Klage bezüglich einiger der im Klageantrag 1. zunächst aufgeführten Bereiche (Verwaltung, Haustechnik, SVE, Fachdienste und Psychologie / CVI) zurückgenommen hat, ist dies analog § 264 Nr. 2 ZPO als eine ohne Änderung des Klagegrundes erfolgte Beschränkung des Klageantrags in der Hauptsache anzusehen.
Eine Teileinstellung des Verfahrens durch Beschluss des Vorsitzenden nach § 29 Satz 2 KAGO wegen teilweise erklärter Klagerücknahme ist daher nicht veranlasst.
3. Die Zulässigkeit des Kostenantrags ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO M.u.F.
II.
1. Der zulässige Klageantrag 1. ist begründet.
Der Beklagte ist verpflichtet, vor Inkrafttreten von Dienstplänen in den Bereichen
– Pforte / Wirtschaftsdienst
– Hauswirtschaft / Nähstube
– Schule
– Hort
– Krippe
– Heilpädagogisches Internat
– Heilpädagogisches Tagesheim
– Küche
die Zustimmung der Klägerin nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. einzuholen.
a) Nach dem in § 33 Abs. 1 MAVO M.u.F. niedergelegten Grundsatz kann der Dienstgeber in den Angelegenheiten der §§ 34 bis 36 sowie des § 18 Absätze 2 und 4 MAVO M.u.F. die von ihm beabsichtigte Maßnahme oder Entscheidung nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung treffen.
Unter den im Katalog des § 36 Abs. 1 MAVO M.u.F. aufgeführten Mitbestimmungstatbeständen bei Angelegenheiten der Dienststelle sieht § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. vor, dass die Entscheidung bei längerfristiger Änderung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedarf, soweit nicht eine kirchliche Arbeitsvertragsordnung oder sonstige Rechtsnorm Anwendung findet.
Das Inkraftsetzen von Dienstplänen ist vom Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. grundsätzlich umfasst und wird durch den Zusatz „längerfristige“ nicht etwa aus dem Mitbestimmungstatbestand ausgeklammert.
aa) Mit dem § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. vergleichbare Rechtsnormen finden sich im staatlichen Recht, nämlich in § 87 Abs. 1 Nr. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG), in § 75 Abs. 3 Nr. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG), in Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) sowie in weiteren Landespersonalvertretungsgesetzen.
§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG lautet: „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage“. § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG und Art. 75 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BayPVG lauten jeweils: „Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage“. Dort fehlt also jeweils der in § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. enthaltene Zusatz „längerfristige“.
In § 36 Abs. 3 MAVO M.u.F. ist Folgendes geregelt: „Muss für eine Einrichtung oder für einen Teil der Einrichtung die tägliche Arbeitszeit gemäß Absatz 1 Nr. 1 nach Erfordernissen, die die Einrichtung nicht voraussehen kann, unregelmäßig oder kurzfristig festgesetzt werden, ist die Beteiligung der Mitarbeitervertretung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Arbeitsbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden beschränkt.“
Mit dem § 36 Abs. 3 MAVO M.u.F. vergleichbare Vorschriften finden sich in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder, etwa in § 75 Abs. 4 BPersVG [„Muss für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Absatz 3 Nr. 1) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne, insbesondere für die Anordnung von Dienstbereitschaft, Mehrarbeit und Überstunden.“] oder in Art. 75 Abs. 4 Satz 2 BayPVG [„Muss für Gruppen von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit (Satz 1 Nr. 1) nach Erfordernissen, die die Dienststelle nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden, so beschränkt sich die Mitbestimmung auf die Grundsätze für die Aufstellung der Dienstpläne.“], nicht jedoch im Betriebsverfassungsgesetz.
bb) Bei der Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 1 und des § 36 Abs. 3 MAVO M.u.F. kann auch die Rechtsprechung der staatlichen Gerichte für Arbeitssachen und der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu den genannten Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts und des Personalvertretungsrechts herangezogen werden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterfällt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht nur die Frage, ob im Betrieb überhaupt in mehreren Schichten gearbeitet werden soll und wann jeweils die einzelnen Schichten beginnen und enden sollen. Es umfasst auch den Schicht- oder Dienstplan selbst. Zum Inhalt dieses Mitbestimmungsrechts gehört die Regelung aller Fragen der Schichtarbeit, wobei die Betriebspartner frei sind, sich auf die Festlegung von Grundsätzen zu beschränken oder nur das Verfahren für die Aufstellung der mitbestimmungspflichtigen Dienstpläne zu regeln (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 28. Oktober 1986 – 1 ABR 11/85 -; Bundesarbeitsgericht 18. April 1989 – 1 ABR 2/88 -; Bundesarbeitsgericht 28. Mai 2002 – 1 ABR 40/01 -).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfasst das Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG auch die Regelung über die zeitliche Lage einer Überstunde, die nur für einen einzelnen Tag und eine bestimmte Uhrzeit angeordnet worden ist. Voraussetzung ist, dass zeitliche Dispositionsmöglichkeiten bestehen und die Anordnung generell, d.h. auf alle Beschäftigte oder eine Gruppe von Beschäftigten bezogen ist. Das Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG für die Anordnung von Überstunden wird allerdings durch § 75 Abs. 4 BPersVG auf die Aufstellung von Grundsätzen beschränkt, wenn sie für Gruppen von Beschäftigten nach Erfordernissen, die die Dienststelle in den näheren Einzelheiten nicht voraussehen kann, unregelmäßig und kurzfristig festgesetzt werden müssen (vgl. Bundesverwaltungsgericht 9. Oktober 1991 – 6 P 12/90 -; Bundesverwaltungsgericht 2. Juni 1992 – 6 P 14/90 -). Dies gilt sinngemäß für das Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG hinsichtlich des Schicht- oder Dienstplans.
cc) Anders als in § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. ist in den entsprechenden Bestimmungen der von der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands beschlossenen Rahmenordnung für eine Mitarbeitervertretungsordnung (Rahmen-MAVO) sowie in zahlreichen diözesanen Mitarbeitervertretungsordnungen der Zusatz „längerfristige“ nicht enthalten.
Das hiesige Kirchliche Arbeitsgericht ist – auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der staatlichen Gerichte – in seinem Urteil vom 16. Januar 2017 – 2 MV 13/16 – zu der Auffassung gelangt, dass das Inkraftsetzen der Dienstpläne vom Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 der im seinerzeit entschiedenen Fall einschlägigen Mitarbeitervertretung für die Diözese Augsburg grundsätzlich umfasst ist und durch den Zusatz „längerfristige“ nicht etwa aus dem Mitbestimmungstatbestand ausgeklammert wird. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe jenes auch auf der Internetseite des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs veröffentlichen Urteils verwiesen.
An dieser Auffassung wird auch für den hier zu entscheidenden Fall aus dem Geltungsbereich der MAVO M.u.F. festgehalten.
§ 106 der Gewerbeordnung (Weisungsrecht des Arbeitgebers) sieht vor, dass der Arbeitgeber (Dienstgeber) Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigen Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung (Dienstvereinbarung), eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Der Dienstgeber, der den Dienstplan aufstellt, legt also auf Grund seines Weisungsrechts die Zeit fest, in der die Mitarbeiter die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung jeweils zu erbringen haben. Bei diesen Regelungen im Dienstplan, die der Dienstgeber bestimmt, hat die Mitarbeitervertretung mitzubestimmen. Anders als bei einer aus konkretem Anlass getroffenen punktuellen Weisung werden in einem Dienstplan die Weisungen des Dienstgebers für einen gewissen Turnus (z.B. eine Woche, einen Monat, ein Quartal etc.) vorausschauend gebündelt. Dienstpläne enthalten daher in der Regel längerfristige Änderungen von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage, was dafür spricht, dass das Inkraftsetzen der Dienstpläne eben von § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. erfasst ist.
Dies trägt auch dem Sinn und Zweck eines Mitbestimmungsrechts bezüglich des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage Rechnung. Dieser besteht darin, die Interessen der Mitarbeiter an einer sinnvollen Arbeitsund Freizeitgestaltung zu schützen sowie die Einhaltung der sich aus Gesetz und Vertrag ergebenden arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen zu überwachen (vgl. Bundesarbeitsgericht 28. Mai 2002 – 1 ABR 40/01 -; Bundesarbeitsgericht 9. November 2010 – 1 AZR 147/09 -; Kirchliches Arbeitsgericht Essen 26. April 2011 – EV 1/2011 -; Schmitz im Eichstätter Kommentar, § 36 MAVO, Rn. 5).
dd) Etwaige Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität eines Zustimmungsverfahrens beim Inkraftsetzen von Dienstplänen nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. greifen nicht durch.
Zum einen gilt auch insoweit die Ausnahmeregelung in § 36 Abs. 3 MAVO M.u.F., welche unter den dort genannten Voraussetzungen eine Beschränkung des Mitbestimmungsrechts aus§ 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. vorsieht. Es steht Dienstgeber und Mitarbeitervertretung frei, sich in einer Dienstvereinbarung nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 MAVO M.u.F. – gegebenenfalls durch Spruch der Einigungsstelle nach § 47 in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. – auf die Festlegung von Grundsätzen zu beschränken oder nur das Verfahren für die Aufstellung der mitbestimmungspflichtigen Dienstpläne zu regeln (vgl. Bundesarbeitsgericht 28. Oktober 1986 – 1 ABR 11/85 -; Bundesarbeitsgericht 18. April 1989 – 1 ABR 2/88 -; Bundesarbeitsgericht 28. Mai 2002 – 1 ABR 40/01 -).
Zum anderen kann der Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 5 Satz 1 MAVO M.u.F. auch in Angelegenheiten des § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F., die der Natur nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entscheidung vorläufige Regelungen treffen, wobei sich das weitere Vorgehen nach § 33 Abs. 5 Satz 2 MAVO M.u.F. richtet.
Die grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit von Dienstplänen nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. bleibt davon allerdings unberührt.
Wenn die Dienstpläne beim Beklagten einen Turnus von einem Jahr haben und die Dienstplanperiode jeweils im September beginnt, müsste im Regelfall das Mitbestimmungsverfahren mit einem angemessenen zeitlichen Vorlauf durchaus praktikabel sein.
b) Nach alledem ist der Beklagte grundsätzlich gehalten, vor Inkrafttreten von Dienstplänen in der Einrichtung die Zustimmung der Klägerin nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. einzuholen.
Dabei hat er das in § 33 Abs. 1 bis 5 MAVO M.u.F. detailliert geregelte Zustimmungsverfahren einzuhalten. Hierfür reicht es nicht aus, der Klägerin die Dienstpläne lediglich vorzulegen oder sie dazu anzuhören, denn aus §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. folgt, dass die Durchführung der beabsichtigten Maßnahme die Zustimmung der Mitarbeitervertretung voraussetzt.
c) Die Verpflichtung der Beklagten, vor Inkrafttreten von Dienstplänen die Zustimmung der Klägerin nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. einzuholen, gilt grundsätzlich auch für den Bereich Schule.
Ausgenommen aus dem Begriff des Dienstplans sind insoweit allerdings die Lehrerstundenpläne, da diese nur die Präsenzzeiten als einen Teil der wöchentlichen Arbeitszeit der Lehrer erfassen, nicht jedoch die für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts vorgesehene und für die Teilnahme an von vornherein nicht festgelegten Schulveranstaltungen (z.B. Konferenzen, Prüfungen etc.) aufzuwendende Arbeitszeit. Der Lehrerstundenplan besagt nichts darüber, wann die dem Lehrer zur freien Verfügung überlassene Arbeitszeit endet (vgl. Bundesverwaltungsgericht 23. Dezember 1982 – 6 P 36/79 -).
Dagegen wäre ein Dienstplan etwa für Mitarbeiter im Schulsekretariat vom Mitbestimmungsrecht der MAV nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. erfasst.
2. Die durch das vorliegende Urteil ausgesprochene Verpflichtung, vor Inkrafttreten von Dienstplänen in den in Ziff. 1 der Urteilsformel genannten Bereichen die Zustimmung der Klägerin nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO M.u.F. einzuholen, lässt die Möglichkeit unberührt, dass der Beklagte bei nicht erteilter Zustimmung der Klägerin auf die von ihm beabsichtigte Dienstplangestaltung verzichtet.
Falls er jedoch nicht darauf verzichten und an der beabsichtigten Dienstplangestaltung festhalten will, kann er dies nur erreichen, indem er beim Kirchlichen Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung beantragt (vgl. Ziff. 1 der Urteilsformel: „… und sich gegebenenfalls im Falle der Zustimmungsverweigerung ersetzen zu lassen“).
III.
Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
Der Kostenausspruch, wonach die Beklagte die notwendigen Auslagen der Klägerin einschließlich der Auslagen wegen Beauftragung eines Bevollmächtigten für das Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO M.u.F.
Den Kostenantrag hat der Unterbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 18.09.2020 ohnehin anerkannt.
IV.
Das Kirchliche Arbeitsgericht hat die Entscheidung, ob die Revision zugelassen oder nicht zugelassen wird, nicht in den Urteilstenor dieses am 18.09.2020 verkündeten Urteils aufgenommen. Eine entsprechende Ergänzung des Urteils ist nicht binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils beantragt worden (vgl. §§ 64 Abs. 3a Satz 2, 72 Abs. 1 Satz 2 ArbGG in Verbindung mit § 27 KAGO). Also findet die Revision gegen dieses Urteil nicht statt (vgl. § 47 Abs. 1 Satz 1 KAGO).
Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 47 Abs. 2 KAGO ist auch nicht ersichtlich.
Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO. Das hiesige Kirchliche Arbeitsgericht hat – auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der staatlichen Gerichte für Arbeitssachen und der staatlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit – bereits mit Urteil vom 16. Januar 2017 – 2 MV 13/16 – entschieden, dass das Inkraftsetzen von Dienstplänen vom Mitbestimmungsrecht der Mitarbeitervertretung nach§ 36 Abs. 1 Nr. 1 MAVO grundsätzlich umfasst ist und durch den Zusatz „längerfristige“ nicht etwa aus dem Mitbestimmungstatbestand ausgeklammert wird.


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