Arbeitsrecht

Betriebsrat, Arbeitgeber, Eingruppierung, Interessenausgleich, Stellenbeschreibung, Sozialplan, Zustimmung, Zustimmungsverweigerung, Arbeitsaufgabe, Gesamtbetriebsrat, Beschlussverfahren, Software, Nachlass, Tarifvertragsparteien

Aktenzeichen  3 BV 31/19

Datum:
16.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 48295
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter … in die Beschäftigungsgruppe II (zzgl. Kassierzuschlag) nach Maßgabe des Gehaltstarifvertrages für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern wird ersetzt.
2. Der Antrag zu 1) vom 02.10.2019 wird zurückgewiesen.

Gründe

A.
Die Beteiligten streiten um die richtige Eingruppierung von Beschäftigten, die im Kassenserviceteam (im Folgenden: KST) eingesetzt werden, außerdem um die Eingruppierung eines Beschäftigten als Erstkraft Kasse.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeber) betreibt bundesweit Warenhäuser, unter anderem die Filiale am …-platz in C.-Stadt. Der Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der dort zuständige Betriebsrat.
Der Arbeitgeber war ursprünglich aufgrund einer Verbandsmitgliedschaft an die Tarifverträge des Einzelhandels gebunden, wechselte jedoch 2019 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung. Die tariflichen Regelungen werden seitdem auf dem Stand von 2017 aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel weiterhin angewendet. Es gelten deshalb für die Beschäftigten die Tarifverträge für den Einzelhandel in Bayern.
Am 15.05.2019 kam zwischen dem Arbeitgeber und dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan „Restrukturierung 2019“ zustande (Bl. 17 f. d. A.). Teil des Sanierungskonzepts war eine Spezialisierung der in den Warenhäusern beschäftigten Mitarbeiter. Es wurde die Einführung von Warenserviceteams und Kassenserviceteams geregelt. Die dem KST zugeordneten Beschäftigten sollen keine Verkaufstätigkeit mehr ausführen. Ihre Aufgaben werden in einer Stellenbeschreibung (Bl. 42 f. d. A.) festgelegt. Außerdem existiert für das Kassieren ein Benutzerhandbuch (Bl. 343 f. d. A.). Die Tätigkeit der Erstkraft Kasse wird in einer Stellenbeschreibung (Bl. 36 f. d. A.) vorgegeben.
In der Stellenbeschreibung für die Erstkraft Kasse heißt es unter anderem:
1.1 Ziel der Stelle
Der Stelleninhaber unterstützt den Abteilungsleiter in seinem Zuständigkeitsbereich darin, einen optimalen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. … Er wirkt bei der Umsetzung von Konzepten aktiv mit und unterstützt neue Ideen.
1.2 Einordnung der Stelle im Unternehmen
Der Stelleninhaber untersteht dem Abteilungsleiter Kasse. Disziplinarvorgesetzter des Stelleninhabers ist die Geschäftsleitung der Filiale.
1.3 Befugnisse und Pflichten
Im Rahmen der vom Abteilungsleiter übertragenen Befugnisse und zur Erfüllung seiner Tätigkeit erteilt er Anweisungen. Die vom Abteilungsleiter übertragenen Befugnisse müssen bezogen auf die Aufgabe „verhältnismäßig“ sein. …
1.4 Aufgaben
Die Aufgabe des Kassierens wird durch ein Etagen- und abteilungsübergreifend organisiertes Kassenteam, unter einheitlicher Führung, wahrgenommen.
Durch die Konzentration der Kassiertätigkeiten in einem Team werden zum einen die effiziente, professionelle Abwicklung an der Kasse sowie ein schneller und durchgehender Informationsfluss (Kassenfunktionen, Sonderabläufe, Aktionen, etc.) sichergestellt. … Zu diesen Aufgaben gemäß Punkt 1.4.1 Kassiervorgang, Organisation und Prozesse gehören:
– Unterstützung der Mitarbeiter beim Kassiervorgang
– Überprüfung der Prozesse und Vorschriften im Kassenbereich
– Unterstützung bei der Umsetzung von neuen Prozessen
– Koordination des Personaleinsatzes
– Koordination aller notwendiger kassenrelevanter Manipulationsvorschriften für Aktionen, Werbungen, Events
– Durchführung von Kontrollen (Kassendifferenzen, Frequenzanalysen) in den einzelnen Bereichskassen zusammen mit dem Abteilungsleiter
– Unterstützung des Abteilungsleiters bei Veränderungsprozessen
Information aller Mitarbeiter des KST über relevante Themen
– Kontrolle der Kassen bezüglich Umtauschbelege, Nullkäufe und Warenrücknahmen Aufgrund der Umstrukturierung beim Arbeitgeber gibt es aufgrund des Umsatzes der Filiale am platz keinen Abteilungsleiter Kasse mehr, vielmehr übernimmt die kaufmännische Leiterin P.P. für beide Filialen in C-Stadt neben der Vertretung der Filialgeschäftsführer auch die Leitung und Führung des Kassenteams, des Warenserviceteams und des Filialbüros und damit auch die Aufgaben eines Abteilungsleiters Kasse.
In der Stellenbeschreibung für die Mitarbeiter im KST wird in der Stellenbeschreibung (42 ff. d. A.) unter anderem folgendes geregelt:
1.1 Ziel der Stelle
Der Stelleninhaber unterstützt den Abteilungsleiter und die Erstkräfte in seinem Zuständigkeitsbereich darin, einen optimalen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen.

1.2 Einordnung der Stelle im Unternehmen
Der Stelleninhaber untersteht dem Abteilungsleiter Kasse oder dem kaufmännischen Leiter. Disziplinarvorgesetzter des Stelleninhabers ist die Geschäftsleitung der Filiale.
Aus Ziffer 1.4.1 Kassiervorgang ergeben sich unter anderem folgende Aufgaben:
– An- und Abmelden an der Kasse mit dem personalisierten PIN und Sperren der Kasse
– Überprüfung des Wechselgeldbestandes, eventuell Anforderung von Wechselgeld
– Abkassieren von Kunden mit dem Einscannen des Artikels
– Berücksichtigung von Rabatt- und Nachlassaktionen
– Erfassung entsprechender Coupons der Kunden
– Vereinnahmung von Barbeträgen
– Bargeldloser Zahlvorgang
– Berücksichtigung von Kundenkarten
– Entsicherung und Verpackung der gekauften Ware
– Annahme von Warenrücklagen
– Umtausch von Waren und Warenrückgaben
– Durchführung der Kassenabrechnung sowie Geldentsorgung
– Ausstellung sogenannter TAX-free-Belege
– selbstständige Gewährung von Rabatten auf mangelhafte Artikel (Nachlass bis 15,00 €)
– Vermarktung der neuen Kundenkarte
– Sicherstellung ausreichender Menge von benötigtem Material (Tragetaschen, Bonrollen)
Die Erstkraft Kasse übt neben ihren Sonderaufgaben auch Kassiertätigkeiten mit etwa der Hälfte Arbeitszeit aus.
Aufgrund der Umstrukturierung gibt es künftig nicht mehr in allen Geschossen Kassen, vielmehr werden die Kassenbereiche auf das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss beschränkt. Es werden dort jeweils zwei Kassenblöcke mit insgesamt zehn Kassen eingerichtet. Daneben gibt es in der Schmuckabteilung weiterhin zwei zusätzliche Kassen. Die Funktionalität aller eingesetzten Kassen ist identisch.
Der Arbeitgeber beantragte am 02.10.2019 für die betroffenen Arbeitnehmer hinsichtlich der geplanten Versetzung sowie künftigen Eingruppierung die Zustimmung des Betriebsrats (Bl. 46 ff. d. A.). Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Versetzung zu, widersprach jedoch der beabsichtigten Eingruppierung (Bl. 85 ff. d. A.). Für den Mitarbeiter K.K. hielt der Betriebsrat aufgrund der Aufgabe als Erstkraft Kasse eine Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppe III für unzutreffend, richtig sei vielmehr die Beschäftigungsgruppe IV. Für die Beschäftigten im KST hielt der Betriebsrat die bisherige Beschäftigungsgruppe II für unzutreffend, vielmehr müssten diese nach Beschäftigungsgruppe III vergütet werden. Im einschlägigen Gehaltstarifvertrag vom 08.08.2017 für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern lautet § 2
„Gehaltsregelung Maßgebend für die Eingruppierung sind die jeder Beschäftigungsgruppe vorangestellten Tätigkeitsmerkmale. Die aufgeführten Beispiele sind weder erschöpfend, noch für jeden Betrieb zutreffend. … Beschäftigungsgruppe II Tätigkeitsmerkmale:
Angestellte mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten.
Beispiele:
Verkäufer/Verkäuferin, auch solche mit Kassiertätigkeit; Angestellte mit einfacher Tätigkeit in Warenannahme, Lager und Versand, … Fakturist/Fakturistin, Kassierer/Kassiererin mit einfacher Tätigkeit; … Beschäftigungsgruppe III Tätigkeitsmerkmale:
Angestellte mir selbstständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen.
Beispiele:
Erster Verkäufer/Erste Verkäuferin, Lager, …, Bereichsaufsicht; Verkäufer/Verkäuferin mit geforderter Fremdsprache; Kassierer/Kassiererin mit Sammel-, Packtischoder Versandkassen-Funktion; … Beschäftigungsgruppe IV Tätigkeitsmerkmale:
Angestellte mit selbstständiger und verantwortlicher Tätigkeit.
Beispiele:
Erste Verkaufskräfte mit Einkaufsbefugnis; Stellvertreter/Stellvertreterin des Abteilungsleiters/der Abteilungsleiterin, Substitut/Substitutin; … Kassen-, Etagen- und Verkaufsaufsicht; …“
Der Arbeitgeber führt aus, die von den Beschäftigten im KST zu erbringenden Tätigkeiten seien einfache kaufmännische Tätigkeiten im Sinne der Beschäftigungsgruppe II des Gehaltstarifvertrages (im Folgenden: G II). Der Arbeitgeber behauptet, es handle sich um eine Arbeitsaufgabe entsprechend dem Tätigkeitsbeispiel „Kassierer/Kassiererin mit einfacher Tätigkeit nach G II“. Der Arbeitgeber trägt vor, aufgrund einer bloßen Veränderung der Kassiervorgänge unter Einführung einer geänderten Software an den Kassen sei die Arbeitsaufgabe nicht schwieriger und komplexer geworden. Aufgrund der identischen Funktionalität der Kassen gebe es keine übergeordneten Kassen im Sinne einer Sammel- oder Versandkassenfunktion entsprechend dem Tätigkeitsbeispiel für die Beschäftigungsgruppe III (im Folgenden: G III). Dafür genüge auch nicht, dass derzeit die Ausgabe von Online bestellten Artikeln von den Kunden nur an den Kassen im ersten Obergeschoss abgeholt werden könnten. Auch die Kompetenz, bis zu einem Höchstbetrag von 15,00 € über einen Nachlass für den Kunden entscheiden zu können, führe zu keiner selbstständigen Tätigkeit nach G III. Aufgrund der detailliert geregelten Vorgaben für den Kassiervorgang nach dem Arbeitshandbuch und Benutzerhandbuch liege keine selbstständige Tätigkeit vor, vielmehr nur eine einfache kaufmännische Tätigkeit.
Der Arbeitgeber trägt vor, die von der Erstkraft Kasse zu erbringende Tätigkeit sei eine selbstständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen gemäß G III. Die Erstkraft sei nicht für die Kassen zuständig und verantwortlich im Sinne einer Leitung und Führung des Kassenteams, weshalb eine selbstständige und verantwortliche Tätigkeit nach der Beschäftigungsgruppe IV (im Folgenden: G IV) nicht vorliege. Die Erstkraft unterstütze die kaufmännische Leiterin nur bei der Personalplanung, sei aber dafür nicht verantwortlich. Die Kontrollaufgaben hinsichtlich der Kassen beschränken sich auf die Überprüfung der Bonstorni, der Warenrücknahme und der sogenannten Null-Bons. Die geforderte Selbstständigkeit für die G IV ergebe sich auch nicht aus dem Fehlen eines Abteilungsleiters Kasse, da die kaufmännische Leiterin diese Aufgaben voll wahrnehmen könne.
Der Arbeitgeber beantragt,
1. Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung des Mitarbeiters A. K.K.
in die Gehaltsgruppe G III nach Maßgabe des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Bayern wird ersetzt.
2. Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter … in die Gehaltsgruppe G II (zzgl. Kassierzuschlag) nach Maßgabe des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Bayern wird ersetzt.
Der Betriebsrat beantragt,
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Der Betriebsrat führt aus, er habe die Zustimmung zu den beabsichtigten Eingruppierungen zu Recht verweigert, da die Beschäftigten im KST in die G III eingruppiert werden müssten. Die vorhandenen Kassen seien sowohl als Sammelkassen als auch als Kassen mit Versandkassenfunktion anzusehen. Eine Sammelkasse im Sinne der tarifvertraglichen Vorschriften sei eine über die einzelne Abteilungskasse hinausgehende Kasseneinrichtung eines Warenhauses, was nunmehr für alle eingesetzten Kassen gelte. Bloße Abteilungskassen, die nur für einzelne Abteilungen im Warenhaus zuständig wären, gebe es nicht mehr. Der Betriebsrat trägt vor, es müsse zudem berücksichtigt werden, dass die Beschäftigten im KST weitere Aufgaben zu übernehmen hätten. Es seien Umtausche und Retouren zu bearbeiten, TAX-free-Belege auszustellen und Warenrücklagen der Kunden anzunehmen. Zudem seien jeweils wechselnde Rabatte aufgrund aktueller Aktionen zu berücksichtigen und anzuwenden. Es soll darüber hinaus auch die neue Kundenkarte beworben und entsprechende Anträge der Kunden sollen entgegengenommen werden. Die Kompetenz der Beschäftigten zur Gewährung eines Preisnachlasses von bis zu 15,00 € verdeutliche das selbstständige Handeln der Beschäftigten.
Der Betriebsrat führt aus, die Erstkraft Kasse müsse in die G IV eingruppiert werden, da sie für sämtliche Kassen zuständig und verantwortlich sei. Sie übernehme aufgrund des Fehlens eines Abteilungsleiters vor Ort sämtliche anfallenden Aufgaben eines Abteilungsleiters. Sie erstelle den Personaleinsatzplan und teile die Mitarbeiter ein, auch wenn der Plan noch von der kaufmännischen Leiterin genehmigt werden müsse.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Schriftsätze sowie der Sitzungsprotokolle.
B.
I.
Die Anträge sind zulässig.
Das Zustimmungsersetzungsverfahren ist gemäß der §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 1 ArbGG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zu führen. Es geht um die streitige Eingruppierung der Beschäftigten im KST sowie der Erstkraft Kasse und damit um die Frage einer berechtigten Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 BetrVG.
II.
Der Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers hinsichtlich des Beschäftigten K.K. als Erstkraft Kasse ist gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG nicht begründet.
1. Mit seinem Antrag vom 02.10.2019 begehrte der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung der Erstkraft Kasse nach G III.
a) In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.10.2019 verweigerte der Betriebsrat die beantragte Zustimmung, da er die vom Arbeitgeber vorgesehene Eingruppierung nach G III für unzutreffend hielt, richtig sei vielmehr G IV. Die Zustimmungsverweigerung erfolgte mit ausreichender Begründung gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG rechtzeitig. Der Betriebsrat machte in seiner Begründung einen Verstoß gegen eine tarifvertragliche Bestimmung aufgrund einer beabsichtigten Eingruppierung in eine unzutreffende Lohngruppe geltend.
b) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist bei der Eingruppierung sowie Umgruppierung kein Mitgestaltungs-, sondern nur ein Mitbeurteilungsrecht, d.h. der Betriebsrat übt lediglich eine Richtigkeitskontrolle aus (BAG vom 14.04.2015, NZA 2015, 1077).
Es ist im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG nur zu klären, ob die vom Arbeitgeber beabsichtigte Eingruppierung bzw. Umgruppierung gegen die einschlägigen tarifvertraglichen Vorschriften verstößt, nicht aber, welche andere Vergütungsgruppe tatsächlich zutreffend ist.
2. Die Erstkraft Kasse ist nicht in G III einzugruppieren, weshalb die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung des Arbeitgebers nicht zu ersetzen ist.
a) Der Mitarbeiter hat neben der (normalen) Kassiertätigkeit als Erstkraft Kasse die ordnungsgemäßen Kassenabläufe sicherzustellen. Dies ergibt sich aus der Stellenbeschreibung.
aa) Ein ordnungsgemäßer Kassenablauf setzt voraus, dass die Kassen ausreichend personell besetzt sind und die jeweiligen Vorschriften für die Kassiervorgänge eingehalten werden. Die Erstkraft ist für die Klärung und Hilfestellung bei Problemen bei Kassenvorgängen zuständig. Die Erstkraft soll außerdem die Beschäftigten des KST in Abstimmung mit der Abteilungsleitung umfassend und zeitnah zu relevanten Themen informieren. Neue Prozesse im Kassenbereich sind umzusetzen, außerdem soll die Erstkraft bei der Optimierung der Kassenprozesse mitwirken. Kontrollen von einzelnen Kassen bezüglich Kassendifferenzen und Frequenzanalysen werden mit dem Abteilungsleiter durchgeführt. Die Mitwirkung im Kontrollmanagement betrifft die tägliche Kontrolle von Umtauschbelegen, NullKäufen und Warenrücknahmen. Eine unmittelbare Weisungsbefugnis der Erstkraft gegenüber den Beschäftigten im KST besteht nicht. Diese ist der kaufmännischen Leiterin aufgrund eines fehlenden Abteilungsleiters Kasse vorbehalten.
bb) Die Arbeitsaufgabe der Erstkraft Kasse mit Kassiertätigkeit stellt einen Arbeitsvorgang im tarifvertraglichem Sinne dar.
Für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs kommt es maßgeblich auf das Arbeitsergebnis an, weshalb bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden können. Es kann somit auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Eine Zusammenfassung von einzelnen Tätigkeiten ist nur dann nicht möglich, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind (BAG vom 28.02.2018, NJOZ 2018, 1065).
Die Arbeitsaufgabe der Erstkraft Kasse ist die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Kassenabläufe als ein Arbeitsvorgang, der sich aus einer Vielzahl einzelner Arbeitsschritte zusammensetzt. Daneben wird bei Bedarf noch die Kassiertätigkeit ausgeübt, das heißt insoweit ist die Erstkraft noch an den Kassen „mitarbeitend“.
Der Zeitanteil des Kassierens kann dahingestellt bleiben, weil die Aufgabe „Erstkraft“ übertragen wurde und diese Tätigkeit ein einheitlicher – nicht trennbarer – Arbeitsvorgang ist. Es kommt nicht darauf an, in welchem Umfang sich die Erstkraft noch mit anderen Aufgaben, beispielsweise dem Kassieren beschäftigt, da sie jederzeit und sofort in der Lage sein muss, aktiv die Aufgabe der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Kassenabläufe, beispielsweise bei der Klärung von Problemen bei Kassenvorgängen, wahrzunehmen (vgl. zur Leitungsaufgabe: BAG vom 21.10.1992, AP BAT 1995, §§ 22, 23 Nr. 164; BAG vom 05.04.1995, 4 AZR 183/94).
b) Nach § 2 Ziff. 2 des Gehaltstarifvertrages ist für die Beschäftigungsgruppen II bis V (mit einer Ausnahme für Stenotypisten) entweder eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung mit bestandener Abschlussprüfung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem artverwandten, auch gewerblichen, Beruf mit bestandener Abschlussprüfung, wenn die Tätigkeit im Zusammenhang mit dieser Berufsausbildung steht oder anstelle der kaufmännischen Ausbildung eine kaufmännische Berufstätigkeit von drei Jahren Voraussetzung.
aa) In G II sind Angestellte mit einfachen kaufmännischen Tätigkeiten, in G III Angestellte mit selbstständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen und in G IV Angestellte mit selbstständiger und verantwortlicher Tätigkeit einzugruppieren.
G II ist damit die Ausgangsvergütung für Angestellte nach abgeschlossener einschlägiger Berufsausbildung. G III verlangt darüber hinaus eine selbstständige Tätigkeit, wenn diese auch im Rahmen allgemeiner Anweisungen ausgeübt wird. Eine solche Einschränkung enthält G IV nicht, vielmehr kommt zum Merkmal der Selbstständigkeit noch die Verantwortung.
Die Selbstständigkeit erfordert eine gewisse eigene Entscheidungsbefugnis über den zur Erbringung seiner Leistungen jeweils einzuschlagenden Weg und das zu findende Ergebnis und damit zugleich auch eine gewisse Eigenständigkeit des Aufgabenbereiches, ohne dass dadurch die fachliche Anleitung oder die Abhängigkeit von Weisungen Vorgesetzter ausgeschlossen wird (BAG vom 23.09.2009, NJOZ 2010, 1311).
Unter Verantwortung ist die Verpflichtung des Angestellten zu verstehen, dafür einstehen zu müssen, dass in dem ihm übertragenen Arbeitsbereich die dort – auch von anderen – zu erledigenden Arbeiten sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden. Je nach Lage des Einzelfalles kann sich die geforderte Verantwortung auf andere Mitarbeiter oder Dritte, Personen, Sachen oder Arbeitsabläufe beziehen (BAG vom 21.06.2000, 4 AZR 389/99).
bb) Grundsätzlich gelten die Tätigkeitsmerkmale einer Vergütungsgruppe als erfüllt, wenn eine Tätigkeit entsprechend einem tariflichen Beispiel tatsächlich ausgeübt wird (BAG vom 27.09.2000, 10 ABR 48/99).
Es gibt sowohl Tätigkeitsbeispiele für G II als auch für G III, die grundsätzlich für die Tätigkeit der Erstkraft in Betracht kommen könnten. Hinsichtlich der Wertigkeit der Tätigkeit wären dies in G III die Beispiele „Erster Verkäufer“ und „Bereichsaufsicht“. In G IV sind dies die Tätigkeitsbeispiele „Stellvertreter des Abteilungsleiters“ sowie „Kassen-, Etagen- und Verkaufsaufsicht“. Aufgrund der Zuordnung der Tätigkeitsbeispiele zu den jeweiligen Entgeltgruppen ist die Tätigkeit als Etagenaufsicht höherwertig gegenüber der Bereichsaufsicht. Entsprechend gilt in G IV aufgrund der Zuordnung der Tarifvertragsparteien die Tätigkeit als Kassenaufsicht gegenüber dem Kassier mit Sammel-, Packtisch- oder Versandkassenfunktion in G III als höherwertig.
c) Die Tätigkeit als Erstkraft Kasse lässt sich nicht eindeutig einem bestimmten Tätig keitsmerkmal zuordnen.
aa) Nach der vom Arbeitgeber vorgegebenen Organisationsstruktur (Bl. 36 d. A.) gehört die Erstkraft bzw. ein Teamleiter ebenso wie der Erstverkäufer zur unteren Ebene, übergeordnet ist der Abteilungsleiter.
Aufgrund der Personalbedarfsplanung nach den Umsatzzahlen gibt es in der Filiale keinen Abteilungsleiter Kasse, auch keine Stellvertretung. Ein solcher wird erst ab einem Jahresumsatz von 20 Millionen eingesetzt. Die Aufgaben des Abteilungsleiters werden von der kaufmännischen Leitung übernommen, vorliegend von der kaufmännischen Leiterin P.P. für beide Filialen des Arbeitgebers in C-Stadt.
Die Erstkraft Kasse wird vom Arbeitgeber nicht als Teamleitung Kasse bezeichnet, wobei Teamleiter anderer Bereiche nach dem Organigramm einer Erstkraft gleichstehen dürften. In Ziffer 2.4 der Kontrollanweisungen des Arbeitgebers (Bl. 437 ff. d. A.) findet sich die Bezeichnung „Verantwortlicher Kassenteam“. Dieser ist nach den weiteren Ausführungen in der Kontrollanweisung für die Kontrolle der Bonstorni sowie der Warenrückgaben und der Null-Bons verantwortlich. Diese Kontrolle wird unstreitig von der Erstkraft Kasse ausgeführt. Andere Kontrollen obliegen nach der Kontrollanweisung den Abteilungsleitern oder Filialgeschäftsführern.
bb) Wie bereits oben in Ziffer 2 b) bb) ausgeführt wurde, könnte für die hier einschlägige Arbeitsaufgabe das Tätigkeitsbeispiel „Bereichsaufsicht“ in G III oder „Kassenaufsicht“ in G IV in Betracht kommen. In G IV wird auch das Tätigkeitsbeispiel „stellvertretender Abteilungsleiter“ genannt, wobei der Betriebsrat geltend macht, dass diese Funktion faktisch von der Erstkraft ausgeübt werde; darauf kommt es jedoch nicht an. Der Erstkraft ist diese Funktion aber nicht ausdrücklich zugewiesen worden.
Das Tätigkeitsbeispiel „Kassenaufsicht“ ist nicht eindeutig gegeben. Zwar wird eine Kassenaufsicht auch für den Kassenbereich und damit für die Sicherstellung ordnungsgemäßer Kassenabläufe zuständig sein, eine Aufsichtstätigkeit beinhaltet jedoch auch Weisungsbefugnisse gegenüber den Kassenmitarbeitern. Eine solche ist vorliegend nicht gegeben. Außerdem wird eine Kassenaufsicht regelmäßig auch die Verantwortung für die ordnungsgemäße Kassenabrechnung und die entsprechende Abschöpfung der Einnahmen tragen. Für beides ist jedoch beim Arbeitgeber die Kassenkraft selbst zuständig und verantwortlich.
d) Für die richtige Eingruppierung ist deshalb auf die allgemeinen Merkmale der jewei ligen Gehaltsgruppe abzustellen. Danach ergibt sich, dass die Erstkraft nicht nur eine selbstständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisungen, vielmehr eine selbstständige und verantwortliche Tätigkeit ausübt.
aa) Die Erstkraft steht zwischen den Mitarbeitern im KST und dem Abteilungsleiter. Da ein solcher in der Filiale nicht eingesetzt ist, nimmt die kaufmännische Leiterin die Leitung des KST, des WST und des Filialbüros für beide Filialen wahr. Die Führungsfunktionen wurden somit zentralisiert und der kaufmännischen Leiterin eine Letztverantwortung zugewiesen. Nach den Vorgaben soll die Erstkraft nur unterstützend tätig sein, was einer selbstständigen und verantwortlichen Tätigkeit entgegenstehen würde.
Nach dem Vortrag der Beteiligten wird die Arbeitsaufgabe einer Erstkraft „Sicherstellung der ordnungsgemäßen Kassenabläufe“ selbstständig und verantwortlich im Sinne von G IV ausgeführt.
Die maßgeblichen Begriffe der Selbstständigkeit und Verantwortung wurden bereits oben unter Ziff. 2 b) aa) näher erläutert.
Die Erstkraft Kasse ist für die Kassenabläufe verantwortlich, da sie dafür einstehen muss, dass die dort anfallenden und zu erledigenden Arbeiten sachgerecht und vorschriftsgemäß unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Ressourcen und der aktuellen Kundenbedürfnisse durchgeführt werden (vgl. die Vorgabe in Ziffer 1.1 Abs. 4 der Stellenbeschreibung – Bl. 36 d. A.). Die geforderte Verantwortung muss sich nicht auf andere Personen im Sinne einer Personalverantwortung beziehen, sie kann vielmehr auch eine Verantwortung für Arbeitsabläufe sein, was vorliegend zutrifft bb) Die maßgebliche Weisungsbefugnis gegenüber Beschäftigten des KST ist der kaufmännischen Leiterin vorbehalten. Jedoch kann die Erstkraft gemäß Ziffer 1.3 ihrer Stellenbeschreibung (Bl. 37 d. A.) im Rahmen der ihr übertragenen Befugnisse und zur Erfüllung ihrer Tätigkeit Anweisungen erteilen. Dies werden insbesondere fachliche Anweisungen zum vorschriftsmäßigen Abwickeln der Kassenvorgänge und zur Behebung von Problemen sein, beispielsweise bei einem Umtausch oder einer Retoure. Dabei ist zu berücksichtigen, dass kein Abteilungsleiter vor Ort ist, bei dem die Erstkraft unverzüglich rückfragen könnte. Zur Behebung von Störungen oder zur Klärung von Kundenanfragen im Zusammenhang mit einem Kassiervorgang ist ein schneller Entscheidungsprozess erforderlich.
Die fachliche Führung für die Abläufe an den Kassen ergibt sich aus der Aufgabenstellung in Ziffer 1.4 der Stellenbeschreibung (Bl. 37 d. A.). Dort wird vorgegeben, dass die Aufgabe des Kassierens durch ein etagen- und abteilungsübergreifend organisiertes Kassenteam unter einheitlicher Führung wahrgenommen wird.
cc) Die Erstkraft ist auch für die Erstellung des Personaleinsatzplans verantwortlich, d.h. es wird ein monatlicher Personaleinsatzplan entworfen, in dem die jeweiligen Arbeitszeiten der Beschäftigten des KST verplant werden. Dieser Plan muss anschließend noch von der kaufmännischen Leiterin genehmigt werden. Die eigentliche Planung unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten der Beschäftigten sowie des nach den Umsatzzahlen notwendigen Personalbedarfs erfolgt selbständig durch die Erstkraft.
dd) Zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen und kundenorientierten Kassenabläufe gehört auch die Weitergabe von Informationen an den Beschäftigten des KST über relevante Themen, beispielsweise bei Rabattaktionen oder Sonderaktionen. Die für die G IV erforderliche Selbstständigkeit der Tätigkeit ist gegeben. Zwar wird die Vorgehensweise bei den Kassiervorgängen detailliert beschrieben, jedoch ist die Einhaltung dieser Vorgaben von der Erstkraft sicherzustellen. Diese Aufgabe wird von der Erstkraft eigegenständig wahrgenommen, sie muss situativ selbst entscheiden, inwieweit bei einem hohen Kundenaufkommen oder auftretender Kassenprobleme zu reagieren ist, beispielsweise einem Beschäftigten des KST Hilfestellung an der Kasse zu leisten ist oder bestimmte Anweisungen zur Umsetzung einzelner Vorschriften vorzunehmen sind.
Die in der Stellenbeschreibung genannte „Unterstützung“ des Abteilungsleiters muss bei einem Fehlen des Abteilungsleiters vor Ort besonders gewürdigt werden. Da kein Abteilungsleiter Kasse vor Ort anwesend ist, kann die Erstkraft den – nicht präsenten – Abteilungsleiter nicht unmittelbar unterstützen, also nur zur Hand gehen, vielmehr muss sie eigene Entscheidungen treffen. Eine schnelle Rücksprache mit der im Filialbüro anwesenden kaufmännischen Leiterin wird kaum praktikabel sein. Eine Absprache wird nur bei grundsätzlichen oder besonders wichtigen Fragen möglich und erwünscht sein.
ee) Die Eigenständigkeit der Erstkraft Kasse zeigt sich auch in der durchzuführenden täglichen Kontrolle der Belege für Umtausch, Null-Käufe und Warenrücknahmen. Zwar sind die Ergebnisse an die kaufmännische Leiterin zu melden, die Durchführung der Kontrolle obliegt jedoch der Erstkraft selbst. Diese Kontrolle umfasst die Überprüfung der von den Kassen generierten Auswertungen.
Die Tätigkeit einer Erstkraft geht deshalb über die Voraussetzungen eines Angestellten nach G III hinaus und erfüllt die Voraussetzungen eines Angestellten mit selbstständiger und verantwortlicher Tätigkeit nach G IV. Der Betriebsrat verweigerte deshalb die Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung nach G III zu Recht. Die Zustimmung ist somit nicht zu ersetzen.
3. Die Beschäftigten im KST-Team sind zutreffend in G II einzugruppieren, weshalb bei diesen Beschäftigten die Zustimmung, die der Betriebsrat verweigerte, zu ersetzen ist.
Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung zur beantragten Eingruppierung des Arbeitgebers vom 02.10.2019 mit Schreiben vom 02.10.2019, er stimmte nur der Versetzung zu.
a) Nach Ziff. 1.2 der Stellenbeschreibung (Bl. 42 d. A.) untersteht der Beschäftigte im KST dem Abteilungsleiter Kasse oder dem kaufmännischen Leiter. Disziplinarvorgesetzter des Stelleninhabers ist die Geschäftsleitung der Filiale. Für den Kassiervorgang gibt es beim Arbeitgeber eine Kurzanleitung „isi kassieren“ in der Version 1.0 vom August 2019 (Bl. 314 – 342 d. A.) sowie ein Benutzerhandbuch „isi kassieren“ in der Version 4.2 von 2019 mit 83 Seiten.
Nach der Stellenbeschreibung ist der Beschäftigte im KST für alle Kassenvorgänge zuständig, beginnend mit dem Anmelden bis zum Abmelden der Kasse und der Durchführung der Kassenabrechnung. Deshalb gehört neben dem Kassiervorgang beim Kunden auch die Sicherung eines ausreichenden Wechselgeldbestandes und die Sicherstellung des erforderlichen Materials an den Kassen wie Tragetaschen und Bon-Rollen. Beim Kassiervorgang, der bar oder bargeldlos erfolgen kann, sind auch Rabattaktionen oder Kundencoupons zu beachten. Außerdem gibt es besondere Anweisungen für den Umtausch von Ware oder Warenretouren. Außerdem sind die Beschäftigten für Tätigkeiten im Rahmen von Onlinebestellungen zuständig. Dies betrifft das Reservieren bestellter Waren sowie deren Abholung; Warenrücklagen müssen angenommen werden, außerdem Taxfree-Belege ausgestellt werden. Es müssen Reklamationen bearbeitet werden, wobei gegebenenfalls ein Nachlass gewährt werden kann. Zudem soll die neue Kundenkarte beworben werden. Die Tätigkeit eines Beschäftigten im KST stellt nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BAG einen Arbeitsvorgang dar (vgl. oben Ziff. 2.a) bb). Die Arbeitsaufgabe ist die Abwicklung aller Kassenvorgänge, also vor allem der Kassiervorgang selbst und die damit einhergehenden weiteren organisatorischen Einzeltätigkeiten.
b) Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale für die Beschäftigungsgruppe II – V wurden bereits oben unter Ziff. 2. b) dargestellt. Es ist sowohl für G II als auch für G III grundsätzlich eine kaufmännische Ausbildung oder eine entsprechende kaufmännische Berufstätigkeit von drei Jahren erforderlich.
Mögliche Tätigkeitsbeispiele für den vorliegenden Fall sind nach G II der „Kassierer mit einfacher Tätigkeit“ und nach G III der „Kassierer mit Sammel-, Packtisch- oder Versandkassen-Funktion“. Bei G II wird eine „normale“ Kassiertätigkeit vorliegen, bei G III dagegen eine Kassiertätigkeit an einer „besonderen“ Kasse, also mit einer höheren Verantwortung, da die Kasse besondere Funktionen hat. Die unterschiedliche Wertigkeit von Kassiertätigkeiten in G II und G III lässt sich auch aus den Tätigkeiten eines Telefonisten und eines Stenotypisten ableiten. Die (normale) Stenotypistentätigkeit entspricht G II, jedoch ist bei vorwiegend selbstständiger Erledigung des Schriftverkehrs nach G III zu vergüten. Der (einfache) Telefonist fällt unter G II, jedoch bei Benutzung von mindestens vier Amtsanschlüssen unter G III. In beiden Fällen werden erhöhte Anforderungen an den Beschäftigten gestellt. Dies gilt auch für die Kassiertätigkeit.
c) Die Tätigkeit im KST-Team entspricht dem Tätigkeitsbeispiel „Kassier mit einfacher Tätigkeit“ in G II.
aa) Der Arbeitgeber will durch die Umorganisation in den Filialen und die Aufteilung in Funktionsbereiche die Verkäufer von der Kassiertätigkeit entlasten. Dies geht mit einer Verringerung der Anzahl der Kassen einher, die nicht mehr abteilungsgebunden eingesetzt werden. Unstreitig sind alle Kassen funktional gleichwertig. Keiner Kasse sind besondere Funktionen vorbehalten. Für das KST gibt es einen Kassenverantwortlichen.
bb) Bei der zu beurteilenden Tätigkeit geht es um das Bedienen einer Kasse, insbesondere um den Kassiervorgang einschließlich besonderer Abläufe wie Retouren, Umtausche oder Durchführung eines Stornos. Zwar ist das hier von den Beschäftigten zu beachtende Benutzerhandbuch sehr umfangreich, es liegt jedoch am technischen Arbeitsmittel Kasse selbst.
Es werden nicht mehr „Registrierkassen“ – wie zur Zeit der Erstellung der Tätigkeitsbeispiele – eingesetzt, vielmehr Kassensysteme, die aus einer Software und Hardware bestehen. Die Software solcher Kassensysteme erfasst alle Bezahlvorgänge, sie speichert die zugehörigen Daten und ermöglicht den Bon-Ausdruck. Darüber hinaus haben die Systeme je nach Programmumfang eine Vielzahl von zusätzlichen Funktionen, die den Bereich der Warenwirtschaft, das Marketing mit Kundenverwaltung und die Nutzung eines Bonussystems, die Datensicherung, die Auswahl verschiedener Mehrwertsteuersätze, die Gutschriftenverwaltung, die Erstellung von Rechnungskopien umfassen und insbesondere die Anschließbarkeit von Barcodescannern und Bon-Druckern ermöglichen. Außerdem können Kassenbuch und Umsatzberichte sowie Storno- und Rabattberichte und ein Rechnungsjournal erstellt werden. Durch solche umfangreichen Funktionen ist auch die Bedienung von Kassen komplexer geworden. Die Hardware umfasst regelmäßig ein Eingabegerät mit Display, eine Recheneinheit, einen Bon-Drucker, eine Kassenlade und weitere Zusatzgeräte wie Strichcodescanner, Kartenlesegerät und eventuell eine Waage.
Auch in der Filiale des Arbeitgebers wird ein modernes Kassensystem mit vielen Funktionen eingesetzt, wie dem Benutzerhandbuch zu entnehmen ist.
Das Tätigkeitsbild hat sich in den kaufmännischen Berufen, wie auch in anderen Berufen, in den letzten Jahrzehnten wegen des Einsatzes elektronischer und computerbasierter Geräte und Hilfsmittel stark verändert. In einer modernen Büroverwaltung wird keine Schreibmaschine mehr zu finden sein, Buchungsjournale werden nicht mehr händisch geführt, weil mit Abrechnungs- und Schreibprogrammen gearbeitet wird. Dies entspricht dem aktuellen Tätigkeits- und damit Berufsbild kaufmännischer Berufe. Das gilt auch für den Kassenbereich aufgrund komplexer computergestützter Kassensysteme.
Entscheidend ist vorliegend die Gleichartigkeit der Funktionalität der eingesetzten Kassen und somit der jeweiligen Anforderungen. Es gibt keine übergeordneten Funktionen einzelner Kassen, die eine höhere Wertigkeit der Tätigkeit an bestimmten Kassen begründen könnten.
Das Tätigkeitsbeispiel in G III eines Kassierers an Sammel-, Packtisch- oder Versandkassenfunktion ist nicht gegeben. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch soll eine Sammelkasse eine für alle Abteilungen in einem Warenhaus zuständige Kasse sein, die auch als Zentralkasse bezeichnet werden kann. Diese Sammelkasse wäre damit eine über die einzelne Abteilungskasse hinausgehende Kasseneinrichtung, weil sie abteilungsübergreifend gegenüber anderen vorhandenen Kassen bestimmte Kassenangelegenheiten erledigt und somit übergeordnete Aufgaben wahrzunehmen hat, was mit einer höheren Verantwortung verbunden ist (vgl. BAG vom 09.12.1987, 4 AZR 461/87). Zwar trifft es zu, dass jede Kasse abteilungsübergreifend eingesetzt wird, weil sie sich nicht auf bestimmte Warengruppen beschränkt, jedoch hat sie gerade keine den anderen Kassen übergeordnete Funktion. An jeder Kasse können neben dem normalen Kassiervorgang auch Retouren, Umtausche etc. abgewickelt werden.
Die bisher bestehende Ausnahme, dass nur an den Kassen im ersten Obergeschoss Online bestellte Artikel abgeholt und bezahlt werden können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die dort eingesetzten Kassen werden damit nicht zur „Versandkasse“ im Sinne des Tätigkeitsbeispiels für G III. Der Einsatz dieser Kassen im ersten Obergeschoss hat nichts mit ihrer besonderen Funktionalität, vielmehr mit der Logistik der Warenabholung durch die Kunden an einer bestimmten Stelle im Kaufhaus zu tun.
Es sind auch keine besonderen Aufgaben hinsichtlich der Abholung der bestellten bzw. reservierten Waren erforderlich. Der Artikel ist, soweit er noch nicht bezahlt wurde, in üblicher Weise abzukassieren. Entsprechendes gilt für die derzeitige Wechselgeldausgabe an einer bestimmten Kasse. Diese zeitweise Funktion einer Kasse für die Wechselgeldausgabe hängt mit der örtlichen Aufbewahrung des Wechselgeldes, nicht jedoch mit einer besonderen Funktionalität einer bestimmten Kasse zusammen. Die Ausgabe des Wechselgeldes erfolgt nach Beleg und führt zu keiner höheren Bewertung der gesamten Tätigkeit.
Die erforderliche selbstständige Tätigkeit im Sinne von G III lässt sich auch nicht einem Beurteilungsspielraum der Beschäftigten des KST für die Vergabe von Rabatten auf Artikel bis zur Höhe von 15,00 € (je nach Artikelwert) begründen. Zum einen ist der Beurteilungsspielraum wertmäßig nicht bedeutend, zum anderen ist bei der Gewährung eines Nachlasses das Vier-Augen-Prinzip einzuhalten.
Zwar mag die vom Arbeitgeber für die Beschäftigten vorgegebene Vermarktung der neuen Kundenkarte eine zusätzliche Tätigkeit im Rahmen des Kassiervorgangs darstellen, jedoch ergeben sich daraus keine höheren Anforderungen an die Beschäftigten. Insoweit ist zu beachten, dass in G II als Tätigkeitsbeispiel auch der Verkäufer mit Kassiertätigkeiten genannt wird, was bisher auch für die Beschäftigten im KST galt. Den Beschäftigten oblag bis zur Versetzung die Beratung und der Verkauf einschließlich der Kassiertätigkeit, weshalb ihre Aufgabe vielfältiger als die jetzige Tätigkeit war. Die Beschränkung auf die Kassiertätigkeit – mit einer eventuell größeren Komplexität der Kassenvorgänge – jedoch nach detaillierten, umfangreichen Vorgaben, führt zu keiner höheren Wertigkeit im Sinne von G III.
Die Tätigkeit in G II setzt grundsätzlich eine kaufmännische Berufsausbildung voraus, weshalb auch einfache kaufmännische Tätigkeiten nach G II einer üblichen Tätigkeit nach einem kaufmännischen Berufsbild, insbesondere eines Einzelhandelskaufmanns bzw. Einzelhandelskauffrau, entsprechen. Der Kassiervorgang bzw. der Umgang mit einem Kassensystem ist nur ein (kleiner) Teil der beruflichen Ausbildung. Diese erstreckt sich vielmehr auch auf die Beratung und den Verkauf an Kunden, die Warenwirtschaft, das Rechnungswesen sowie Grundlagen im Marketing und der Werbung, außerdem IT-Anwendungen sowie Kalkulation und Warenpräsentation usw.
Die von den Beschäftigten im KST zu erledigenden Aufgaben am Kassensystem ist nur ein Teilbereich der vielgestaltigen Aufgaben im Einzelhandel. Zwar ist der Umgang mit einem modernen Kassensystem durchaus komplex, bei dem für die ordnungsgemäße Durchführung der jeweiligen Kassenvorgänge eine Vielzahl von Vorgaben zu beachten ist, jedoch entspricht ihre Tätigkeit an der Kasse einer üblichen und damit einfachen Kassiertätigkeit ohne besondere Anforderungen. Bei auftretenden Problemen können sich die Beschäftigten im KST an die Erstkraft Kasse als Kassenverantwortlichen wenden.
Aufgrund der zutreffenden beabsichtigten Eingruppierung der Beschäftigten im KST nach G II ist die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu ersetzen.


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