Arbeitsrecht

Betriebsrat, Arbeitnehmer, Leistungen, Gewerkschaft, Arbeitsvertrag, Betriebsratswahl, Wahlvorstand, Werbung, Arbeitgeber, Behinderung, Anfechtung, Anlage, Bewerber, Frist, leitende Angestellte, leitender Angestellter, Unmittelbarer Vorgesetzter

Aktenzeichen  26 BV 436/19

Datum:
14.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51062
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen im Bereich der stationären Pflege, der Kurzzeitpflege, der Tagespflege, der ambulanten Pflege und des betreuten Wohnens mit mehreren Betriebsstätten in A-Stadt, G.-Stadt, An.-Stadt, F.-Stadt und O.-Stadt.
Der Antragsgegner und Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin im Zeitraum vom 25. bis 29. November 2019 gewählte Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin beschäftigt in den Betriebsstätten ca. 320 Mitarbeiter. Die Seniorenzentren (SZ) werden von Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen in Personalunion geleitet, mit Ausnahme der Einrichtung in F.-Stadt, bei der eine (alleinige) Pflegedienstleitung eingerichtet ist. Unmittelbarer Vorgesetzter dieser Leitungen ist die Geschäftsführung. Die Leitungen erbringen ihre Leistungen auf Grundlage von Stellenbeschreibungen, die Bestandteil des Arbeitsvertrages sind. Auf den Inhalt der Stellenbeschreibungen wird ausdrücklich verwiesen (Anlagen K26 und K27, Bl. 89 ff. d.A.). Neben den Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen existieren bei der Arbeitgeberin verschiedene weitere „Leitungen“, so die Leitung ambulanter Dienst, die Leitung Tagespflege F.-Stadt sowie G.- Stadt, die Leitung Finanzbuchführung, die Leitung Heimbelegung/Heimabrechnung, die Leitung Personalabteilungen und die Leitung Qualitätsmanagement. Weiterhin ist mit Frau S. bei der Arbeitgeberin eine Prokuristin beschäftigt. Herr H. ist der Datenschutzbeauftragte.
Noch vor Aushang des Wahlausschreibens informierte der bei der Arbeitgeberin gebildete Wahlvorstand die Beschäftigten über die bevorstehende Betriebsratswahl (Anlage K4, Bl. 25 f. d.A.). Dem Schreiben war ein Anhang „Gesetzlicher Schutz der BR-Wahl“ beigefügt, der ein Logo der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di trägt.
Ebenfalls am 18.09.2019 wandte sich die Frau D.-C., Vorsitzende des Wahlvorstandes, per Schreiben an die Belegschaft der Arbeitgeberin, in dem sie unter Verwendung des Logos der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di über ihre Kandidatur bei der Neuwahl des Betriebsrats informierte (Anlage K5, Bl. 27 d.A.).
Mit Ausschreiben vom 18.09.2019 einschließlich Wählerliste (Anlage K6, Bl. 28 ff. d.A.), bekannt gemacht am 27.09.2019, leitete der Wahlvorstand die Durchführung der Betriebsratswahl ein.
Mit Schreiben ihrer Personalabteilung vom 20.09.2019 (Anlage K2, Bl. 19 d.A.) wies die Arbeitgeberin den Wahlvorstand darauf hin, dass die Mitarbeiter in ihrer Funktion der Einrichtungs- und Pflegedienstleitung, der weiteren „Leitungen“ und die Prokuristin als leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG einzustufen seien. Mit Schreiben vom 24.09.2019 (Anlage K2a, Bl. 20 d.A.) korrigierte die Personalabteilung dies im Hinblick auf die Leitung Qualitätsmanagement, da diese nur als Stabstelle ausgestaltet und ohne eigenständige Entscheidungskompetenz der Geschäftsführung angegliedert sei.
Mit Schreiben vom 24.09.2019 (Anlage K3, Bl. 21 d.A.) teilte der Wahlvorstand mit, dass er die Auffassung der Arbeitgeberin nicht teile. Daraufhin bekräftigte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 26.09.2019 (Anlage K3a, Bl. 22 ff. d.A.) nochmals ihren abweichenden Rechtsstandpunkt.
Mit Schreiben vom 01.10.2019 legte der Arbeitnehmer Herr S. Einspruch gegen die vom Wahlvorstand mit dem Wahlausschreiben ausgehängte Wählerliste ein und wies daraufhin, dass der Wahlvorstand die Zahl der Stützunterschriften fehlerhaft ermittelt habe, namentlich leitende Angestellte auf der Liste der wahlberechtigten und wählbaren Arbeitnehmer enthalten seien (Anlage K7, Bl. 40 ff. d.A.). Am selben Tag wies auch die Personalabteilung der Arbeitgeberin mit Schreiben auf Fehler in der vom Wahlvorstand ausgehängten Wählerliste hin (Anlage K9, Bl. 53 d.A.).
Mit Schreiben vom 02.10.2019 teilte der Wahlvorstand Herrn S. mit, dass die Beanstandungen bezüglich der Stützunterschriften und die Einreichung von Wahlvorschlägen berechtigt seien und wies den Einspruch im Übrigen als unberechtigt zurück (Anlage K8 und K9, Bl. 42 ff. d.A.). Die von ihm genannten Beschäftigten seien nicht im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG zu sehen.
Mit Schreiben vom 03.10.2019, bekannt gemacht am 04.10.2019, erließ der Wahlvorstand ein neues Wahlausschreiben einschließlich Wählerliste (Anlage K11, Bl. 55 ff. d.A.).
Am 24.10.2019 veröffentlichte der Wahlvorstand insgesamt drei Wahlvorschlagslisten (Anlage K12, Bl. 68 d.A.). Der Wahlvorschlag der Liste 2 mit Listenführerin Frau D.-C. wurde unter dem Kennwort „Wir bestimmen den Weg weiter mit – für die ver.diente Wertschätzung im Pflegestern!“ geführt.
Mit Schreiben vom 25.10.2019 wies der Kandidat und Listenvertreter der Liste 3 Herr J. darauf hin, dass das verwendete Listenkennwort der Liste 2 unzulässig sei und daher die Liste 2 von der Wahl ausgeschlossen werden müsse (Anlage K14, Bl. 72 f. d.A.).
Im Zuge des Wahlkampfes wurde seitens der kandidierenden Listen Wahlwerbung veröffentlicht, auf die verwiesen wird (Anlagen K15 bis K18 sowie K21 d.A., Bl. 74 ff., 83 d.A.).
Im veröffentlichen sog. Betriebsratsmagazin, das bei der Arbeitgeberin aushing, wandte sich der Betriebsrat anlässlich der bevorstehenden Betriebsratswahl an die Mitarbeiter. Auf den Wortlaut des Aushangs wird ausdrücklich Bezug genommen (Anlage K19, Bl. 78 d.A.).
Mit Schreiben vom 22.11.2019 gegenüber dem Wahlvorstand (Anlage K20, Bl. 79 f. d.A.) erhob die Kandidatin der Liste 3, Frau F. eine Beschwerde wegen Wahlbehinderung durch Frau D.-C., die gegenüber potentiellen Wählern behauptet habe, dass sie nicht unabhängig vom Geschäftsführer sei. Mit Schreiben vom 25.11.2019 wandte sich der Wahlvorstand an Frau F. und kündigte die Überprüfung der Beschwerde an (Anlage K24, Bl. 86 d.A.).
Mit Schreiben vom 18.11.2019 der Arbeitgeberin an die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di (Anlage K22, Bl. 84 d.A.), mit der die Arbeitgeberin auf ein ihr am 14.11.2019 eingegangenes Schreiben der Gewerkschaft antwortete, genehmigte diese der Gewerkschaft den Zutritt zur Betriebsstätte am 20.11.2019, allerdings beschränkt auf das Betriebsratsbüro, und wies im Übrigen auf fehlende nähere Angaben hin, die eine Überprüfung der Zutrittsberechtigung ermöglichten.
Mit Schreiben vom 25.11.2019 (Anlage K23, Bl. 85 d.A.) bestätigte der ver.di-Gewerkschaftssekretär Bezirk D-Stadt Herr R. („gez.“), dass Herr D.-C. – der Ehemann der Kandidatin D.-C. – von Ver.di D-Stadt beauftragt sei, die Weitergabe von gewerkschaftlichen Informationen bei der Arbeitgeberin vorzunehmen. Herr D.-C. suchte am 25.11.2019 die Einrichtung der Arbeitgeberin in O.-Stadt, am 26.11.2019 die Einrichtung in A-Stadt und am 27.11.2019 die Betriebsstätten in An.-Stadt, A-Stadt und F.-Stadt auf, suchte das Gespräch zu Beschäftigten und verteilte Wahlwerbung für die Liste 2. Mit Schreiben vom 09.12.2019 (Anlage Agg2, Bl. 234 d.A.) bekräftigte der ver.di-Gewerkschaftssekretär Herr R. gegenüber der Arbeitgeberin, dass Herr D.-C. am 25.11.2019 über eine im Original unterzeichnete Beauftragung verfügte, um für ver.di tätig zu werden.
Im Zeitraum 25.11. bis 29.11.2019 wurden die Betriebsratswahlen durchgeführt und am 29.11.2019 die Stimmenauszählung vorgenommen. Auf die Wahlniederschrift (Anlage K25, Bl. 87 f. d.A.) wird verwiesen.
Mit am 12.12.2019 beim Arbeitsgericht München eingegangener Antragsschrift begehrte die Arbeitgeberin die Feststellung, dass die Betriebsratswahl nichtig sei, hilfsweise, dass sie für unwirksam erklärt wird.
Die Arbeitgeberin vertritt die Auffassung, dass die auf den Wähler- und Vorschlagslisten aufgeführten Leitungskräfte, insbesondere die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen, aufgrund ihrer Stellung und Kompetenzen im Betrieb als leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG anzusehen seien. Dies gelte auch für die Pflegedienstleitung der SZ F.- Stadt, Frau P. die ausweislich des Schriftverkehrs im November und Mai 2019 (Anlagen K29 und K30, Bl. 95 ff. d.A.) Einstellungs- und Entlassungskompetenz habe. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG seien gegeben, da sie zentrale Aufgaben für den Bestand und die Entwicklung der Arbeitgeberin wahrnähmen. Sie hätten für den jeweiligen Teilbetrieb eine so herausragende Bedeutung, da sie selbständig gegenüber der Heimaufsicht verantwortlich seien und eine umfassende Verantwortlichkeit für die Personaleinsatzplanung und – bedarfsbestimmung, Hygienemanagement, Bewohnerversorgung etc. selbständig wahrnähmen. Die hierfür erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf Pflegedienstleitungen müssten durch Lehrgänge (§ 71 Abs. 3 SGB XI) erlernt und entsprechende Kenntnisse auch durch erfolgreiche Prüfungen nachgewiesen werden. Dass eine Bejahung der Eigenschaft als leitende Angestellten zwingend sei, zeige sich daran, dass andernfalls die Kontroll- und Überwachungsfunktion des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG in Bezug auf die den Einrichtungsleitungen allein obliegende Dienstplanung aufgehoben wäre, wenn sich diese selbst kontrollieren würden. Gleiches wie für die Einrichtungsleitungen gelte auch für die weiteren „Leitungen“, allen voran die Leitung des ambulanten Dienstes sowie der Tagespflege. Der Kandidat H. als Datenschutzbeauftragter, dessen Funktion und Stellung im BDSG und in der EU-DSGVO geregelt sei, sei frei von Weisungen und auf der Ebene der Geschäftsführung angesiedelt, da er nur dieser berichte. Folglich verstoße die Aufnahme dieser Personen in die Wählerund Vorschlagslisten gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 WO, § 2 Abs. 1, 4 WO sowie §§ 7 f. BetrVG, was zumindest zusammengenommen zur Nichtigkeit der Wahl führe, wenigstens aber zu ihrer Anfechtbarkeit.
Weiters sei, so die Arbeitgeberin, im Wahlausschreiben eine Belehrung über den Begriff des leitenden Angestellten und dass diese weder wahlberechtigt noch wählbar seien, nicht erfolgt.
Außerdem sei die Wahl unzulässig beeinflusst bzw. behindert worden. Es habe massive Versuche der Wahlbeeinflussung durch Frau D.-C. und durch den von ihr beauftragten Ehemann, der sich ab dem 25.11.2019 widerrechtlich Zutritt zu den Einrichtungen verschafft habe, und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gegeben, indem diese wahrheitswidrig behaupteten, dass sich auch Leitungskräfte auf der Vorschlagsliste 3 befinden würden und diese mit dem Geschäftsführer eine gemeinsame Firma hätten und mit ihm privat zusammenarbeiten würden. Auch der damals bestehende Betriebsrat habe massiv versucht, die Wahl zu Lasten der Kandidatenliste 3 zu beeinflussen. Nicht anders habe sich zudem die Kandidatin der Liste 3, Frau P., verhalten. Zudem hätte Frau D.-C., noch dazu als Wahlvorstandsvorsitzende, unzulässig unter Verwendung des Gewerkschaftslogos und noch vor Einleitung der Betriebsratswahl versucht, das Wahlverhalten zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Sie habe sich damit einen aktiv werbenden Vorsprung vor etwaigen Konkurrenten verschafft und damit das Wahlergebnis beeinflussen können. Weiterhin habe sich der Betriebsrat in seinem Betriebsratsmagazin keineswegs neutral verhalten, sondern klare Wahlwerbung zu Gunsten der Vorschlagsliste 2 betrieben, da v.a. auf dieser Liste Leitungskräfte vertreten gewesen seien. Dem entspreche auch das Flugblatt (Anlage K21), welches angeblich unberechtigte Angriffe gegen den damals noch bestehenden Betriebsrat rüge.
Ferner habe der Wahlvorstand das Kennwort der Vorschlagsliste 2 rechtsfehlerhafterweise als zulässig eingestuft. Obwohl es sich nicht um einen Wahlvorschlag der Gewerkschaft Ver.di gehandelt habe, sei durch Verwendung eines wesentlichen Namensbestandteils der Gewerkschaft Ver.di („ver.diente“) ein falscher Eindruck erweckt worden. Dies werde auch deutlich durch die Werbung der Liste 2, die den namensbestandteil ver.di bei „ver.diente“ auch farblich besonders hervorgehoben habe und zudem mit dem Logo der Gewerkschaft versehen gewesen sei.
Die Arbeitgeberin beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass die Betriebsratswahl vom 25. November bis zum 29. November 2019 nichtig ist.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag 1.
2. Die Betriebsratswahl 25. November bis zum 29. November 2019 wird für unwirksam erklärt.
Der Betriebsrat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, es lägen weder Nichtigkeits- noch Anfechtungsgründe für die Betriebsratswahl vor. Es hätten sich keine leitenden Angestellten auf den Vorschlagsund Wählerlisten befunden. Von der Liste der Personalabteilung der Arbeitgeberin vom 20./24.09.2019 sei lediglich Frau S. eine leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BertVG, was vom Wahlvorstand auch ordnungsgemäß berücksichtigt worden sei. Auf die übrigen Personen träfe dies nicht zu. Unrichtigerweise gehe die Arbeitgeberin angesichts des E-Mail-Verkehrs in Anlagen K29 und K30 davon aus, dass Frau P. mit einer Befugnis nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ausgestattet sei. Die beiden Anlagen belegten lediglich ein „Votum“, aber keine eigene Entscheidungsbefugnis. Auch der Auffangtatbestand des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG sei nicht erfüllt. Die Tätigkeit der Einrichtungsleitungen und/oder Pflegedienstleitungen sei auf die Durchführung von unternehmerischen Entscheidungen, die mit Budgetvorgaben getroffen worden seien, beschränkt. Die Zielvorgaben der Stellenbeschreibungen bestätigten das Fehlen eines auf unternehmerische Eigeninitiative ausgelegten Charakters der Tätigkeit. Pflegerische Verantwortung sei nicht gleich unternehmerische Verantwortung. Insgesamt handle es sich nicht um Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung seien und deren Erfüllung besondere Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzten. Es sei von besonderer Bedeutung, dass die einzelnen Einrichtungen der Arbeitgeberin nicht jeweils einzelne Betriebe seien, sondern regelmäßig Betriebsteile § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG stelle aber hinsichtlich der Bedeutung der Aufgaben aber ausdrücklich auf den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs ab und nicht auf Betriebsteile. Auch die weiteren Personen („Leitungen“) erfüllten § 5 Abs. 3 BetrVG nicht; dies gelte auch für den Datenschutzbeauftragten Herrn H., der nur in seinem spezifischen Aufgabenbereich Verantwortung trage.
Eines Hinweises auf den Begriff eines leitenden Angestellten im Wahlausschreiben habe es ausweislich der abschließenden Regelung in § 3 Abs. 2 WO nicht bedurft.
Es sei sachverhaltsverzerrend, wenn die Arbeitgeberin behaupte, der Wahlvorstand habe noch vor Aushang des Wahlausschreibens unter Verwendung des Logos der Gewerkschaft ver.di informiert. Der Info an die Belegschaft sei ergänzend informatorisch ein Ausdruck einer Präsentationsfolie von Ver.di beigefügt worden. Dass die Wahlbewerberin Frau D.-C. unter Verwendung des Logos von ver.di Wahlwerbung betrieben habe, sei unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden und keineswegs unüblich, zumal die Liste 2 tatsächlich von der Gewerkschaft unterstützt worden sei. Falsch sei, dass der Betriebsrat mit dem Betriebsratsmagazin die Liste 2 unterstützt habe, da in dem Magazin keinerlei direkter Bezug auf die Liste 2 genommen sei. Ein Neutralitätsverstoß liege nicht vor. Auch im Übrigen sei der Vorwurf der Wahlbehinderung/-beeinflussung unzutreffend. Selbst wahrheitswidrige Wahlwerbung, die sog. Propagandalüge, sei nicht per se unzulässig. Unklar sei, inwiefern das Erscheinen des Ehemanns der Frau D.-C. eine Wahlbeeinflussung darstellen könne, da er über einen Auftrag der Gewerkschaft ver.di verfügt habe. Auch sei die Wahlwerbung der Gewerkschaft ver.di für die Liste 2 von Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt und nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Wahlvorschlagsliste 2 habe es sich um einen Wahlvorschlag der Gewerkschaft ver.di i.S.d. §§ 14 Abs. 5 BetrVG gehandelt. Zum einen seien die Arbeitnehmerin D.-C. sowie der aktuelle Betriebsratsvorsitzende L. von Ver.di beauftragt, jenen gewerkschaftlichen Wahlvorschlag mit ihren Unterschriften zu stützen. Auf eine Vollmacht vom 14.10.2019 (Anlage Agg3, Bl. 235 d.A.) wird verwiesen. Zum anderen habe dieser Wahlvorschlag auch noch zusätzlich Stützunterschriften von weiteren Arbeitnehmern erfahren. Schließlich wäre das Kennwort auch bei einem nichtgewerkschaftlichen Wahlvorschlag nicht zu beanstanden.
Die Arbeitgeberin erwidert, dass es unzutreffend sei, dass Herr D.-C. ab dem 25.11.2019 im Auftrag der Gewerkschaft Ver.di gehandelt habe, als er sich Zutritt zu den Einrichtungen verschafft und Werbung für die Liste 2 verteilt habe. Im Verfahren vor dem Arbeitsgericht München 31 Ca 1668/20 habe die Gewerkschaft ver.di im Schriftsatz vom 29.05.2020 ausgeführt, dass diese Personen – Herr und Frau D.-C. – weder im Auftrag noch im Namen von Ver.di gehandelt habe noch für irgendwelche Handlungen beauftragt oder bevollmächtigt gewesen seien (Anlage KK38, Bl. 267 ff. d.A.). Dementsprechend liege sowohl im verwendeten Kennwort der Liste 2 als auch dem Auftreten des Ehemanns ab dem 25.11.2019 eine nicht durch entsprechende Vollmacht der Gewerkschaft ver.di gedeckte und damit unzulässige Wahlbeeinflussung.
Zum weiteren Sachvortrag der Beteiligten sowie zur Prozessgeschichte wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 30.06.2020 verwiesen.
II.
Die Anträge zu 1 und 2 sind nicht erfolgreich. Sie sind zulässig, aber unbegründet. Die im November 2019 durchgeführte Betriebsratswahl ist weder nichtig noch ist sie nach § 19 BetrVG anfechtbar.
1. § 83 Absatz 3 ArbGG regelt nicht selbst, wer Beteiligter des jeweiligen Verfahrens ist. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass die genannten Personen und Stellen zu hören sind. Maßgeblich ist, welche Personen oder Stellen durch die vom Ast. begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen, personalvertretungsrechtlichen oder mitbestimmungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen werden. Die Beteiligung an einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren richtet sich nach materiellem Recht, ohne dass es einer darauf gerichteten Handlung der Person oder Stelle oder des Gerichts bedarf (vgl. BAG NZA 2009, 254).
An dem Beschlussverfahren war hier gemäß § 83 Abs. 3 BetrVG neben die Arbeitgeberin als Antragstellerin nur der gewählte Betriebsrat zu beteiligen. Aufgrund der „Vollanfechtung“ der Betriebsratswahl vom November 2019 sind die Arbeitgeberin und der Betriebsrat, nicht aber die einzelnen Betriebsratsmitglieder, in ihrer kollektivrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen und damit Beteiligte des Beschlussverfahrens.
2. Die Anträge sind zulässig.
a. Das geltend gemachte Begehren wird von der Arbeitgeberin zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz i.S.d. § 2a Abs. 1 Nr. 1, § 2a Abs. 2, § 80 Abs. 1 ArbGG.
b. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts München als Gericht der Hauptsache folgt aus § 85 Abs. 2 S. 2 ArbGG, § 937 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 S. 1 ArbGG. Der Betrieb mit seinen Betriebsstätten liegt im Bezirk des Arbeitsgerichts München.
3. Die Anträge sind unbegründet.
a. Die Anträge scheitern nicht bereits an den formellen Anforderungen.
aa. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl ist zulässig. Er umfasst nicht nur die Anfechtung nach § 19 BetrVG. Er erstreckt sich auch auf die Prüfung der Nichtigkeit, die jederzeit von jedermann geltend gemacht werden kann.
bb. Zulässig ist auch der Anfechtungsantrag der Arbeitgeberin. Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber (§ 19 Absatz 2 Satz 1 BetrVG). Die Wahlanfechtung ist binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig (§ 19 Absatz 2 Satz 2 BetrVG). Diese Voraussetzungen der Anfechtung sind erfüllt: Die Arbeitgeberin hat die Betriebsratswahl vom November 2019 gemäß § 19 Absatz 2 Satz 2 BetrVG binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten. Das Wahlergebnis wurde am 29.11.2019 bekannt gemacht. Die Antragsschrift ging am 12.12.2019 und damit rechtzeitig beim Arbeitsgericht ein. Die Arbeitgeberin ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt.
b. Allerdings liegen die materiellen Voraussetzungen nicht vor.
aa. Nach § 19 Absatz 1 BetrVG kann die Wahl des Betriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen anzunehmen, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Es muss ein sowohl offensichtlicher als auch besonders grober Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegen (vgl. BAG NZA 2004, 395, 397 m.w.N.).
bb. Hieran gemessen ist weder eine Nichtigkeit noch eine Anfechtbarkeit der Wahl gegeben. Ein wesentlicher Verstoß gegen Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren liegt nicht vor.
(1) Ein Grund für die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl ergibt sich nicht daraus, dass die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen SZ O.-Stadt/F.-Stadt/A-Stadt/An.- Stadt/G.-Stadt, die Leitung ambulanter Dienst, die Leitung Tagespflege F.-Stadt/G.-Stadt, die Leitung Finanzdurchführung, die Leitung Heimbelegung und -abrechnung, die Leitung Personalabteilung und die Leitung Qualitätsmanagement als wahlberechtigte Arbeitnehmer bzw. wählbare Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl teilgenommen haben.
(a) Zwar kann grundsätzlich die Teilnahme von nicht wahlberechtigten oder wählbaren Arbeitnehmern an einer Betriebsratswahl die Anfechtbarkeit der Wahl begründen. Die Verkennung der Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer nach § 7 BetrVG oder der wählbaren Arbeitnehmer nach § 8 BetrVG kann zur Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl führen (vgl. BAG 7 ABR 67/90).
(b) Die Zuordnung der so genannten Außendienstmitarbeiter zu dem Kreis der wahlberechtigten und wählbaren Arbeitnehmer im Sinne der § 7 BetrVG, § 8 BetrVG ist aber nicht offensichtlich fehlerhaft, § 18 a Abs. 5 Satz 3 BetrVG. Aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin ergibt sich insbesondere nicht, dass die o.g. Mitarbeiter offensichtlich Leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG sind.
(c) Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG liegen für die o.g. Mitarbeiter nicht vor.
(aa) Die o.g. Mitarbeiter sind nicht zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Diese Berechtigung muss sich nicht nur auf die selbstständige Einstellung von Arbeitnehmern beziehen, sondern auch auf die Entlassung von Arbeitnehmern; eine der beiden Befugnisse reicht nicht aus. Dass eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis gemeinsam bei allen Mitarbeitern vorliegt, ergibt sich aus dem Vorbringen der Arbeitgeberin schon nicht. Dies gilt uneingeschränkt für die Leitung ambulanter Dienst, die Leitung Tagespflege F.-Stadt/G.-Stadt, die Leitung Finanzdurchführung, die Leitung Heimbelegung und -abrechnung, die Leitung Personalabteilung und die Leitung Qualitätsmanagement, bei denen die Arbeitgeberin keine derartige Befugnis behauptet hat. Soweit die Arbeitgeberin eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis bei den Mitarbeitern der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen SZ O.Stadt/F.-Stadt/A-Stadt/An.-Stadt/G.-Stadt behauptet hat, kann die Kammer dem nicht folgen. In den von der Arbeitgeberin vorgelegten Stellenbeschreibungen dieser Mitarbeiter, die Bestandteil des Arbeitsvertrags sind, ist weder eine Einstellungs- noch eine Entlassungsbefugnis enthalten, sondern allenfalls eine Kompetenz zur Personalgewinnung sowie zum Ausspruch von Ermahnungen bestimmt, mithin zu vorbereitenden Maßnahmen. Auch aus den von der Arbeitgeberin vorgelegten Schreiben der Einrichtungsleitung SZ F.-Stadt, Frau P., an die Personalverwaltung der Arbeitgeberin ergibt sich eine derartige Befugnis nicht. Darin spricht sich Frau P. einmal für die Einstellung einer Bewerberin und die Kündigung einer Arbeitnehmerin sowie einmal gegen die Übernahme einer Auszubildenden aus. Die beiden Schreiben tragen jeweils im Betreff das Wort „Votum“. Daraus wird ersichtlich, dass Frau P. die Personalentscheidungen nicht selbständig i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG getroffen hat, sondern im Gegenteil hierzu lediglich einen Vorschlag/eine Stellungnahme abgegeben hat, die eigentliche Entscheidung aber in den Händen der Personalverwaltung bzw. in der Hand des Geschäftsführers der Arbeitgeberin lag. Dass im Einzelfall der Personalverwaltung oder der Geschäftsführung der Arbeitgeberin entsprechende Vorschläge unterbreitet werden, ist für eine leitende Stellung i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG nicht zureichend. Ferner kann die Arbeitgeberin aus Sicht der Kammer nicht mit ihrem Argument durchdringen, dass sich aus Vorgaben des einzuhaltenden Rahmenvertrags für den Bereich der stationären Pflege gemäß § 75 SGB XI eine Befugnis zur Einstellung oder Entlassung von Mitarbeitern für die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen ergibt und zwar konkret aus den dort geregelten Stellenschlüsseln und Budgetvorgaben. Denn die Verpflichtung zur Einhaltung von Stellenschlüsseln etc. richtet sich vornehmlich an die Partei, die den Rahmenvertrag abschließt; dies sind aber nicht die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen, sondern die Arbeitgeberin, vertreten durch ihre Geschäftsführung. Dass die Durchführung des Rahmenvertrags, wie hier von Bedeutung, hinsichtlich der Einstellung und Entlassung von Pflegekräften und sonstigen Mitarbeitern in den Pflegeeinrichtungen der Arbeitgeberin an die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen delegiert wären, ergibt sich, wie soeben dargelegt, aber weder aus den Stellenbeschreibungen/dem Arbeitsvertrag noch aus der tatsächlichen Durchführung des Arbeitsvertrags. Schließlich folgt nichts Anderes aus den Inhalten des Weiterbildungslehrgangs, den die Arbeitgeberin auszugweise schriftlich wiedergegeben hat. Aus den Lehrinhalten „Personalführung“, „Personalbedarfsermittlung“, „wirtschaftliche Führung“ ergibt sich nicht ansatzweise, inwieweit konkret bei der Arbeitgeberin die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen mit Befugnissen der Einstellung und Entlassung betraut sind.
(bb) Die o.g. Mitarbeiter verfügen weiterhin über keine Generalvollmacht oder Prokura, § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BetrVG. Mit Ausnahme von Frau S., welche unstreitig Prokuristin ist, aber auf entsprechenden Hinweis der Arbeitgeberin hin bei an der Betriebsratswahl weder aktiv noch passiv beteiligt war, also weder in der Wahlliste noch in den Wahlvorschlägen auftauchte, verfügt keiner der o.g. Mitarbeiter über Prokura oder Generalvollmacht, so dass sich eine Stellung als leitender Angestellter hieraus ebenso nicht ergibt.
(cc) Die o.g. Mitarbeiter sind auch keine Leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG.
(aaa) Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach seinem Arbeitsvertrag und seiner Stellung im Unternehmen oder Betrieb regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst.
Voraussetzung für die Wahrnehmung einer unternehmerischen (Teil-)Aufgabe ist, dass dem leitenden Angestellten rechtlich und tatsächlich ein eigener und erheblicher Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht, d. h. er muss mit weitgehender Weisungsfreiheit und Selbstbestimmung seinen Tätigkeitsbereich wahrnehmen und kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben. Der nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG erforderliche Einfluss auf die Unternehmensführung kann darin bestehen, dass der leitende Angestellte selbst die Entscheidungen trifft, aber auch darin, dass er kraft seiner Schlüsselposition Voraussetzungen schafft, an denen die Unternehmensleitung schlechterdings nicht vorbeigehen kann. Je tiefer die Entscheidungsstufe in der Unternehmenshierarchie liegt, auf der der Angestellte unternehmens- oder betriebsleitende Aufgabenstellungen erfüllt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wesentliche unternehmerische Entscheidungsspielräume auf den höheren Entscheidungsstufen bereits verbraucht wurden. Von welcher Delegationsstufe ab leitende Angestellte im Unternehmen nicht mehr beschäftigt werden, lässt sich nur im jeweiligen Einzelfall bestimmen. Der maßgebliche Einfluss fehlt jedenfalls dann, wenn der Angestellte nur bei der reinen arbeitstechnischen, vorbestimmten Durchführung unternehmerischer Entscheidungen eingeschaltet wird, etwa im Rahmen von Aufsichts- oder Überwachungsfunktionen. Erforderlich ist schließlich auch, dass die unternehmerische Aufgabenstellung mit Entscheidungsspielraum die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägt, d. h. sie schwerpunktmäßig bestimmt (vgl. BAG NZA 2010, 955 m.w.N.).
(bbb) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall handelt es sich bei den o.g. Mitarbeitern der Arbeitgeberin – nach Würdigung der Umstände des Einzelfalls – nicht um leitende Angestellter i. S. von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist.
– Die Leitung ambulanter Dienst, die Leitung Tagespflege F.-Stadt/G.-Stadt, die Leitung Finanzdurchführung, die Leitung Heimbelegung und -abrechnung, die Leitung Personalabteilung und die Leitung Qualitätsmanagement sind keine leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG: Sie nehmen keine Aufgaben wahr, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder des Betriebes der Arbeitgeberin von Bedeutung sind. Sie treffen keine Entscheidungen, an denen die Geschäftsführung der Beklagten nicht vorbeigehen könnte. Sie haben keine herausragende Stellung im Unternehmen der Arbeitgeberin, die den Status als leitender Angestellter rechtfertigen könnte. Sie verrichten lediglich weisungsgebunden Arbeit in dem ihnen zugewiesenen Bereich und vollziehen Entscheidungen der Geschäftsleitung.
– Auch die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen, die den Betriebsstätten der Arbeitgeberin vorstehen, sind, auch wenn sie in der hierarchischen Stellung im Unternehmen der Arbeitgeberin eine exponiertere Rolle einnehmen als die anderen o.g. Mitarbeiter, bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls keine leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Im Einzelnen:
Ein Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen sind nicht bereits deshalb leitende Angestellte, weil sie regelmäßig frei und eigenverantwortlich Entscheidungen etwa über die fachliche und organisatorische Leitung der Bereich Pflege, soziale Betreuung und Hauswirtschaft und die Planung, Durchführung und Evaluation des Pflegeprozesses etc., wie es in ihren Stellenbeschreibungen als Bestandteil des Arbeitsvertrags heißt, fällen können. Zwar obliegt ihnen die gesamte Verantwortung im pflegerischen Bereich, in dem sie eigenverantwortlich handeln, etwa über das in der Pflegeeinrichtung beschäftigte Personal größtenteils selbständig verfügen, und an Weisungen im Zweifel nicht gebunden sind. Die pflegerische Behandlung der Patienten einschließlich der Entscheidung über bestimmte Behandlungsmethoden hat jedoch nicht in erster Linie eine unternehmerische Dimension. Sie zielt auf den Heilerfolg. Pflegerische Entscheidungen erklären sich aus den Besonderheiten des Arzt-Patientenverhältnisses. Sie sind der Disposition des Arbeitgebers entzogen und betreffen nicht ohne Weiteres eine unternehmerische Aufgabenstellung i. S. des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG.
Maßgeblich für die Qualifizierung der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen als leitende Angestellte i. S. von § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ist vielmehr, ob sie nach der konkreten Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben können. Erforderlich ist, dass sie nach dem Arbeitsvertrag und der tatsächlichen Stellung im Unternehmen der Arbeitgeberin der Leitungs- und Führungsebene zuzurechnen ist und unternehmens- oder betriebsleitende Entscheidungen entweder selbst treffen oder maßgeblich vorbereiten. Ausdruck einer solchen Stellung können z. B. die selbstständige Verwaltung eines nicht ganz unerheblichen Budgets oder die zwingende Mitsprache bei Investitionsentscheidungen sein (vgl. BAG NZA 2010, 955 Rn. 17). Hiernach steht für die Kammer bei Gesamtbewertung der hier gegebenen wesentlichen Umstände fest, dass die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen durch die Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Entscheidung der Arbeitgeberin nicht maßgeblich beeinflussen.
So ergibt sich aus den im Arbeitsvertrag (den Stellenbeschreibungen) festgelegten Aufgaben nicht, dass den Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen typische unternehmerische (Teil-)Entscheidungen obliegen, an denen die Unternehmensleitung der Arbeitgeberin schlechterdings nicht vorbeigehen kann: Nach der Stellenbeschreibung gehört zu den Aufgaben der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen eine „wirtschaftliche Haushaltsführung und Investitionsplanung im Rahmen des vereinbarten Budgets“. Den Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen, die selbst nicht an den Pflegesatzverhandlungen undabschlüssen mit Bezirk und Pflegekassen beteiligt sind, obliegt es lediglich, das ihnen zur Verfügung gestellte Budget entsprechend der ausgehandelten Parameter zu verwenden, ohne im Einzelnen über den Einsatz des Budgets frei und selbständig entscheiden zu können. Es handelt sich dabei um eine rein durchführende bzw. umsetzende Aufgabe. Eine durch unternehmerische Initiative gekennzeichnete Tätigkeit, die auf Gestaltung ausgerichtet ist, stellt dies gerade nicht dar. Bestätigt wird dies durch die Einlassungen des Geschäftsführers der Arbeitgeberin in der Anhörung vor der Kammer am 30.06.2020, in der dieser angab, dass er im Sinne einer unternehmerischen Liquiditätsplanung bei Entscheidungen über die Verwendung des Budgets in den Pflegeeinrichtungen stets involviert ist und sich gegenüber den Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen ein „Vetomöglichkeit“ vorbehält. Dies zeigt, dass eine Willensübereinstimmung zwischen Geschäftsführung und Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen bei der Frage der Verwendung des Budgets in den Pflegeeinrichtungen keine Voraussetzung ist, sondern eine Beteiligung der Leitungen nur in Form der Abstimmung vorgesehen ist, bei der die tatsächliche Entscheidungsbefugnis letztlich bei der Arbeitgeberin, vertreten durch die Geschäftsführung, liegt. Dass die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen über ihre pflegerischen Aufgaben hinaus unternehmerische Entscheidungen treffen oder zumindest tatsächlichen Einfluss auf solche ausüben können, wird hieraus nicht ersichtlich. Selbst wenn man Letzteres aber unterstellen würde, so ist geht nichts dafür hervor, dass die Erfüllung unternehmerischer (Teil) Aufgaben der Tätigkeit der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen das Gepräge geben und ein beachtlicher Teil ihrer Tätigkeit hiervon beansprucht würde (vgl. hierzu BAG NZA 2010, 955 Rn. 31). Die lange Liste an fachlichen, weitgehend den pflegerischen Bereich betreffenden Aufgaben in den Stellenbeschreibungen der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen spricht jedenfalls nicht dafür.
Des Weiteren weist auch die Zielsetzung in der Stellenbeschreibung „Umsetzung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses durch die Erfüllung gemeinsamer Qualitätsziele in Kooperation mit Geschäftsführung und QM-Team“ nicht auf die Wahrnehmung unternehmerischer Aufgaben hin. Der Geschäftsführer hat hierzu in der Anhörung vor der Kammer am 30.06.2020 erklärt, dass regelmäßige Treffen zur Bestimmung von Qualitätszielen abgehalten werden, an denen neben ihm u.a. auch die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen als Führungskräfte teilnehmen. Selbst wenn die Leitungen damit in dieser Frage wohl einen gewissen Einfluss auf das Leistungsspektrum der Arbeitgeberin ausüben können, genügt dies alleine nicht, um einer „maßgeblichen Beeinflussung“ der unternehmerischen Entscheidung i.S.d. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG ausgehen zu können. Dass die Leitungen einem größeren Gremium angehören, dessen Pläne und Vorschläge die Unternehmensleitung beeinflussen können, führt nämlich nicht dazu, dass jedem einzelnen Mitarbeiter dieses Gremiums unternehmerische Funktionen und damit die Stellung als leitender Angestellter beizumessen ist (vgl. BAG EzA § 5 BertVG 1972 Nr. 64, II 3 c ee). Vielmehr muss der Einfluss dem jeweiligen Angestellten auch persönlich zuzurechnen sein, was hier in Bezug auf die nicht unbeträchtliche Anzahl an Personen mit Leitungsfunktion im Unternehmen der Arbeitgeberin nicht der Fall ist.
Zuletzt lässt sich aus der Personalverantwortung der Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen für das in den Pflegeeinrichtungen beschäftigte Personal nicht die Eigenschaft als leitende Angestellte ableiten. Die Personalverantwortung ist kein Tatbestandsmerkmal des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Eine „schlichte Vorgesetztenstellung” ist für eine Qualifikation als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG nicht ausschlaggebend (vgl. BAG NZA 2010, 955 Rn. 30 m.w.N.). Ebenso nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist, dass Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen für die jeweilige Pflegeeinrichtung und damit auch für das Unternehmen der Arbeitgeberin eine herausgehobene Bedeutung haben. Es ist gerade nicht maßgeblich, dass die Leitungen der Pflegeeinrichtungen eigenverantwortliche Entscheidungen treffen können, die – unbestritten – maßgebliche Auswirkungen auf die Qualität und den Erfolg der pflegerischen Versorgung und damit auch auf den guten Ruf der Arbeitgeberin haben. Vielmehr kommt es, wie dargelegt, darauf an, ob sie unternehmens- oder betriebsleitende Entscheidungen entweder selbst treffen oder maßgeblich vorbereiten, was vorliegend nicht der Fall ist.
– Abschließend kommt eine Einordnung des Herrn H., der betrieblicher Datenschutzbeauftragter bei der Arbeitgeberin ist, als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG nicht in Betracht. Bei der Tätigkeit des Herrn H. fehlt es schon daran, dass Herr H. unternehmerische Aufgaben wahrnimmt. Als Datenschutzbeauftragter hat er die nach dem BDSG/ der EU-DSGVO gegebenen Gestaltungsräume des Datenschutzes wahrzunehmen, jedoch nicht die unternehmerischen Grundentscheidungen zu treffen. Selbst wenn man bei der Ausübung der Befugnisse des Datenschutzbeauftragten – quasi als „Nebenprodukt“ – eine Art der Mitgestaltung unternehmerischer Entscheidungen sähe, wäre diese Möglichkeit der Einflussnahme nicht durch einen Arbeitsvertrag zwischen ihm und der Arbeitgeberin begründet, sondern durch die gesetzlichen Tatbestände des BDSG/ der EU-DSGVO bedingt. Die Übertragung unternehmerischer Befugnisse müsste gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG aber „nach dem Arbeitsvertrag“ erfolgt sein.
(ccc) § 5 Absatz 4 BetrVG enthält weitere Kriterien, die im Zweifelsfall den Rückschluss auf einen leitenden Angestellten zulassen. Da bereits die Kriterien des § 5 Abs. 3 BetrVG nicht zu Zweifeln führen, dass die Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen, die Leitung ambulanter Dienst, die Leitung Tagespflege F.-Stadt/G.-Stadt, die Leitung Finanzdurchführung, die Leitung Heimbelegung und -abrechnung, die Leitung Personalabteilung und die Leitung Qualitätsmanagement keine leitende Angestellten sind, kam es § 5 Abs. 4 BetrVG nicht weiter an. Nicht überzeugen kann das Argument der Arbeitgeberin, dass es nicht sein könne, dass Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen Betriebsratsmitglieder sein könnten, da sie dann über den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG auch eine Kontrolle über die von ihnen selbst aufgestellten Dienstplänen für alle Beschäftigten der Einrichtung hätten. Auch wenn man hier einen Fall der Interessenkollision sähe, was dahingestellt bleiben kann, würde dies nicht dazu führen, dass Einrichtungs- und/oder Pflegedienstleitungen aus diesem Grund als leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 BetrVG zu begreifen wären. Stattdessen würde in diesem Fall § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG eingreifen und ein Ersatzmitglied für die Dauer der Verhinderung in den Betriebsrat einrücken, so dass die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats gewahrt bliebe.
(2) Ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund ergibt sich nicht aus einem gegen die Wahlvorschriften des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO sowie § 2 Abs. 4 WO. Die Arbeitgeberin argumentiert in diesem Zusammenhang, dass aufgrund der Berücksichtigung von leitenden Angestellten in den Wähler- bzw. Vorschlagslisten für die Betriebsratswahl entsprechende Verstöße gegen die Wahlordnung vorliegen. Nachdem vorliegend, wie dargelegt, an der Betriebsratswahl weder aktiv noch passiv leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG teilgenommen haben, liegen die geltend gemachten Verstöße gegen Wahlvorschriften nicht vor.
(3) Ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund kommt nicht in Betracht, weil die Vorschlagsliste Nr. 2 bei der Betriebsratswahl das Kennwort „ver.diente Wertschätzung im Pflegestern“ verwendet hat, das den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, es handle sich bei der Liste um einen Wahlvorschlag einer Gewerkschaft. Denn ein solcher lag tatsächlich bezüglich der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vor.
(a) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand eine eingereichte Vorschlagsliste unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang [zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste die Listenvertreterin oder den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe] zu unterrichten. Dabei erstreckt sich die Prüfpflicht des Wahlvorstands auf alle erkennbaren Unwirksamkeitsgründe für den eingereichten Wahlvorschlag. Sie umfasst alle Umstände, die geeignet sind, seine Gültigkeit in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand bei einer Prüfung der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann (vgl. BAG NZA 2013, 1095 Rn. 18; NZA-RR 2009, 481 Rn. 25). § 8 Abs. 1 und Abs. 2I WO bezeichnet mögliche Gründe für die Ungültigkeit einer Vorschlagsliste. Die Unzulässigkeit eines Kennworts ist darin nicht erwähnt. Allerdings folgt aus § 7 Abs. 2 Satz 1 WO, dass der Wahlvorstand zumindest das Vorhandensein eines Kennworts auf dem Wahlvorschlag zu prüfen hat. Nach dieser Bestimmung hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten, wenn die Liste nicht mit einem Kennwort versehen ist, mit Familienname und Vorname der beiden in der Liste an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen. Bei der Prüfung des Vorhandenseins eines Kennworts kann der Wahlvorstand auch dessen Zulässigkeit prüfen (vgl. BAG NZA 2013, 1095 Rn. 19).
Kennworte auf Vorschlagslisten können insbesondere dann unzulässig sein, wenn sie strafbaren, diskriminierenden, beleidigenden oder irreführenden Charakter haben. Auch darf durch Kennwörter keine Verwechslungsgefahr zwischen mehreren Vorschlagslisten eintreten (vgl. BAG NZA 2013, 1095 Rn. 20 mwN).
(b) Die Verwendung der Bezeichnung „ver.diente Wertschätzung im Pflegestern“ im Kennwort der Vorschlagsliste Nr. 2 war danach zulässig. Der Wahlvorstand durfte daher die Liste mit diesem Kennwort zur Wahl zulassen.
Die Verwendung des o.g. Kennworts war aber nicht deshalb unzulässig, weil das Kennwort den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, es handele sich bei der Liste um einen Wahlvorschlag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nach § 14 Abs. 3 und 5 BetrVG. Dieser Eindruck war nicht unzutreffend, da die Liste tatsächlich von der Dieser Eindruck war nicht unzutreffend, da die Liste tatsächlich von der Industriegewerkschaft Metall nicht nur unterstützt wurde, sondern von dieser stammte.
Nach § 14 Abs. 3 BetrVG können zur Wahl des Betriebsrats sowohl die wahlberechtigten Arbeitnehmer als auch die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen. Das BetrVG unterscheidet damit ausdrücklich zwischen Wahlvorschlägen der Arbeitnehmer und gewerkschaftlichen Wahlvorschlägen. Das zeigt sich auch an den unterschiedlichen Voraussetzungen, die das Gesetz in § 14 Abs. 4 und § 14 Abs. 5 BetrVG hinsichtlich der Anzahl und Eigenschaft der Unterzeichner vorsieht. Während nach § 14 Abs. 4 BetrVG die Unterzeichnung durch eine bestimmte Anzahl wahlberechtigter Arbeitnehmer erforderlich ist, muss nach § 14 Abs. 5 BetrVG der Wahlvorschlag einer Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein. Das Gesetz legt damit fest, wann ein gewerkschaftlicher Wahlvorschlag vorliegt. Hieraus folgt zugleich, dass nur ein solcher Vorschlag durch sein Kennwort als gewerkschaftlicher Vorschlag ausgewiesen werden darf. Nur so können rechtssicher Streitigkeiten darüber vermieden werden, unter welchen Voraussetzungen sich ein Wahlvorschlag durch sein Kennwort als „gewerkschaftlicher“ bezeichnen darf. Das schließt allerdings nicht aus, dass auf einem Wahlvorschlag nach § 14 Abs. 5 BetrVG zusätzlich Stützunterschriften wahlberechtigter Arbeitnehmer gesammelt werden, etwa um zu verdeutlichen, dass es sich auch um einen aus der Belegschaft unterstützten Wahlvorschlag handelt (vgl. BAG NZA-RR 2017, 194 Rn. 25 m.w.N.)
Vorliegend war der mit der Liste Nr. 2 eingereichte Vorschlag ein Vorschlag einer Gewerkschaft i.S.v. § 14 Abs. 5 BetrVG. Die Vorschlagsliste wurde von zwei Beauftragten der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di unterzeichnet, namentlich durch die Gewerkschaftsmitglieder D.-C. sowie L.. Dass der Vorschlag daneben auch durch Unterschriften wahlberechtigter Arbeitnehmer gestützt wurde, schadet der Einordnung als „gewerkschaftlicher“ Wahlvorschlag nicht. Zwar hat die Arbeitgeberin bezweifelt, dass es sich bei den beiden Personen um „Beauftragte“ nach § 14 Abs. 5 BetrVG gehandelt hat, dies aus Sicht der Kammer aber zu Unrecht. Denn der Betriebsrat hat im Prozess ein als „Vollmacht“ der Gewerkschaft ver.di vom 14.10.2019 überschriebenes Schreiben, unterzeichnet durch den Gewerkschaftssekretär Bezirk D-Stadt und Region, vorgelegt, mit der die beiden genannten Personen bevollmächtigt werden, als Beauftragte einen Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl für sie zu unterzeichnen und einzureichen. Der Einwand der Arbeitgeberin, dass die Gewerkschaftsmitgliedschaft als solche für eine Beauftragung i.S.d. § 14 Abs. 5 BetrVG nicht ausreichend ist, ist zwar korrekt, angesichts der erfolgten Vollmachtserteilung an die beiden gewerkschaftsangehörigen Arbeitnehmer D.-C. sowie L. aber nicht durchschlagend. Unzutreffend ist die Rechtsauffassung der Arbeitgeberin, dass ein gewerkschaftschaftlicher Wahlvorschlag durch ein nach der Satzung vertretungsberechtigtes Organ der Gewerkschaft unterschrieben sein muss, um § 14 Abs. 5 BetrVG zu genügen. Die Gewerkschaft entscheidet selbst, wer ihre Beauftragten sind; es ist noch nicht einmal vorgeschrieben, dass die Beauftragten überhaupt Mitglieder der Gewerkschaft sein müssen, geschweige denn Organstellung haben. Vielmehr muss es sich um Personen handeln, die die Gewerkschaft vertreten können. Die Vertretungsmacht kann aus der Satzung der Gewerkschaft folgen, aber eben auch durch das satzungsmäßig zuständige Organ rechtsgeschäftlich formfrei (§ 167 Abs. 2 BGB) erteilt sein (vgl. Jacobs in GK-BetrVG, 11. Auflage, § 14 Rn. 93). Letzteres ist hier gegeben. Eines gesonderten sog. Autorisierungsschreibens, wie es die Arbeitgeberin für notwendig erachtet, bedarf es gerade nicht. Unschädlich ist auch, dass der Wahlvorstand nicht verlangt hat, dass die Gewerkschaft die Beauftragung bestätigt oder durch schriftliche Vollmachtsvorlage nachweist. Denn dieses allgemein anerkannte Recht (vgl. Jacobs in GK-BetrVG, 11. Auflage, § 14 Rn. 93 m.w.N.) besteht nur in Zweifelsfällen, die hier auf Seiten des Wahlvorstandes nicht vorhanden waren, zumal Frau D.-C. als Wahlvorstandsvorsitzende Kenntnis hatte.
(4) Ein Grund für die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der Wahl ergibt sich außerdem nicht daraus, dass bei der Betriebsratswahl gegen das Verbot der Wahlbeeinflussung und Wahlbehinderung nach § 20 Absatz 1 und § 20 Absatz 2 BetrVG verstoßen worden wäre.
(a) Nach § 20 Absatz 1 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden. Nach § 20 Absatz 2 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Es handelt sich hierbei um wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, wonach der Grundsatz der freien Wahl sowie der Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber geschützt wird. Beide Grundsätze dienen der Integrität einer demokratischen Wahl, wie sie für die Bundestagswahl durch Art. 38 Absatz 1 Satz 1 GG (Freiheit der Wahl) und Art. 20 Abs. 1 GG (Grundsatz der Chancengleichheit) zum Ausdruck kommen. Der Wähler soll vor Beeinflussungen geschützt werden, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit trotz bestehender Wahlgeheimnisse ernstlich zu beeinträchtigen. Hierzu gehört auch der unzulässige Druck von Seiten anderer Bürger oder gesellschaftlicher Gruppen (vgl. BVerfG E 66, 366, 369, 380 m. w. N.). Im Betriebsverfassungsrecht hat der allgemeine Grundsatz der freien Wahl im Verbot der Wahlbehinderung und der Wahlbeeinflussung in § 20 Abs. 1 und § 20 Abs. 2 BetrVG seinen Ausdruck gefunden. Das in § 20 Abs. 2 BetrVG enthaltene Verbot der Wahlbeeinflussung dient auch der Integrität der Betriebsratswahl. Diese soll alleine auf der freien Entscheidung der Betriebsangehörigen beruhen (vgl. BVerfG 1 BvR 123/93 – Ziffer II 2 b cc der Gründe; BAG 7 ABR 34/99; LAG München 8 TaBV 89/06, Rn. 27). Wahlwerbung ist grundsätzlich zulässig. Sie ist bei Betriebsratswahlen nicht nur durch Art. 5 Abs. 1 GG, sondern für Koalitionen auch durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützt. Zu einer zulässigen Wahlwerbung gehört es auch, wenn Wahlberechtigte oder generell oder individuell dazu aufgefordert werden, ihr Wahlrecht überhaupt oder in einer bestimmten Weise auszuüben. Die hiermit verbundene Ansprache und Beeinflussung des Wahlberechtigten ist, solange keine unzulässigen Mittel verwandt werden, Bestandteil eines demokratischen Wahlverfahrens (vgl. BAG a.a.O.; LAG München a.a.O. Rn. 77). Die Einflussnahme auf den Willensentschluss von Wahlbeteiligten ist verboten; unmaßgeblich ist, ob die Beeinflussung tatsächlich Erfolg hat. Insofern genügt bereits der Versuch einer Beeinflussung, sofern die Einflussnahme nur grundsätzlich geeignet ist, das Verhalten irgendwie zu beeinflussen. Dabei ist Wahlbeeinflussung, jede Begünstigung oder Benachteiligung, die darauf abzielt, dass Wahlberechtigte (Arbeitnehmer des Betriebes) ihr Wahlrecht nicht nach der eigenen Willensentscheidung, sondern im gewünschten Sinne des Beeinflussenden ausüben. Dadurch soll die Integrität der Wahl geschützt werden (vgl. Richardi/Thüsing, BetrVG § 20 Rn 14; Fitting/Engels, BetrVG § 20 Rn. 20).
(b) Hier ist kein Verstoß gegen § 20 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG feststellbar.
(aa) Soweit die Arbeitgeberin aufgrund der Tatsache, dass die Vorschlagsliste 2, insbesondere Frau D.-C. als Listenkandidatin, unter Verwendung des Logos der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Wahlwerbung betrieben hat, eine unzulässige Wahlwerbung erblickt, kann die Kammer dem nicht folgen. Wie oben festgestellt und dargelegt, handelt es sich bei der Vorschlagsliste 2 um einen gewerkschaftlichen Wahlvorschlag. Es gehört zum Kernbereich der in Art. 9 Abs. 3 GG enthaltenen gewerkschaftlichen Betätigungsgarantie, dass die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften bei Betriebsratswahlen Wahlwerbung betreiben (vgl. BAG 7 ABR 34/99; BVerfG 2 BvR 54/62). Dies gilt erst Recht, wenn die Gewerkschaft – wie hier ver.di – nach § 14 Abs. 3 BetrVG einen eigenen Wahlvorschlag einreicht und unterstützt. Von daher ist das von der Arbeitgeberin eingereichte Wahlplakat (Anlage K13), mit dem die Liste 2 warb, nicht zu beanstanden. Dass die Gewerkschaft ver.di für das Wahlplakat verantwortlich zeichnet, ist dem Plakat zu entnehmen (siehe Fußzeile). Dass dem nicht so wäre, ist auch dem Schriftsatz von ver.di vom 29.05.2020 im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München mit dem Aktenzeichen 31 Ca 1668/20, den die Arbeitgeberin vorgelegt hat (Anlage K38), nicht zu entnehmen; darin wird nicht etwa die Zurechenbarkeit des Wahlplakats an ver.di in Frage gestellt, sondern einzig die Legitimation des Herrn D., im Auftrag der Gewerkschaft ver.di gehandelt zu haben. Aus den genannten Gründen ist auch kein Verstoß gegen § 20 BetrVG darin begründet, dass Frau D.-C. im Schreiben vom 18.09.2019 unter Verwendung des Logos der Gewerkschaft ver.di für ihre Kandidatur zum Betriebsrat Werbung betrieben hat. Anders als die Arbeitgeberin es darstellt, ist sie dabei ausweislich des Schreibens nicht in ihrer Funktion als Vorsitzende des Wahlvorstandes aufgetreten, sondern als gewerkschaftlich unterstützte Kandidatin der Liste 2, so dass eine Verletzung der Neutralitätspflicht des Wahlvorstandes und eine daraus folgende unzulässige Wahlbeeinflussung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht gegeben ist.
(bb) Der Vorwurf der Wahlbehinderung/Wahlbeeinflussung ist auch im Hinblick auf das vom Betriebsrat veröffentlichte Betriebsmagazin nicht gerechtfertigt. Eine direkte Unterstützung der Vorschlagsliste 2, der einen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Betriebsrats bei Betriebsratswahlen und eine verbotenene Wahlbeeinflussung bedeutete, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Das Schreiben enthält einen an die Belegschaft des Betriebs gerichteten allgemeinen Wahlaufruf, ohne dass auch nur eine der zur Wahl angetretenen Listen oder Kandidaten erwähnt wäre. Dass der Betriebsrat die Bedeutung der Teilnahme an der Betriebsratswahl mit dem Hinweis in eigener Sache unterstreicht, dass in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet worden sei und immer schon Leitungskräfte im Gremium vertreten gewesen seien, ist zum einen eine Meinungsäußerung, zu der sich jeder Wahlberechtigte eine eigene Meinung bilden kann, und zum anderen eine auch von der Arbeitgeberin nicht bestrittene Tatsache. Verbotene Wahlbehinderung/Wahlbeeinflussung ist dies nicht. Des Weiteren liegt auch im Flugblatt vom 25.11.2019 (Anlage 21), welches unberechtigte Angriffe gegen den damaligen Betriebsrat rügt, – entgegen der Ansicht der Arbeitgeberin – keine Wahlwerbung des Betriebsrats zu Gunsten der Liste 2 dar. Eine Urheberschaft des Schreibens aus der Feder des Betriebsrats ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, im Gegenteil ist dort auf die Verantwortlichkeit für den Inhalt des Flugblatts auf die Gewerkschaft ver.di verwiesen. Eine unzulässige Wählertäuschung liegt in diesem Zusammenhang auch nicht darin, dass im Flugblatt seitens der Gewerkschaft ver.di Partei für den ehemaligen Betriebsrat ergriffen wird. Aufgrund der klaren Kennzeichnung der Urheberschaft kann der Eindruck nicht aufkommen, das Flugblatt stamme vom Betriebsrat. Die gegenteilige Auffassung der Arbeitgeberin ist insoweit nicht nachvollziehbar.
(cc) Auch die von der Arbeitgeberin behaupteten weiteren Handlungen der Vertreter der Vorschlagslisten 1 (namentlich Frau P.) und 2 (namentlich Frau D.-C.) sowie der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Wahlkampf, insbesondere die Äußerungen, dass Kandidaten der Vorschlagsliste 3 privat mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin eine Firma hätten und sie deswegen einer freien Meinungsbildung im Sinne der Vertretung der Interessen der Beschäftigten nicht zugänglich seien, stellen keinen Verstoß gegen § 20 BetrVG dar.
(aaa) Denn die Propaganda für oder gegen einen Kandidaten oder eine sich an der Wahl beteiligende Liste stellt keine Behinderung der Wahl i.S.d. § 20 Abs. 1 BetrVG dar. Das gilt selbst dann, wenn die Propaganda – wie ggf. hier – wahrheitswidrig ist. Die Behinderung kann sich nur auf die Einschränkung der Handlungsfreiheit, nicht auf die freie innere Willensbildung beziehen (vgl. LAG Köln NZA 1994, 431; GK-BetrVG/Kreutz, § 20 Rn. 11; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, § 20 Rn. 11). Auch die Straftatbestände bei politischen Wahlen (§§ 107 ff. StGB) erfassen die Propagandalüge nicht. Dort sind vielmehr verboten die Täuschung bei Stimmabgabe, die Wahlbestechung, die Wahlnötigung, die Verletzung des Wahlgeheimnisses, die gewaltsame Wahlbehinderung oder -störung, die Wahlfälschung und gewisse Handlungen bei der Erstellung der Wahlunterlagen. Da der Straftatbestand des § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wohl schwerlich schärfer zu verstehen ist als die entsprechenden Vorschriften bei den allgemeinen politischen Wahlen, ergibt sich schon hieraus, dass Lügen keine Wahlbehinderung sind, wenn sie nicht mit Zwang oder Drohung gekoppelt sind (vgl. Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, § 20 Rn. 11).
Demnach ist die ist die Propaganda zu Lasten der Liste 3, auch wenn sie wahrheitswidrig sein sollte, keine zur Anfechtung berechtigender oder zur Nichtigkeit der Wahl führender Verstoß gegen das Wahlverfahren.
(bbb) Weiterhin liegt auch keine unzulässige Wahlbeeinflussung nach § 20 Abs. 2 BetrVG vor. § 20 Absatz 2 BetrVG verbietet nicht jede Wahlbeeinflussung, sondern nur solche, die durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen bzw. Gewährung oder Versprechung von Vorteilen bewirkt wird. Daran fehlt es im Allgemeinen bei der Werbung und Propaganda für die Betriebsratswahl jedenfalls gegenüber den Arbeitnehmern als Wählern. Im Rahmen eines jeden Wahlkampf ist eine Übertreibung bestimmter Darstellungen und Standpunkte nicht unüblich und es kann nicht schon jede unsachliche Propaganda als unzulässige Wahlbeeinflussung eingeordnet werden. Dies würde dem Recht der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften auf Werbung und Propaganda, welches durch die allgemeine Meinungsfreiheit und Art. GG Artikel 9 Abs. GG Artikel 9 Absatz 3 GG gedeckt ist, nicht gerecht werden. Erst wenn die Propaganda das Maß einer allgemeinen Hetze erreicht oder sogar Wahlbewerber davon abgehalten werden zu kandidieren, ist das zulässige Maß überschritten (vgl. LAG Niedersachsen 9 TaBV 14/07; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, BetrVG, § 20 Rn. 25; GK-BetrVG/Kreutz, § 20 Rn. 39 f.).
Nach diesen Grundsätzen sind die von der Arbeitgeberin vorgetragenen Äußerungen der Vertreter der Listen 1 und 2 für eine Wahlbeeinflussung nicht geeignet. Auch wenn die Äußerungen betreffend die Liste 3 noch so falsch und moralisch verwerflich sein mögen, sind sie nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Wahlbeteiligten, d.h. der Wähler und Wahlbewerber, zu beeinflussen. Im Rahmen eines Wahlkampfes ist eine gewisse überpointierte Darstellung der jeweiligen Standpunkte allgemein üblich. Der mündige Wähler bewahrt sich auch in solchen Fällen seine Urteilsfähigkeit, weil er Wahlpropaganda einzuschätzen weiß und als Demokrat damit vertraut ist, dass sie nicht immer der Wahrheit entspricht. Daneben fehlt es bei den Behauptungen betreffend die Kandidaten der Liste 3 an der Einflussnahme durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder Versprechen von Vorteilen i.S.d. § 20 Abs. 2 BetrVG. Die bloße Täuschung der Wähler, wie sie die Wahlpropaganda vorliegend bezweckt, reicht hierfür nicht aus. Den Grad der Hetze oder schwerwiegende Ehrverletzung, die dazu geeignet wäre, dass einer der Wahlbewerber seine Bewerbung zurückzieht oder ein Wähler in eine psychische Zwangslage versetzt wird und ihm keine freie Wählerentscheidung mehr möglich ist, erreicht die Wahlpropaganda zu Lasten der Wahlbewerber der Liste 3 bei Weitem nicht. Dies gilt auch für die Handlungen des Ehemanns der Listenführerin 2, Frau D.-C., im Wahlkampf. Dieser verfügte ausweislich des Schreibens des ver.di-Gewerkschaftssekretärs vom 09.12.2019 bereits am 25.11.2019 über eine Beauftragung, für die Gewerkschaft tätig sein zu dürfen. Aber selbst wenn dies unzutreffend wäre, worauf der Inhalt des Schriftsatzes von ver.di vom 29.05.2020 im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht München mit dem Aktenzeichen 31 Ca 1668/20 hindeutet, so wären seine Handlungen/Aussagen zwar nicht der Gewerkschaft ver.di, aber seiner Ehefrau als Kandidatin der Liste 2 zuzurechnen. Eine unzulässige Wahlbeeinflussung hat aber auch er nicht begangen: Nach dem Vortrag der Arbeitgeberin hat er bei seinen Auftritten in den Betriebsstätten lediglich dieselbe Propagandalüge über die wirtschaftliche Verbindung der Kandidaten der Liste 3 mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin verbreitet, wie auch seine Frau. Wie dargelegt, mag das eine moralisch zweifelhafte Lüge sein, eine unzulässige Wahlbeeinflussung stellt dies aber nicht dar.
(5) Abschließend liegt auch kein Verstoß gegen Wahlvorschriften vor, weil in den Wahlausschreiben kein Hinweis auf den Begriff des „leitenden Angestellten“ enthalten war. Der zwingende Inhalt („muss“) des Wahlausschreibens ist in § 3 Abs. 2 WO geregelt. Ein Hinweis auf den Begriff des „leitenden Angestellten“ aufzunehmen, ist dort nicht vorgeschrieben. Folglich vermag auch das Fehlen weder die Nichtigkeit noch die Anfechtbarkeit begründen.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, Kosten werden nach §§ 2 Abs. 2 GKG, 2a Abs. 1 ArbGG nicht erhoben.
2. Gegen diese Entscheidung ist das Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 87 ArbGG für die Beteiligten statthaft. Auf anliegende Belehrung wird hingewiesen.


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