Arbeitsrecht

betriebsbedingte Kündigung

Aktenzeichen  4 Ca 1866/17

Datum:
18.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55488
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
InsO § 115, § 116, § 117
ArbGG § 46 Abs. 2 S. 1, § 61 Abs. 1
BGB § 613 a

 

Leitsatz

1. Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben.  (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. Diese Gründe müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Der Arbeitgeber kann durch eine entsprechende unternehmerische Gestaltung seines Betriebs oder Unternehmens – z.B. durch Rationalisierungsmaßnahmen, Einschränkung oder Stilllegung des Betriebs oder von Betriebsteilen, Abbau von Hierarchieebenen, etc. – den Personalbedarf und damit auch die Notwendigkeit eines etwaigen Personalabbaus weitgehend selbst bestimmen (vgl. Rachor in KR, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 12. Aufl. 2019, § 1 KSchG, Rdnrn. 552 ff. m.w.N.).  (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten der Säumnis, im Übrigen trägt die Kosten der Kläger.
4. Der Streitwert wird auf € 42.840,00 festgesetzt.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Gründe

I.
Der Einspruch ist zulässig, §§ 59, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 338, 340, 341 ZPO.
1. Der Einspruch ist insbesondere fristgerecht im Sinne des § 59 ArbGG eingelegt worden.
Der Beklagte als Rechtsnachfolger der vormaligen Beklagten und Insolvenzschuldnerin hat gegen das dieser am 30.10.2017 zugestellte Versäumnisurteil mit am 18.12.2017 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der vormaligen Beklagten und Anordnung der Eigenverwaltung gemäß §§ 270 ff. InsO am 01.11.2017 wurde das Verfahren gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 240 ZPO unterbrochen. Nach §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 249 Abs. 1 ZPO hat die Unterbrechung die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Unterbrechung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. Die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens durch den Kläger ist mit Schriftsatz vom 04.12.2017, den Prozessvertretern der vormaligen Beklagten zugegangen am 11.12.2017, erfolgt, §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 250 ZPO. Aufgrund der Insolvenzeröffnung sind jedoch das zwischen der vormaligen Beklagten und deren Prozessbevollmächtigten bestehende Geschäftsbesorgungsverhältnis bzw. die Prozessvollmacht erloschen, §§ 115, 116, 117 InsO. An den Beklagten selbst ist der Schriftsatz nicht zugestellt worden, so dass die Wochenfrist des § 59 ArbGG mit Zustellung des Aufnahmeschriftsatzes des Klägers vom 04.12.2017 nicht begonnen hat. Erst mit erneuter Beauftragung der Prozessvertretung am 14.12.2017 durch den Beklagten gilt der Aufnahmeschriftsatz als zugestellt, so dass mit Eingang des Einspruchs bei Gericht am 18.12.2017 die Wochenfrist des § 59 ArbGG gewahrt ist.
2. Aufgrund des zulässigen Einspruchs gilt der Rechtsstreit gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in die er sich vor Eintritt der Säumnis befand.
II.
Die Klage ist zulässig.
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) ArbGG eröffnet.
2. Das Arbeitsgericht Nürnberg ist gemäß § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig.
3. Das für die Kündigungsschutzanträge gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG gegeben.
III.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Kündigung der vormaligen Beklagten vom 28.03.2017 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.2017 aufgelöst. Auf die vom Beklagten weitere höchstvorsorglich ausgesprochene Kündigung vom 17.01.2018 kam es mithin nicht mehr an, da zu diesem Zeitpunkt bereits kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen den Parteien bestand. Die vom Kläger begehrte Weiterbeschäftigung bestand mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nicht. Danach war das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
1. Die Kündigung der Rechtsvorgängerin des Beklagten vom 28.03.2018 ist wirksam.
1.1. Auf das Arbeitsverhältnis findet zum Zeitpunkt des Ausspruchs dieser Kündigung das Kündigungsschutzgesetz gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG Anwendung.
1.1.1 Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt, da sie durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers im Betrieb der vormaligen Beklagten entgegenstehen.
1.1.2 Betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Diese Gründe müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Der Arbeitgeber kann durch eine entsprechende unternehmerische Gestaltung seines Betriebs oder Unternehmens – z.B. durch Rationalisierungsmaßnahmen, Einschränkung oder Stilllegung des Betriebs oder von Betriebsteilen, Abbau von Hierarchieebenen, etc. – den Personalbedarf und damit auch die Notwendigkeit eines etwaigen Personalabbaus weitgehend selbst bestimmen (vgl. Rachor in KR, Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 12. Aufl. 2019, § 1 KSchG, Rdnrn. 552 ff. m.w.N.). Ob und welche Maßnahmen der Arbeitgeber ergreift, liegt in seiner unternehmerischen Entscheidung, welche von den Gerichten für Arbeitssachen grundsätzlich nicht auf ihre Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen ist, sondern nur darauf, ob die Rationalisierungs- oder Organisationsmaßnahmen offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind. Dagegen obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnrn. 559 ff., m.w.N.).
Nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Zu den hierfür erforderlichen Tatsachen gehören grundsätzlich alle Umstände, die die Kündigung als betriebsbedingt erscheinen lassen. Dabei darf sich der Arbeitgeber nicht auf schlagwortartige Umschreibungen beschränken. Er muss seine tatsächlichen Angaben vielmehr so im einzelnen darlegen, dass sie vom Arbeitnehmer im einzelnen bestritten und vom Gericht überprüft werden können. Vom Arbeitgeber ist darüber hinaus auch darzulegen, wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirken (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG Rdnrn. 591 f., m.w.N.).
Vorliegend hat der Beklagte substantiiert zur unternehmerischen Entscheidung seiner Rechtsvorgängerin und deren Auswirkungen auf den Arbeitsplatz des Klägers Stellung genommen. Diese erscheint aufgrund der auch zum damaligen Zeitpunkt bereits der Öffentlichkeit bekannten wirtschaftlichen Situation der XY-KG als Gesellschafterin und Hauptkundin der vormaligen Beklagten sowie deren weiterer Entwicklung bis hin zur Insolvenz auch nicht offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Etwaige detaillierte betriebswirtschaftliche Ausführungen musste der Beklagte hierfür nicht vorbringen. Im weiteren wurde von ihm auch substantiiert dargelegt, dass die getroffene unternehmerische Entscheidung, welche im Interessenausgleich vom 08.02.2017 ihren Niederschlag gefunden hat, umgesetzt wurde. Danach wurde der Standort Nürnberg einschließlich etwaiger Abwicklungs- und Aufräumarbeiten spätestens zum 31.05.2017, mithin noch vor Ablauf der Kündigungsfrist des Klägers, geschlossen. Dies räumt der Kläger selbst ein, indem er in seinem Vortrag lediglich noch darauf verweist, dass am Standort Nürnberg im Sommer 2017 von dem Mitarbeiter Z. noch zwei Flugzeuge gewartet worden seien. Diese Arbeiten können dann aber nur bis zum 31.05.2017 angedauert haben, da der Mitarbeiter Z. unstreitig zum 01.06.2017 nach München versetzt worden ist. Über den Beendigungszeitpunkt der zum 30.09.2017 ausgesprochenen Kündigung hinaus gab es demnach keine weitere Tätigkeiten am Standort Nürnberg.
1.1.3 Für die Kündigung liegen auch „dringende“ betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Insbesondere bestand zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers im Unternehmen der vormaligen Beklagten.
Eine Kündigung ist nur dann durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich ist, den bei Ausspruch der Kündigung absehbaren Wegfall des bisherigen Beschäftigungsbedarfs durch andere Maßnahmen – technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art – als durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu entsprechen. Die Merkmale „dringend“ und „bedingt“ sind Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Dieser gebietet dem Arbeitgeber vor einer Beendigungskündigung, dem Arbeitnehmer von sich aus eine mögliche anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien gleichwertigen Arbeitsplatz, gegebenenfalls auch zu geänderten Bedingungen anzubieten. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind. Dem steht es gleich, wenn ein Arbeitsplatz ausgehend vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung absehbar bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird. Gleichwertig ist ein Arbeitsplatz, wenn er den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entspricht und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts ohne Änderung seines Arbeitsvertrages weiterbeschäftigen kann. Die Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze hängt damit von der jeweiligen inhaltlichen Ausgestaltung des Arbeitsvertrages ab. Ist kein vergleichbarer Arbeitsplatz vorhanden, ist auch die Möglichkeit einer beiden Parteien zumutbaren Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder im Unternehmen zu geänderten Arbeitsbedingungen in Betracht zu ziehen (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG Rdnrn. 232, 236, jeweils m.w.N.). Sind in einem anderen Betrieb des Unternehmens Arbeitsplätze frei, ihre Zahl aber geringer als die Zahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, die dort weiterbeschäftigt werden könnten, hat der Arbeitgeber nach den Grundsätzen der Sozialauswahl den Arbeitnehmern die Weiterbeschäftigung in dem anderen Betrieb anzubieten (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnrn. 243, 584, 658, jeweils m.w.N.). Darlegungs- und beweisbelastet für das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG ebenfalls der Arbeitgeber. Dieser kann sich zunächst auf die allgemeine Behauptung beschränken, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Beruft sich der Arbeitnehmer auf eine konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung nicht in Betracht kommt (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG, Rdnr. 593, m.w.N.).
Die Parteien tragen insoweit übereinstimmend vor, dass der Mitarbeiter Z. mit Wirkung zum 01.06.2017 von Nürnberg nach München als Fluggerätemechaniker versetzt worden ist. Soweit der Kläger behauptet, dass ihm diese Stelle angeboten hätte werden müssen, trifft dies nicht zu. Es ist unstreitig, dass diese Mechaniker-Stelle nicht mit der bisherigen Position des Klägers als AT-Mitarbeiter (Manager/Abteilungsleiter) vergleichbar ist. Im Falle einer Besetzung des Klägers hätte diesem gegenüber damit eine Änderungskündigung ausgesprochen werden müssen. Demgegenüber war der Arbeitnehmer Z. als Fluggerätemechaniker beschäftigt, wonach er ohne Änderungskündigung auf diese Stelle versetzt werden konnte. Es fehlt damit hinsichtlich einer etwaigen vorrangigen Änderungskündigung bereits an einer Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze bzw. des Klägers mit dem Mitarbeiter Z. Wenn mehrere Arbeitnehmer um einen freien Arbeitsplatz „konkurrieren“ sind nach herrschender Ansicht zwar die Grundsätze der Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG anzuwenden. Insoweit ist der Kläger jedoch bereits von der Hierarchieebene nicht mit dem Mitarbeiter Z. vergleichbar. Einen Verdrängungswettbewerb „nach unten“ gibt es nach dem Dafürhalten der Kammer allerdings ebenso wenig wie einen Anspruch auf eine Beförderungsstelle. Zudem regelt auch der Interessenausgleich in Ziffer 4.4 „Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten“, dass die Auswahlrichtlinie zur Sozialauswahl auch für die Zuweisung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten unter mehreren gleich geeigneten und qualifizierten Bewerbern gilt. An der gleichen Eignung und Qualifizierung fehlt es im Verhältnis des Klägers zum Mitarbeiter Z. Eine fehlerhafte Besetzung der Stelle ist damit nicht gegeben.
Auch hinsichtlich der weiteren vom Kläger behaupteten freien Arbeitsplätze ergibt die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vorzunehmende Interessenabwägung kein anderes Ergebnis. Soweit er vorgetragen hat, dass zwei Flugzeuge der Typen Q 400 und Airbus 320 auch über den Sommer in Nürnberg geblieben seien, welche von der Beklagten gewartet worden seien, waren diese Tätigkeiten spätestens mit der Versetzung des Mitarbeiters Z. zum 31.05.2017 beendet. Dass und gegebenenfalls wie lange darüber hinaus bzw. über den Kündigungszeitpunkt 30.09.2017 hinaus diesbezüglich noch Arbeiten verrichtet wurden, ist nicht dargelegt worden. Im Hinblick auf die Stelle des Produktionsleiters Q-400 war der Kläger als Manager/Abteilungsleiter für Wartungs- und Reparaturarbeiten nach Einschätzung der Kammer auch nicht mit einem Produktionsleiter vergleichbar, zu einer etwaigen Eignung ist klägerseits nichts dargelegt worden. Auch im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf – Ausschreibung der Stelle in der Internen Mitteilung vom 16.02.2017 (Bl. 140 f. d.A.) und laufende Verhandlungen betreffend einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bis zum 10.03.2017 – musste die vormalige Beklagte dem Kläger diese Stelle nicht anbieten und konnte diese mit einem externen Mitarbeiter besetzen. Zu den vom Kläger angeführten fünf freien Q-400 Produktionsberaterstellen hat der Beklagte erläutert, dass es sich hierbei nicht um Arbeitsplätze bei der vormaligen Beklagten handelte, sondern um externe Berater. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger selbst vorgelegten Internen Mitteilung vom 16.02.2017 (140 f. d.A.). Weitere zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung freie bzw. absehbar frei werdende CAMO-Stellen bei der vormaligen Beklagten sind auch aus der von ihm vorgelegten der Auflistung der homepage der XY (Bl. 143 ff. d.A.) nicht ersichtlich. Insoweit hat auch der Beklagte unbestritten vorgetragen, dass es sich hierbei nicht um freie Arbeitsplätze bei der Insolvenzschuldnerin handelte.
Soweit sich der Kläger auf weitere freie Stellen als Fluggerätemechaniker beruft, hat der Beklagte vorgetragen, dass zum einen deren Vakanz in Düsseldorf ab 01.07.2017 zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 28.03.2017 noch nicht absehbar war, was angesichts des Zeitraums von drei Monaten nachvollziehbar ist. Hierauf kann sich der Beklagte auch stützen, da im Zusammenhang mit einer üblichen Fluktuation frei werdende Stellen nicht in die Überlegungen vor Ausspruch der Kündigung einbezogen werden müssen. Dies gilt auch für die vom Kläger selbst vorgelegte Ausschreibung für eine weitere Stelle in München, welche vom 18.07.2017 datiert (Bl. 142 d.A.). Insbesondere ist hinsichtlich dieser behaupteten Stellen nicht klar, auf welche Techniker-/Mechanikerstellen sich der Kläger letztlich bezieht. Zu den von ihm zunächst behaupteten weiteren drei Stellen als Fluggerätemechaniker bzw. -techniker in München hat der Beklagte ausgeführt, dass dort nur eine Stelle frei war, welche mit dem Mitarbeiter Z. besetzt wurde. Soweit der Kläger im weiteren Verlauf von drei freien Stellen in München/Düsseldorf spricht, ist hierzu bereits der Sachvortrag widersprüchlich. Insoweit ist mit Ausnahme der Stelle des Mitarbeiters Z. zum 01.06.2017 und der Stelle, welche erst am 18.07.2017 (Bl. 142 d.A.) ausgeschrieben war, nicht klar, welche drei weiteren freien Stellen es seiner Meinung nach konkret an welchem Standort – München oder Düsseldorf – letztlich gegeben hätte und welche Stelle ab wann frei gewesen ist. Der hierfür vom Kläger angebotene Zeugenbeweis darf nicht dazu dienen, dies erst auszuforschen.
Nach alledem musste die vormalige Beklagte unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG dem Kläger gegenüber nicht vorrangig eine Änderungskündigung im Hinblick auf die mit dem Mitarbeiter Z. bzw. auf etwaige andere von ihm behauptete freie Arbeitsplätze aussprechen.
1.1.4 Soweit der Kläger die ordnungsgemäße Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG rügt ist dem Beklagten zu folgen, wonach diese entbehrlich ist, da der gesamte Betrieb in Nürnberg geschlossen wurde (vgl. Rachor in KR, a.a.O., § 1 KSchG rdnr. 727, m.w.N.). Insbesondere findet auch die Vorschrift des § 1 Abs. 4 KSchG Anwendung, wonach im Interessenausgleich vom 08.02.2017 eine Auswahlrichtlinie gemäß § 95 BetrVG vereinbart wurde, gemäß derer eine Sozialauswahl ohnehin nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden kann.
Nach alledem ist die Kündigung vom 28.03.2017 sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG.
1.2 Die Kündigung vom 28.03.2017 ist auch nicht aufgrund einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Betriebsratsanhörung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. die Nachweise in Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 29. Aufl. 2018, § 102 BetrVG, Rdnrn. 21 ff.) ist eine Kündigung nicht nur dann nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt beteiligt zu haben, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass er den Betriebsrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgebenden Sachverhalts gibt. Diese Ausführungen müssen so umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, sich von der Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe ein eigenes Bild zu machen. Auch bei Vorliegen eines Interessenausgleichs unterliegt die Betriebsratsanhörung keinen erleichterten Anforderungen (vgl. Fitting, a.a.O., § 102 BetrVG, Rdnr. 35 b ff., m.w.N.). Im Kündigungsschutzprozess hat der Arbeitgeber auf die Rüge des Arbeitnehmers, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, die Tatsachen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen auf die ordnungsgemäße Anhörung geschlossen werden kann. Hat dies der Arbeitgeber im Detail schlüssig dargelegt, muss der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast deutlich machen, welche der Angaben er aus welchem Grund weiterhin bestreiten will. Bei Tatsachen außerhalb der eigenen Wahrnehmung kann er sich gegebenenfalls auf Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO berufen (vgl. Fitting, a.a.O., § 102 BetrVG, Rdnr. 57, m.w.N..
Soweit vom Kläger eine nicht ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung gerügt worden ist, hat der Beklagte durch entsprechenden Vortrag und Vorlage der Anhörung der Insolvenzschuldnerin vom 17.03.2017 (Bl. 123 ff. d.A.) seiner Vortragslast Genüge getan. Der Betriebsrat ist nach Auffassung der Kammer ausreichend, insbesondere ausführlich und umfassend unterrichtet worden. Das Anhörungsverfahren war mit der Stellungnahme des Betriebsrats vom 27.03.2017 (Bl. 22 d.A.) abgeschlossen. Das pauschale Bestreiten des Arbeitnehmers – wie hier des Klägers in der Klageschrift – ohne weitere Begründung, genügt nach dem Vortrag des Beklagten und der Vorlage des Anhörungsschreibens nicht mehr für die Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Damit gilt der Vortrag des Beklagten zur ordnungsgemäßen Durchführung und zum Abschluss des Anhörungsverfahrens nach den Regeln der abgestuften Darlegungslast als zugestanden, §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 138 Abs. 3 ZPO. Die Kündigung ist damit auch nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Weitere etwaige Unwirksamkeitsgründe aufgrund betriebsverfassungsrechtlicher Vorschriften liegen nicht vor. Insbesondere führt eine etwaige vom Kläger bestrittene rechtzeitige Unterrichtung der Arbeitnehmervertretungen über die geplante Betriebsänderung nicht zur Unwirksamkeit der individualrechtlichen Maßnahme (vgl. Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 29. Aufl. 2018, § 111 Rdnr. 129, m.w.N.). Gleiches gilt für die von ihm angezweifelte Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans, welche aufgrund der unternehmenseinheitlichen und betriebsübergreifenden Thematik auch außer Frage steht (vgl. Fitting, a.a.O., § 50 Rdnr. 59, m.w.N.).
2. Der vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch besteht nicht, die Voraussetzungen des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG liegen nicht vor. Hierzu hat der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 27.03.2017 (Bl. 22 d.A.) etwaige Widerspruchsgründe nicht ausreichend schriftlich dargelegt. Die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG genügt nicht, der Betriebsrat hätte einen freien Arbeitsplatz vielmehr möglichst konkret in bestimmbarer Weise angeben müssen (vgl. Fitting, § 102 Rdnrn. 71, 83, m.w.N.). Auch ein Weiterbeschäftigungsanspruch nach allgemeinen Vorschriften kommt aufgrund der Rechtswirksamkeit der Kündigung vom 28.03.2017 nicht in Betracht.
3. Nachdem bereits die Kündigung der vormaligen Beklagten vom 28.03.2017 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.09.2017 aufgelöst hat, war über die Kündigung des Beklagten vom 17.01.2018 nicht mehr zu entscheiden, da zu diesem Zeitpunkt zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.
Nach alledem war das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.10.2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG; 495, 91, 344 ZPO.
V.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1 ArbGG; 42 Abs. 2 Satz 1 GKG. Insoweit waren für die streitgegenständlichen Kündigungen jeweils drei Bruttomonatsgehälter sowie für den Weiterbeschäftigungsantrag ein weiteres Bruttomonatsgehalt anzusetzen.
VI.
Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da diese bereits nach allgemeinen Vorschriften eingelegt werden kann, § 64 Abs. 2 c) ArbGG.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben