Arbeitsrecht

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Aktenzeichen  2 MV 13/21

Datum:
28.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50624
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:

 

Leitsatz

1. Zum Verfahren der Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung nach §§ 33, 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO wegen angeblicher Missbräuchlichkeit einer Regelung nach § 1a Abs. 2 Satz 1 MAVO, “was als Einrichtung gilt”.
2. Zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen der Missbräuchlichkeit einer Regelung, “was als Einrichtung gilt” (hier: in einem Fall der Aufspaltung einer Einrichtung).

Tenor

1. Die Zustimmung der Klägerin zur Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wird ersetzt.
2. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen Auslagen der Klägerin, auch für die Beauftragung ihres Prozessbevollmächtigten.
4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

Mit dem vorliegenden Urteil im Hauptsacheverfahren entscheidet das Kirchliche Arbeitsgericht gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 der Kirchlichen Arbeitsgerichtsordnung (KAGO) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Hauptsacheverfahrens gewonnenen Überzeugung über die Widerklage sowie gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO über den Kostenantrag der Klägerin und Widerbeklagten.
A. Die Widerklage hat nicht mit dem Hauptantrag, jedoch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
I. Die Widerklage ist zulässig.
1. Die sachliche Zuständigkeit der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus § 2 Abs. 2 KAGO.
Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Rechtsstreit aus einer Mitarbeitervertretungsordnung zugrunde. Im Zusammenhang mit einer vom Rechtsträger [hier: der Beklagten und Widerklägerin] beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, soll am Maßstab der Mitarbeitervertretungsordnung für die Diözese A. (im Folgenden: MAVO A.) geklärt werden, ob die Zustimmung der Mitarbeitervertretung [hier: der Klägerin und Widerbeklagten] hierzu als erteilt gilt (Widerklage-Hauptantrag) bzw. ob die verweigerte Zustimmung vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen ist (WiderklageHilfsantrag).
2. Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-)Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO örtlich zuständig, weil die Beklagte und Widerklägerin ihren Sitz in dessen Dienstbezirk hat (vgl. auch § 33 der Zivilprozessordnung [ZPO] in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes [ArbGG] und § 27 KAGO).
3. Die zuletzt gestellten Widerklageanträge sind hinreichend bestimmt (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 27 KAGO) bzw. einer sachdienlichen Auslegung zugänglich.
4. Für die Widerklageanträge besteht im Hinblick auf § 36 Abs. 1 Nr. 13 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 und 4 MAVO Augsburg auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
Ob die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zu der beabsichtigten Neuregelung von Einrichtungen als erteilt gilt bzw. – hilfsweise – vom Kirchlichen Arbeitsgericht zu ersetzen ist, ist dann nicht bei der Zulässigkeit, sondern bei der Begründetheit der Widerklage zu prüfen.
II. Die Widerklage wird mit dem Hauptantrag als unbegründet abgewiesen, weil die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung von Einrichtungen nicht als erteilt gilt.
1. In den Angelegenheiten der §§ 34 bis 36 sowie des § 18 Abs. 2 und 4 MAVO Augsburg kann der Dienstgeber gemäß § 33 Abs. 1 MAVO Augsburg die von ihm beabsichtigte Maßnahme oder Entscheidung nur mit Zustimmung der Mitarbeitervertretung treffen. Dabei hat er das in § 33 Abs. 2 bis 5 MAVO Augsburg im Einzelnen geregelte Verfahren einzuhalten.
Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 MAVO A. (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) kann der Rechtsträger [hier: die Beklagte und Widerklägerin] mit Zustimmung betroffener Mitarbeitervertretungen regeln, „was als Einrichtung gilt“. Will der Rechtsträger – wie im vorliegenden Fall – eine Einrichtung aufspalten, bedarf es hierfür der Zustimmung der bisherigen Mitarbeitervertretung [hier: der Klägerin und Widerbeklagten] (vgl. Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 177). Das Recht des Dienstgebers, vorläufige Regelungen zu treffen, ist in den Fällen des § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg nach § 33 Abs. 5 Satz 3 MAVO Augsburg ausgeschlossen. Auch aus § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 1 MAVO Augsburg ergibt sich, dass die Regelung einer Einrichtung nach § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg der Zustimmung der Mitarbeitervertretung bedarf. Die Mitarbeitervertretung kann die Zustimmung nur verweigern, wenn die Regelung missbräuchlich erfolgt (§ 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg).
2. Die Zustimmung der Mitarbeitervertretung gilt nicht nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg als erteilt. Das Zustimmungsverfahren ist also noch nicht beendet.
a) Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg unterrichtet der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung von der beabsichtigten Maßnahme oder Entscheidung und beantragt ihre Zustimmung.
Die von der Beklagten und Widerklägerin mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 zwischen den Parteien) über die beabsichtigte Umstrukturierung unterrichtete und um Zustimmung gebetene Klägerin und Widerbeklagte hat innerhalb des von der Beklagten vorgesehenen Zeitrahmens bis 11.01.2021, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21), der Beklagten mitgeteilt, dass sie mit Beschluss vom 14.12.2020 der angedachten Umstrukturierung nicht zustimme, und dies auf etwa drei Seiten in Textform erläutert.
Die Entscheidung („Definitionsmacht“), ob die von der Mitarbeitervertretung vorgebrachten Gründe für ihre Zustimmungsverweigerung unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg ausreichend sind oder nicht, liegt nicht bei dem Dienstgeber, sondern bei dem im Wege des Zustimmungsersetzungsverfahrens zuständigen Kirchlichen Arbeitsgericht (vgl. auch das Urteil des hiesigen Kirchlichen Arbeitsgerichts vom 22. Februar 2021 – 2 MV 13/20 – zu § 34 Abs. 2 MAVO). Dieses hat im Streitfall darüber zu entscheiden, ob die Regelung missbräuchlich erfolgt.
b) Erhebt die Mitarbeitervertretung Einwendungen, so haben Dienstgeber und Mitarbeitervertretung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 MAVO Augsburg mit dem Ziel der Einigung zu verhandeln, falls nicht der Dienstgeber von der beabsichtigten Maßnahme oder Entscheidung Abstand nimmt. Der Dienstgeber setzt den Termin für die Verhandlung fest und lädt dazu ein (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 2 MAVO Augsburg).
Anscheinend hatte die Beklagte angenommen, dass die Klägerin rechtzeitig Einwendungen im Sinne des § 33 Abs. 2 MAVO Augsburg erhoben hat. Jedenfalls hat am 18.01.2021, einem Montag, eine Verhandlung zwischen Dienstgebervertretern und der Mitarbeitervertretung über die beabsichtigte neue Organisationsstruktur stattgefunden. Dabei handelte es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts um die in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg vorgesehene Verhandlung, welche gemeinhin als Einigungsgespräch bezeichnet wird. Auch in den E-Mails und den sog. „Protokollen“ der Parteien (vgl. etwa Anlagen K 4 bis K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) sowie in den Schriftsätzen der beiderseits rechtskundig beratenen und vertretenen Parteien ist diesbezüglich mehrmals von einem Einigungsgespräch die Rede. Wenn Dienstgeber und Mitarbeitervertretung am 18.01.2021 noch über weitere Themen gesprochen haben, steht dies nicht der Annahme entgegen, dass am 18.01.2021 (auch) das Einigungsgespräch zum Thema Neuorganisation von Einrichtungen durchgeführt worden ist.
Bei diesem Einigungsgespräch ist keine Einigung zwischen Dienstgeber und Mitarbeitervertretung erzielt worden, wie aus den von beiden Seiten erstellten sog. „Protokollen“ ersichtlich (vgl. Anlagen K 4 und K 5 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21).
c) § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg sieht vor, dass die Mitarbeitervertretung innerhalb von drei Tagen nach Abschluss der Verhandlung – also des Einigungsgesprächs – erklärt, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert. Äußert sie sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt die Zustimmung als erteilt (§ 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg).
Die Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO A. endete hier mit Ablauf des 21.01. 2021 (vgl. §§ 186, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Anders als in § 33 Abs. 2 Satz 3 ist in § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg keine Verlängerung der Frist für die Äußerung der Mitarbeitervertretung vorgesehen. Gemäß § 55 MAVO Augsburg kann durch anderweitige Regelungen oder Vereinbarung das Mitarbeitervertretungsrecht nicht abweichend von dieser Ordnung geregelt werden. Selbst wenn man daraus den Schluss zieht, dass es Dienstgeber und Mitarbeitervertretung verwehrt ist, eine Verlängerung der Drei-TagesFrist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg zu vereinbaren, kann sich die Beklagte mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) hierauf nicht berufen. Schon bei der Unterrichtung nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO A. mit Schreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) ist die Beklagte von der Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg abgewichen und hat die Frist nicht etwa auf Antrag der Mitarbeitervertretung (vgl. dazu § 33 Abs. 2 Satz 3 MAVO Augsburg) verlängert, sondern einseitig von vornherein um Rückmeldung bis spätestens 11.01.2021 gebeten. Diese Rückmeldung ist auch erfolgt, nämlich mit Stellungnahme vom 11.01.2011 (vgl. Anlage K 3 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21). Damals hat die Beklagte nicht etwa argumentiert, dass die Wochenfrist des § 33 Abs. 2 Satz 2 MAVO Augsburg längst abgelaufen sei, sondern mit der Klägerin am 18.01.2021 über die beabsichtigte neue Organisationsstruktur verhandelt. Die Klägerin durfte daher im Lichte des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) davon ausgehen, dass die Beklagte (auch) die in dem von der Dienstgeberseite erstellten Protokoll festgehaltene Verlängerung der „Rückmeldungsfrist gem. § 33 Abs. 3 MAVO von 3 Tagen auf 1 Woche und 1 Tag […] bis einschließlich 26.01.2021“ (vgl. Anlage K 4 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) als verbindlich ansehen und sich gegenüber der Klägerin nicht – in treuwidriger Weise – auf eine Versäumung der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg berufen würde.
Im vorliegenden Fall könnte die Zustimmung daher allenfalls dann als erteilt angesehen werden, wenn die Klägerin nicht innerhalb der von der Beklagten sog. „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01. 2021 erklärt hat, ob sie die Zustimmung erteilt oder verweigert (so die Formulierung in § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg). Die Beklagte muss sich mit Rücksicht auf den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 26 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg) an dieser sog. „Rückmeldungsfrist“ festhalten lassen.
d) Ob der in der Kommentarliteratur zur Rahmen-MAVO vertretenen Auffassung zu folgen ist, wonach eine objektiv rechtsmissbräuchliche Regelung dessen, was als Einrichtung gilt, bei fehlender oder nicht fristwahrender Zustimmungsverweigerung der Mitarbeitervertretung ohnehin einer gesetzlichen Zustimmungsfiktion nicht zugänglich ist (vgl. dazu Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 182 – im Hinblick auf die Urteile des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs vom 27. April 2012 – M 01/12 – und vom 20. Februar 2015 – M 11/2014 -), mag offen bleiben. Wie bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes 2 MV 12/21 nimmt das Kirchliche Arbeitsgericht nämlich auch im vorliegenden Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 an, dass die Klägerin „fristgerecht“ – also innerhalb der sog. „Rückmeldungsfrist“ bis 26.01.2021 – gegenüber der Beklagten erklärt hat, dass sie die Zustimmung verweigert.
Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung vertritt nach § 14 Abs. 1 Satz 5 MAVO Augsburg die Mitarbeitervertretung im Rahmen der von ihr gefassten Beschlüsse (vgl. im Betriebsverfassungsrecht die entsprechende Vorschrift des § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Über die Frage, ob die Zustimmung nach § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO A. erteilt oder verweigert wird, entscheidet der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung nicht allein, sondern die Mitarbeitervertretung als Gremium, in der Regel durch Beschluss in einer Sitzung (vgl. § 14 Abs. 4, 5 MAVO Augsburg), unter bestimmten Voraussetzungen durch Beschluss im Umlaufverfahren (vgl. § 14 Abs. 9 MAVO Augsburg). Die Erklärung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg hat der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung als deren Sprecher gegenüber dem Dienstgeber abzugeben.
Die Klägerin hat im Verfahren 2 MV 12/21 zur Glaubhaftmachung (vgl. § 52 Abs. 2 KAGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 936, 294 ZPO) eine eidesstattliche Versicherung ihres Vorsitzenden vom 01.03.2021 vorgelegt (vgl. Anlage K 8 zum dortigen Schriftsatz vom 09.03.2021), wonach er nach Abschluss des Dienstgebergesprächs am 18.01.2021 Herrn T. [von der Dienstgeberseite] nochmals mitgeteilt habe, dass die MAV weiterhin die Zustimmung zur Umstrukturierung verweigere. Der E-Mail vom 26.01.2021, die der Vorsitzende der Klägerin – am letzten Tag der sog. „Rückmeldungsfrist“ – an Herrn T. und an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten übersandt hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21), war ein Anhang „Anmerkung MAV Einigungsgespräch.doc“ beigefügt (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21 mit offenbar falschem Datum 09.02.2021), in der es im Abschnitt „Zum Einigungsvorschlag der MAV Einrichtung B“ u.a. heißt: „Es soll, wie bereits derzeit, nur eine (1) Mitarbeitervertretung für die drei geplanten Fachbereiche (B1 bis B3) in der Gesamteinrichtung B geben. […] Die MAV hat die Zustimmung zur geplanten Umstrukturierung weiterhin verweigert.“
Jedenfalls diesem Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 ist die Erklärung zu entnehmen, dass die Klägerin die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung der Einrichtungen auch nach Durchführung des Einigungsgesprächs nicht erteilt, sondern weiterhin verweigert. Eine bestimmte Form für diese Erklärung schreibt § 33 Abs. 3 MAVO Augsburg nicht vor. Die E-Mail ist am letzten Tag der sog. „Rückmeldungsfrist“ übermittelt worden, was dafür spricht, dass damit eine Erklärung abgegeben werden sollte, ob die Zustimmung erteilt oder verweigert wird. Vor dem Hintergrund der vorangegangenen erfolglosen Verhandlung am 18.01.2021 kann die Erklärung nicht anders als eine Zustimmungsverweigerung verstanden werden. Hätte der Vorsitzende der Klägerin der Beklagten – wohl zu deren größter Überraschung – mitteilen wollen, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur beabsichtigten Neuregelung nun doch erteile, so hätte er sich anders äußern müssen und anders geäußert als in der E-Mail vom 26.01.2021 geschehen.
Die Zustimmungsverweigerung ist auch nicht offenkundig unbeachtlich. § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg schreibt nicht vor, dass die Erklärung, ob die Zustimmung verweigert wird oder nicht, mit Gründen zu versehen ist. Im Übrigen sind die Argumente der Klägerin für die Beklagte aus dem Schreiben der Klägerin vom 11.01.2021, aus dem Gespräch beider Seiten vom 18.01.2021 und aus der im Anhang zur E-Mail vom 26.01.2021 übersandten Anmerkung ersichtlich. Ob die Zustimmung zu Recht verweigert worden ist, weil die beabsichtigte Regelung missbräuchlich ist, oder eben nicht, hat im Streitfall nicht der Dienstgeber, sondern das Kirchliche Arbeitsgericht im Verfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu entscheiden.
e) Die Erklärung des Vorsitzenden der Klägerin, dass die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Umstrukturierung weiterhin verweigere, ist auch durch einen Beschluss der Mitarbeitervertretung gedeckt.
Sofern man für die Wirksamkeit der Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung einen förmlichen Beschluss des Gremiums unter Beachtung der Regularien des § 14 Abs. 3 bis 6 MAVO Augsburg verlangt, dürfte die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Betriebsverfassungsrecht verwertbar sein, wonach eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden nachträglich durch die Mehrheit des Betriebsrats ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt werden kann (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 15. Dezember 1961 – 1 AZR 207/59 -; Bundesarbeitsgericht 10. Oktober 2007 – 7 ABR 51/06 -). In dem Entschluss der Klägerin, das Verfahren 2 MV12/21 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und das Hauptsacheverfahren 2 MV 13/21 einzuleiten, kommt mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Mitarbeitervertretung als Gremium die Erklärung ihres Vorsitzenden billigt, wonach die Zustimmung zur Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B verweigert wird.
(48) Ob eine solche nachträgliche Billigung nach Ablauf der Drei-Tages-Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 MAVO Augsburg bzw. im vorliegenden Fall nach Ablauf der der Klägerin bis 26.01.2021 eingeräumten sog. „Rückmeldefrist“ beachtlich ist, kann letztlich offen bleiben. Bei der Anhörung der Beteiligten vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 hat nämlich der MAV-Vorsitzende A. erklärt, nach dem Gespräch mit den Dienstgebervertretern [am 18.01.2021] sei die MAV-Sitzung fortgesetzt worden. Das Thema Zustimmungsverweigerung sei einstimmig auf die Tagesordnung gesetzt worden. Über dieses Thema sei auch nochmals diskutiert worden. Es sei dann nochmals darüber abgestimmt worden mit dem Ergebnis, dass die MAV der beabsichtigten Umstrukturierung nicht zustimme. Dieser Beschluss sei einstimmig gefasst worden. Die Erklärung des MAV-Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 ist als Mitwirkung der Klägerin an der Aufklärung des Sachverhalts im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 KAGO anzusehen. Die Beklagte ist dieser Erklärung, die in den vorangegangenen Schriftsätzen der Klägerin nicht derart deutlich zum Ausdruck gekommen war, in der mündlichen Verhandlung am 28.06.2021 nicht entgegengetreten. Angesichts dessen ist eine weitere Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen durch das Gericht nach § 7 Abs. 3 Satz 1 KAGO diesbezüglich nicht veranlasst. Vielmehr kann angenommen werden, dass die Klägerin nach dem Gespräch beider Seiten am 18.01.2021 innerhalb der sog. „Rückmeldungsfrist“ einen ordnungsgemäßen Beschluss gefasst hat, die Zustimmung zu der von der Beklagten beabsichtigten Umstrukturierung und Aufspaltung der Einrichtung B – und damit zur Neuregelung von Einrichtungen – weiterhin zu verweigern.
f) Nach alledem ist das Zustimmungsverfahren im Zusammenhang mit der beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“ (vgl. § 1a Abs. 2 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg), noch nicht abgeschlossen, insbesondere nicht durch Zustimmungsfiktion nach § 33 Abs. 3 Satz 4 MAVO Augsburg. Also kann der Hauptantrag aus der Widerklage keinen Erfolg haben.
III. Der Hilfsantrag aus der Widerklage ist begründet. Die Zustimmung der Klägerin und Widerbeklagten zur Neuregelung der Einrichtung B durch Spaltung der Einrichtung in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wird antragsgemäß ersetzt.
1. Hat die Mitarbeitervertretung die Zustimmung im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg verweigert, so kann der Dienstgeber nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg das Kirchliche Arbeitsgericht anrufen. Dieses sog. Zustimmungsersetzungsverfahren ist hier durch den Hilfsantrag aus der Widerklage eingeleitet worden.
2. Die von der Klägerin und Widerbeklagten als der bisherigen Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung nach § 1a Abs. 2 MAVO Augsburg, „was als Einrichtung gilt“, wird ersetzt, weil das Kirchliche Arbeitsgericht nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass die Neuregelung missbräuchlich erfolgt.
a) Zunächst ist festzuhalten, dass Entscheidungen eines Rechtsträgers zur Veränderung der Organisationsstruktur in vorhandenen Einrichtungen nicht generell der Zustimmung der betroffenen Mitarbeitervertretung(en) bedürfen. Zustimmungspflichtig ist in diesem Zusammenhang nur eine etwa mit der Umstrukturierung verbundene (Neu-)Regelung von Einrichtungen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum staatlichen Arbeitsrecht ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei [im Recht des allgemeinen Kündigungsschutzes] die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – Rn. 20; Bundesarbeitsgericht 31. Juli 2014 – 2 AZR 422/13 – Rn. 31).
Dementsprechend ist es im kirchlichen Bereich dem Rechtsträger vorbehalten zu entscheiden, wie er sein „Unternehmen“ organisiert und gegebenenfalls umstrukturiert. Das Kirchliche Arbeitsgericht prüft und beurteilt daher im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg nicht, ob die beabsichtigte Aufspaltung der Gesamteinrichtung B in drei Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ wirtschaftlich oder organisatorisch sinnvoll ist. Die gerichtliche Überprüfung betrifft lediglich die Frage, ob eine mit der beabsichtigten Umstrukturierung etwa verbundene (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, missbräuchlich ist (Der hin und wieder verwendete Begriff „rechtsmissbräuchlich“ findet sich im Gesetzestext nicht.).
Im Unterschied zu den paritätischen Mitbestimmungsrechten nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 MAVO Augsburg stellt sich damit das durch § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO Augsburg eingeräumte Mitbestimmungsrecht als ein auf die Missbrauchskontrolle beschränktes Zustimmungsverweigerungsrecht dar (vgl. Thiel/Fuhrmann/ Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 181). Kommt das Kirchliche Arbeitsgericht im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 33 Abs. 4 MAVO Augsburg zu der Auffassung, dass die Regelung nicht missbräuchlich erfolgt, ersetzt es dementsprechend die von der Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung (vgl. Sroka im Freiburger Kommentar, MAVO, Erg.-Lfg. 2/2018, § 33, Rn. 48).
b) Eine Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung setzt allerdings voraus, dass das Zustimmungsverfahren nach § 33 Abs. 1 bis 4 MAVO Augsburg ordnungsgemäß durchgeführt worden ist (vgl. Schmitz im Eichstätter Kommentar, MAVO, 2. Aufl. 2018, § 33, Rn. 61; Thiel/ Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 193; Bundesarbeitsgericht 14. Dezember 2004 – 1 ABR 55/03 – zu § 99 BetrVG ; Bundesarbeitsgericht 1. Juni 2011 – 7 ABR 117/09 – zu § 99 BetrVG ; Bundesarbeitsgericht 29. Juni 2011 – 7 ABR 24/10 – zu § 99 BetrVG ), insbesondere dass der Dienstgeber die Mitarbeitervertretung ausreichend nach § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO Augsburg unterrichtet hat.
Auch in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO kann die Mitarbeitervertretung nur bei einer vollständigen und umfassenden Unterrichtung durch den Dienstgeber das Recht zur Erhebung von Einwendungen sachgerecht wahrnehmen. Daraus folgt, dass die Unterrichtung sich auf alle tatsächlichen Umstände erstrecken muss, die die Prüfung eines Zustimmungsverweigerungsgrundes (hier: Missbräuchlichkeit der Regelung) ermöglichen. Ausreichend sind die Angaben des Dienstgebers nur dann, wenn die Mitarbeitervertretung in die Lage versetzt wird, die Berechtigung der Maßnahme und das Eingreifen von Zustimmungsverweigerungsgründen zu prüfen. Die Informationspflicht des Dienstgebers bezieht sich grundsätzlich auf seinen eigenen Informationsstand. Er darf keine für die Erhebung von Einwendungen rechtlich relevanten Informationen zurückhalten (vgl. Schmitz im Eichstätter Kommentar, MAVO, 2. Aufl. 2018, § 33, Rn. 3; Thiel/ Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 33, Rn. 21 ff.).
In dem vom hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht mit Urteil vom 23. Oktober 2020 – 2 MV 7/20 – entschiedenen Fall hatte der Dienstgeber der Mitarbeitervertretung in einem lediglich aus fünf kurzen Absätzen bestehenden Schreiben die Motive des Rechtsträgers für die Neuregelung summarisch und wertend mitgeteilt. Eine konkrete – substantiierte – Darstellung und Erläuterung der tatsächlichen Grundlagen und der Auswirkungen der beabsichtigten Neuregelung, insbesondere im Hinblick auf die gesetzlichen Aufgaben der Mitarbeitervertretung, war darin nicht enthalten. Eine Information der Mitarbeitervertretung „auf Augenhöhe“ mit dem Dienstgeber war damit nicht erfolgt (vgl. zu der dem Dienstgeber obliegenden Unterrichtung im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO den neun Punkte umfassenden Katalog bei Thiel/Fuhrmann/Jüngst, MAVO, 8. Aufl. 2019, § 36, Rn. 193), so dass der dortige Antrag des Dienstgebers, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Auflösung eines Einrichtungsverbunds und zur Bildung von sieben einzelnen Einrichtungen als unbegründet abgewiesen worden ist.
Hingegen erachtet das Kirchliche Arbeitsgericht im vorliegenden Fall die Unterrichtung der Klägerin und Widerbeklagten durch die Beklagte und Widerklägerin für hinreichend konkret und umfassend.
Das fünfseitige Informationsschreiben vom 10.12.2020 (vgl. Anlage K 2 zur Antragsschrift vom 26.02.2021 im Verfahren 2 MV 12/21) enthält Ausführungen zur Ausgangslage, zur Analyse, zu den Zielsetzungen der Umstrukturierung, zum Lösungsansatz und zu dessen Auswirkungen. Gerade der letzte Abschnitt D. enthält eingehende Erläuterungen zur beabsichtigten Aufspaltung der Gesamteinrichtung B und zur Neubildung dreier Einrichtungen, zur relativen Leitungsmacht der sog. Gesamtleiter, zum Übergangsmandat der derzeitigen Mitarbeitervertretung, zur Bildung dreier neuer Mitarbeitervertretungen, zu deren voraussichtlicher Mitgliederzahl und zu den Auswirkungen auf die Freistellungskontingente bzw. zu deren Wegfall. Diese Unterrichtung zu den wesentlichen Punkten ist dann offenbar in dem Gespräch beider Seiten am 18.01.2021 von den Dienstgebervertretern noch ergänzt worden.
Damit war die Mitarbeitervertretung in die Lage versetzt, sich eine eigene Meinung zu der beabsichtigten Umstrukturierung und zur Frage einer etwaigen Missbräuchlichkeit der Neuregelungen von Einrichtungen zu bilden. Eine Information über beabsichtigte, künftige Maßnahmen „bis ins allerletzte Detail“ ist weder leistbar noch von § 33 Abs. 2 Satz 1 MAVO gefordert. Übrigens hat die Klägerin und Widerbeklagte in ihrer Zustimmungsverweigerung im Anhang zu der E-Mail vom 26.01.2021, die der MAVVorsitzende der Klägerin an Herrn T. und an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten übersandt hat (vgl. Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 26.02. 2021 im Verfahren 2 MV 12/21), nicht gerügt, dass die Mitarbeitervertretung nicht ausreichend unterrichtet worden sei.
c) Bezüglich der materiellrechtlichen Frage, ob die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte Neuregelung missbräuchlich im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg ist, kann auf die Rechtsprechung der kirchlichen Gerichte für Arbeitssachen, insbesondere des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs, zu dem vor dem Jahr 2018 geltenden § 1a Abs. 2 Satz 3 MAVO zurückgegriffen werden (vgl. etwa Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 28. November 2014 – M 08/2014 -; Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 – M 11/2014 -; Kirchliches Arbeitsgericht für die Bayerischen [Erz-]Diözesen 10. Juli 2014 – 2 MV 8/13 – mit weiteren Nachweisen). Damals bedurfte die Regelung der Zustimmung durch den Ordinarius und durfte nicht missbräuchlich erfolgen.
Für die Organisationseinheit, in der die Mitarbeitervertretung zu bilden ist, verwendet die Mitarbeitervertretungsordnung den Begriff der Einrichtung, der von den ebenfalls in § 1 Abs. 1 MAVO genannten Rechtsträgern zu unterscheiden ist. Der Begriff korrespondiert mit dem Begriff des Betriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) bzw. der Dienststelle im Sinne der staatlichen Personalvertretungsgesetze. Für die Verselbständigung der Organisation als Einrichtung innerhalb der Organisation des Rechtsträgers ist der relativ gegebene einheitliche Leitungsapparat, der Arbeitgeberfunktionen gegenüber den Arbeitnehmern ausübt, Kriterium (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 27. April 2012 – M 01/12 -). Die Einheit des Leitungsapparats kann im Verhältnis zur Unternehmensleitung, hier also zur Leitung der Stiftung, nur relativ gegeben sein. Wegen der Abgrenzungsschwierigkeiten bestimmt daher § la Abs. 2 Satz 1 MAVO A. (n.F.), dass der Rechtsträger mit Zustimmung betroffener Mitarbeitervertretungen regeln kann, was als Einrichtung gilt.
Der Rechtsträger ist an seine Organisationsentscheidung über die Bildung einer Einrichtung nicht gebunden. Er kann seine arbeitstechnische Organisation abweichend gestalten. Das gilt auch, soweit in einem Rechtstreit rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine Einrichtung vorlag. Es gibt insoweit mitarbeitervertretungsrechtlich keinen Bestandsschutz. Eine Grenze besteht nur insoweit, als die Regelung nicht missbräuchlich erfolgen darf (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 – M 11/2014 -).
d) Nach Einschätzung des Kirchlichen Arbeitsgerichts erfolgt die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, unter dem Gesichtspunkt des § 36 Abs. 1 Nr. 13 Satz 2 MAVO Augsburg nicht missbräuchlich. Es ist nicht ersichtlich, dass eine funktionsfähige Mitarbeitervertretung unter der Zielsetzung einer mitarbeitervertretungsnahen Mitbestimmung nicht gewährleistet wäre.
Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Diözese Aachen hat in mehreren Urteilen vom 8. August 2006 – 13/06, 15/06, 16/06, 17/06, 18/06 – die dort streitgegenständliche Neuregelung von Einrichtungen für missbräuchlich erachtet, weil der Dienstgeber bei seiner Entscheidung, „was als Einrichtung gilt“, nicht den Zweck der Festlegung beachtet habe, wonach eine Mitarbeitervertretung so zu bilden sei, dass sie ihre Aufgabe einer Interessenvertretung der beschäftigten Mitarbeiter tatsächlich wahrnehmen könne; zweckwidrige Regelungen sollten unterlassen und die Akzeptanz der Entscheidung bei den betroffenen Mitarbeitern hergestellt werden. Das Kirchliche Arbeitsgericht der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat in einem Urteil vom 11. April 2014 – AS 09/14 – die von einer kirchlichen Stiftung getroffene Entscheidung, dass alle Einrichtungen der Stiftung als eine Einrichtung im Sinne von § 1a Abs. 2 MAVO Rottenburg-Stuttgart gelten sollen, für unwirksam erklärt, weil bei einem Vergleich des bisherigen Zustandes mit dem neu geschaffenen die neu gebildete Einrichtung für die Mitarbeiter so nachteilig sei, dass deren Bildung als missbräuchlich im Sinne von § 1a Abs. 2 Satz 3 MAVO Rottenburg-Stuttgart anzusehen sei.
Die den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sind mit dem hier vorliegenden jedoch nicht vergleichbar. Nach der beabsichtigten Neuregelung können in allen drei neuen Einrichtungen „B1“, „B2“ sowie „B3“ Mitarbeitervertretungen gewählt werden mit voraussichtlich neun bzw. elf Mitgliedern. Die derzeitige Zahl von dreizehn Mandatsträgern würde sich voraussichtlich auf insgesamt neunundzwanzig (= 9 + 9 + 11) erhöhen.
Es bestehen bei dem hier vorliegenden Sachverhalt auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die neu gebildeten Mitarbeitervertretungen ihre Aufgaben nach der MAVO A. im Vergleich zum vorherigen Zustand nur unter erschwerten Bedingungen und nicht mitarbeitervertretungsnah ausüben können. Eine räumliche Entfernung von den zu vertretenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hat die beabsichtigte Neuregelung ersichtlich nicht zur Folge. Die absehbare Reduzierung bzw. der absehbare Wegfall der Freistellungskontingente nach § 15 Abs. 3 MAVO Augsburg kann dadurch kompensiert werden, dass gegebenenfalls die Mitglieder der neuen Mitarbeitervertretungen vermehrt nach § 15 Abs. 2 MAVO Augsburg zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben im notwendigen Umfang von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen sind.
e) Nach alledem ist nicht zweifelsfrei erkennbar, dass berechtigte Interessen der Mitarbeiterschaft durch die von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigte Neuregelung der Einrichtungen beeinträchtigt werden sollen und eine funktionsfähige Mitarbeitervertretungstätigkeit durch die „Zerschlagung“ der derzeitigen Mitarbeitervertretung erschwert werden soll.
Folglich wird die von der Klägerin und Widerbeklagten verweigerte Zustimmung zu der von der Beklagten und Widerklägerin beabsichtigten (Neu-)Regelung, „was als Einrichtung gilt“, durch das Kirchliche Arbeitsgericht ersetzt, wie aus Ziff. 1 der Entscheidungsformel dieses Urteils ersichtlich.
B. Gerichtsgebühren werden nach § 12 Abs. 1 Satz 1 KAGO nicht erhoben.
Der Kostenausspruch, wonach die Beklagte und Widerklägerin die notwendigen Auslagen der Klägerin und Widerbeklagten einschließlich der Kosten der Beauftragung ihres Bevollmächtigten zu tragen hat, beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 KAGO in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg. Danach trägt der Dienstgeber die durch die Tätigkeit der Mitarbeitervertretung entstehenden und für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kosten einschließlich der Reisekosten im Rahmen der für den Dienstgeber bestehenden Bestimmungen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 MAVO Augsburg). Zu den erforderlichen Kosten gehören auch die Kosten der Beauftragung eines Bevollmächtigten in Verfahren vor den kirchlichen Gerichten für Arbeitssachen, soweit die Bevollmächtigung zur Wahrung der Rechte des Bevollmächtigenden notwendig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Spiegelstrich 4 MAVO Augsburg).
Diese Notwendigkeit ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Zwar fehlt es der Klägerin und Widerbeklagten durchaus nicht an jeglicher Prozesserfahrung vor dem hiesigen Kirchlichen Arbeitsgericht. Im vorliegenden Verfahren 2 MV 13/21 (und auch im Verfahren 2 MV 12/21) treten allerdings neue Rechtsfragen auf, die nach der gesetzlichen Neuregelung von § 1a Abs. 2 und § 36 Abs. 1 Nr. 13 MAVO A. (in der seit 01.05.2018 geltenden Fassung) noch nicht kirchenarbeitsgerichtlich geklärt sind. Daher erscheint es notwendig (und auch zweckmäßig), wenn die Klägerin und Widerbeklagte hier einen Rechtsanwalt beauftragt und bevollmächtigt, zumal sich die Beklagte und Widerklägerin nicht von ihrer Rechtsabteilung, sondern von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht einer auswärtigen, überörtlich tätigen Rechtsanwaltskanzlei vertreten lässt.
C. Die Revision wird nach § 47 Abs. 2 KAGO zugelassen.
Die Rechtssache hat insoweit grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 2 Buchst. a) KAGO, als Entscheidungen des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs zur Neufassung des § 1a Abs. 2 MAVO offenbar noch nicht vorliegen. Der Kirchliche Arbeitsgerichtshof hatte vor einigen Jahren unter umgekehrten Vorzeichen – nämlich bei der Zusammenführung von Einrichtungen – über die Neuregelung von Einrichtungen im Bereich der Beklagten und Widerklägerin zu befinden (vgl. Kirchlicher Arbeitsgerichtshof 20. Februar 2015 – M 11/2014 -), so dass es sinnvoll erscheint, den Beteiligten auch im vorliegenden Fall die Möglichkeit einer Revision zu eröffnen.


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