Arbeitsrecht

Corona-Pandemie, Verdienstausfallentschädigung für Arbeitnehmer, (keine) Rückwirkung der Änderungen des § 56 Abs. 3 IfSG i.d.F. vom 29.03.2021, Kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht

Aktenzeichen  B 7 K 21.871

Datum:
17.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2830
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
IfSG § 56 Abs. 1 und 3
SGB IV § 14
EFZG § 4
VwGO § 88
GG Art. 3 Abs. 1

 

Leitsatz

1. § 56 Abs. 3 IfSG i.d.F. des Gesetzes zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 entfaltet keine Rückwirkung und ist daher für Entschädigungsberechnungen bei Quarantänezeiträumen vor dem 31.03.2021 nicht anwendbar.
2. Art. 3 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu Fällen, in denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt wurden.
3. Bei einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung hat die Behörde keine – der Rechtslage – abweichende Verwaltungspraxis konstituiert.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Nach sachgerechter Auslegung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO) ist Gegenstand der Klage die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin – über den bereits aufgrund des Bescheides vom 05.07.2021 erstatteten Entschädigungsbetrag i.H.v. 544,28 EUR hinaus – einen weiteren Entschädigungsbetrag i.H.v. von 71,84 EUR zu erstatten. Dieser Auslegung steht insbesondere der Klageantrag vom 05.08.2021 nicht entgegen. Zwar beantragt die Klägerin im Rahmen der Klageerhebung, „den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin weitere 141,39 EUR (…) zu zahlen“. Bei der Bezifferung der Forderung auf 141,39 EUR handelt es sich aber offensichtlich um ein (Schreib-)Versehen. Zum einen beziffert die Klägerin im Klageschriftsatz vom 05.08.2021 den Streitwert des gerichtlichen Verfahrens selbst auf 71,84 EUR (vgl. S. 1 der Klageschrift). Zum anderen stellt die Klägerseite bereits im Rahmen der Klageerhebung klar, dass die Nichtberücksichtigung des 31.12.2020 (geplanter Urlaub des Arbeitnehmers) und des 01.01. bzw. 06.01.2021 (gesetzliche Feiertage) akzeptiert wird (zur Subsidiarität des § 56 IfSG vgl. auch OVG Lüneburg, B.v. 2.7.2021 – 13 LA 258.21 – juris; Eckart/Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand: 20.12.2021, § 56 Rn. 37) und insoweit kein Gegenstand der Klage ist, so dass (nur) die Erstattung eines weiteren Entschädigungsbetrags i.H.v. 71,84 EUR begehrt wird (vgl. S. 4 der Klageschrift und S. 1 der klägerischen Stellungnahme vom 13.09.2021).
II.
Über die so zu verstehende Klage konnte das Gericht durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
III.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung einer weitergehenden Entschädigung. Die mit Bescheid des Beklagten vom 05.07.2021 gewährte Entschädigungshöhe ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Beklagte hat bei der Ermittlung der zu erstattenden Entschädigung(shöhe) zu Recht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Quarantäne des Arbeitsnehmers der Klägerin (Ende Dezember 2020/Anfang Januar 2021) abgestellt.
a) Trotz der vorliegend statthaften Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage kommt es für Entschädigungsfragen im Rahmen des § 56 IfSG auf die Sach- und Rechtslage im Quarantänezeitraum an, es sei denn der Gesetzgeber hat bei späteren Änderungen des § 56 IfSG eine entsprechende Rückwirkung „angeordnet“ (vgl. hierzu grundlegend VG Bayreuth, U.v. 21.6.2021 – B 7 K 21.110 – juris; Eckart/Winkelmüller in: Eckart/Kruse, BeckOK IfSG, Stand: 20.12.2021, § 56 Rn. 7 und 7.1 sowie 20a; VG Karlsruhe, U.v. 10.5.2021 – 9 K 67.21 – juris). In Anbetracht dessen hat die Kammer bereits mit Urteil vom 21.06.2021 (B 7 K 21.110 – juris) rechtsgrundsätzlich entschieden, dass § 56 Abs. 1 Satz 3 IfSG in der gegenwärtigen Fassung (Entschädigung bei „vorsorglicher Selbstisolation“), der durch Art. 1 Nr. 4 a) aa) des Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Reglungen vom 29.03.2021 (BGBl. I S. 370) neu in das IfSG eingefügt wurde, keine Rückwirkung entfaltet.
Gleiches gilt für die Änderungen im Rahmen des § 56 Abs. 3 IfSG hinsichtlich der Berechnung der Entschädigungshöhe. Für die Ermittlung des Arbeitsentgeltes verweist § 56 Abs. 3 IfSG inzwischen nicht mehr auf § 14 SGB IV, sondern – seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Vorschriften vom 29.03.2021 (BGBl. I S. 370) am 31.03.2021 – auf § 4 Abs. 1, Abs. 1a und Abs. 4 EFZG. Mit dieser Gesetzesänderung wollte der Gesetzgeber die Berechnung der Entschädigung erleichtern, da nach der neuen Berechnungsmethode auf systemgeprüfte Entgeltabrechnungsprogramme zurückgegriffen werden kann, die auf die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes zugeschnitten sind (vgl. BT-Drs. 19/27291, S. 65).
Weder dem Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 (BGBl. I S. 370), noch der dazugehörigen Gesetzesbegründung kann auch nur annähernd entnommen werden, dass § 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 IfSG auf in der Vergangenheit liegende Fälle Anwendung finden soll. Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 enthält nur gewisse „Stichtagsregelungen“ im Rahmen des § 77 IfSG, die jedoch für die hier in Streit stehende Anwendbarkeit des § 56 Abs. 3 IfSG irrelevant sind. Daneben ordnet Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 an, dass dieses Gesetz – vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 – am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Nach Art. 11 Abs. 2 und Abs. 3 des Artikelgesetzes wurde ein rückwirkendes bzw. späteres Inkrafttreten der Gesetzesänderungen nur für Teiländerungen im Rahmen des SGB V und im Rahmen der Änderung des Apothekengesetzes bzw. der Apothekenbetriebsordnung angeordnet. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 19/27291, S. 65) lässt sich die rückwirkende Geltung des § 56 Abs. 3 Sätze 1 und 2 nicht herleiten. Zum zeitlichen Anwendungsbereich dieser Änderung enthält die Gesetzesbegründung keinerlei Aussage, so dass auch insoweit davon auszugehen ist, dass die Berechnung der Entschädigungshöhe unter Rückgriff auf die genannten Vorschriften des EFZG erst mit Inkrafttreten der Gesetzänderung zum 31.03.2021 zur Anwendung gelangt.
Ferner ist für das Gericht nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber vorliegend versehentlich die Anordnung der Rückwirkung unterlassen hat. Seit dem Beginn der „Corona-Pandemie“ wurde das IfSG wiederholt geändert (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, U.v. 1.6.2021 – 2 U 13.21 – juris). Im Rahmen dieser Änderungen hat sich der Gesetzgeber teilweise für eine rückwirkende Geltung von Vorschriften und teilweise für eine Gültigkeit der Neuregelungen erst ab Inkrafttreten der Gesetzesänderung entschieden. So regelt beispielsweise Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Corona-Steuerhilfegesetz) vom 19.06.2020 (BGBl. I S. 1385), dass dieses Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Abweichend hiervon normiert jedoch Art. 6 Abs. 2 des Artikelgesetzes, dass Art. 5 – nämlich die Änderung des § 56 Abs. 1a IfSG – bereits rückwirkend mit Wirkung vom 31.03.2020 in Kraft tritt. Auch Art. 5 Abs. 2 des Gesetzes über eine einmalige Sonderzahlung aus Anlass der COVID-19-Pademie an Besoldungs- und Wehrsoldempfänger vom 21.12.2020 (BGBl. I S. 3136) regelt, dass Art. 4a des Gesetzes (Änderung des § 56 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 IfSG) rückwirkend mit Wirkung vom 16.12.2020 in Kraft tritt. Ferner wird in Art. 4 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.05.2021 (BGBl. I S. 1174) angeordnet, dass das Gesetz vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. In Art. 4 Abs. 2 bis 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze vom 28.05.2021 ist wiederum geregelt, dass gewisse Bestimmungen des Artikelgesetzes – darunter auch Änderungen des § 56 Abs. 1a IfSG – rückwirkend bzw. erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten. Aus dieser Gesamtschau ergibt sich, dass der Gesetzgeber durchaus auch Änderungen der Entschädigungsvorschrift des § 56 IfSG – insbesondere im Rahmen des § 56 Abs. 1a IfSG – mit Rückwirkung ausgestattet hat. Für die hier im Streit stehende Vorschrift des § 56 Abs. 3 Satz 1 und 2 IfSG wurde aber kein abweichender Zeitpunkt des Inkrafttretens bestimmt (vgl. Art. 11 des Gesetzes zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021), so dass diese Vorschrift ihre materielle Gültigkeit erst am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt, die am 30.03.2021 erfolgt ist, erlangt hat (vgl. zur Rückwirkungsproblematik bei den Änderungen des § 56 IfSG auch Eckart/Winkelmüller in: Eckart/Kruse, BeckOK IfSG, Stand: 20.12.2021, § 56 Rn. 7 und 7.1 sowie 20a; VG Karlsruhe, U.v. 10.5.2021 – 9 K 67.21 – juris).
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei den Änderungen des § 56 Abs. 3 IfSG durch das Gesetz zur Fortgeltung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen vom 29.03.2021 auch nicht nur um klarstellende Änderungen. Die Argumentation der Klägerseite, es erscheine abwegig, dass es dem Gesetzgeber während einer der schwierigsten Phasen der Pandemie Ende März 2021 darum gegangen sei, die Berechnungsmethode für die Kalkulation der Entschädigungsleistungen völlig neu zu fassen und zwei verschiedenartige Berechnungsmethoden zu schaffen, verfängt nicht. Wie bereits oben ausgeführt, hat der Gesetzgeber während der Pandemie die Entschädigungsvorschrift des § 56 IfSG wiederholt konstitutiv und (größtenteils) ohne Rückwirkung geändert. Die Änderungen des § 56 Abs. 3 IfSG mit Wirkung zum 31.03.2021 wurden ausweislich der Gesetzbegründung (vgl. BT-Drs. 19/27291, S. 65) gezielt herbeigeführt, um die Berechnung der Entschädigung zu erleichtern, da sich die frühere Berechnungsmethode als nicht praxistauglich erwiesen hat. Laut der Gesetzesbegründung bestand der unhaltbare Zustand, dass weder Softwarehersteller noch Arbeitgeber wussten, wie sich die Entschädigung nach der früheren Fassung des § 56 Abs. 3 IfSG konkret berechnet, so dass für den Arbeitgeber die Gefahr bestand, die in Vorleistung gezahlten Entschädigungen nicht vollumfänglich erstattet zu bekommen. Diese Unsicherheiten wollte der Gesetzgeber mit dem Änderungsgesetz vom 29.03.2021 beseitigen und fortan – mit dem Verweis auf das Entgeltfortzahlungsgesetz – für die Ermittlung der Entschädigung auf bekannte Regelungen und Strukturen zurückgreifen. Damit hat der Gesetzgeber gerade nicht verkannt, dass die frühere und die gegenwärtige Berechnungsmethode zu unterschiedlichen Entschädigungshöhen führen (können), was den Gesetzgeber jedoch nicht dazu veranlasst hat, eine rückwirkende Geltung des „neuen“ Berechnungssystems anzuordnen (vgl. auch Eckart/Kruse in: Eckart/Winkelmüller, BeckOK IfSG, Stand 1.12.2021, § 56 Rn. 60a ff.).
b) Nach dem zum Zeitpunkt der Quarantäne maßgeblichen Gesetzeswort des § 56 IfSG i.d.F. des Gesetzes über eine einmalige Sonderzahlung aus Anlass der COVID-19-Pademie an Besoldungs- und Wehrsoldempfänger vom 21.12.2020 (BGBl. I S. 3136) erhält gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG eine Entschädigung in Geld, wer aufgrund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet. Das Gleiche gilt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 IfSG für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Die Entschädigung bemisst sich gem. § 56 Abs. 2 IfSG nach dem Verdienstausfall. Als Verdienstausfall gilt gemäß § 56 Abs. 3 Satz 1 IfSG das Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit nach Abzug der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechenden Aufwendungen zur sozialen Sicherung in angemessenem Umfang zusteht (Netto-Arbeitsentgelt). Nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG hat bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden jedoch dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG).
Gemessen an den vorstehenden Maßstäben der im Zeitpunkt der Quarantäne geltenden Rechtslage, ist die Berechnung der Entschädigungshöhe durch den Beklagten gerichtlicherseits nicht zu beanstanden. Insoweit verweist das Gericht vollumfänglich auf die Ausführungen im Bescheid vom 05.07.2021 sowie auf die detaillierte Berechnung auf Bl. 33 ff. der Behördenakte. Im Übrigen wurde auch klägerseits die Richtigkeit der Entschädigungshöhe bei Anwendung des § 56 Abs. 3 IfSG in der zum Zeitpunkt der Quarantäne maßgeblichen Fassung inhaltlich nicht angezweifelt.
2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten weitergehenden Entschädigung im Hinblick auf ihr Vorbringen, die … sei in einigen Fällen den Berechnungen der Klägerin gefolgt und habe die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer geleisteten Entschädigungen in voller Höhe erstattet, zu. Insoweit bleibt schon völlig offen, für welche Quarantänezeiträume bei welchen Arbeitnehmern die … die Entschädigungsleistungen der Klägerin nach deren Berechnung vollständig erstattet hat. Selbst wenn es im Sachgebiet … der … einige Fälle gegeben haben sollte, in denen die „falsche“ Rechtsgrundlage herangezogen und dementsprechend eine rechtswidrige Entschädigungshöhe ermittelt wurde, so handelt es sich nach Auffassung des Gerichts – in Anbetracht der gerichtsbekannten Vielzahl der bei der … anhängigen bzw. bereits verbeschiedenen Entschädigungsfälle und der Vielzahl der Sachbearbeiter, die teilweise aus anderen Bereichen „zusammengezogen“ wurden – allenfalls um vereinzelte „Ausreißer“ aus denen die Klägerin „keine Gleichbehandlung im Unrecht“ für sich beanspruchen kann (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20.92 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203.20 – juris). Art. 3 Abs. 1 GG begründet nämlich keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Verhältnis zu Fällen, in denen rechtswidrige Vergünstigungen zugewandt wurden. Mit einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung hat der Beklagte insbesondere auch keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Es ist weder dargelegt, noch für das Gericht anderweitig erkennbar, dass der Beklagte bewusst und gewollt – entgegen der jeweils maßgeblichen Rechtslage – alle „Erstattungsfälle“ auf Grundlage der aktuell gültigen Berechnungsmethode verbescheiden wollte bzw. zukünftig verbescheiden will. Eine Abweichung in Einzelfällen ohne rechtfertigenden Grund ist zwar wegen Verletzung des Gleichheitsgebots rechtswidrig, begründet aber keine Änderung der Verwaltungspraxis und damit auch keinen dahingehenden Anspruch der Klägerin im hiesigen Verfahren. Diese kann nämlich nicht verlangen, dass der gemäß Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz gebundene Beklagte gegenüber ihr gewissermaßen seinen Fehler wiederholt und weitere – der Höhe nach – rechtswidrige Erstattungsbescheide erlässt (vgl. auch VG Würzburg, U. v. 18.10.2021 – W 8 K 21.716 – juris m.w.N.).
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des finanziell leistungsfähigen Beklagten nicht.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben